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2012 | Book

Tat-Ort Medien

Die Medien als Akteure und unterhaltsame Aktivierer

Authors: Oliver Bidlo, Carina Jasmin Englert, Jo Reichertz

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Book Series : Medien • Kultur • Kommunikation

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About this book

Der Alltag menschlichen Zusammenlebens in modernen (nicht nur) westlichen Gesellschaften ist durch eine tiefgreifende und umfassende Mediatisierung gekennzeichnet: Medien spielen bei der kommunikativen Konstruktion von Wirklichkeit eine immer gewichtigere Rolle – vor allem dadurch, dass sie neben den Kommunikationsinhalten auch die Kommunikationsformen und das kommunikative und gesellschaftliche Handeln maßgeblich beeinflussen. Medien werden auch im Bereich der Inneren Sicherheit zunehmend eigenständige Akteure, die auf die Sicherheit ihrer Kunden achten und in deren Interesse selbst aktiv werden. Medien werden darüber hinaus auch Aktivierer, die ihre Kunden unterhaltsam dazu anhalten, sich regelkonform selbst zu führen oder aber sich in Maßen an der ‚Arbeit’ der Medien selbst zu beteiligen. Wir sind Zeitzeugen einer tief greifenden Mediatisierung der Sicherheitspolitik.

Table of Contents

Frontmatter
1. Einleitung: Die neue Bedeutung der Medien
Zusammenfassung
Der Alltag menschlichen Zusammenlebens in modernen (nicht nur) westlichen Gesellschaften ist durch eine tiefgreifende und umfassende Mediatisierung gekennzeichnet: Menschen wie Institutionen nutzen bei ihrem Handeln die Medien, und in das Handeln von Menschen und Institutionen haben sich die Medien tief eingeschrieben. Medien spielen bei der kommunikativen Konstruktion von Wirklichkeit eine immer gewichtigere Rolle – nicht nur dadurch, dass sie durch ihre tragende Rolle (und die in sie eingelassene Logik der Darstellung) in Diskursen Deutungen und Deutungsschemata der Welt mitgestalten, sondern vor allem dadurch, dass sie neben den Kommunikationsinhalten auch die Kommunikationsformen und das kommunikative und gesellschaftliche Handeln maßgeblich beeinflussen (vgl. Reichertz 2009), wie es der Ansatz der ‚Mediatisierung‘ postuliert.
Jo Reichertz, Oliver Bidlo, Carina Jasmin Englert
2. „Das ist ein Geben und Nehmen“. Mit einem privaten Newsmacher unterwegs. Methodische Probleme bei der Analyse von Feldaufenthalten und erste Überlegungen zum Zusammenspiel von Videojournalisten und Polizisten/Feuerwehrleuten
Zusammenfassung
Der hier vorgelegte Text versucht gleichzeitig (und das ist eher unüblich) die Reflexion methodischer Probleme und eine erste Auswertung der in einer Feldstudie erhobenen Daten. Erst wird über die Probleme des Feldzugangs berichtet, dann über die Qualität der so erhobenen Daten nachgedacht und schließlich eine erste Verdichtung der Interpretationsergebnisse vorgestellt. Die Verschränkung von methodischer Reflexion und Auswertung soll die methodischen und methodologischen Probleme nicht nur nennen, sondern deutlich zeigen. Denn bei Feldstudien sind Datenerhebung und Datenauswertung nicht wirklich getrennte Prozesse: Schon während der Erhebung wird ausgewertet und auch bei der Auswertung wird immer noch und immer wieder neues Material erhoben. Feldforschung besteht immer aus „gleitender“ Auswertung und „gleitender“ Datenerhebung: Man kann die Phasen der Forschung zwar analytisch voneinander trennen, aber nicht praktisch. Das versucht der Beitrag zu zeigen. Ob der Versuch gelungen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Jo Reichertz
3. Von der Schreibmaschine über news aktuell zur Polizei 2.0 – Eine Fallanalyse
Zusammenfassung
Gestern, den 17.12.1981 um 18.03 Uhr kam es auf der Mühlenberger Straße zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden. Der Unfallbeteiligte 1 befuhr mit seinem PKW die Mühlenberger Straße in Fahrtrichtung Osten. Der Unfallbeteiligte 2 befuhr selbige in Fahrtrichtung Westen. Aus noch ungeklärter Ursache geriet das Fahrzeug des UB 1 ins Schleudern. Es kam zur Kollision, dabei entstand Sach- und Personenschaden.
Stefanie Böhm
4. Der Ausbildungsweg der Polizeipressesprecher und die Maßstäbe der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei
Zusammenfassung
Die Medienlandschaft ist gekennzeichnet durch Medienumbrüche. Der Medienumbruch, der durch analoge Medien wie Rundfunk Film und Fernsehen insbesondere im 20. Jahrhundert entstanden ist, steht dem digitalen Medienumbruch gegenüber, der durch die Digitalisierung von Medien(-inhalten) hervorgerufen wird. Mit dem digitalen Medienumbruch geht eine umfassende Medialisierung und Mediatisierung von Kultur und Gesellschaft einher. Die wohl tragendste Rolle kommt im digitalen Medienumbruch dem Internet und dem Smartphone zu (vgl. Hüser und Grauer 2005, S. 90).
Carina Jasmin Englert
5. „Da hören wir nicht auf zu piesacken“ Das Medium als Akteur – Einzelfallanalyse
Zusammenfassung
Medien und Medienunternehmen können als korporierte Akteure gefasst werden (vgl. Reichertz und Englert 2011, S. 28 f., allgemein Bidlo et al. 2011). Solche korporative Einheiten sind Akteure, die aus mehreren individuellen Akteuren zusammengesetzt sind und dennoch wie eine einzelne Person handeln (vgl. auch Donges 2008, S. 52), z. B. indem sie auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Korporierte Akteure können z. B. eine Zeitung, eine Fernsehsendung, aber auch Anbieter einer Dienstleistung sein. Aus den individuellen Handlungen der einzelnen Personen und ihrer systematischen Bezugnahme aufeinander entsteht ein geordnetes Ganzes. Diese korporierten Einheiten sind emergente Gebilde, die sich nicht mehr nur aus den Intentionen, Motiven oder den Interessen der einzelnen Organisationsmitglieder speisen und daraus additiv zusammensetzen, sondern darüber hinausgewachsen sind (vgl. Ortmann 2010, S. 62). Mehr noch, man muss auch die einzelnen Personen z. B. Journalisten eines Medienunternehmens bereits als nicht mehr nur autonome Individuen fassen, sondern als Teil dieses emergenten Gebildes. Das Verhältnis zwischen beiden ist ein sich wechselseitig konstituierendes; das eine gibt es nur aufgrund des anderen.
Oliver Bidlo
6. Drei Fallanalysen – ein Experiment
Zusammenfassung
Das nächste Kapitel, das im Wesentlichen aus drei Fallanalysen von Fahndungssendungen des deutschen Fernsehens besteht, ist ein Experiment – wenn auch kein methodisches oder theoretisches, sondern vor allem ein Experimentieren mit wissenschaftlichen Darstellungs- und Überzeugungsstrategien. Gegenstand der verschiedenen Strategien waren Videos von Fernsehsendungen. Unsere ursprüngliche Absicht war es, drei Formate aus dem TV-Genre Fahndungssendung ausführlich mit der Methode der hermeneutisch-wissenssoziologischen Videoanalyse (siehe hierzu: Reichertz und Englert 2011) im Hinblick auf die jeweils aktiven und aktivierenden Akteure zu untersuchen.
Oliver Bidlo, Carina Jasmin Englert, Jo Reichertz
7. Eine kurze Geschichte der Medien als Vierte Gewalt
Zusammenfassung
ür die Rolle der Medien in der Gesellschaft und im Staat wurde seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts oft der Begriff des Vierten Standes oder der vierten Gewalt (oder Macht) verwendet (siehe auch Fußnote 11). Medien bilden neben der Exekutive (ausführende Gewalt), Judikative (Rechtsprechung) und der Legislative (Gesetzgebung) ein Korrektiv, das durch Öffentlichkeit über die Korrektheit und Angemessenheit der anderen Gewalten wacht (vgl. auch Reichertz 2011a; Reichertz et al. 2011).
Oliver Bidlo
8. Self-made Experts?
Medien (und ihr Publikum) als eigenständige Sicherheitsexperten
Zusammenfassung
In einer Gesellschaft, in der sich Wissen zu einem immer wichtigeren Gut entwickelt hat und die sich mittlerweile als ‚Wissensgesellschaft‘ (vgl. Stehr und Grundmann 2010) bezeichnen lässt, nimmt auch die Expertise einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Nicht nur der Umfang des Wissens in einer Gesellschaft nimmt stetig zu, sondern auch der Inhalt des gesellschaftlichen Wissensvorrates ist einer ständigen Veränderung unterworfen (vgl. Stehr und Grundmann 2010, S. 7 ff.). Mit dieser Zunahme gesellschaftlich relevanten Wissens und der Modifikation seines Inhaltes wird es für das einzelne Individuum in einer Gesellschaft immer schwieriger, Relevanzen im eigenen Wissenserwerb zu setzen. Die immer schnellere und immer tiefer greifende Veränderung des Wissens betrifft jedoch nicht nur den Umfang und Inhalt des Wissens, sondern auch die Personengruppen, die einst erste Ansprechpartner für Laien waren, um mit ihrem Wissen dem Individuum mit Rat zur Seite standen: den Experten. Noch vor gut vier Jahrzehnten unterstützte bspw. der Gemeindepfarrer Familien bei der Lösung sozialer Probleme – heute hilft z. B. Vera Int Veen in ihrer Reality-Show Verzeih mir auf RTL (zur Tradition dieser Sendung siehe Reichertz 2000). In ‚unsicheren Zeiten‘ (vgl. Soeffner 2010) und ‚dynamischen Gesellschaften‘ (vgl. Häuser et al. 2001), in denen sich eine Entgrenzung gesellschaftlicher Ordnung vollzieht, sucht das Individuum mehr denn je nach Halt und Orientierung. In dieser Zeit der Entgrenzung gesellschaftlicher Ordnung treten ‚traditionelle‘ Institutionen immer mehr in den Hintergrund, weil sie aus finanziellen, organisatorischen oder strukturellen Gründen in ihrem Handeln eingeschränkt werden und hinterlassen eine institutionelle Leerstelle in der Gesellschaft (vgl. auch Reichertz 2000). In diese Leerstelle scheinen zunehmend die Medien als Akteure zu treten, die dem Individuum Orientierung bieten und als Referenzpunkte für normgerechtes Handeln fungieren.
Carina Jasmin Englert
9. Securitainment – Die Medien als eigenständige Akteure und unterhaltsame Aktivierer
Zusammenfassung
Das Feld der Inneren Sicherheit und der dort geführte Diskurs über Innere Sicherheit, deren Bewahrung und deren Gefährdung, haben sich in dem letzten Jahrzehnt rasant und dynamisch verändert. Das gilt nicht nur für das politische und polizeiliche Handeln in diesem Feld, sondern auch für das Handeln der Journalisten (von Zeitungen, Radio und Fernsehen) und die (privaten) Nutzer des Internets. Diese Entwicklung ist auch Ausdruck (und Movens) der allgemeinen aktuellen neoliberalen Politik der Aktivierung zu Beginn der 2000er Jahre. Diese Politik ermöglicht und begünstigt die Entstehung und Entwicklung neuer gesellschaftlicher Akteure, sogenannter ‚private governance regimes‘, welche die Erbringung staatlicher Sicherheitsaufgaben ergänzen und teilweise sogar ersetzen, verschieben und verändern.
Jo Reichertz, Oliver Bidlo, Carina Jasmin Englert
Backmatter
Metadata
Title
Tat-Ort Medien
Authors
Oliver Bidlo
Carina Jasmin Englert
Jo Reichertz
Copyright Year
2012
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-19457-8
Print ISBN
978-3-531-19456-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-19457-8