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15-05-2024 | Unternehmensführung | Interview | Article

"Search Funds sind Option, ins Unternehmertum einzusteigen"

Authors: Andrea Amerland, Angelika Breinich-Schilly

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Unternehmer sucht Nachfolger und junges Talent einen unternehmerischen Einstieg: Genau hier setzt das Search-Fund-Konzept an, erklärt Benny Hahn das Finanzierungs- und Mentoringmodell im Gespräch.

 

Search Fund ist eine in den USA bereits etablierte Methode, eine Unternehmensnachfolge zu regeln. Was genau ist darunter zu verstehen?

Search Funds, entwickelt in Stanford, sind ein standardisiertes Modell und lassen sich auf fast jeden Markt der Welt mit teils nur marginalen Änderungen problemlos adaptieren. Sie sind eine andere Option für unternehmerisch begeisterte junge Talente, in das Unternehmertum einzusteigen, ohne ein Start-up gründen zu müssen. Sie sind kein kompletter Neubeginn mit einer aufzubauenden Firma. Stattdessen verfolgen sie den Gedanken, auf ein bestehendes Geschäftsmodell mit bereits funktionierenden Prozessen, seinem Kundenstamm und seiner Position im Markt aufzusetzen. 

Wie kann man sich das in der praktischen Umsetzung vorstellen?

Der Weg des Search Funds kann im Alleingang oder als Duo begangen werden. Sobald die Jungunternehmer ihr Wunschkonstrukt aufgestellt haben, beginnt die Investorensuche. Vielfach handelt es sich dabei um Geldgeber, die bereits Erfahrung mit dem Modell haben und in verschiedenen Ländern aktiv sind. Sie agieren nicht nur als Geld-, sondern auch als Wissensgeber. Es handelt sich hier in der Regel nicht um reine Finanzinvestoren. Vielmehr sind es zum Großteil selbst Unternehmer, die einen Hintergrund im Mittelstand besitzen, ehemalige oder jetzige Geschäftsführer sind und dementsprechend viel Erfahrung in das Vorhaben mit einbringen können.

Wie unterscheidet sich der Search-Fund-Ansatz von Private Equity und Venture Capital?

Einerseits findet das Matchmaking zwischen Jungunternehmern und Unternehmensinhabern auf einer persönlicheren Ebene statt. Wenn sich potenzielle und derzeitige Unternehmer nicht verstehen, verhilft auch das Geld nicht zum Erfolg. Man findet über einen Search Fund immer zuerst die Person, die das Unternehmen weiterführt und nicht den Geldgeber. Bei Private Equity ist es genau anders herum: Zunächst besteht der Kontakt mit dem neuen Anteilseigner und erst später wird entschieden, wer das operative Geschäft übernehmen wird. 

In unserem Fall fanden viele kleinere Gespräche zum Kennenlernen statt, der Austausch war deutlich nahbarer, ein ständiges Geben und Nehmen mit dem Ziel, sich und die jeweiligen Interessen besser kennenzulernen. In den beiden genannten Investitionsformen läuft es hingegen transaktionaler, fast schon nüchterner, ab. Und nicht zu vergessen: Private Equity und Venture Capital sind vornehmlich renditegesteuert. Wenn ein Searcher das Unternehmen für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre führen möchten, findet sich dafür ein passendes Vorgehen mit dem Investorenkreis.

Wie hoch kann man sich die Summen vorstellen, mit denen sich Investoren beteiligen?

Für den Suchprozess über zwei Jahre ist es eine mittlere bis höhere sechsstellige Summe, die man als Budget bekommt, um vor allem die Anfangsunternehmungen zu finanzieren, wie etwa Büros zu mieten, erste Angestellte zu finden oder Anwaltskosten zu tragen. Wenn alles läuft, reden wir im Anschluss von sieben- bis achtstelligen Beträgen, die je nach Unternehmenswert aber auch niedriger oder höher ausfallen können.

Nach welchen Kriterien wählen Investoren die zu übernehmende Firma aus?

Zuerst einmal liegt es an den Searchern, ein für ihre Nachfolgeambitionen passendes Unternehmen zu finden. Wichtig ist dann die Art des Geschäftsmodells. Es sollten solche mit wiederkehrenden Umsätzen sein, da diese Jungunternehmern eine gewisse Stabilität geben. Deren Sorge, wo der Umsatz nächstes Jahr herkommt, ist damit nicht ganz so prekär und es bleibt genug Zeit für eine geregelte Nachfolge. Geeignete Unternehmen sind beispielsweise solche mit laufenden Wartungsverträgen oder wiederkehrenden Softwarelizenzen. 

Ein Auge werfen Searcher auch stets auf den Gewinn vor Steuern und Abschreibungen, der im besten Falle über eine Million Euro betragen sollte. Die Finanzierung des Kaufs wird damit sichergestellt, darüber hinaus die Rückzahlung von Fremdkapital. Zudem sollte man in Unternehmen investieren, die einer Zukunftsbranche angehören und in deren Geschäftsfeld man selbst bestenfalls Kenntnisse mitbringt oder sich gut einarbeiten kann.

Wie muss man sich das Procedere genau vorstellen? Wie finden Investoren, Co-Investoren und scheidende Unternehmer zusammen?

Searcher nutzen unterschiedliche Methoden. Christian Bopp und ich haben anfangs Eigenrecherche betrieben und uns gefragt, wo wir uns langfristig sehen würden. Für uns war schnell klar, dass es ein Geschäftsmodell im Digitalen sein sollte. Wir hatten dann eine Branche, in die wir genauer eintauchen konnten. Es existieren aber auch Datenbanken, in denen man sich genauso gut über geeignete Übernahmekandidaten informieren kann. Der Nachteil ist, dass man dort als einer von vielen gilt, da sich in diesen auch Private-Equity-Funds und andere größere Investoren tummeln, um für sie geeignete Zielunternehmen zu kontaktieren. Für kleinere Searcher wird es damit schwieriger, aus der Masse herauszustechen und auch der privatere Ansatz, den man ja mit diesem Konzept verfolgt, kommt dort weniger zur Geltung.

Wie verbreitet ist Search Fund in Deutschland?

Als wir 2020 mit unseren Überlegungen starteten, gab es nur eine einstellige Anzahl an Search Funds in der Bundesrepublik. Wir waren wohl der achte oder neunte, der insgesamt startete. Mit uns waren zu der Zeit nur wenige weitere unterwegs, die eine Übernahme suchten. Mittlerweile hat es sich komplett gewandelt. Absolventen mit einem MBA, die in einer Unternehmensberatung oder Investmentgesellschaft gearbeitet haben, also aus einem sehr unternehmerisch denkenden Umfeld kommen, finden heute nicht mehr so einfach die Traumkarriere in Start-ups wie noch vor einigen Jahren. 

Search Funds werden dadurch mehr als Alternative wahrgenommen. Derzeit dürften mehr als fünf, wenn nicht sogar zehn Search Funds im deutschsprachigen Raum aktiv sein und es kommen stetig weitere dazu. Das führt aber auch dazu, dass Investoren bewusster selektieren. Interessant ist die Frage, wie viel der deutsche Markt überhaupt vertragen kann, wie viele Unternehmen es gibt, die für das Modell Search Fund in Frage kommen. Nicht jeder ist ja dafür gemacht, es wird etwa weiterhin Inhaber geben, die an Privat Equity verkaufen wollen. In Spanien, Europas stärkstem Markt für Search Funds, sind zeitweise 25 bis 30 unterwegs. Dieser deutlich kleinere Markt als Deutschland verträgt also augenscheinlich viel mehr Search Funds. 

Wie sind die Erfolgsaussichten, um die Nachfolge auf diese Weise zu regeln?

Mittlerweile haben wir eine eher schwierigere wirtschaftliche Situation, in der immer mehr alteingesessene Unternehmer daran denken, die Firma in neue Hände zu geben. Den Glücksfaktor bei der Suche darf man dennoch nicht außer Acht lassen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, spielt noch eine große Rolle und auch, ob die Suche gut organisiert wird. Als wir damals starteten, mussten wir noch viel manuell machen und unter anderem den Bundesanzeiger studieren. Da lässt sich mittlerweile viel stärker automatisieren. Leider müssen Unternehmen in Deutschland wichtige Kennzahlen erst ab einer gewissen Größe veröffentlichen, die Datenbasis ist also bei uns ein bisschen undurchsichtiger als in anderen Ländern. 

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