2002 | OriginalPaper | Chapter
Was Angehörige tun können, tun sollen, was sie nicht tun sollen
Author : Professor Dr. Manfred Wolfersdorf
Published in: Depressionen verstehen und bewältigen
Publisher: Springer Berlin Heidelberg
Included in: Professional Book Archive
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Die Angehörigen depressiv kranker Menschen sind häufig in einer schwierigen Situation. Erkrankt ein Familienmitglied erstmals depressiv, erkennen Angehörige die Erkrankung oft spät bzw. verwechseln sie häufig mit normaler Trauer. Anfänglich erfährt der Depressive, z. B. nach einer Verlustsituation, Zuwendung und Verständnis durch gemeinsames Weinen, sich gegenseitig in den Arm nehmen, bis zu konkreten Ratschlägen und Unterstützung durch Familie und Freunde. Mit der Zeit merken jedoch die Angehörigen, dass neben dem depressiven Gefühl auch andere Beschwerden, z. B. Schlafstörungen, dauernde Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Verlangsamung im Bewegungsablauf, Grübelzustände auftreten, die Besorgnis erregen. Dies führt dann zum Umdenken: Der vorher trauernde, der als im landläufigen Sinne „depressiv“ verstandene Angehörige wird nun als „krank“, als hilfsbedürftig erkannt, und ärztliche Behandlung wird empfohlen. Andere Angehörige ziehen sich zunehmend zurück, werden missgestimmt, weil der depressiv Kranke auf ihre liebevolle Zuwendung nicht reagiert, nicht reagieren kann (Psychiater nennen dieses Symptom der Erkrankung „fehlende Reaktivität“).