1988 | OriginalPaper | Chapter
Symmetrie und Symmetriebruch in der Sprache
Author : Elmar Holenstein
Published in: Symmetrie in Geistes- und Naturwissenschaft
Publisher: Springer Berlin Heidelberg
Included in: Professional Book Archive
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Haiku sind japanische Kurzgedichte, bestehend aus 17 Silben. Primzahlen wie 17 gehören nicht zu den Zahlen, die wir spontan mit Symmetrie assoziieren. So ist man geneigt, japanischen Freunden ein Zugeständnis zu machen, wenn sie beteuern, ihre berühmten Kurzgedichte — neben den 17silbigen Haiku gibt es noch 31silbige Tanka — entzögen sich einer strukturalen Analyse. Nach der strukturalen Sprachwissenschaft (als Strukturalismus bekannt und modisch geworden) gründet der ästhetische Eindruck eines Textes universal, in allen Sprachen, auf Symmetrieerscheinungen, auf mehr oder weniger bewußten Parallelismen, gleichförmigen oder spiegelbildlichen Wiederholungen sprachlicher Strukturen, uns in der deutschen Dichtung am vertrautesten in der Gestalt von Reim und Rhythmus. Die These ist, daß sich nicht sagen läßt, was das Ästhetische oder, traditioneller, was Schönheit ist, so wenig, wie sich sagen läßt in der Psychologie, was Rot ist, oder in der Physik, was Kraft ist. Es läßt sich nur sagen, wie, unter welchen Bedingungen, mit welchen Eigenschaften (z.B. der Komplementarität, der Opposition oder der Implikation) und mit welchen Folgen sich so etwas wie Schönheit, ein Roterlebnis oder Kraft ergibt. Darüber hinaus wird, was es ist, wer es nicht erspürt, nicht erjagen.