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16-02-2023 | Automatisierung | Interview | Article

"Ziel ist, die Kosten für Elektrolyseure und Brennstoffzellen zu senken"

Author: Thomas Siebel

5:30 min reading time

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Elektrolyseurhersteller müssen innovativ sein und ihre Prozesse automatisieren. Im zweiten Teil des Interviews erläutert Alessandro Piscioneri auch, welche Elektrolysetechnologien künftig in den Markt drängen.

Bisher ist die Herstellung von Elektrolyseuren mit einem hohen Anteil an Handarbeit verbunden. Was macht die Einführung von automatisierten Prozessen kompliziert?

Die Automatisierung ist in diesem Sektor relativ neu. Daher sehen sich die Hersteller mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, wie zum Beispiel der präzisen Handhabung und Ausrichtung von schlaffen Komponenten wie Dichtungen, Membranen, Geweben oder Metallgeweben bei hohen Geschwindigkeiten. Weitere Herausforderungen sind das hohe Maß an Präzision und Qualität, das während des Montageprozesses erforderlich ist. Auch hier kann die Automatisierung helfen, die Fertigung von Elektrolyseur- und Brennstoffzellen zu verbessern.

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Produktion der PEM-Systeme, Hochskalierung, Rollout-Konzept

Brennstoffzellen können künftig für eine substanzielle CO2-Reduzierung im Verkehrsbereich sorgen. Auch wenn einzelne Produkte bereits jetzt verfügbar sind bzw. aus technischer Sicht kurz vor der Marktreife stehen, muss es zügig gelingen, eine Kostenparität mit den fossilen Antriebssystemen zu realisieren.

Können Sie die Anforderungen an die Präzision und Qualität erläutern?

Zunächst einmal muss jede Zelle innerhalb einer Toleranz von 0,1 mm ausgerichtet werden. Zudem wird jedes Bauteil und jede Schicht wird auf Oberflächen- und Geometriefehler geprüft. Künftige Fertigungsszenarien erfordern eine vollständige Rückverfolgbarkeit des Prozesses, und bis ein Stapel versiegelt ist, müssen bei vielen Produkten die Reinraumstandards eingehalten werden. Darüber hinaus sind die Prüfverfahren für Zellen recht umfangreich, da sie sowohl Leckagen als auch elektrische Vorgänge abdecken müssen. Um die mit der Automatisierung verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, hat Comau mehrere Labortests und Kundenkooperationen in der Praxis initiiert, bei denen wir viele der Kompetenzen und Fähigkeiten anwenden, die wir bei der Lieferung von Montagelinien für Rohkarosserien, Batteriemodule und Batteriepacks erworben haben.

Welche Rolle spielen Daten in der Fertigung?

Die Automatisierung beschränkt sich nicht nur auf die Robotisierung des Montageprozesses selbst. Die Digitalisierung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, da die Speicherung von Informationen zu jedem Schritt des Prozesses – Qualitätsprüfpunkte, visuelle Inspektionen, Feldparameter – für die Erstellung einer Datenbank für detaillierte Analysen unerlässlich ist. Auf diese Weise erhalten die Hersteller die Informationen, die sie benötigen, um die Dynamik anzupassen, das Produkt zu verfeinern und hoffentlich einen intelligenteren, effizienteren und weniger komplexen Montageprozess zu schaffen.

Inwieweit werden Automatisierung und Digitalisierung die Herstellungskosten senken?

Die Internationale Energieagentur, die Internationale Agentur für erneuerbare Energien und Fraunhofer sind sich einig, dass die Kombination aus technologischer Innovation und Automatisierung bis 2030 zu einer Senkung der Herstellungskosten von Elektrolyseuren um 50 % führen sollte.

Welche Fortschritte hat Ihr Unternehmen bei der Einführung hochautomatisierter Produktionslinien bereits gemacht?

Comau erhielt Anfang des Jahres den Zuschlag für eines seiner ersten Wasserstoff-Brennstoffzellenprojekte in China für Shanghai Hydrogen Propulsion Technology (SHPT), eine Tochtergesellschaft von Saic Motor, zur Lieferung einer fortschrittlichen Produktionslinie für einen P4-Wasserstoff-Brennstoffzellenstapel. Die Lösung ist mit einer proprietären Hochgeschwindigkeits- und Hochpräzisions-Mehrachsen-Stapeltechnologie ausgestattet und führt gleichzeitig eine Reihe von Polstück-Stapelvorgängen durch, um die Aufnahme, das Scannen des Codes, die sekundäre Positionierung und das Laden der Hülle innerhalb von vier Sekunden zu bewältigen. In ähnlicher Weise haben wir vor kurzem ein Projekt in der EMEA-Region umgesetzt, bei dem Brennstoffzellen für Leicht- und Nutzfahrzeuge montiert werden. Dabei arbeiten wir mit verschiedenen Herstellern auf der ganzen Welt zusammen, um deren Produktentwicklungs- und Industrialisierungspläne für Elektrolyseure durch Beratung und technologische Dienstleistungen zu unterstützen.

Wie entwickeln sich die Märkte für die verschiedenen Elektrolysetechnologien?

Prognosen internationaler Energieverbände gehen davon aus, dass die alkalische Technologie bis 2030 einen Marktanteil von bis zu 70 % im Vergleich zur PEM-Technologie erreichen wird. Diese Zahlen, die je nach Quelle und Prognose leicht variieren, deuten darauf hin, dass alkalische Elektrolyseure ausgereifter und preiswerter sind als die Alternativen. Dennoch wird die PEM-Technologie die zweitwichtigste Technologie sein, da sie die ihr innewohnenden Vorteile wie eine kompaktere Struktur und bessere Leistungen, einschließlich Wirkungsgrad und variable Lastfähigkeit, nutzen kann.

Und sie eignen sich besonders für die Nutzung von Sonnen- oder Windenergie.

Befürworter der PEM-Technologie sind der Meinung, dass sie im Vergleich zu alkalischen Elektrolyseuren besser in der Lage ist, die inhärenten Schwankungen der erneuerbaren Energiequellen zu bewältigen. Einem kürzlich erschienenen Bericht der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien zufolge ist die Flexibilität der alkalischen und der Protonenaustausch-Membranstapel jedoch ausreichend, um Schwankungen bei Wind- und Solarenergie auszugleichen. Die Organisation warnt auch davor, dass PEM-Elektrolyseure viel eher mit Versorgungsrisiken konfrontiert sind, einschließlich kritischer Materialien wie Titan, Iridium und Platin.

Welches Potenzial haben Festoxidzellen?

Festoxide sind der Newcomer mit einer vielversprechenden Zukunft, aber es ist noch zu früh, um ihren Erfolg gegenüber den anderen Technologien vorauszusagen. Doch unabhängig von der jeweiligen Technologie muss der systembedingte Mangel an Fachkräften und Materialien behoben werden, wenn der Markt seine Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Schwung bringen will.

Wie stark muss die Produktion von Elektrolyseuren im Vergleich zu heute beschleunigt werden?

Wenn wir beispielsweise die jährliche Produktionskapazität in Europa auf 17,5 GW beschleunigen wollen, wären dafür etwa 17.000 Stacks pro Jahr erforderlich - wenn wir von 1 MW pro Stack ausgehen. Comau hat bereits Produktionskonzepte entwickelt, die 2000 Stacks pro Jahr erreichen können. In ähnlicher Weise arbeitet Comau mit mehreren wichtigen Brennstoffzellenherstellern zusammen, die bereits eine zehnfache Steigerung der langfristigen Produktivität planen – von heute etwa zwei Sekunden pro Zelle auf 0,2 Sekunden pro Zelle in der Zukunft.

Werden die Herstellerunternehmen diese massive Steigerung erreichen?

Um all dies zu erreichen, muss sich die Automatisierung erheblich ändern. Wenn der derzeitige Stand der Technik für den Aufbau von Stapeln in Hochgeschwindigkeit mit Robotern mit geringer Traglast erfolgt, wird sich der Markt innerhalb von etwa fünf Jahren in Richtung beschleunigter Prozesse und erster Stapelmaschinen bewegen. Dies wäre dann vergleichbar mit der Entwicklung von Rolle-zu-Rolle-Anlagen, die in der Verpackungs-, Elektronik- und Lithium-Ionen-Batterieherstellung eingesetzt werden. Bei den Elektrolyseuren gehen wir davon aus, dass wir potenzielle Entwicklungssynergien nutzen können, die sich bei den Technologien zur Herstellung von Brennstoffzellen ergeben. In allen Fällen ist das Ziel das gleiche: Die Produktion von zuverlässiger, emissionsfreier Energie zu beschleunigen und die Kosten für die Herstellung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen zu senken.

Lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews, in dem Alessandro Piscioneri erläutert, wie die Elektrolyseurindustrie die ambitionierten EU-Ziele für die Wasserstoffproduktion erreichen will.

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