Ein modernes Vertriebscontrolling muss heute mehr leisten, als lediglich Kennzahlen zu Absätzen, Umsätzen und Deckungsbeiträgen zu ermitteln. Welche Themen beschäftigen das Vertriebscontrolling und wie kann es zeitgemäß aufgestellt werden?
Der Vertrieb steht vor vielen Herausforderungen. Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich verändert. Immer häufiger werden auch im B2B-Vertrieb Waren im Internet bestellt und auch Rezensionen anderer Kunden beeinflussen die Kaufentscheidung. Die Digitalisierung sorgt zudem dafür, dass sich die Prozesse rasant verändern. Wie kann das Vertriebscontrolling das Management unterstützen? Mit Vertriebscontrolling verbinden viele vor allem Kennzahlen. Das ist grundsätzlich auch richtig, denn Informationen rund um Absätze, Umsätze und Deckungsbeiträge sind wichtig für die Vertriebssteuerung. Es reicht heute jedoch nicht mehr aus, wenn Vertriebscontroller als reine Kennzahlenlieferanten gesehen werden. Der Finanzprofi muss verstehen, welche Vertriebsprozesse tatsächlich dahinterstehen.
Auch die Professoren Ludwig Hierl und Thomas Batz erklären in ihrem Beitrag "Impulse für Ihr Vertriebscontrolling", dass Kennzahlen allein Grenzen haben (Seite 9): "Unter anderem erschließen sich weder Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, noch lassen sich allein aus historischen Daten valide Zukunftsprognosen ableiten. Ohne diese Informationen können Vertriebscontroller aber dem zwischenzeitlich weitgehend einheitlichen Verständnis von einem modernen Controlling und dessen Aufgaben nicht gerecht werden."
Vertriebscontrolling muss sein Aufgabenspektrum erweitern
Doch wie sieht ein modernes Vertriebscontrolling aus? Nach Hierl und Batz ist es legitim, beim Aufbau eines Vertriebscontrollings zunächst klassische Aufgaben zu priorisieren. Dann sollte es jedoch auch andere Aufgaben in den zentralen Handlungskategorien
- Kunden,
- Leistungen,
- Finanzen
- und Prozesse
übernehmen. So kann das Vertriebscontrolling beispielsweise den Vertrieb bereits in der Vorkaufphase unterstützen und Berechnungen zu Konversionsraten durchführen, um zu ermitteln, wie viele Kundenkontakte, Verkaufsgespräche oder Angebotsabgaben erforderlich sind, bis erwartungsgemäß ein Vertragsabschluss gelingt.
Nicht nur in die Vergangenheit blicken
Auch Christian Glaser betont in seinem Beitrag "Mit Vertriebscontrolling aktiv steuern“, dass Standardkennzahlen allein heute nicht weiterhelfen und unterstreicht die strategische Rolle des Controllers in der Vertriebssteuerung von Unternehmen. Laut Glaser unterstützt der Controller die Entscheidungen des Vertriebsmanagements mithilfe geeigneter Kennzahlen und KPI’s nicht nur, sondern er beeinflusst sie aktiv (Seite 31): "Mit vergangenheitsorientierter Kontrolle hat das wenig zu tun." Controller müssen daher laut Glaser unter anderem
- den richtigen Reporting-Rhythmus wählen,
- Reports adressatengerecht gestalten,
- die richtigen Kennzahlen verwenden und
- Informationen visualisieren.
Neben den Vergangenheitsdaten müssen Vertriebscontroller heute auch in angemessenem Umfang Zukunftsentwicklungen und wirtschaftliche Frühwarnindikatoren im Blick behalten. Allerdings warnt Glaser hier auch (Seite 36):
Je weiter die Werte allerdings in die Zukunft reichen, umso höher ist in der Regel auch deren Unschärfe."
Eine große Herausforderung für die Controller ist die Beschaffung der benötigten Basisdaten. Nicht immer wird deshalb eine rein kennzahlenbasierte Steuerung möglich sein. Glaser empfiehlt Entscheidungsträgern deshalb, sich noch einen gewissen Spielraum für Bauchentscheidungen einzuräumen, um eine gesunde Balance zwischen datenbasiertem Handeln und Intuition zu finden.