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06-05-2013 | Bankenaufsicht | Interview | Article

"Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden“ - Teil 2

Author: Stefanie Hüthig

3:30 min reading time

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Professor Dr. Jan Pieter Krahnen erklärt im Interview in der Mai-Ausgabe von BANKMAGAZIN unter anderem, wie das Bail-in-Anleihen-Konzept die Stabilität des Bankensystems verbessern könnte. Lesen Sie hier das Interview in der Langfassung, Teil 2: Investoren für Bail-in-Anleihen.

Springer für Professionals: Welche Investoren für die Bail-in-Debt sehen Sie?

Krahnen: Es müssen Investoren angesprochen werden, die keine Banken sind und die zugleich langfristige Verbindlichkeiten haben, sodass potenzielle Vermögensverluste nicht unmittelbar zu Liquiditätsproblemen führen, zum Beispiel Pensionsfonds, Lebensversicherungsgesellschaften oder Hedgefonds. Wer diese Anleihen kauft, weiß, was auf ihn zukommt, und lässt sich das höhere Risiko entsprechend gut bezahlen. Man könnte sie deshalb auch „No Mercy Bonds“ nennen. Wir erwarten, dass eine Einführung der Assetklasse Bail-in-Debt einen Wandel der Gläubigermentalität mit sich bringt – vom Sitzen auf dem Sofa und Warten, was gezahlt wird, zu einem aktiven Beobachten und auch Laut geben, wenn die Bank einen Weg einschlägt, bei dem eine Inhaftungnahme der Gläubiger wahrscheinlicher wird, etwa bei einer zu geringen Kapitalausstattung. Da sollten die Gläubiger anders reagieren als bisher.

Gibt es bereits Interesse von Investorenseite?

Ich bemühe mich durch Hintergrundgespräche mit Investoren herauszufinden, was eine akzeptable Bail-in-Struktur kennzeichnet, und mein Eindruck ist, dass ein erhebliches Interesse dann vorhanden ist, wenn die Vertragsdetails klar und eindeutig formuliert sind, sodass Investoren ihre Interessen gewahrt sehen können. Europaweit ist die Umsetzung von Bail-in-Debt realistisch. Wir reden von Volumina etwa in Höhe des Eigenkapitals im europäischen Bankwesen, also rund fünf Prozent der Bilanzsumme. Das sind, je nach Rechnung, anderthalb Billionen Euro, also durchaus eine ganze Menge. Für diese High-Yield-Anlageklasse muss man erst einmal einen Markt schaffen. Wir werden sicher ein Phasing-in brauchen, eine Anlaufphase, um auf eine solche Größenordnung zu gelangen. Auf lange Sicht kann man mit Bail-In-Debt eine neue Assetklasse konstruieren, die zu den weltweiten Portfolios der Großinvestoren passt.


Wäre es gefährlich, wenn Großinvestoren wie Hedgefonds als Gläubiger Einfluss nehmen auf die Ausrichtung der Institute?

Hedgefonds ist ein sehr schillernder Begriff, man spricht besser von Investmentfonds, die Kapital sammeln und versuchen, die maximale Rendite für ihre Investoren zu erzielen. Wenn diese Fonds mit dem Engagement in Bail-in-Anleihen ein werthaltiges Investment eingehen wollen, werden sie die Bank dazu bewegen müssen, Geschäfte mit angemessenem Risiko zu betreiben, um die Gefahr von Ausfällen zu begrenzen. Und das ist genau das, was wir erreichen wollen. 

Sie haben von Coupons in der Höhe von sieben bis neun Prozent gesprochen. Würden Sie bei dieser Prognose bleiben?

Diese Prognose ist eine Zahl, die ich aus der Schweiz übernommen habe. Wenn Sie sich anschauen, wie hoch der Coupon auf die Contingent Convertible- oder CoCo-Bonds ausgefallen ist, die Credit Suisse herausgegeben hat, ist das ein gutes Indiz für die Höhe des Zinssatzes von Bail-in-Anleihen. Dieses Kapital ist das riskanteste, das erste Fremdkapital, das in Haftung geht, gemeinsam mit oder unmittelbar nach dem Eigenkapital. Deshalb muss der Coupon sehr nahe an den Eigenkapitalkosten liegen. Wenn wir Eigenkapitalkosten beispielsweise bei acht bis zehn Prozent verorten, dann muss der Coupon für die Bail-in-Anleihen nur haarscharf darunter liegen.

Zur Person und zum Institut
Dr. Jan Pieter Krahnen (58) hält die Professur für Kreditwirtschaft und Finanzierung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Er forscht zu systemischen Risiken und Bankenregulierung. Zudem ist er als Direktor des Center for Financial Studies (CFS) und des neuen Exzellenzzentrums SAFE tätig. Als Mitglied einer Expertengruppe der Europäischen Kommission (Liikanen-Kommission) war er an der Erstellung des Liikanen-Berichts beteiligt.

Lesen Sie auch:

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden – Interview Teil 1

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden - Interview Teil 3

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden - Interview Teil 4

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