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04-08-2023 | Batterie | Interview | Article

"In Europa und Nordamerika sind über 80 Gigafactories geplant"

Author: Christiane Köllner

4:30 min reading time

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Steigt der Absatz von E-Autos, erhöht sich auch die Batterie-Nachfrage. Das erfordert wiederum den schnellen Bau von mehr Gigafactories. Was diese Gigafabriken wettbewerbsfähig macht, erläutert McKinsey-Experte Martin Linder im Interview. 

Springer Professional: Batterien werden für die Elektromobilität, die Energiespeicherung und die Unterhaltungselektronik benötigt. Die Produktionskapazität für Batterien soll bis 2030 weltweit auf rund 5,8 TWh steigen. Die Folgen der starken Nachfrage: Bis 2030 werden rund 150 neue Gigafabriken benötigt. Wie kann der Bau von Gigafabriken mit der Nachfrage nach Batterien Schritt halten?

Linder: Hier spielen vier wesentliche Faktoren eine Rolle. Erstens: Unternehmen, private Investoren und Politik müssen die Mittel bereitstellen. Bereits heute werden weltweit zwischen 2018 und 2030 rund 380 Milliarden Dollar in neue Produktionskapazitäten investiert. In Europa und Nordamerika sind über 80 neue Gigafabriken geplant. Zweitens: Extrem wichtig ist es, den Bauprozess und die Inbetriebnahme schlank und kurzzyklisch zu gestalten. Gigafabriken liegen durchschnittlich sieben Monate hinter dem Plan. Sie erreichen nur 60 % der Leistung im ersten Jahr. Drittens: Die Politik kann mit schnellen und einfachen Antrags- und Genehmigungsverfahren sowie hoher Planungssicherheit für die drei- bis vierjährige Bauphase in Europa unterstützen. In China werden Gigafactories in weniger als einem Jahr gebaut. Es braucht auch Anreize für Batterierecycling und Abfallmanagement. Viertens: Es wird nur mit qualifizierten Arbeitskräften gehen. Für die komplexen Prozesse sind Investitionen in Schulungsprogramme und die Ausbildung notwendig. 

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So kommt die Batterieproduktion ins Rollen

Die Elektromobilität boomt - und mit ihr der Bedarf nach leistungsstarken und kostengünstigen Lithium-Ionen-Akkus. Um die hohe Nachfrage heute und in Zukunft bedienen zu können, benötigt die Batterieproduktion neben einer zuverlässigen und flexiblen Supply Chain vor allem eine effiziente und agile Fertigungsarchitektur, die es ermöglicht, rasch auf Schwankungen in der Nachfrage und Technologieänderungen zu reagieren. Passende Impulse hierzu stammen aus der Automobilproduktion.

Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine wettbewerbsfähige Gigafactory?

Erfolg beginnt bei einem effizienten Bauprozess. Die wichtigsten Faktoren sind Effizienz bei den Investitionsausgaben (Capex), Termintreue mit schnellem Hochlauf der Anlage und Effizienz bei den Betriebsausgaben (Opex). Dies kann erreicht werden mit herausragender Performance in sechs Dimensionen: Design, Konstruktion und Ausrüstung, Zeit bis zur Markteinführung, Inbetriebnahme der Anlage, Digitalisierung, Talent und Arbeitskräfte sowie Lieferkette für Rohmaterial und Komponenten.

Wie kann eine Batteriezellenfabrik rentabel betrieben werden?

Am wichtigsten für die Rentabilität ist, die Betriebskosten niedrig zu halten. Die besten Unternehmen der Branche erreichen hier Reduzierungen um bis zu 20 % im Vergleich zum Durchschnitt. Um das zu erreichen, liegen die größten Chancen in den Bereichen Energieversorgung, Arbeitskosten sowie Forschung und Entwicklung. Effektive Hebel sind dabei der Einsatz innovativer Technologien mit geringerem Energiebedarf, Automatisierung und die Nutzung digitaler Lösungen. Das kann zum Beispiel die Kombination von vernetzten digitalen Zwillingen des Produkts, des Prozesses und des Gebäudes beziehungsweise der Umgebung sein. Zusätzlich sollten Unternehmen die Ausschussrate niedrig halten und eine hohe Auslastung ihrer Maschinen sicherstellen. Wir beobachten, wie Best-in-Class-Zellhersteller den Ausschuss auf unter 10 % bereits im ersten Jahr reduzieren können. 

Wie erleichtert die Digitalisierung das Hochfahren einer Gigafactory?

Durch digitale Technologien und Werkzeuge können Gigafabriken Prozesse rationalisieren, die Ressourcennutzung optimieren und den Hochlaufprozess beschleunigen. Digitale Zwillinge beispielsweise ermöglichen die Erstellung virtueller Modelle und Simulationen der Anlage, einschließlich der erforderlichen Fertigungsprozesse. Bevor physische Änderungen vorgenommen werden, können potenzielle Engpässe gefunden, Verfahren verbessert und verschiedene Situationen getestet werden. Basierend auf großen Datenmengen kann man schnell fundierte Entscheidungen treffen. Die Digitalisierung hilft nicht nur beim Hochfahren und dem Betrieb einer Gigafactory, sondern schon in der Planungsphase und beim Bau, um die Produktion pünktlich anlaufen zu lassen.

Wie gelingt der Übergang von einer Pilotlinie zur industriellen Produktion?

Die Skalierung von einer Pilotlinie mit wenigen Millionen Zellen auf industriellen Maßstab mit hunderten Millionen Zellen ist eine der größten Herausforderungen. Erstens zeigen sich bei den größeren und schnelleren Maschinen technologische Probleme, die vorher nicht sichtbar waren. Das ist ähnlich wie beim Wechsel auf eine neue Halbleitertechnologie bei der Chipherstellung. Zweitens bringt das neue Anforderungen an detaillierte Qualitäts- und Prozesskontrolle wie zum Beispiel den Einsatz von Kernspintomographen oder präziser Befüllüberwachung von Elektrolyten. Drittens muss die Fertigung operativ skalierbar sein – das braucht genügend Fachkräfte und sukzessive Erhöhung der Ausbringung bei minimalem Ausschuss. Die vielen Begleitprozessen von Materialrückverfolgbarkeit über Facility Management bis Recycling müssen organisiert werden.

Welches Personal mit welchen Qualifikationen wird in einer Gigafactory benötigt?

Der Produktionsprozess kann in drei Hauptschritte unterteilt werden: Elektrodenherstellung, Zellmontage sowie Zellveredelung. Es braucht Mitarbeiter mit Fachkenntnissen in allen diesen Prozessschritten. Das sind beispielsweise Mitarbeiter, die Maschinen und Fördertechnik bedienen. Und Mitarbeiter, die sich mit Metallurgie und der Fluiddynamik dieser Metalle in Lösungsmitteln auskennen. In einer 4-GWh-Anlage decken durchschnittlich 60 bis 80 direkte Mitarbeiter pro Schicht alle drei Schritte ab, vom Mischen und Beschichten über das Trocknen der Elektroden, die Montage bis hin zur Formierung und Prüfung. Pro Schicht braucht es 20 bis 25 indirekte Mitarbeiter für Aufsicht, Instandhaltung, Materialplanung sowie weitere indirekte Funktionen.

Welches sind die unterschiedlichen Herausforderungen für Gigafactory-Projekte in den verschiedenen Regionen der Welt?

Von den Verzögerungen beim Betriebsstart war schon die Rede. Die EBIT-Verluste können hier rund zwei Millionen Dollar pro Tag betragen. Auch ist der Ausstoß im Startjahr oft herabgesetzt. Südkoreanische und chinesische Unternehmen haben Herausforderungen, Gigafabriken in Übersee zu bauen. Für Europa und Nordamerika gibt es drei wesentliche Herausforderungen. Erstens: Mangel an Bauarbeitern und Mitarbeitern, dazu hohe Arbeitskosten. Nach wie vor findet man Talente und Know-how vor allem in China und Südkorea. Zweitens: Lange Vorlaufzeiten bei der Versorgung mit Rohstoffen für Batterien und Ausrüstung, was eine vorausschauende Lieferanten-Planung erforderlich macht. Drittens: Fehlende Genehmigungen für gut angebundene Standorte, mit lokaler Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sowie Infrastruktur.

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