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23-03-2016 | Baukosten | Interview | Article

„Die erstgenannte Zahl brennt sich in das Gedächtnis“

Author: Christoph Berger

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Interviewee:
Klaus-Dieter Siemon

Dipl. Ing. Klaus-Dieter Siemon ist Architekt und von der IHK Kassel öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Architektenleistungen und Honorarrecht.

Bauprojekten haftet das Manko an, meist die Termine zu überziehen und zu teuer zu sein. Doch gerade bei den Kosten handelt es sich in der Regel um ein Kommunikationsproblem. Denn: Meist werden die Baukosten richtig kalkuliert.

Springer Professional: Eigentlich hört man immer nur, dass Baukosten überschritten werden. Wird bei Bauprojekten niemals richtig kalkuliert?

Dipl. Ing. Klaus-Dieter Siemon: Häufig werden die Baukosten richtig kalkuliert. Es gibt aber zwei Probleme, die meistens für spätere Kostenveränderungen sorgen. Erstens sind die Anforderungen an das Projekt zu Projektbeginn nur sehr vage und äußerst basisorientiert ausgerichtet. Erst später kommen dann konkrete – meistens höherwertigere oder umfangreichere – Vorstellungen ins Spiel. Bei denen wird dann leider nicht von Nachbestellungen, sondern von Mehrkosten und Planungsfehlern gesprochen. Der zweite Punkt ist der, dass Baukostenprognosen häufig auf Basis des aktuellen Kostenstandes kalkuliert werden und nicht auf Basis der voraussichtlichen späteren Schlussabrechnung.

Die Probleme liegen also an ganz anderer Stelle?

Die meisten Ungenauigkeiten liegen erfahrungsgemäß bei der sogenannten „erstgenannten Zahl“. Diese erstgenannte Zahl brennt sich in das Gedächtnis der Fachleute und der Öffentlichkeit quasi als unveränderbar ein. Der Fehler besteht darin, dass erfolgreiche Versuche, die Kostenveränderungen zu kommunizieren, nicht oder nicht erfolgreich unternommen werden.
Auf fachlicher Ebene werden die häufigsten Überraschungen in der Phase zu beobachten sein, in der die Bauarbeiten beginnen und gleichsam sehr viele Planungsinformationen, Kostenangebote von Baufirmen und weitere planungsorientierte Kosteninformationen fließen. Hier muss professionell gesteuert und prognostiziert werden. Darauf aufbauend müssen schnelle und wohlüberlegte Entscheidung getroffen werden. Das erfolgt häufig nicht.

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Wie können die Fehler verhindert werden?

Die fachlichen Instrumente zur Vermeidung von Fehlern in Form von EDV - Lösungen und Kostenprognosesystemen stehen zur Verfügung. Aus der Beobachtung kann aber gesagt werden, dass im Bereich der Kommunikation und der einzelnen Akteure, die relevante Entscheidungen treffen, noch Spielraum hinsichtlich der Entscheidungsgeschwindigkeiten besteht. Während des Projektverlaufs sind eine Vielzahl von mutigen und kostenrelevanten Entscheidungen zu treffen und auch zu kommunizieren. Auch hier stehen die Akteure im Fokus.

Und welche Regelwerke sind bei der Baukostenplanung zu berücksichtigen?

Die HOAI als Preisrechtsverordnung regelt die Honorare für sogenannte Grundleistungen in den Leistungsbildern für Architekten und Ingenieure. Werden über die Grundleistungen hinausgehend proaktive, prognostisch agierende Kostensteuerungssysteme verlangt, bedarf es entsprechender vertraglicher Vereinbarungen. Im Bereich der DIN-Normen ist insbesondere die DIN 276 zu nennen, die aber nur dann zwingend anzuwenden ist, wenn sie als Vertragsbestandteil vereinbart wird. Häufig wird die vorgenannte DIN dennoch – auch von den Gerichten – als anerkannte Regel der Technik den Würdigungen zu Grunde gelegt.
Entscheidend sind jedoch die individuell getroffenen und vertraglich festgehaltenen Vereinbarungen zwischen den Parteien. In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine einfache Vereinbarung einer Kostenobergrenze oder eine Kostengarantie kein sicherer Hafen ist, wenn es um die tatsächliche Einhaltung von Bau-Kostenprognosen geht. Das ständige Überwachen, Steuern und Vorausprognostizieren sowie eine gewisse Leidenschaft der Akteure ist, so die Beobachtung, ein größerer Erfolgsgarant.

Die Planung ist der eine Schritt, die spätere Steuerung der kommende: Gibt es auch bei diesem Zusammenspiel Probleme?

Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass Schnittstellen auch Problemstellen sind. Wenn Auftraggeber eine einheitliche Kostensteuerung wünschen, können solche Schnittstellen empfindlich wirken, weil der Planer, der bis zur Schnittstelle beauftragt ist, nicht mehr für die Leistungen jenseits der Schnittstelle zuständig ist. Daraus kann schnell ein Zuständigkeitsproblem werden.

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