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Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 6/2022

Open Access 18-10-2022 | Schwerpunkt

Tausche Gesundheitsdaten gegen Versicherungsrabatte – Empirische Untersuchung der Kundenakzeptanz von Pay-as-you-live-Tarifen in der Krankenversicherung

Authors: Sascha Kwasniok, Daniel Heyne

Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Issue 6/2022

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Zusammenfassung

Die vorliegende Studie untersucht, welche Faktoren auf Kundenseite die Nutzungseinstellung von Pay-as-you-live (PAYL)-Tarifen beeinflussen. Bei solchen Versicherungsprodukten teilt die versicherte Person laufend Gesundheitsdaten mit dem Krankenversicherer, die über Smart Devices erhoben werden. Im Gegenzug erhält die versicherte Person Bonifikationen, wenn die übermittelten Daten auf ein gesundheitsbewusstes Verhalten schließen lassen. Für die Untersuchung werden Erkenntnisse der Technologieakzeptanzforschung (vor allem „Technology Acceptance Model (TAM)“) und der Forschung zur Nutzung mobiler Internettechnologien (vor allem „Mobile Users’ Information Privacy Concerns (MUIPC)“) verwendet. Das abgeleitete Erklärungsmodell wird auf Grundlage einer Online-Befragung (n = 333) für den deutschen Versicherungsmarkt empirisch überprüft. Die durchgeführte Regressionsanalyse identifiziert den wahrgenommenen Nutzen, die individuelle Innovationsbereitschaft, das wahrgenommene Anbietervertrauen sowie ein wahrgenommenes Eindringen in die Privatsphäre als relevante Faktoren für die Nutzungsbereitschaft von PAYL-Tarifen in der Krankenversicherung. Die Studienergebnisse bilden die Grundlage für die Ableitung von Handlungsempfehlungen für Krankenversicherer bezüglich der Gestaltung von PAYL-Tarifen.

1 Bedeutung von PAYL-Tarifen

Mit dem zunehmenden Einsatz digitaler Technologien im Gesundheitswesen werden auch Krankenversicherer von der Digitalisierungswelle erfasst. Für die Versicherungswirtschaft stellt die Erhebung und Verwertung von Daten zwar nichts grundsätzliches Neues dar. So benötigen Versicherer für ihr Geschäftsmodell seit jeher Daten, um das zu versichernde Risiko einschätzen und Risiken voneinander differenzieren zu können (Brand 2019). Die mit digitalen Technologien verbundene Verfügbarkeit großer Datenmengen („Big Data“) sowie die Möglichkeiten, diese Daten mit leistungsstarken Algorithmen zu verarbeiten und neu zu kombinieren, bietet aber auch Versicherern neue Anwendungsfelder. Neben Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerungen gehören hierzu innovative Produktlösungen, bei denen laufend über Smart Devices (z. B. Smartwatch oder Fitnessarmbänder) erhobene und ausgewertete Gesundheitsdaten in die Kalkulation der zu zahlenden Versicherungsbeiträge einfließen (Hoffmann 2021).1
Solche als Pay-as-you-live (PAYL)-Tarife bezeichneten Versicherungsprodukte verfolgen das Ziel, Kunden zu einem gesundheitsbewussten Verhalten zu motivieren, indem anhand der übermittelten Gesundheitsdaten Beitragsrabatte in Aussicht gestellt werden. Während im Ausland PAYL-Tarife bereits breitflächig angeboten werden (z. B. „John Hancock“ in den USA, „Discovery“ in Südafrika; Krüger und Ní Bhroin 2020), finden sich auf dem deutschen Krankenversicherungsmarkt nur vereinzelt entsprechende Produktangebote (z. B. „Vitality“ der Generali, „FitnessAOK“ der AOK Nordost; Wiegard et al. 2019).
Für die bislang geringe Verbreitung in Deutschland werden einerseits versicherungsvertrags- und -aufsichtsrechtliche Grenzen sowie Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Kollektivprinzip von Versicherungen angeführt. Andererseits wird auf Kundenseite die Akzeptanz hinterfragt, Versicherungsunternehmen über Smart Devices in Echtzeit Daten zum eigenen Gesundheitszustand zu übermitteln (Wiegard und Breitner 2019; Hoffmann 2021; Wulf und Betz 2021). Die vorliegende Untersuchung nimmt die Kundenperspektive ein. So hängt selbst bei einer grundsätzlichen Umsetzbarkeit von PAYL-Tarifen deren Erfolg letztlich von der kundenseitigen Bereitschaft ab, solche verhaltensbezogenen Versicherungsprodukte auch tatsächlich abzuschließen. Ausgehend von dieser Feststellung untersucht diese Studie folgende Fragestellung:
Welche Faktoren beeinflussen auf Kundenseite die Einstellung zur Nutzung von PAYL-Tarifen?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wird nach einer Einordung von PAYL-Tarifen in Theorie und Praxis (Kap. 2) ein Modell entwickelt, das auf Erkenntnissen der Technologieakzeptanzforschung und auf Untersuchungen zu Privatsphärenbedenken bei mobilen Internettechnologien basiert. Das entwickelte Modell bildet die Grundlage der Hypothesengenerierung (Kap. 3). Nach einer Vorstellung des Untersuchungsdesigns werden die Untersuchungsergebnisse präsentiert und diskutiert (Kap. 4). Die Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis sowie Anknüpfungspunkte für weitere Forschung schließen diese Studie (Kap. 5 und 6).

2 PAYL-Tarife in Theorie und Praxis

Im Gegensatz zu konventionellen Krankenversicherungen, bei denen risikorelevante Daten der versicherten Person einmalig vor Vortragsabschluss abgefragt und in der Beitragskalkulation berücksichtigt werden (z. B. Alter, Gewicht, Vorerkrankungen), findet bei PAYL-Tarife eine laufende Erhebung gesundheitsrelevanter Daten über Smart Devices statt (z. B. Bewegungs- oder Schlafverhalten). Entsprechende Daten werden i. d. R. durch einen Dienstleister zu einem Gesundheitsscore aggregiert, auf deren Basis der Krankenversicherer einerseits den Versicherten Empfehlungen zur Verbesserung des Gesundheitszustands gibt (z. B. über Apps). Andererseits wird dieser Score zur Gewährung von Beitragsrabatten herangezogen (Alami et al. 2020) (vgl. Abb. 1).
Über solche verhaltensbasierten Versicherungsprodukte soll ein Anreiz zu einem gesundheitsbewussten Verhalten gesetzt werden, von dem sowohl der Versicherer durch geringere Leistungsausgaben als auch der Versicherte durch reduzierte Versicherungsbeiträge profitiert. Diese Win-Win-Situation stellt sich allerdings nur dann ein, wenn Kunden auch dazu bereit sind, ihre Gesundheitsdaten laufend über Smart Devices mit dem Versicherer zu teilen. Bisherige Untersuchungen zur PAYL-Akzeptanz beleuchten vor allem die Nutzungsbereitschaft von Smart Devices zur Erhebung gesundheitsbezogener Daten, aus denen Empfehlungen für Versicherer zur Erweiterung ihres eHealth-Angebots abgeleitet werden (z. B. Angebot von Fitness-Apps oder Smartwatches; Braun und Nürnberg 2015). Neben diesen technologiefokussierten Akzeptanzforschungen finden sich auch Studien, die eine konkrete Anwendung von Smart Devices für PAYL-Tarife untersuchen (Wiegard und Breitner 2019). Wenig Forschung findet sich hingegen bezüglich der Frage, welche konkreten Faktoren die Akzeptanz von PAYL-Tarifen beeinflusst. Hierzu zählen auch Aspekte, die in der Persönlichkeit des Kunden liegen (z. B. Motive der PAYL-Nutzung, Technologieaffinität). Im Folgenden wird daher ein eigenes Modell zur Untersuchung der kundenseitigen PAYL-Akzeptanz entwickelt und empirisch überprüft.

3 Entwicklung des Untersuchungsmodells

3.1 Wahrgenommener Nutzen und Benutzerfreundlichkeit

Mit dem im Folgenden entwickelten Modell sollen Faktoren untersucht werden, die die Absicht des Kunden beeinflussen, PAYL-Tarife zu nutzen (Attitude Towards Technology (ATT)). Eine so verstandene Nutzungseinstellung gibt die grundsätzliche Akzeptanz oder Ablehnung einer Technologie an. Ein etabliertes Modell zur Erklärung der Akzeptanz technischer Neuerungen bildet das von Davis et al. ( 1989) entwickelte „Technologie Acceptance Model (TAM)“, das den wahrgenommen Nutzen und die Benutzerfreundlichkeit einer Technologie als relevante Erklärungsvariablen ihrer Akzeptanz identifiziert.
Der wahrgenommene Nutzen (Perceived Usefulness (PU)) stellt für Anwender das Ausmaß dar, in welchem die verwendete Technologie als vorteilhaft empfunden wird (Davis et al. 1989). Aus Kundensicht kann der Nutzen von PAYL-Tarifen etwa in der Unterstützung einer gesunden Lebensweise oder in der Erzielung von Beitragsrabatten liegen. Der wahrgenommene Nutzen kann als Anreiz verstanden werden, von den erwarteten Vorteilen einer Technologie auch tatsächlich zu partizipieren. Aus diesen Überlegungen leitet sich folgende Hypothese ab:
H1: Je höher der wahrgenommene Nutzen von PAYL-Tarifen ist, desto positiver ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.
Die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit (Perceived Ease of Use (PEU)) gibt allgemein die Einschätzung des Anwenders an, welche physischen, kognitiven oder sonstigen Anstrengungen bei der Verwendung einer Technologie anfallen (Davis et al. 1989). Bezogen auf PAYL-Tarife liegt eine hohe Benutzerfreundlichkeit vor allem dann vor, wenn sich Smart Devices zur Erhebung von Gesundheitsdaten für PAYL-Tarife einerseits einfach bedienen lassen. Andererseits sollte es dem Kunden leichtfallen, die Bedeutung der gesammelten Gesundheitsdaten für PAYL-Tarife nachzuvollziehen (z. B. Einfluss auf gewährte Bonifikationen). Mit einer steigenden Benutzerfreundlichkeit sinken die erwarteten Anstrengungen bei der Nutzung von PAYL-Tarifen. Geringe wahrgenommene Anstrengungen tragen dazu bei, die erwarteten Kosten der Technologienutzung zu reduzieren. Die Nutzungsbarrieren sinken entsprechend. Hieraus leitet sich folgende Hypothese ab:
H2: Je höher die Benutzerfreundlichkeit bei der Erhebung und Verwertung gesundheitsbezogener Daten im Rahmen von PAYL-Tarifen ist, desto positiver ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.

3.2 Innovationsbereitschaft des Nutzers

Neben diesen inhaltlich-rational geprägten Kosten-Nutzen-Überlegungen erklären Erweiterungen des ursprünglichen TAM die Technologieakzeptanz auch mit persönlichen Merkmalen des Anwenders. Als ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal für die Technologieakzeptanz zeigt sich die Innovationsbereitschaft (Personal Innovativeness (PI)) des Nutzers (Agarwal und Prasad 1998). Sie äußert sich am ausgeprägten Interesse, technische Neuerungen vor anderen zu nutzen. Geleitet wird ein solches Verhalten häufig von der Motivation, sich von der breiten Masse der Nutzer abzugrenzen, indem die Aufgeschlossenheit für Neues und für das technologische Verständnis signalisiert wird. Aus diesem Zusammenhang leitet sich die dritte Hypothese ab:
H3: Je höher die persönliche Innovationsbereitschaft ist, desto positiver ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.

3.3 Privatsphärebedenken und Datenschutzaspekte

Bei PAYL-Tarifen werden laufend gesundheitsrelevante Daten mittels Smart Devices gesammelt und i. d. R. über einen Dienstleister in Form eines aggregierten Scores über Internettechnologien an den Versicherer übermittelt. Ein solcher Transfer persönlicher Daten lenkt die Frage auf die Informationssicherheit und den Datenschutz bei der Nutzung verhaltensbasierter Versicherungstarife. In diesem Zusammenhang wichtige Hinweise auf die Technologieakzeptanz liefert das „Mobile Users’ Information Privacy Concerns (MUIPC)“-Modell (Xu et al. 2012). Das MUIPC-Modell bildet eine Anpassung des von Malhotra et al. ( 2004) entwickelten „Internet Users’ Information Privacy Concerns (IUIPC)“-Ansatzes an die Eigenschaften mobiler Internettechnologien, wie sie Smart Devices zur Datenerhebung- und -übermittlung im Rahmen von PAYL-Tarifen darstellen. Als relevant für die Erklärung von Datenschutzbedenken des Nutzers zeigen sich das Anbietervertrauen, die wahrgenommene Gefahr einer sekundären Datennutzung, ein empfundenes Eindringen in die Privatsphäre sowie eine wahrgenommene Überwachung (Malhotra et al. 2004; Xu et al. 2012).
Das Anbietervertrauen (Perceived Trust (PT)) beschreibt die Einschätzung, inwieweit ein Unternehmen mit den übermittelten Daten eines Nutzers sorgsam umgeht und gegen unberechtigte Zugriffe schützt (Wu et al. 2012). Die Bedeutung von Vertrauen lässt sich damit erklären, dass Nutzer mit der Übermittlung persönlicher Daten gegenüber dem Technologieanbieter einen Vertrauensvorschuss hinsichtlich des Datenumgangs leisten. So kann der Nutzer vor allem die technische Umsetzung der Datenschutzpraktiken durch die Anbieterseite i. d. R. nur schwer nachvollziehen (Liccardi et al. 2014). Nachfolgende Hypothese unterstellt daher folgenden Zusammenhang:
H4: Je höher das individuelle Vertrauen in den Anbieter von PAYL-Tarifen ist, desto positiver ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.
Neben dem allgemeinen Anbietervertrauen beschreibt die sekundäre Datennutzung konkret Bedenken, dass die über Smart Devices gesammelten und transferierten Gesundheitsdaten nicht nur für PAYL-Tarife, sondern ohne bewusste Nutzerzustimmung auch für andere Zwecke eingesetzt werden (z. B. personalisierte Werbung) (Xu et al. 2012). Da eine solche zweckfremde Datennutzung (Secondary Use of Information (SUI)) letztlich eine Verletzung des Nutzerwillens bedeutet, wird folgender Zusammenhang unterstellt:
H5: Je stärker die wahrgenommenen Bedenken einer sekundären Nutzung gesundheitsbezogener Daten sind, desto negativer ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.
Das Eindringen in die Privatsphäre (Perceived Intrusion (PIN)) beschreibt eine wahrgenommene Verletzung der informationellen Selbstbestimmung (Barth und Jong 2017). Eine solche Wahrnehmung kann etwa entstehen, wenn sich auf Nutzerseite das Gefühl einstellt, dass persönliche Daten für Dritte leichter als gewollt zugänglich sind (z. B. für Datendienstleister zur Ermittlung des Gesundheitscores im Rahmen von PAYL-Tarife). Hierdurch wird ein Gefühl der Machtlosigkeit und Verwundbarkeit in Bezug auf die eigene Datensouveränität hervorgerufen (Solove 2006). Daraus folgt nachstehende Hypothese:
H6: Je stärker die Übermittlung gesundheitsbezogener Daten als Eindringen in die Privatsphäre wahrgenommen wird, desto negativer ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.
Die wahrgenommene Überwachung (Perceived Surveillance (PS)) bezieht sich auf die Praxis der Datenerhebung und -auswertung (Xu et al. 2012). Bezogen auf PAYL-Tarife kann beispielsweise der Eindruck einer Überwachung entstehen, der Versicherer oder seine Datendienstleister könne mit den übermittelten Gesundheitsdaten Bewegungsprofile des Nutzers erstellen (z. B. mittels GPS-basierter Schrittzähler). Auf Nutzerseite kann sich daraus das Gefühl einstellen, dass sämtliche seiner Aktivitäten jederzeit für Dritte nachvollziehbar sind. Aus diesem Zusammenhang leitet sich folgende Hypothese ab:
H7: Je stärker die Übermittlung gesundheitsbezogener Daten als Überwachung wahrgenommen wird, desto negativer ist die Einstellung zum Abschluss von PAYL-Tarifen.
Neben den theoretisch abgeleiteten Hypothesen umfasst das Modell zusätzlich das Alter und das Geschlecht, um einen möglichen Einfluss soziodemografischer Aspekte zu kontrollieren.

4 Empirische Untersuchung der Kundenakzeptanz von PAYL-Tarifen

4.1 Untersuchungsdesign und Auswertungsmethode

Für die vorliegende Untersuchung wurden mittels eines Online-Fragebogens Daten erhoben, mit denen das entwickelte Modell zur Nutzungseinstellung von PAYL-Tarifen für den deutschen Versicherungsmarkt statistisch überprüft wird. Die Wahl dieses quantitativ-empirischen Forschungsansatzes soll dazu beitragen, Ergebnisse mit hoher Verallgemeinerbarkeit zu erhalten.
Die Umfrage hat folgende Struktur: Einleitend wird dargestellt, wie PAYL-Tarife als verhaltensbezogene Tarife funktionieren und welche Vorteile damit verbunden sein können. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Untersuchungsteilnehmer über ausreichende Informationen verfügen, den Fragenbogen ausfüllen zu können. Im Anschluss werden demographische Daten erhoben, bevor die Teilnehmer gebeten werden, Fragen zu den einzelnen theoretisch abgeleiteten Einstellungskonstrukten zu beantworten.
Für die Datenerhebung wurde der Online-Fragebogen per E‑Mail, sozialen Netzwerken und persönlichen Kontakten verteilt und für den Zeitraum 15.01. bis 26.01.2022 zur Beantwortung geöffnet. Nach einer Plausibilisierung und Bereinigung umfasst die Stichprobe für die Modellüberprüfung 333 vollständige Datensätze, die folgende soziodemografische Struktur aufweist (Tab. 1).
Tab. 1
Struktur der erhobenen Stichprobe
Stichprobengröße: n = 333
 
Prozent
Geschlecht
Männlich
53
Weiblich
47
Divers
0
Alter
Bis 25 Jahre
33
26 bis 35 Jahre
14
36 bis 45 Jahre
13
46 bis 60 Jahre
31
61 Jahre und älter
9
Quelle: Eigene Darstellung
Die Einstellungskonstrukte werden mit Multi-Item-Messansätzen operationalisiert, die sich an Fragen-Items vorheriger Forschungsarbeiten orientieren. Dabei werden die Formulierungen an den konkreten Untersuchungsgegenstand angepasst. Die Messung erfolgt jeweils mit einer 5‑Punkt-Likert-Skala mit Ausprägungen von 1 („trifft überhaupt nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“).2 Für die Quantifizierung der gemessenen Einstellungskonstrukte im Gesamtmodell werden aus den Frage-Items jeweils Mittelwertindizes gebildet, die auf Konstrukt- und auf Indikatorebene die Anforderungen an Reliabilität (Cronbachs Alpha, Item-Trennschärfe) und Validität (Eindimensionalität, Faktorladung) erfüllen (Murphy 2009).3
Ob und ggf. in welcher Stärke die so gemessenen Einstellungskonstrukte sowie die berücksichtigten Kontrollvariablen die kundenbezogene Nutzungseinstellung von PAYL-Tarifen beeinflussen, wird mittels einer multiplen linearen Regression untersucht. Diese Methode ermittelt den Kausalzusammenhang mehrerer unabhängiger Variablen auf eine abhängige Variable. Multiple Regressionsanalysen zeigen nicht nur die Wirkung einer jeden unabhängigen auf die abhängige Variable separat. Über die Berücksichtigung von Interkorrelationen wird zusätzlich der relative Einfluss der betrachteten unabhängigen Variablen untereinander erklärt (Allison 1998). Alle Berechnungen werden mit SPSS 27.0 durchgeführt.

4.2 Untersuchungsergebnisse

Das Gesamtmodell zeigt mit einem R2 = 0,51 (korrigiertes R2 = 0,50) eine moderate bis hohe Anpassungsgüte (Cohen 1988). Die betrachteten unabhängigen Variablen erklären damit zusammen 50 % der Varianz der abhängigen Variablen „Nutzungseinstellung zu PAYL-Tarifen“. Sie weisen zudem einen signifikanten Einfluss auf (F(9, 323) = 37,65, p < 0,01). Daneben kann eine Autokorrelation auf Basis der Durbin-Watson-Statistik (=2,002) ausgeschlossen werden (Eckey et al. 2011). Hinweise auf unerwünschte Effekte durch Multikollinearität zwischen den unabhängigen Variablen sind ebenfalls nicht gegebenen (jeweils VIF-Werte < 10; Wooldridge 2008).
Die angelegten Gütekriterien zeigen damit eine hohe Eignung des Gesamtmodells. Die Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung mittels einer multiplen linearen Regression zeigt überblicksartig Abb. 2:
Mit H1, H3, H4, H6 konnten vier der sieben theoretisch abgeleiteten Hypothesen bestätigt werden. Damit haben der wahrgenommene Nutzen (PU), die individuelle Innovationsbereitschaft (PI), das wahrgenommene Anbietervertrauen (PT) sowie ein wahrgenommenes Eindringen in die Privatsphäre (PIN) einen signifikanten Einfluss auf die Nutzungseinstellung von PAYL-Tarifen. Dabei geht von H1 (β = 0,37, p < 0,01) der vergleichsweise stärkste positive Einfluss aus, gefolgt von H4 (β = 0,24, p < 0,01). Bei H3 (β = 0,10, p < 0,05) ist lediglich ein schwacher positiver Zusammenhang nachweisbar ist. H6 wirkt hingegen moderat negativ auf die Nutzungseinstellung (β = −0,22, p < 0,01).
Die Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung stimmen insgesamt mit den bisherigen Befunden zur Akzeptanz von PAYL-Tarifen überein. Vor allem der wahrgenommene Nutzen wird als relevante Akzeptanzgröße für solche Versicherungsprodukte identifiziert (Wiegard und Breitner 2019; Degerli und Yildirim 2022). Auch der in dieser Untersuchung grundsätzlich nachgewiesene positive Einfluss der persönlichen Innovationsbereitschaft auf die Nutzungseinstellung bestätigt die Ergebnisse anderer Studien (Abubakre et al. 2022). In Bezug auf Datenschutzbedenken zeigen etwa Mani und Chouk ( 2019) sowie Adebesin und Mwalugha ( 2020) die akzeptanzfördernde Wirkung des Anbietervertrauens, während Beldad und Hegner ( 2018) gleichermaßen ein wahrgenommenes Eindringen in die Privatsphäre als akzeptanzhemmend feststellen.
Dagegen konnte in der vorliegenden Untersuchung für die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit (PEU), die wahrgenommene Gefahr einer sekundären Nutzung von Informationen (SUI) sowie einer wahrgenommenen Überwachung (PS) weder ein signifikanter Einfluss noch ein relevanter Zusammenhang bezüglich der Nutzungseinstellung zu PAYL-Tarifen festgestellt werden. Die Hypothesen H2 (β = −0,03, p = 0,58), H5 (β = −0,05, p = 0,29) und H7 (β = −0,06, p = 0,30) werden daher verworfen. Auch für die Kontrollvariablen Alter (β = −0,02, p = 0,67) und Geschlecht (β = −0,03, p = 0,52) lässt sich keine signifikante Relevanz feststellen, was darauf schließen lässt, dass soziodemografische Aspekte keine direkte Rolle für die Nutzungseinstellung von PAYL-Tarifen spielen.

4.3 Erklärungsansätze für nicht-bestätigte Hypothesen

Vor allem die nicht bestätigten Hypothesen werfen Fragen nach möglichen Erklärungsansätzen auf:
Für die geringe Bedeutung der Benutzerfreundlichkeit (H2) kann als mögliche Erklärung fehlende Erfahrungen der Befragungsteilnehmer mit PAYL-Tarifen angebracht werden. So werden, wie dargestellt, solche verhaltensbezogenen Versicherungstarife in Deutschland aktuell allenfalls als Zusatzbausteine angeboten. Während andere der abgefragten Konstrukte über Aspekte erfasst werden, bei denen sich Erfahrungsdefizite zumindest teilweise durch eine hohe Generalisierbarkeit kompensieren lassen (z. B. Rabatte auf Versicherungsprämie), hängt die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit deutlich stärker von der konkreten Ausgestaltung der Versicherungstarife ab (z. B. genaue Wirkung und Nachvollziehbarkeit des Gesundheitsverhaltens auf Belohnungen). Die Vernachlässigung der Benutzerfreundlichkeit in Bezug auf die Nutzungseinstellung stellt dann weniger das Ergebnis einer inhaltlichen Kosten-Nutzen-Bewertung dar, sondern resultiert vielmehr aus mangelnden Erfahrungen mit verhaltensbezogenen Versicherungstarifen (Stoel und Hye 2003).
Die mangelnde Nutzungserfahrung mit PAYL-Tarifen kann auch als Begründung für die fehlende Signifikanz der sekundären Nutzung von Informationen (H5) und der wahrgenommenen Überwachung (H7) angeführt werden. So gestaltet sich eine Einschätzung hiermit verbundener Datenschutzbedenken als schwierig, wenn aufgrund fehlender Erfahrungswerte die Vorstellung darüber fehlt, ob und in welcher Form gesundheitsbezogene Daten auch außerhalb der Versicherungskalkulation eingesetzt werden können (z. B. für Werbung oder zur Erstellung von Nutzerprofilen). Daneben lassen sich diese Untersuchungsergebnisse auch als Resultat eines Gewöhnungseffekts beim Gebrauch von Smart Devices interpretieren (Gebert-Persson et al. 2019). So erscheint die Annahme plausibel, dass in dem Maße, in dem im Alltag die Erhebung gesundheitsbezogener Daten über mobile Endgeräte zur Selbstverständlichkeit wird, Bedenken hinsichtlich einer Überwachung oder zweckfremden Verwendung zunehmend als vernachlässigbar oder zumindest beherrschbar empfunden werden.

5 Diskussion der Untersuchungsergebnisse

5.1 Handlungsempfehlungen für die Versicherungspraxis

In Bezug auf die Gestaltung von PAYL-Tarifen lassen sich die Ergebnisse der Regressionsanalyse zu folgenden Handlungsempfehlungen für die Versicherungspraxis zusammenfassen:
Unter den betrachteten Einflussfaktoren spielt der wahrgenommene Nutzen die wichtigste Rolle für die Akzeptanz verhaltensbasierter Krankenversicherungsprodukte auf Kundenseite. Dieses Ergebnis ist insofern nachvollziehbar, als solche Tarife kundenseitig erst dann als Alternative zu herkömmlich kalkulierten Versicherungsprodukten in Frage kommen dürften, wenn mit ihrem Abschluss ein zusätzlicher Nutzen erwartet wird. Damit kommt der Versicherungspraxis bei der Gestaltung von PAYL-Tarifen die Aufgabe zu, dem Kunden entsprechende Vorteile verhaltensbasierter Tarife klar und verständlich aufzuzeigen sowie erlebbar zu machen (Kwiecień et al. 2019). Versicherer könnten dafür das gesetzlich vorgeschriebene Produktinformationsblatt nutzen, das Verbrauchern in verständlicher, knapper Form die wesentlichen Inhalte der Versicherungsbedingungen darstellt.
Die Untersuchungsergebnisse auf Item-Ebene zeigen dabei, dass sich solche Nutzenaspekte aus Kundensicht nicht alleine auf die Erzielung von Beitragsrabatten reduziert. Vielmehr spielt für die Nutzenbewertung gleichermaßen die Unterstützung einer gesunden Lebensweise eine Rolle (Abb. 3). Möglicherweise ist der wahrgenommene Nutzen zwischen verschiedenen Kundengruppen auch so heterogen ausgeprägt, dass eine differenzierte, die jeweiligen Nutzenaspekte adressierende Kundenansprache erforderlich ist.
Als zusätzlicher Aspekt zur Zielgruppen-Beschreibung können die Ergebnisse zur persönlichen Innovationsbereitschaft herangezogen werden. So lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass solche Kunden verhaltensbezogenen Krankenversicherungsprodukten besonders aufgeschlossen gegenüberstehen, deren grundsätzliche Neugier am Ausprobieren neuer Technologien stark ausgeprägt ist. Gelingt es Versicherern, entsprechende Kundengruppen zu identifizieren, kann die Ansprache neben der reinen Darstellung des Nutzens zusätzlich Aspekte umfassen, die auf eine positive Abgrenzung über den Einsatz von Smart Devices für Versicherungslösungen abzielen.
Weiterhin lässt sich aus den Untersuchungsergebnisse ableiten, dass Datenschutzüberlegungen eine wichtige Rolle für die Akzeptanz von PAYL-Tarifen spielen. Vor allem das Vertrauen in den Versicherer bezüglich des verantwortungsvollen Umgangs mit den übermittelten Gesundheitsdaten kommt eine hohe Bedeutung zu. Für PAYL-Anbieter erscheint es daher vorteilhaft, gegenüber ihren Kunden eine Vertrauensposition aufzubauen. Vertrauensbildend kann etwa eine Zertifizierung der Produktkomponenten (z. B. Smart Device, App) hinsichtlich Datenschutz und -sicherheit durch eine dem Nutzer bekannte externe Institution (z. B. TÜV) wirken (Juric et al. 2015).
Als weiterer wichtiger Aspekt zeigen die Ergebnisse, dass Privatsphärebedenken hemmend auf die Nutzungsakzeptanz von PAYL-Tarifen wirken. Für Versicherer gilt es daher, Maßnahmen zu ergreifen, die auf Kundenseite das Gefühl eines Eindringens in die Privatsphäre durch die Nutzung von PAYL-Tarifen vermeiden. Hierzu kann etwa ein proaktives Aufzeigen der Grenzen der Datennutzung gegenüber dem Kunden zählen (Braun und Nürnberg 2015). Hilfreich könnte auch sein, wenn sich die Versicherungswirtschaft auf gemeinsame Verhaltens- und Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Umgang von PAYL-Daten verständigt, die dem Kunden einen Schutz der Privatsphäre zusichern. Innerhalb der Versicherungswirtschaft existieren für andere Bereiche bereits vergleichbare Regelungen (z. B. „Code of Conduct“; GDV 2018).
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Versicherungspraxis nicht zu dem Schluss kommen sollte, bei der Gestaltung von PAYL-Tarifen die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit, die empfundene Gefahr einer zweckfremden Datennutzung oder das Gefühl einer wahrgenommenen Überwachung vollkommen zu vernachlässigen. Zwar konnte im Rahmen dieser Untersuchung kein signifikanter Einfluss dieser Faktoren auf die Nutzungsakzeptanz verhaltensbasierter Versicherungsprodukte festgestellt werden. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass diese Ergebnisse zumindest teilweise auf die mangelnde Nutzungserfahrung entsprechender Versicherungstarife zurückzuführen sind. Das gilt vor allem für Aspekte des Datenschutzes, deren Bedeutung in anderen Untersuchungen zur Akzeptanz von PAYL-Tarifen nachgewiesen werden konnte (Wiegard und Breitner 2019; Barth et al. 2019).

5.2 Studienlimitationen

Die auf Basis der Untersuchungsergebnisse abgeleiteten Handlungsempfehlungen sind vor dem Hintergrund folgender Einschränkungen zu betrachten:
Da PAYL-Tarife in Deutschland bislang eine geringe Verbreitung finden, untersucht die vorliegende Untersuchung die Nutzungsabsicht zu solchen verhaltensbasierten Versicherungsprodukten, nicht aber deren tatsächliche Nutzung. Zwar legen verschiedene Untersuchungen nahe, dass die Nutzungsabsicht einen Prädiktor für das Nutzungsverhalten darstellt (Kim and Hunter 1993). Ob PAYL-Tarife aber tatsächlich abgeschlossen werden, wenn die als signifikant identifizierten Einflussfaktoren erfüllt sind, lässt sich aber auf Basis der Untersuchungsergebnisse nicht mit Sicherheit beurteilen.
Mit der Berücksichtigung verschiedener Einstellungskonstrukte analysiert die vorliegende Untersuchung den direkten Einfluss mehrerer unabhängiger Variablen auf eine abhängige Variable. Moderierende Effekte oder verkettete Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Einstellungskonstrukte, die in Bezug auf die Nutzungseinstellung jeweils einen indirekten Einfluss entfalten (z. B. Pfadkorrelationen), werden somit nicht betrachtet. So konnte zwar gezeigt werden, dass Alter und Geschlecht keinen direkten Einfluss auf die Nutzungsakzeptanz von PAYL-Tarifen ausüben. Möglicherweise zeigen diese Größen aber eine Wirkung, wenn sie z. B. als Moderatorvariablen in der Beziehung der einzelnen Einstellungskonstrukte zur PAYL-Akzeptanz berücksichtigt werden.
Bezogen auf die Zusammensetzung der Stichprobe ist schließlich anzumerken, dass die Altersstruktur nicht bevölkerungsrepräsentativ verteilt ist. Hierdurch ergeben sich möglicherweise Einschränkungen in der Repräsentativität der Untersuchungsergebnisse.

6 Zusammenfassung und weiterer Forschungsbedarf

Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel, relevante Einflussfaktoren für die Nutzungsakzeptanz von PAYL-Tarifen zu untersuchen. Die betrachteten Faktoren entstammen theoretischen Modellen zur Technologieakzeptanzforschung (TAM und seine Erweiterungen) und zur Untersuchung von Privatsphärenbedenken bei der Nutzung mobiler Internettechnologien (MUIPC-Modell). Die durchgeführte Regressionsanalyse identifiziert den wahrgenommenen Nutzen, die individuelle Innovationsbereitschaft, das wahrgenommene Anbietervertrauen sowie ein wahrgenommenes Eindringen in die Privatsphäre als relevante Faktoren für die Nutzungsbereitschaft verhaltensbezogener Tarife in der Krankenversicherung.
Für die Versicherungspraxis lässt sich als Handlungsempfehlung ableiten, dass die Darstellung des Nutzens von PAYL-Tarifen gegenüber ihren Kunden von hoher Bedeutung ist (z. B. mittels gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationsblättern). Möglichen Beitragsrabatten wird dabei ein genauso hoher Nutzen beigemessen wie der Unterstützung einer gesunden Lebensweise. Diese Erkenntnis legt den Schluss nahe, dass es sinnvoll sein kann, gegenüber verschiedenen Zielgruppen einzelne Nutzenaspekte von PAYL-Tarifen differenziert zu präsentieren. In eine solche zielgruppenspezifische Ansprache kann auch die Erkenntnis einfließen, dass vor allem technologieaffine Personen eine gewisse Aufgeschlossenheit zu PAYL-Tarifen zeigen. Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die Akzeptanz verhaltensbezogener Versicherungsprodukte auch von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen abhängt, auf deren Basis sich unterschiedliche Zielgruppen bilden lassen. Um die für PAYL-Tarife relevanten Zielgruppen weiter zu schärfen, könnten Folgeuntersuchungen die Bedeutung weiterer kundenbezogener Merkmale analysieren.
Für die erfolgreiche Umsetzung von PAYL-Tarifen erscheint es außerdem wichtig, Datenschutzbedenken auf Kundenseite entgegenzuwirken. Vor allem Maßnahmen, die den Aufbau einer Vertrauensposition unterstützen (z. B. Datenschutz-Zertifizierung von Produktkomponenten) sowie den Eindruck eines Eindringens in die Privatsphäre des Kunden vermeiden (z. B. Entwicklung brancheneinheitlicher Verhaltensstandards bezüglich PAYL-Daten), spielen für die kundenbezogene PAYL-Akzeptanz eine besondere Rolle. Wie solche Verhaltensnormen innerhalb der Versicherungswirtschaft so ausgestaltet sein können, dass diese die Kundenakzeptanz von PAYL-Tarifen auch tatsächlich unterstützen, kann Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten sein.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass auch innerhalb der Versicherungswirtschaft die Einführung von PAYL-Tarifen intensiv diskutiert wird. Neben den bereits thematisierten datenschutzrechtlichen Aspekten werden als wesentliche Herausforderungen versicherungsvertragsrechtliche und -aufsichtsrechtliche Grenzen sowie eine Vereinbarkeit mit dem Kollektivprinzip von Versicherung genannt (Hoffmann 2021). Eine abschließende Bewertung vieler Aspekte steht noch aus. Neben der Kundenakzeptanz sind in Zukunft auch diese die grundsätzliche Umsetzbarkeit von PAYL-Tarifen betreffenden Fragestellungen zu klären.
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Appendix

Appendix

Tab. 2
Fragen-Items zur Messung der latenten Einstellungskontrukte der empirischen Untersuchung
Einstellungskonstrukt
Code
Item
Quelle
Nutzungseinstellung PAYL-Tarife (ATT)
ATT1
Wenn PAYL-Tarife in Deutschland angeboten werden würden, wäre es für mich attraktiv, diese zu nutzen
Eigenentwicklung
Wahrgenommener Nutzen (PU)
PU1
Ich finde Wearables in meinem täglichen Leben nützlich
Wiegard und Breitner (2019); Degerli und Yildirim (2022)
PU2
Die Verwendung von Wearables hilft mir dabei, Dinge schneller zu erledigen
PU3
Die Verwendung von Wearables verbessert die Qualität meiner täglichen Gesundheitsversorgung
PU4
Die Verwendung von Wearables hilft mir dabei, meine Gesundheit effektiv zu managen
PU5
Wearables könnten mich im Kontext von PAYL-Tarifen dazu motivieren, einen gesundheitsbewussteren Lebensstil zu führen
PU6
Die Verwendung von Wearables für PAYL-Tarife gibt mir die Möglichkeit, einen günstigeren Beitrag für meine Krankenversicherung zu erzielen
Wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit (PEU)
PEU1
Allgemein fällt es mir leicht, Wearables zu bedienen
Davis et al. (1989)
PEU2
Es würde mir leicht fallen zu lernen, wie Wearables bedient werden
PEU3
Die Bedienung von Wearables würde für mich keine besonderen Fähigkeiten erfordern
PEU4
Es würde mir leicht fallen, die gesammelten Gesundheitsdaten von Wearables zu verstehen
Persönliche Innovationsbereitschaft (PI)
PI1
In meinem Freundeskreis bin ich üblicherweise unter den Ersten, der eine neue Technologie oder Produkte erwirbt oder ausprobiert
Agarwal und Prasad (1998)
PI2
In meinen Interessengebieten halte ich regelmäßig Ausschau nach neuen Technologien oder Produkten
PI3
Allgemein macht es mir Spaß neue Technologien oder Produkte auszuprobieren
Wahrgenommenes Anbietervertrauen (PT)
PT1
Ich würde sagen, dass Wearables vertrauenswürdig sind
Adebesin und Mwalugha (2020)
PT2
Ich würde Versicherungen, die PAYL-Tarife anbieten, dahingehend vertrauen, in meinem besten Interesse zu handeln
PT3
Ich würde Versicherungen, die PAYL-Tarifen anbieten, dahingehend vertrauen, dass sie meine (von Wearables getrackten) personenbezogenen Gesundheitsdaten sicher verwalten
Sekundäre Nutzung von Informationen (SUI)
SUI1
Ich wäre besorgt, dass Versicherungsunternehmen ohne meine ausdrückliche Zustimmung, personenbezogene Daten für bestimmte Zwecke nutzen werden
Wiegard und Breitner (2019)
SUI2
Ich wäre besorgt, dass Versicherungsunternehmen personenbezogene Daten für andere Zwecke, als vereinbart, nutzen würden
SUI3
Ich wäre besorgt, dass Versicherungsunternehmen meine personenbezogene Daten an andere Unternehmen verkaufen würden
Wahrgenommenes Eindringen (PIN)
PIN1
Ich hätte das Gefühl, dass Dritte durch diese Versicherungstarife, mehr über mich wissen, als mir lieb/angenehm ist
Wiegard und Breitner (2019)
PIN2
Ich glaube, dass durch die Nutzung dieser Versicherungstarife, meine personenbezogenen Daten für Dritte leichter verfügbar sind, als ich dies wollen würde
PIN3
Ich habe das Gefühl, dass durch die Nutzung dieser Versicherungstarife, in meine Privatsphäre von Dritten, die Gesundheitsdaten über mich sammeln, eingedrungen wurde
Wahrgenommene Überwachung (PS)
PS1
Ich wäre besorgt, dass Wearables zu viele gesundheitsbezogene Daten über mich sammeln
Barth et al. (2019)
PS2
Ich wäre besorgt, dass durch Wearables meine Aktivitäten zu stark überwacht werden
Tab. 3
Ausprägung Gütekriterien für Reliabilität und Validität der reflektiven Messansätze
Einstellungskonstrukt
Item
Item-Trenn-schärfe
Cronbachs Alpha
Faktor-ladung
Erklärte Varianz (in %)
Grenzwert Gütekriterium
0,4
0,7
0,4
50
Wahrgenommener Nutzen (PU)
PU1
0,65
0,83
0,79
56,0
PU2
0,57
0,71
PU3
0,71
0,84
PU4
0,73
0,85
PU5
0,62
0,74
PU6
0,40
0,51
Wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit (PEU)
PEU1
0,70
0,85
0,84
69,1
PEU2
0,72
0,85
PEU3
0,74
0,87
PEU4
0,60
0,76
Persönliche Innovationsbereitschaft (PI)
PI1
0,68
0,84
0,85
76,0
PI2
0,75
0,90
PI3
0,70
0,86
Wahrgenommenes Anbietervertrauen (PT)
PT1
0,60
0,82
0,81
73,8
PT2
0,74
0,90
PT3
0,70
0,87
Sekundäre Nutzung von Informationen (SUI)
SUI1
0,80
0,91
0,91
84,4
SUI2
0,87
0,95
SUI3
0,77
0,90
Wahrgenommenes Eindringen (PIN)
PIN1
0,83
0,92
0,93
85,9
PIN2
0,83
0,92
PIN3
0,84
0,93
Wahrgenommene Überwachung (PS)
PS1
0,77
0,87
0,94
88,6
PS2
0,77
0,94
Footnotes
1
In der Kraftfahrzeug-Versicherung findet bei Telematik-Tarifen, die auch als Pay-how-you-drive (PHYD) oder Pay-as-you-drive (PAYD) bezeichnet werden, eine verhaltensbasierte Kalkulation bereits Anwendung; Carfora et al. (2019) 230.
 
2
Der Appendix gibt eine Übersicht über die verwendeten Frage-Items zur Messung der Einstellungskonstrukte.
 
3
Die Ausprägungen der Gütekriterien für Reliabilität und Validität der reflektiven Messansätze findet sich im Appendix.
 
Literature
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Metadata
Title
Tausche Gesundheitsdaten gegen Versicherungsrabatte – Empirische Untersuchung der Kundenakzeptanz von Pay-as-you-live-Tarifen in der Krankenversicherung
Authors
Sascha Kwasniok
Daniel Heyne
Publication date
18-10-2022
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Issue 6/2022
Print ISSN: 1436-3011
Electronic ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00913-5

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