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07.03.2023 | Industrie 4.0 | Schwerpunkt | Online-Artikel

Woran es beim digitalen Zwilling für die Batteriezellfertigung noch hakt

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Wer in der Batteriezellfertigung künftig mithalten will, muss höchsten Qualitäts- und Fertigungsansprüchen genügen. Ein Mittel dafür: der digitale Zwilling. Doch die Rückverfolgbarkeit in der komplexen Produktion ist schwierig.

Der Bedarf an Batteriezellen wächst rasant, und damit auch der Bedarf an Fertigungskapazitäten. Auf bis zu 3,5 TWh könnte die jährliche Nachfrage bis 2030 wachsen. Das wäre zehnmal mehr als im Jahr 2021, wie die Internationale Energieagantur (IEA) in ihrem Global EV Outlook 2022 schreibt. Die Unternehmensberatung McKinsey erwartet für das Jahr 2030 gar eine Nachfrage von 4,7 TWh. Doch mit dem Bedarf wachsen auch die Fertigungskapazitäten in hoher Geschwindigkeit. Laut der auf den Markt von Lithium-Ionen-Batterien spezialisierten Agentur Benchmark Mineral Intelligence sind derzeit weltweit 372 Gigafabriken mit einer Gesamtkapazität von über 8 GWh in Planung.

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Rückverfolgbarkeit und Digitalisierung in der Batteriezellfertigung

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Gesellschaft ist die Verfügbarkeit von Energiespeichern, vor allem Batterien, ein wichtiger Schritt. Durch Industrie 4.0 ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, die Batterieproduktion effizient und nachhaltig zu gestalten. Eine zentrale Herausforderung liegt hierbei in der Produktnachverfolgung entlang der Wertschöpfungskette, die aus kontinuierlichen, batchweisen sowie diskreten Prozessen besteht.

Die momentane Knappheit auf dem Markt für Batteriezellen dürfte in wenigen Jahren entsprechend einem Überangebot weichen. Nach Einschätzung des Zellherstellers Costumcell ist eine Konsolidierungswelle ist unausweichlich. Wer in dem umkämpften Markt bestehen will, müsse deswegen über Alleinstellungsmerkmale verfügen. Insbesondere Deutschland mit seinem hohen Lohnniveau muss in Sachen Batteriezellen und Fertigungsprozesse internationale Standards setzen, wie Richard Backhaus im Beitrag Batteriezellen "Made in Germany" – Ein Weg mit Hindernissen in der ATZ  2/20 schreibt.

Bislang Hohe Ausschussraten in der Produktion

Dass insbesondere die Fertigung Potenzial bietet, sich mit Innovationen vom Markt abzusetzen, erläutern Johannes Gerl und Björn Manderbach von Dassault Systèmes im Artikel Digitale Tools in der Batterieproduktion in der maschinenbau 4/22. Viele Hersteller kämpfen laut den Autoren mit hohen Ausschussraten und den damit verbundenen hohen Kosten.

"Aufgrund mangelhafter Fertigungsprozesse kann ein bedeutender Anteil der produzierten Batterien nicht genutzt werden." Johannes Gerl und Björn Manderbach

Ein hoher Qualitätsanspruch auf Abnehmerseite steht dabei einem komplexen Fertigungsprozess gegenüber. "Selbst kleinste Anomalien oder fehlerhafte Zellen beeinflussen den Lebenszyklus einer Zelle entscheidend", schreiben Gerl und Manderbach, da sie den Innenwiderstand erhöhen und in der Folge zu Erwärmung und Zerstörung der Zellen führen. Produzenten in Deutschland werden den Autoren zufolge deswegen besonderes Augenmerk auf einen qualitativ hochwertigen Herstellungsprozess legen müssen, um im internationalen Vergleich bestehen zu können.

Rückverfolgbarkeit in Elektrodenproduktion schwierig

Im Vorteil dürfte dabei sein, wer die anfallenden Daten entlang der Wertschöpfungskette zu seinem gewinnbringend zu verknüpfen vermag. Bereits heute helfen durchgängige Datenplattformen, um Engineering-, Fertigungs- oder Logistikdaten für alle Prozessbeteiligten transparent darzustellen. Die Zukunft liegt allerdings im digitalen Zwilling für die Batteriezellfertigung, der sich genauer genommen aus drei unterschiedlichen digitalen Zwillingen zusammensetzt:

  • einem für die Produktionsanlage 
  • einem für das Fabrikgebäude 
  • einem für das Produkt, der Informationen und Qualitätsdaten zu Rohstoffen und relevanten Zwischen- und Endprodukten enthält.

Mit der Gesamtheit der im digitalen Zwilling gespeicherten Daten aus Fertigung und Nutzung lassen sich innerhalb kürzester Zeit neue und verbesserte Batteriezellen entwickeln und die Produktion optimieren.

Was in der Vision vielversprechend klingt, ist in der Umsetzung jedoch schwierig – insbesondere was die Elektrodenfertigung angeht, wie das Autorenteam um Jonathan Krauß von der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB im Artikel Rückverfolgbarkeit und Digitalisierung in der Batteriezellfertigung in der maschinenbau 3/22 schreiben. Die hochkomplexe Fertigung von Anoden und Kathoden entscheidet über die Zellqualität und -kapazität. Gerade hier ist die Rückverfolgung von Material- und Fertigungsparametern aber mit Herausforderungen verbunden, da alle Prozessschritte miteinander verzahnt sind und sich gegenseitig beeinflussen.

Identifizieren in kontinuierlicher und diskreter Fertigung

Beispielsweise hat das Mischen der Ausgangsmaterialien für eine Elektrode eine enorme Auswirkung auf die weitere Verarbeitbarkeit und auf die Langlebigkeit und Schnellladefähigkeit der finalen Zellen. Dazu kommt, dass sich Form und Oberfläche der Elektroden während des Kalandrierens und Slittens ändern und sie zudem hohen Temperaturen, Lösemitteln, Vakuum oder mechanischer Belastung ausgesetzt werden.

Besonders die Identifizierung der Batteriebestandteile während des Übergangs von kontinuierlicher zu diskreter Fertigung ist dabei herausfordernd. Für die fertige Elektrodenfolie eignen sich den Fraunhofer-Forschenden zufolge optische Markierungen mit Data-Matrix-Codes. Ungelöst ist aber noch, wie sich die Prozess- und Materialeigenschaften des Slurrys rückverfolgen lassen. Granularität und Beschaffenheit dieser homogenen Paste, die auf die Elektrodenfolien aufgetragen wird, ändern sich auf Zwischenproduktebene mehrfach.

Traceability-Verfahren für die gesamte Prozesskette

Gemeinsam mit Anlagenherstellern sowie Sensor- und Softwarefirmen entwickelt Fraunhofer Ansätze ein umfassendes Traceability-Verfahren für die gesamte Prozesskette, das dann auch die Rückverfolgbarkeit von rieselnden Feststoffen und fließenden Pasten mit einschließt. In der Folge wollen sie vom heute praktizierten batchweisen Vorgehen beim Mischen hin zu einem kontinuierlichen Prozess kommen. Zukünftig soll das Verfahren zudem durch künstliche Intelligenz unterstützt werden, um notwendige Adaptionen in Materialverarbeitung und der Prozesskette identifizieren und prognostizieren zu können.

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