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31-01-2023 | Stromnetze | Schwerpunkt | Article

Ohne flexibles Netzmanagement keine Stromwende

Author: Frank Urbansky

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Wind und Sonne liefern fluktuierend Energie. Ein Stromnetz muss daher mit ausgeklügeltem Management und einer großen Flexibilität ausgestattet sein, um dies zu bewältigen.

Die Lasten im Stromnetz bedürfen durch wachsende Unterschiede in Angebot (Windkraft, Solarstrom) und Nachfrage (Tagesspitzen früh und abends) einer intelligenten, im besten Falle automatisierten Steuerung. "Intelligente Netze sind also die Voraussetzung für ein ideales Lastmanagement (Demand Side Management). Damit wird die gezielte Steuerung der Stromnachfrage durch Preissignale bezeichnet", erklärt Springer-VS-Autorin Friederike Henke in ihrem Buchkapitel Normative Zielkonflikte im Kontext der Energiewende – Beispiel Braunkohleausstieg auf Seite 174 dieses Prinzip.

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2022 | OriginalPaper | Chapter

Normative Zielkonflikte im Kontext der Energiewende – Beispiel Braunkohleausstieg

In diesem Kapitel möchte ich mich mit drei Arten von Zielkonflikten beschäftigen. Dafür werde ich zunächst näher auf das sogenannte energiepolitische Zieldreieck eingehen, das das konfligierende Verhältnis zwischen den Bereichen Klimaschutz …

Der Flexibilität auf Angebotsseite muss in Zukunft aber auch eine Flexibilität auf Nachfrageseite gegenüberstehen. Diese Demand Side Flexibility (DSF) bezeichnet die Fähigkeit der Stromkunden, ihre Verbrauchs- und Erzeugungsmuster aufgrund externer Signale zu ändern. Das können Preise sein, aber auch ein Überangebot oder ein Unterangebot im Netz – auch über Ländergrenzen hinweg. Bisher steht dem jedoch ein unterschiedliches Strommarktdesign in den Mitgliedsstaaten der EU und eine damit einhergehende hinderliche Regulatorik entgegen.

Eine Studie von Smart Energy Europe (smartEn), DNV und Eaton sollte nun die Potenziale ermitteln, die DSF bei einer Einführung im Gebiet der EU bis 2030 bieten könnte.

Große Speicher oder kleine Speicher?

Für das Jahr 2030 geht das Modell von insgesamt 164 GW Speicherleistung und 130 GW Abgabeleistung aus. Die Speichermenge betrüge damit brutto etwa 397 TWH (340,5 TWh netto). Das wiederum könnte Einsparungen von 4,6 Milliarden Euro, was in etwa 5 % der bisher gezahlten Stromkosten entspricht, bringen.

Ein so angepasstes Stromsystem könnte die gesamte Nachfrage ein ganzes Jahr lang bedienen. Das wiederum würde 9 Milliarden Euro an verlorener Last einsparen. 15,5 TWh oder 61 % weniger würde das Drosseln und Abschalten erneuerbarer Energien betragen. Insgesamt würden 37,5 Millionen Tonnen an jährlichen Treibhausgasemissionen eingespart, also 8 % oder fast 84 kg pro Kopf. Der Energiesektor könnte so sein 55-%-Ziel zur Reduzierung von CO2 bis 2030 sogar übertreffen.

Gleichzeitig stellten die Autoren fest, dass bis 2030 gut 60 GW (entspricht etwa 30 Großkraftwerken auf Kohlebasis) an Erzeugungskapazitäten fehlen. Die jedoch würden benötigt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mit DSF könnten diese 60 GW aufgefangen werden. Das würde weitere 2,7 Milliarden Euro jährlich sparen.

Die Verbraucher würden damit um 71 Milliarden Euro beim Stromverbrauch entlastet. Zudem ergäben sich weitere 300 Milliarden Euro Kostenvorteile für Privatpersonen und Unternehmen aus dem Absinken der Energiepreise, der Erzeugungskosten sowie einem generell niedrigeren Investitionsbedarf in Netze und sonstige Infrastruktur.

Das große Problem in dieser Rechnung bleiben die Speicher. Die sind ohne Zweifel nötig. Doch außer Pumpspeicherkraftwerken steht derzeit in Europa (und auch da regional sehr unterschiedlich verteilt) im Gigawatt-Bereich kaum etwas zur Verfügung.

Abschaltbare Lasten als Flex-Tool

Deswegen rücken die abschaltbaren Lasten, also der Aspekt der Flexibilität auf Kundenseite im DSF, in den Fokus. "Das wird umso wichtiger, weil durch Elektromobilität und den massiven Einbau von Wärmepumpen der Strombedarf größer wird, aber auch die Möglichkeit, mehr abschaltbare Lasten auf Kundenseite zu etablieren", erklärt Kai Zimmermann, Head of Productmanagement & Sales bei Eaton. Aufgrund des deutlich steigenden Energiebedarfs sei es nötig, das Übertragungsnetz zu flexibilisieren und nicht unbedingt weiter auszubauen. Allerdings sieht auch Zimmermann, dass sich DSF einfacher bei Industriekunden einführen ließe als bei Endverbrauchern.

Denn hier gebe es schon einen hohen Automatisierungsgrad, der alle Prozesse, eben auch die Energieflüsse im Unternehmen, besser einschätzen kann. Zudem gäbe es gute Anreize, die Energiekosten zu senken. Würden partiell einzelne Bereiche vom Netz genommen, um so für mehr Stabilität zu sorgen, könnte man damit außerdem Erlöse im Regelenergiemarkt generieren.

Eine weitere Stufe dieser Flexibilisierung ist die autonome Laststeuerung (ADSM). Hierzu forscht etwa die Fachhochschule Vorarlberg in Österreich. Entwickelt wurden Algorithmen und Prototypen, die auf verschiedensten verteilten Energiespeichern im Stromnetz zum Einsatz kommen sollen. Dazu gehören auch Warmwasserspeicher, Batteriespeicher und Elektroautos. Verbraucherseitige Laststeuerung (Demand Side Management – DSM) wird als ein möglicher Ansatz betrachtet, um die Auswirkungen des Ausbaus von fluktuierenden Erneuerbaren im Stromnetz auszugleichen. Sollen viele verteilte Energiesysteme damit angesprochen werden, stellen zentralistische Ansätze dabei hohe Anforderungen an die Kommunikationsinfrastruktur. "Als Alternative wird vielfach eine autonome Laststeuerung (ADSM) mit anreizbasierter Optimierung direkt auf dem Verbrauchergerät betrachtet. Dabei kann die Anreizfunktion mittels unidirektionaler Kommunikation übertragen werden“, beschreibt ein Springer-Autorenkollektiv um Peter Kepplinger in seinem Zeitschriftenbeitrag Autonomes Demand Side Management verteilter Energiespeicher auf Seite 52 die Vorteile dieser Lösung.

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