Um sich von Wettbewerbern zu differenzieren und zusätzliche Erlöspotenziale zu generieren, bieten Unternehmen auf Industriegütermärkten zunehmend zu Sachleistungen auch zusätzliche Dienstleistungen an (vgl. Voeth/Niederauer/Rentner 2008, S. 460f.; Kortmann 2007, S. 1f.; Meier/Kortmann/Krug 2006, S. 431). Der Erfolg ist jedoch mäßig, da auch Wettbewerber entsprechende Dienstleistungen anbieten und diese unzureichend auf die Kundenanforderungen zugeschnitten sind. Eine besondere Form solcher Kombinationen aus Sach- und Dienstleistungen stellen Hybride Leistungsbündel (HLB) dar. Bei HLB werden Dienstleistungen nicht lediglich als Zusatzleistungen zu Sachleistungen angeboten, sondern Sach- und Dienstleistungen sind gleichbedeutende Bestandteile einer gesamtheitlichen Problemlösung für den Kunden, welche integriert geplant, entwickelt und erbracht werden (vgl. Müller et al. 2008, S. 581ff.; Meier/Kortmann/Völker 2007, S. 510; Meier/Uhlmann/Kortmann 2005, S. 529). Durch eine derartige integrierte Sichtweise von Sach- und Dienstleistungen ergeben sich zusätzliche Freiheitsgrade bei der Konfiguration des Leistungsangebots. HLB können besser an die individuellen Kundenanforderungen angepasst werden, wodurch der Kundennutzen, die Zahlungsbereitschaft und somit die Erlöspotenziale für den HLB-Anbieter steigen (vgl. Sturm/Bading/Schuber 2007, S. 12).
Wie bereits in Kapitel 1 angedeutet, versuchen Unternehmen auf Industriegütermärkten durch das Angebot von Dienstleistungen zusätzlich zu den Sachleistungen, sich gegenüber Wettbewerbern abzugrenzen. Dies ist mit Sachleistungen allein kaum noch möglich (vgl. Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006, S. 211ff.; Lay/Jung-Erceg 2002, S. 7ff.; Belz et al. 1997, S. 15; Quinn/Doorley/Paquette 1990, S. 60). Aufgrund der gestiegenen Markttransparenz bieten Sachleistungen gerade auf Industriegütermärkten kaum noch Potenziale für eine Differenzierung (vgl. Homburg/Günther/Faßnacht 2004, S. 373ff.). Zahlreiche Studien belegen die zunehmende Bedeutung solcher Dienstleistungen für den Anbieter (für einen Überblick vgl. Voeth/Niederauer/Rentner 2008, S. 461). Dienstleistungen sollen insbesondere die Attraktivität der Kernleistung steigern und somit die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Die Anbieter streben dabei eine Serviceführerschaft (vgl. Aurich/Fuchs 2004, S. 151) an. Inhaltlich hängen die produktbezogenen Dienstleistungen zwar häufig mit der Kernleistung zusammen, sind aber dennoch getrennt vermarktbar (vgl. Voeth 2007, Sp. 1609).
Ziel des Literaturüberblicks ist eine Analyse der bestehenden Literatur dahingehend, inwiefern die in Kapitel 2 dargestellten HLB-Eigenschaften bereits in Studien zur Zahlungsbereitschaftsmessung berücksichtigt wurden. Hierbei wird zum einen untersucht, inwiefern bisherige Forschungserkenntnisse für die Fragestellung dieser Arbeit herangezogen werden können. Das Merkmal „Really New Product“ wird jedoch nicht berücksichtigt, da es keine Konsequenzen für die Zahlungsbereitschaftsmessung an sich hat, sondern vielmehr ein Lernen durch den Kunden vor der Zahlungsbereitschaftsmessung erfordert. Zum anderen werden Forschungslücken identifiziert und der weitere Forschungsbedarf im Rahmen dieser Arbeit geklärt.
Wie der in Kapitel 3 durchgeführte Literaturüberblick ergab, ist die Auswahl des Instruments zur Zahlungsbereitschaftsmessung für HLBs anhand der bestehenden Literatur nicht möglich, da diese lediglich einige der HLB-Charakteristika berücksichtigen. Daher erfolgt hier eine Auswahl des zu verwendenden Instruments für HLB. Hierzu werden sämtliche existierende Verfahren erläutert und ihre Anwendbarkeit auf HLB vergleichend geprüft und beurteilt.
Da es inzwischen eine Vielzahl von Verfahrensvarianten der Conjoint Analyse gibt, muss zunächst überprüft werden, inwiefern diese Varianten zur Validierung des CPVAs geeignet sind. Hierbei ist zu untersuchen, wie gut die Anforderungen, welche sich aus den in dieser Studie zu berücksichtigenden Merkmalen der HLB ergeben, beim Design der Conjoint-Analyse und bei der Datenauswertung berücksichtigt werden können. Zudem ist auf eine hinreichende Validität der Variante zur Zahlungsbereitschaftsmessung zu achten.
Nachdem im vorherigen Kapitel die ELCA als Instrument zur Validierung des CPVAs ausgewählt und zur ELLCA ausgebaut wurde, wird dieses neue Instrument nun auf seine Eignung als Validierungsinstrument geprüft. Diese Überprüfung ist aus folgendem Grund erforderlich: Die Validierung eines Instruments zur Zahlungsbereitschaftsmessung anhand der Konvergenzvalidität bedarf der Validität des Vergleichsinstruments. In diesem Fall deutet eine Konvergenz der Ergebnisse beider Verfahren auf Validität des zu überprüfenden Verfahrens hin. Liefert jedoch das Vergleichsinstrument möglicherweise falsche Ergebnisse, so kann auch bei Konvergenz der Ergebnisse nicht auf Validität des zu überprüfenden Instruments geschlossen werden. Möglicherweise liefern dann beide Instrumente falsche Ergebnisse. Aus diesem Grund muss zunächst die Frage beantwortet werden, inwiefern die mit der ELLCA erhobenen Zahlungsbereitschaften mit den tatsächlichen Zahlungsbereitschaften der Probanden übereinstimmen. Hierzu wird ein entsprechendes Experiment durchgeführt.
In dieser zweiten Studie soll nun die Validität des CPVAs empirisch überprüft werden. Dieses geschieht wieder anhand eines Vergleichs der mit dem CPVA erhobenen Zahlungsbereitschaften mit den Zahlungsbereitschaften aus der Conjoint Analyse. Hierbei dient jetzt die Conjoint Analyse als Vergleichsinstrument, wobei davon ausgegangen wird, dass die Conjoint Analyse die tatsächlichen Zahlungsbereitschaften der Testpersonen misst. Zur Sicherung der externen Validität wird die Studie mit Entscheidungsträgern aus der Praxis durchgeführt. Die Kapitalwerte sollen hierbei für jeden Kunden möglichst individuell anhand der zu erwartenden Zahlungsströme bestimmt werden.
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Frage, wie die Zahlungsbereitschaft für HLBs gemessen werden kann und wie valide das Verfahren ist. Eine Auswertung bestehender Literatur zeigte, dass bereits Konzepte zur Zahlungsbereitschaftsmessung komplexer Industriegüter und auch Bündel aus Sach- und Dienstleistungen entwickelt wurden. Die Integration von Sach- und Dienstleistungskomponenten sowie die Flexibilität als ein wesentliches Merkmal von HLB werden mit diesen Methoden jedoch nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt. Zudem gibt es nur wenige Studien, welche eine empirische Validierung der vorgestellten Konzepte beinhalten. In empirischen Studien wurden entweder keine typischen Industriegüter untersucht, oder die Validierung geschah nur intern. Somit fehlte bisher sowohl ein Instrument, welches alle Merkmale von HLB berücksichtigen kann, als auch eine fundierte Messung der Validität.
Markus Karger
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Zahlungsbereitschaftsmessung für industrielle Hybride Leistungsbündel