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12-05-2013 | Bankenaufsicht | Interview | Article

"Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden“ - Teil 4

Author: Stefanie Hüthig

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Professor Dr. Jan Pieter Krahnen erklärt im Interview in der Mai-Ausgabe von BANKMAGAZIN unter anderem, wie das Bail-in-Anleihen-Konzept die Stabilität des Bankensystems verbessern könnte. Lesen Sie hier das Interview in der Langfassung, vierter und letzter Teil: Bankenkrise in Europa.

Springer für Professionals: Wie sehen Sie die derzeitige Situation in Europa?

Krahnen: Derzeit gibt es neben der Bankenkrise in Europa auch eine Staatsfinanzkrise. Beide sind miteinander verwoben. Weil es den Banken aus sich selbst heraus nicht möglich ist, Stabilität zu erzeugen, müssen die Staaten sie stützen.
In kleineren Staaten bedeutet das, dass der Fiskus sehr schnell an die Grenzen seiner eigenen Finanzierungskraft gelangt, wie gerade im Fall Zypern wieder geschehen. Mit jeder Bankenrettung steigt die Staatsverschuldung. Damit wiederum muss der Staat sich fragen, wer seine Schulden übernehmen kann. Die Einzigen, die sich in der benötigten Größenordnung anbieten, sind die Banken, die aber nur zur Refinanzierung bereit sind, wenn man ihnen nicht vorschreibt, dass sie für die Finanzierung von Staaten in ihrer Bilanz mehr Eigenkapital halten müssen. Das ist eine unheilige Allianz. Immer noch behandeln wir auch in der Regulierung riskante Staatsschuldentitel so, als wären sie risikofrei.

Sie sehen noch immer die Gefahr, dass etwa ein Land wie Griechenland pleitegehen könnte?

Wir reden hier jetzt über eine Ausnahmesituation, in der dieser Ausfall bereits stattgefunden hat. Wenn Schulden nicht zurückgezahlt werden können, dann ist es natürlich erstens ein Verlust für den Gläubiger, und zweitens wird es langfristig zu einem Problem für den Schuldner, seine Kreditwürdigkeit wiederherzustellen. Diese Situation kann auch am Beispiel Griechenlands studiert werden. Es ist insbesondere die Rettungslinie seitens der Europäischen Zentralbank, die die Kreditvergabe in diesem Land aufrecht erhält.
Weil es aus politischen Gründen keinen Ausfall geben darf, hat sich das Problem im Grunde multipliziert und auf andere Länder übertragen. Jahrelang kann diese Entwicklung so nicht weiterlaufen: Staaten, die mit Steuergeldern Banken retten, die wiederum Staatsanleihen kaufen, die dem Staat helfen, seine Defizite zu finanzieren. Das ist nicht nachhaltig. Deutschland und Europa können das eine Weile durchhalten, aber irgendwann erleben wir einen Run auf den Wirtschaftsraum.

Gibt es derzeit neben den Banken keine anderen Investoren für Anleihen von Krisenstaaten?

Nein, das ist genau der Punkt. Die Philosophie, die hinter dem Vorschlag der Liikanen-Kommission steht, ist, eine in sich tragfähige, nachhaltige Struktur für das Bankensystem zu etablieren, bei der sich der Staat wieder aus dem Bankensektor ausklinken kann, weil keine Abhängigkeit mehr vorhanden ist und weil Gläubiger wieder in Haftung genommen werden. Gläubiger von griechischen Staatsanleihen können nach diesem Konzept nicht mehr damit rechnen, dass ihnen ihr investiertes Kapital in voller Höhe zurückgezahlt wird.

Zur Person und zum Institut
Dr. Jan Pieter Krahnen (58) hält die Professur für Kreditwirtschaft und Finanzierung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Er forscht zu systemischen Risiken und Bankenregulierung. Zudem ist er als Direktor des Center for Financial Studies (CFS) und des neuen Exzellenzzentrums SAFE tätig. Als Mitglied einer Expertengruppe der Europäischen Kommission (Liikanen-Kommission) war er an der Erstellung des Liikanen-Berichts beteiligt.

Lesen Sie auch:

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden – Interview Teil 1

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden – Interview Teil 2

Gläubiger müssen wieder in Haftung genommen werden - Interview Teil 3

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