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1998 | Book

Umweltforschung quergedacht

Perspektiven integrativer Umweltforschung und -lehre

Editors: Dipl.-Geogr. Achim Daschkeit, Priv.-Doz. Dr. Winfried Schröder, M.A.

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

Book Series : Umweltnatur- & Umweltsozialwissenschaften

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About this book

Für die Erfassung, Bewertung und Lösung komplexer Umweltprobleme ist eine interdisziplinäre Ausrichtung von Forschung und Lehre unerlässlich. In Grundlagen- und angewandter Forschung, aber auch in der universitären Lehre gibt es verstärkt Ansätze, bei denen die Notwendigkeit eines fachübergreifenden Diskurses erkannt und umgesetzt wird. Es fällt auf, daß im Rahmen der hier vorgestellten Ansätze Wissenschafts-Kooperationen verwirklicht werden, die noch vor wenigen Jahren in der Umweltforschung undenkbar gewesen wären. Die wachsende Durchlässigkeit der Grenzen zwischen den Disziplinen wird hier anhand von Themen wie Klimafolgen-, Katastrophen- und Technikfolgenforschung, globaler Wandel, nachhaltige Umweltpolitik und modernes Umweltrecht verdeutlicht.

Table of Contents

Frontmatter
Einführung
Zusammenfassung
Mitunter weiß man gar nicht, woran man mit der Umweltforschung ist: Auf der einen Seite wird Umweltschutz - und damit auch Umweltforschung als eine ihrer Grundlagen - als „Luxus“ angesehen, den man sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nur in verringertem Umfang leisten kann. Auf der anderen Seite gibt es auch in den letzten Jahren eine Reihe beachtenswerter Initiativen in Umweltpolitik und Umweltforschung, wie sich beispielsweise auf nationaler Ebene an den Aktivitäten des Bundes im Rio-Nachfolgeprozeß ablesen läßt oder auch an der Einrichtung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Dabei nimmt die Diskussion um „Sustainable Development“ insofern eine besondere Stellung ein, als seit 1992 ein einheits- und identitätsstiftender Rahmen geschaffen wurde, der trotz seiner teilweisen Unbestimmtheit einen ständigen Bezugspunkt für viele umweltschützerische und umweltpolitische Überlegungen und Maßnahmen darstellt.
Winfried SchröDer, Achim Daschkeit
Umweltforschung zwischen Erkenntnis und Organisation
Zusammenfassung
Die Umweltdebatte hat in den 80er Jahren 2 wichtige Entwicklungsschübe erfahren, die auch in der Forschung zu bedeutenden Veränderungen führen: Von der politischen Seite her die Diskussion über „Sustainable Development“, von der wissenschaftlichen Seite her der Aufschwung der Global-Change-Forschung.
Gotthard Bechmann, Günter Frederichs
Gestörte Natur - Anmerkungen zur integrativen Umweltforschung aus sozial-ökologischer Sicht
Zusammenfassung
Umweltprobleme sind komplex, wer sie untersuchen und Lösungen entwerfen will, der hat viele Aspekte zu berücksichtigen. Jede Problemlösung bedeutet zudem, auf riskante Weise in vernetzte Wirkungszusammenhänge einzugreifen — mit erwünschten Folgen und sich möglicherweise aufschaukelnden Nebenfolgen, was eine schwer durchschaubare Krisendynamik auslösen kann. Schon dadurch ist der Gegenstandsbereich der Umweltforschung hochgradig komplex. Niemand kann ernsthaft bestreiten, daß dabei ökologische, ökonomische, soziale, kulturelle und historische Aspekte zu berücksichtigen sind und höchst unterschiedliche disziplinäre Wissensformen kohärent gemacht und problemorientiert zusammengefügt werden müssen. Eine integrative, Natur- und Sozialwissenschaften umgreifende Umweltforschung ist aber ganz offensichtlich keine Banalität, sonst müßte sie nicht mit so viel argumentativem Aufwand seit Jahren begründet und gefordert werden (vgl. den Beitrag von Schröder, Kap. 1 u. 2, in diesem Band). Hier wird aber immer deutlicher, daß angemessene und realisierbare Lösungen nur gefunden werden, wenn bei der Definition und Analyse von Problemen Natur- und Sozialwissenschaftler eng kooperieren und dabei zugleich Akteure außerhalb der Wissenschaft in den Forschungsprozeß einbeziehen.
Egon Becker
Umweltforschung interdisziplinär - notwendig, aber unmöglich?
Zusammenfassung
Die Rekonstruktion der Ursprünge der Umweltforschung ist nicht nur Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte und damit der Fach- oder Wissenschaftshistoriker, sondern gehört ebenso zum Forschungsgegenstand der Umweltwissenschaftler. Und weil das Interesse an der eigenen wissenschaftlichen Herkunft sehr groß ist, gibt es eine Reihe fundierter Untersuchungen über die Umweltforschung (vgl. z.B. Bowler 1997; Fränzle 1997; Trepl 1987). Es ist charakteristisch, daß die Begriffe „Umweltforschung“ und „Interdisziplinärst“ zumeist in einem Atemzug genannt werden. Das hat seinen - historischen - Grund in der frühzeitigen Erkenntnis, daß man dem Gegenstand der Umweltforschung (die natürliche Umwelt des Menschen, teils mit, teils ohne Einschluß der wirtschaftenden Tätigkeiten des Menschen) mit einer isolierten Betrachtungsweise nicht näher kommt. Es wurde schon sehr früh - mindestens seit Ende des letzten Jahrhunderts - erkannt, daß verschiedene Wissensgebiete und entsprechend verschiedene Wissenschaftsdisziplinen zusammenarbeiten müssen, um ein angemessenes Verständnis der Funktionsweise der Natur zu entwickeln. Meist wird die Entstehung und weitere Entwicklung der Umweltforschung mit der Entstehung und Entwicklung der Ökologie als Wissenschaft und so mit den Namen E. Haeckel (1834–1919) und J. v. Uexküll (1864–1944) verbunden. Die Konzeption der Erforschung der Umwelt erfolgte dabei prinzipiell durchaus unter Einschluß der Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur; in der Folgezeit entwickelte sich die Umweltforschung aber größtenteils in eine Richtung, die durch den Vorrang naturwissenschaftlich-ökologischer Ansätze gekennzeichnet ist. Trotz dieser eindeutigen Dominanz naturwissenschaftlich-ökologischer Umweltforschung nach dem Zweiten Weltkrieg und mit dem Beginn der ersten internationalen Forschungsprogramme (z.B. IGBP — International Geosphere Biosphere Program und IHP — International Hydrological Program) blieb dieser stark wachsende Bereich der Umweltforschung interdisziplinär - aber eben bezogen auf den Bereich der naturwissenschaftlichen Ökologie i.w.S..
Achim Daschkeit
Eine Wissenschaftstheorie der Interdisziplinarität. Zur Grundlegung integrativer Umweltforschung und -bewertung
Zusammenfassung
Wenn man ankündigt, eine „integrative“ Theorie der Umweltforschung und -bewertung, deren Entwicklungsnotwendigkeit der Jubilar maßgeblich mit ins Bewußtsein der wissenschaftlichen und politischen Öffentlichkeit gerückt hat, darlegen zu wollen, dann kann dies je nach Vorverständnis des erwartungsvollen Rezipienten auf verschiedene Weise interpretiert werden:
Wolfgang Deppert, Werner Theobald
Natur als Konzept. Zur gesellschaftlichen Definition von Natur in der Moderne
Zusammenfassung
Festschriften haben ihre Tücken. Anläßlich des Erscheinens eines Sonderbarides der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie zu Ehren von René Königs 80. Geburtstag schrieb Lars Clausen (1988, S. 137): „Wie gerne ehrte man ihn mit eignem Besten. Wie ungern verbringt man sein Bestes in eine Festschrift, wo alsdann deren Herausgeber wetten dürfen, ob sie diesmal eher Gärtner oder Totengräber seien.“ Versammeln sie also, was besser in Schubladen begraben geblieben wäre oder befördern sie Gedanken ans Licht, die Frucht zu tragen und damit den Jubilar tatsächlich zu ehren vermögen? Doch selbst wenn Bestes erbracht wird, ist es gut genug für den zu Ehrenden oder nur eine Entblößung des Überschätzten? Ein riskantes Unterfangen also, zumal der zu Ehrende im eignen Fache und, als Praktizierender in Interdisziplinarität, über dessen Grenzen hinaus Standards gesetzt und Qualität begründet hat. Selbst seine Neider kommen nicht umhin, dem Respekt zu zollen. Inmitten wachsender Spezialisierung erregt seine Leidenschaft, beinahe könnte man mit Max Weber sagen, sein Dämon, den Überblick behalten zu wollen, ganz zwangsläufig Schauder und Affekte. Wo der stets neugierige und engagierte, jedem Geschwafel abholde, aber jedem suchenden Neuen aufgeschlossene Blick über Grenzen die Behauptung des Überblicks einschloß, mußten Tellerränder sichtbar, aber nicht immer Schuppen von den Augen fallen. So habe ich den Jubilar kennengelernt: Kühl, fast unterkühlt, präsent, den Kopf leicht zur Seite geneigt, unangestrengt Gedankentorpedos in getarnte Argumentationslücken abfeuernd. Donnerwetter! Wo derart Breschen geschlagen werden, kommt, je nach Bezähmungsvermögen, das Affektive schnell zum Vorschein. Wahrlich kein Vergnügen, unter dieser Meßlatte ganz zwergisch zu wirken. Wer jedoch bereit war, das als Wachstumsmittel zu begreifen, der konnte ganz anderes empfinden: Bereicherung, Inspiration, Schulung zur Klarheit und zum Wachsen.
Wolf R. Dombrowsky
Nachhaltigkeit als Leitbild einer natur- und sozialwissenschaftlichen Umweltforschung
Zusammenfassung
Die Diskussion um den Nachhaltigkeitsbegriff liegt „quer“ zu den praktisch oft unüberwindlichen Grenzen zwischen verschiedenen Politikbereichen, administrativen Zuständigkeiten und wissenschaftlichen Disziplinen. Dieser Umstand sollte genutzt werden, Problemlösungsbarrieren innerhalb von Wissenschaft, Politik und Verwaltung sowie zwischen ihnen zu vermindern. Für die Wissenschaft bedeutet dies, daß die Nachhaltigkeitsdebatte zum Anlaß genommen werden sollte, Brücken zwischen naturwissenschaftlichen sowie wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fächern zu schlagen und so eine integrative Umweltforschung zu versuchen.
Wolfgang Haber
Das Leitbild einer global zukunftsfähigen Entwicklung. Perspektiven seiner Operationalisierung am Beispiel der Klimaproblematik
Zusammenfassung
Der Begriff des „Sustainable Development“ (SD) übersetzt meist als nachhaltige oder sinnvoller als zukunftsfähige Entwicklung - ist in den vergangenen Jahren zum Fixpunkt der umweit- und entwicklungspolitischen Debatten in Wissenschaft und Politik geworden. Internationale Organisationen, Regierungen, Parteien, Verbände, Unternehmen wie auch sämtliche wissenschaftliche Disziplinen haben ihn mittlerweile, wenn auch mit teilweise sehr unterschiedlichen Interessen und inhaltlichen Vorstellungen verbunden, aufgegriffen.
Jürgen Kopfmüller
UVP in der Krise - Gedanken zur Erhaltung eines effektiven Umwelt-Vorsorge-Instruments aus der Sicht von Gutachtern
Zusammenfassung
Mit der im Jahre 1990 vollzogenen Umsetzung der EG-Richtlinie 85/337/EWG über die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen in bundesdeutsches Recht (Gesetz über die Umweltverträglichkeit, UVPG) steht auf nationaler Ebene erstmals ein verfahrensrechtliches Instrument zur Verfügung, das einen wirksamen vorbeugenden Umweltschutz unter Beteiligung der Öffentlichkeit zum Ziel hat. Dem Zweck des Gesetzes folgend, sind die Auswirkungen bestimmter Eingriffe bzw. Bauvorhaben auf die Umwelt frühzeitig und umfassend, d.h. medienübergreifend zu ermitteln und zu beschreiben, auf breiter Basis unter Einbeziehung aller entscheidenden Behörden und der Öffentlichkeit zu diskutieren sowie zu bewerten und bei der behördlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Vorhaben zu berücksichtigen. Vom konzeptionellen Ansatz her stehen die Wirkungen, die von einem Vorhaben auf die Umwelt in ihrer Gesamtheit ausgehen können, im Mittelpunkt der UVP und nicht mehr die bloße Regelung von Emissionen oder Immissionen, wie dies beispielsweise in den medial angelegten Umweltgesetzen Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) oder Wasserhaushaltsgesetz (WHG) der Fall ist. Die Verpflichtung gegenüber dem Vorsorgeprinzip in Kombination mit der Vielfalt eines solchen Wirkungsspektrums zwingt die entscheidende Behörde dazu, über den Rahmen der bisherigen Praxis hinauszugehen. Bei der Entscheidungsfindung über die Zulässigkeit eines Vorhabens spielen zumindest implizit grundlegende Werthaltungen - z.B. die Orientierung an bestimmten Leitbildern - eine nicht zu unterschätzende Rolle. Denn Gegenstand der Abwägung sind konfligierende Rechtsprinzipien bzw. unterschiedliche Interessenslagen.
Gerald Kuhnt, Thomas Hertling, Walter Schmotz
Von Sonden und Satelliten - Gesellschaftliches Monitoring als Herausforderung der Umweltpsychologie
Zusammenfassung
Angesichts der anthropogen verursachten Umweltschädigungen, welche die Nutzung von Ökosystemen durch zivilisatorische Systeme aktuell beeinträchtigen oder zukünftig fraglich erscheinen lassen, stellt sich auch den Sozialwissenschaften die Aufgabe, zur Erforschung von Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen unter den Bedingungen des globalen und regionalen Wandels beizutragen. Während für Wirtschafts- und Politikwissenschaften oder die Soziologie eine Zuständigkeit unschwer erkennbar ist, mag diese bezogen auf die Psychologie zunächst irritieren - definiert die Psychologie doch ihr Aufgabengebiet in der Beschreibung und Erklärung menschlichen Erlebens und Verhaltens. Die in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend etablierte Teildiziplin „Umweltpsychologie“ oder „Ökologische Psychologie“ stößt jedoch - möglicherweise wegen der wachsenden Einsicht in die menschliche Mitverantwortlichkeit für die auftretenden Umweltprobleme - in letzter Zeit zunehmend innerhalb und außerhalb der Psychologie auf ein wachsendes Interesse. Menschliches Erleben und Verhalten findet in Umwelten statt (ist also beeinflußt durch diese) und bezieht sich auf Umwelten (beeinflußt diese also). Schon seit geraumer Zeit haben einige Vertreter der Psychologie aus dieser Erkenntnis Konsequenzen gezogen und Theorien, Konzepte und Modelle vorgelegt, welche man - im weitesten Sinne - als Beiträge zur Erklärung von Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen bezeichnen kann.
Ernst-D. Lantermann, Volker Linneweber
Zur rechtlichen Überprüfung von Umweltbewertungen
Zusammenfassung
Für jemanden, der sich jahrelang eher als Autodidakt im Bereich des Naturschutzes um interdisziplinäres Arbeiten bemüht hat, ist es eine besondere Freude, daß es seit dem letzten Jahr das Graduiertenkolleg Integrative Umweltbewertung an der Kieler Christian-Albrechts-Universität gibt. Die Initiative zu diesem fächerübergreifenden Lernen, das einer Überspezialisierung entgegenwirken soll, ging von Prof. Dr. Otto Fränzle aus. Unterstützt wurde und wird er von seinem Schüler, Herrn Priv.-Doz. Dr. Winfried Schröder, dem Mitherausgeber dieses Bandes. Und so möchte ich mich als einfacher Jurist mit einer Fragestellung - der Überprüfung von Umweltbewertungen - befassen, die an die Themen des Graduiertenkollegs anknüpft (vgl. den Beitrag von Schröder, Abschn. 3.1).
Ulrich Marticke
Unsicherheit und Ambivalenz: Welche Aussagekraft haben die Erkenntnisse der Technikfolgenabschätzung?
Zusammenfassung
Unser heutiges Leben ist weitgehend durch Technik bestimmt. Vom Klingeln des Weckers bis zum Einschlafen vor dem Fernseher, vom Fahrradausflug bis zur Auto-oder S-Bahn-Fahrt zur Arbeit, von der Bereitung von Speisen bis zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen, von Sportdarbietungen bis zur vollautomatischen Kegelbahn, es gibt keinen Lebensbereich des Menschen, in dem die Technik keine Rolle spielt. Der Mensch ist notgedrungen auf Technik angewiesen. Aber die Frage bleibt: Wieviel Technik muß es sein und welche Vor- und Nachteile handeln wir uns ein, wenn wir Technik einsetzen? Wo befreit uns die Technik von Zwängen des Alltags, und wo spannt sie uns in ein neues Korsett von Abhängigkeiten und Lebens-risiken ein? Wie sollte eine Technik aussehen, die wirtschaftlich vorteilhaft, risikoarm und ökologisch verträglich ist? Gibt es so etwas überhaupt? Auf all diese Fragen versucht die Technikfolgenabschätzung eine Antwort zu geben. Was versteht man unter Technikfolgenabschätzung?
Ortwin Renn
Die globale Umwelt als Wille und Vorstellung. Zur transdisziplinären Erforschung des Globalen Wandels
Zusammenfassung
Die Welt ist unsere Vorstellung - und wird es immer mehr. Die Welt ist Produkt unseres Willens - und wird auch dies immer stärker. Schopenhauers beiden großen Thesen, erstmals niedergeschrieben in seinem frühen Hauptwerk von 1818, sie erfüllen sich in einem Maße und in einer Richtung, die auch dem pessimistischen Philosophen niemals in den Sinn gekommen sind. In den letzten Jahren häufen sich Bücher, Bilder und Modelle, in denen vom Weltraum aus auf die Erde geblickt wird. Der „Blaue Planet“ schwebt dann vor dem schwarzen Hintergrund kosmischer Nacht und zeigt Meere, Kontinente und Wolken. Satelliten- und Infrarotaufnahmen fokus-sieren Regionen und beobachten sie auch jenseits des fürs menschliche Auge Sichtbaren. Ein weltweites Netz von Forschungseinrichtungen und -programmen hat sich über den Globus gelegt und unterzieht ihn einer hochtechnisierten, computergestützten Dauerbeobachtung. In den Rechen- und Analysezentren drehen sich unablässig kleine Globen und simulieren diverse Erdsystemzustände unter dem Einfluß hypothetisch sich verändernder Randbedingungen. Thematische Weltkarten werden erstellt, Weltmodelle gebastelt und Szenarien diskutiert. Diese Beobachtungen, Messungen, Simulationen und Analysen der Global-Change-Forschung werden zu wissenschaftlichen Berichten zusammengefaßt. Tenor der meisten dieser Berichte ist: Die natürlichen Systemkompartimente des Systems Erde ändern sich; die Ursachen dafür liegen primär im Verantwortungsbereich des Menschen: die meisten dieser Änderungen berühren nicht nur Funktion und Bestand natürlicher Ökosysteme, sondern beeinträchtigen die Lebens- und Zukunftsfähigkeit des Menschen selbst. Rasches Handeln ist geboten. Als normative Leit- und Zielvorstellung dieses Handelns dient häufig das Konzept Sustainable Development, das als Nachhaltige Entwicklung übersetzt wird und einen aufrechterhaltbaren Fortschritt der menschlichen Zivilisation in „friedlicher Koexistenz“ mit der Natur sicherstellen soll.
Fritz Reusswig, Hans-Joachim Schellnhuber
Umweltforschung zwischen Formalwissenschaft und Verständnis: Muß man den Formalismus beherrschen, um die Formalisten zu schlagen?
Zusammenfassung
Wissenschaften sind grundsätzlich durch ihren Gegenstand und die Methoden gekennzeichnet. Diskussionen über den Wert und die Funktion des Formalismus oder formaler Methoden sind häufig kennzeichnend für Krisen der Entwicklung und der Anwendung von Wissenschaft. Die Umweltwissenschaften befinden sich fortlaufend auf der Suche nach geeigneten Methoden, die ihrem komplexen Gegenstand, den Umweltsystemen, gerecht werden. Vor diesem Hintergrund stellen sich in vielen Bereichen der Umweltsozialwissenschaften, z.B. der Umweltbewertung oder der Mediation im behördlichen oder betrieblichen Umweltmanagement, Fragen über Sinn und Unsinn von Fomalismen. Aber in den Umweltnaturwissenschaften, z.B. bei der Gestaltung von Monitoringsystemen, der Umweltplanung oder in der naturwissenschaftlichen Klassifikation von Risikopotentialen trifft man auf die Frage, welcher Nutzen und möglicherweise welcher Schaden von Formalsystemen und zu formalisiertem Vorgehen resultieren kann.
Roland W. Scholz
Ökologie und Umweltrecht als Herausforderung natur- und sozialwissenschaftlicher Forschung und Lehre
Zusammenfassung
In dem Artikel soll am Beispiel von Ökologie und Jurisprudenz die These vom unüberbrückbaren Unterschied zwischen Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften widerlegt werden. Die hierzu entwickelte Argumentation basiert auf der - an Luhmanns Analyse der ökologischen Kommunikation angelehnten - Ausgangsthese, wonach Bildung und Erziehung wichtige Grundlagen für eine die gesellschaftlichen Teilsysteme übergreifende, integrative ökologische Kommunikation schaffen können. In Forschung und Lehre sind Rechtswissenschaften und Ökologie besonders gefragt, einen solchen Brückenschlag zu versuchen.
Winfried Schröder
Der Klimawandel und seine Folgen: Problematisch für die Küsten, aber hilfreich für die Forschung?
Zusammenfassung
Dieser Beitrag möchte die Entwicklung der küstenbezogenen Klimafolgenforschung, ihre Erfolge und Mißerfolge sowie deren Bedeutung für die interdisziplinäre Umweltforschung beleuchten. Dabei stößt die Untersuchung der realen oder potentiellen Auswirkungen eines Klimawandels schon bei der Formulierung der wissenschaftlichen Zielsetzung auf ein nicht triviales Problem: Wie nämlich sind die inhaltlichen Fragestellungen und die zu untersuchenden Räume einzugrenzen? Die Frage nach der Definition von „Küste“, „Klima“ und „Klimafolgen“ ist daher keine pedantische und überflüssige Wortklauberei, sondern bringt bereits das Problem zum Ausdruck, mit dem diese neue Forschungsrichtung am meisten zu kämpfen hat, die Unsicherheit des Forschungsgegenstandes und damit auch der erzielten Ausssagen.
Horst Sterr
Umwelt und Ethik. Sinn und Unsinn bereichsspezifischer Ethiken für eine integrative Umweltbewertung
Zusammenfassung
Die vielfach behauptete Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten im Bereich Umweltschutz ist bisher nur zum Teil geklärt. An ihr entzünden sich drei grundlegende und zugleich grundverschiedene Deutungsmodelle von Umweltethik:
Werner Theobald
Angewandte Ökosystemforschung - contradictio in adjecto?
Zusammenfassung
Angewandte Ökosystemforschung — gibt es das überhaupt? Das Attribut „angewandt“ bedeutet ja, daß etwas benutzt, gebraucht wird. In allen Begriffspaaren mit dem Bestandteil „angewandt“ — wie etwa auch denen der angewandten Chemie, Physik, Botanik — schwingt ganz deutlich eine verwertungsorientierte Komponente mit (vgl. Rohr 1990, S. 7). Beim Blick auf Synonyma zu „anwenden“ (benutzen, gebrauchen, einsetzen, praktizieren) wird dazu noch der Routineaspekt deutlich. Der Ökosystemforschung dagegen ist doch eher etwas Grundsätzliches eigen, sie gilt als theoriegeleitet und scheint diesen Anspruch auch nicht leugnen zu wollen, wenn sie selbst etwa als ihre vornehmsten Aufgaben
Reinhard ZöLitz-Möller, Ernst-Walter Reiche, Felix Müller
Metadata
Title
Umweltforschung quergedacht
Editors
Dipl.-Geogr. Achim Daschkeit
Priv.-Doz. Dr. Winfried Schröder, M.A.
Copyright Year
1998
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-58801-3
Print ISBN
978-3-642-63737-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-58801-3