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03-04-2017 | Aus- und Weiterbildung | Schwerpunkt | Article

Praktikum gut, alles gut?

Author: Michaela Paefgen-Laß

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Die miesen Zeiten sind vorbei: Deutschlands Praktikanten verdienen besser und sind mit ihren Arbeitgebern zufrieden. Auch Lohnungleichheit oder Überstunden stören den Kuschelkurs einer aktuellen Studie zufolge nicht. Stimmt das?

Deutschlands Praktikanten verdienen endlich Geld. Aber darauf kommt es ihnen noch nicht einmal so richtig an. Denn sie haben an ihren Beschäftigungsverhältnissen insgesamt wenig zu bemängeln. Stand der Praktikantenstatus vor kurzem noch als Synonym für Ausbeutung und prekäre Beschäftigung, hat sich, dem Mindestlohn sei Dank, offenbar einiges zum Besseren verändert. 

Dem Praktikantenspiegel 2017 zufolge, den das Beratungsunternehmens Clevis Anfang Februar veröffentlichte, verdienen Praktikanten durchschnittlich 1032,52 Euro. Das sind 82 Euro mehr als noch im Vorjahr. Dafür arbeiten sie durchschnittlich 39,2 Stunden. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 erhielten nach Zahlen des DGB und der Hans-Böckler-Stiftung noch 40 Prozent – in Kreativberufen sogar zwei Drittel – aller Praktikanten gar kein Gehalt. Der Rest musste sich mit 551 Euro zufrieden geben. Ist der Horizont künftiger Berufseinsteiger endlich silbern gefärbt?

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Lohnungleicheit beginnt im Praktikum

Von den rund 5.500 Praktikanten, die in Kooperation mit der Universität Magdeburg befragt wurden, zeigten sich 88 Prozent zufrieden mit ihrem Beschäftigungsverhältnis und gaben ihren Arbeitgebern die Schulnote zwei in der Kategorie Work-Life-Balance. Top-Motivationsgründe für ein Praktikum sind der praktische Lerneffekt und die Aufwertung des Lebenslaufs.  Dafür nehmen 41 Prozent regelmäßige Überstunden in Kauf. 

Drei Prozent stellen hingegen ihre Arbeitskraft weiterhin ohne Vergütung zur Verfügung. Frauen, auch das offenbart die Befragung, lernen schon vor dem ersten regulären Arbeitsvertrag damit zu leben, dass sie schlechter bezahlt werden. Bei einem Pflichtpraktikum bekamen sie mit durchschnittlich 896,15 Euro rund 20 Euro weniger ausgezahlt als ihre männlichen Pendants, beim freiwilligen Praktikum mit 1.242,57 Euro sogar 50 Euro weniger. 

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) liest die Zahlen im Praktikantenspiegel unterdessen weitaus weniger optimistisch. Bei Veröffentlichung einer Studie der DGB-Jugend im vergangenen Sommer kritisierte Bundesjugendsekretär Florian Haggenmiller, dass 73 Prozent aller Praktika während des Studiums stattfinden. Der Gesetzgeber habe aber gerade bei freiwilligen Praktika Mindestlohnausnahmen eingeräumt, die abgeschafft gehörten. Fast zwei Drittel (63 Prozent) aller Praktikanten sind dieser Studie zufolge weiblich und etwa 25 Jahre alt. Praktika seien Teil eines unsicheren und belastenden Berufseinstiegs,"über 78 Prozent aller Praktikantinnen machen sich Sorgen um Ihre wirtschaftliche Situation." 

Gegenüber der "Frankfurter Rundschau" bezweifelte DGB-Experte Michael Wagner jetzt, dass die Zahlen von Clevis repräsentativ für die Situation von Praktikanten in Deutschland seien. Die Vergütung der Pflichtpraktika mit fast 1.000 Euro nannte er überhöht. Das könne aber daran liegen, dass in der Befragung vor allem Praktikanten aus der gut zahlenden Industrie und aus großen Konzernen vertreten seien.

Generation flexibel, fleißig, fair 

Die Generation Y, die nach absolviertem Studium derzeit auf den Arbeitsmarkt drängt – gemeinsam mit den älteren Jahrgängen der Generation Z – bringt eine hohe Leistungsbereitschaft mit. Die bis 1995 geborenen Berufseinsteiger nähren ihre Performance nach Ansicht der Springer-Autorinnen Natalie Pospolit und Jennifer Weiher mit einer Mischung teamorientierer Haltung, pragmatischer Denkweise und optimaler Ausbildung. Sie sind bereit, mehr, länger und flexibler zu arbeiten als von ihnen erwartet wird. Allerdings, so schreiben die Autorinnen, tendieren vor allem die Frauen der Generation Y dazu, geringere Gehaltsvorstellungen zu haben, als ihre männlichen Kollegen. "Gleichzeitig hat die Gen Y mehr hoch ausgebildete und berufstätige Frauen als die Vorgängergenerationen" (Seite 160). Diese jungen und begehrten Talente über monatelange Praktika zu rekrutieren, halten die Autorinnen allerdings für falsch. Im Schatten der Mindestlohndebatte schade das dem Unternehmensimage. 

Als Unternehmen fit für die Gen Y?

Stephan Rathgeber rät Unternehmen, sich mit den Spielregeln der Millennials in der Arbeitswelt vertraut zu machen. Hilfreiche Fragen beim Millennial-Check sind dem Springer-Autoren zufolge (Seite 122):

  • Gibt es in im Unternehmen Mentoren, die jungen/neuen Kollegen zur Seite stehen? 
  • Wird diesen Mentoren auch eine gewisse Zeit eingeräumt für den Austausch mit den Mentees? 
  • Gibt es klare Feedback-Prozesse im Unternehmen für alle Mitarbeiter?
  • Werden interne und/oder externe Weiterbildungsmaßnahmen angeboten? 
  • Wird Weiterbildung belohnt? (kann auch nur in Form von Wertschätzung sein) 
  • Gibt es die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten? (Homeoffice, kein 9–5 Rhythmus) 
  • Bietet das Unternehmen alternative Arbeitsmodelle? (Teilzeit, Selbstständig, Freelancer) 
  • Bietet das Unternehmen Mitarbeitern Möglichkeiten zu längeren Auszeiten (ab einem Monat) an? 
  • Wird Mitarbeitern viel Freiraum bei der Erfüllung Ihrer Arbeit eingeräumt? 
  • Werden die Werte und der Sinn des Unternehmens für die Gesellschaft kommuniziert? 
  • Leben die Führungskräfte die kommunizierten Werte vor?

Arbeit empfinden Millennials oder Ypsiloner als erfüllenden Teil ihres Lebens. Den Stift um Fünf fallen zu lassen, kommt für Sie nicht in Frage. Arbeit wird als Beitrag zur persönlichen Entwicklung erlebt. Im Gespräch mit Stephan Rathgeber sagt "Millennial" Marina Zayats aber auch, "ein angemessenes Gehalt ist im Endeffekt auch eine Anerkennung der eigenen Leistung und sollte auch bei Praktikanten schon nicht gegen Null gehen, egal welcher Fachrichtungen" (Seite 125).

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