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2006 | Book

Chemie

Grundwissen für Ingenieure

Authors: Dr. rer. nat. habil. Gert Blumenthal, Prof. Dr. rer. nat. habil. Dietmar Linke, Dr. rer. nat. habil. Siegfried Vieth

Publisher: Teubner

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About this book

Im „Jahr der Chemie (2003)“ waren viele Veranstaltungen und populärwissenschaftlichen Publikationen – etwa das von der „Gesellschaft Deutscher Chemiker“ offerierte Buch „Chemie rund um die Uhr“ – darauf gerichtet, die engen Beziehungen der Chemie zu unserem Alltag aufzuzeigen und so Berührungsängste zu diesem meist ungeliebten Fach abzubauen. Die Chemie als Wissenschaftsdisziplin entwickelt immer engere Beziehungen zu Physik, Biologie, Medizin und Mathematik; auch ihre traditionell große Bedeutung für nahezu die gesamte Technik wächst weiter. Angesichts weltumspannender Produktions- und Handelsbeziehungen birgt diese Allgegenwart der Chemie aber auch Risiken. Es bedarf stets erheblicher Anstrengungen, um mit Umsicht den Gefahren zu begegnen, die vom Eintritt einer wachsenden Zahl neuer Stoffe in die Biosphäre ausgehen können. Die Katastrophen von Seveso/Italien (1976) und Bhopal/Indien (1984) sind hierfür eine ständige Mahnung. Dieses Buch soll in erster Linie den Studienanfängern dienen, die in ingenieur- und naturwissenschaftlichen Disziplinen eine Nebenfachausbildung mittleren Umfangs in Chemie zu absolvieren haben. Die Komplexität chemischer Sachverhalte macht bekanntlich diesen Studierenden das Studium nicht leicht, besonders denen, die mit nur geringen Vorkenntnissen in Chemie, in anderen Naturwissenschaften und in Mathematik an die Hochschulen kommen. Schwierig ist es auch für Lehrbuchautoren, einen für alle vertretbaren Kompromiß bei der Auswahl des Stoffes, bei der Ausführlichkeit seiner Darlegung und bei der Verknüpfung seiner Teile zu finden. Schließlich kann die allgemeine Chemie nicht ohne gewisse Kenntnisse zu anorganischen und organischen Verbindungen verstanden werden; Stoffeigenschaften und Reaktionen ihrerseits verlangen immer auch ein umfangreiches Präsenzwissen zu allgemeinen Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten.

Table of Contents

Frontmatter

Einleitung

0. Einleitung

Die

Chemie

ist die Lehre von den Stoffen, ihrem Aufbau, ihren stofflichen Veränderungen und den dabei geltenden Gesetzmäßigkeiten.

Allgemeine Chemie

Frontmatter
1. Reine Stoffe und ihre Benennung

Beginnen wir im Sinne des Zitats mit den „Worten“ der Chemie zur Erfassung der stofflichen Vielfalt. Üblicherweise faßt der

Stoffbegriff

solche Eigenschaften der betrachteten Objekte zusammen, die unabhängig von deren mehr oder weniger zufälligen äußeren Form sind.

2. Zustandsformen reiner Stoffe

Wichtig für die Systematisierung reiner Stoffe hinsichtlich ihrer Zustandsformen sind die Begriffe Aggregatzustand (2.1), Phase (2.2) und die Verknüpfung beider. Über das Phasengesetz (2.3) gelingt eine übersichtliche Beschreibung der Zustandsänderungen in Abhängigkeit von Druck und Temperatur.

3. Stoffgemische

Neben der qualitativen Einteilung der Stoffgemische (3.1) sind die Möglichkeiten zur Trennung in ihre Bestandteile (3.2) ebenso von Bedeutung wie ihre quantitative Charakterisierung durch geeignete Zusammensetzungsvariable (3.3).

4. Stöchiometrie

Die Chemie als Wissenschaft von der Stoffwandlung benötigt für die Reaktionsgleichungen möglichst exakte Informationen zur Stoff- und Ladungsbilanz (4.1). Da Umsetzungen häufig unvollständig ablaufen, interessiert auch die über das Massenwirkungsgesetz zugängliche Lage der jeweiligen Gleichgewichte (4.2).

5. Atombau

Nach kurzer Einführung zum Atombegriff und zu den Atombausteinen (5.1) kann der Aufbau der Elektronenhülle (5.2) über die vier Quantenzahlen der Elektronenzustände und einige Auswahlregeln erklärt werden. Daraus folgt zwanglos das Periodensystem der Elemente (PSE) mit seinen Gesetzmäßigkeiten (5.3).

6. Chemische Bindung

Wenn auch die Hoffnung, die Chemie vollständig auf physikalische Gesetze zurückzuführen, illusorisch bleiben mußte, gab es doch seitdem im Verständnis der chemischen Bindung große Fortschritte.

7. Symmetrie, Struktur und Eigenschaften

Daß Symmetriebetrachtungen nicht nur für das Zustandekommen chemischer Bindungen wesentlich sind (s. 6.1.2), sondern auch für einige Eigenschaften der Stoffe in kondensierter Phase (Tab. 6.5), klang im Kapitel 6 schon an.

8. Thermochemie (Chemische Thermodynamik I)

Die klassische Thermodynamik

1

hat etwas zu tun mit der Wärme und der ihr innewohnenden Kraft. Sie gilt allgemein als trocken und hochtheoretisch, angesichts der vielen Formeln in einschlägigen Lehrbüchern. Andererseits beschreibt sie Vorgänge, die uns aus der täglichen Praxis geläufig sind und die die Energie in jeglicher Form betreffen, ihre Umwandlung und Speicherung.

9. Siede- und Schmelzdiagramme von binären Gemischen

Wie Bild 2-1 für Wasser zeigte, genügt bei reinen Stoffen ein einfaches zweidimensionales Druck-Temperatur-Diagramm, um die Phasenbeziehungen im thermodynamischen Gleichgewicht darzustellen. Bei Systemen mit zwei und mehr Stoffen ist zusätzlich die Abhängigkeit von der Zusammensetzung Z zu berücksichtigen, so daß schon bei binären Systemen A-B der Übergang zu einer dreidimensionalen Darstellung p-T-Z erforderlich wird. Um das zu umgehen, wird jedoch meist entweder p oder T konstant gehalten; es resultieren gesonderte Zusammensetzungs-Druck- bzw. Zusammensetzungs-Temperatur-Diagramme.

10. Entropie und Zweiter Hauptsatz (Chemische Thermodynamik II)

Jahrhundertelang blieb unklar, warum überhaupt manche chemischen Reaktionen — und auch viele physikalische Umwandlungen — freiwillig ablaufen. Der erste Hauptsatz, also das Energieerhaltungsprinzip, gibt hierzu keine klare Aussage. Erst die Einführung der Zustandsfunktion Entropie S führt hier weiter (10.1); sie erlaubt den Übergang von der Enthalpie H zur freien Enthalpie G und damit das Verständnis für die Triebkraft chemischer Reaktionen (10.2)

11. Elektrochemie, chemisches Gleichgewicht und Thermodynamik

Bevor wir Ionengleichgewichte in Lösung beschreiben (s. 12 – 14), empfiehlt es sich, im Überblick elektrochemische Reaktionen zu behandeln, also z. B. solche Vorgänge, die in galvanischen Elementen freiwillig ablaufen oder in Elektrolysezellen durch Strom erzwungen werden können (s. 11.2). Werden bei elektrochemischen Prozessen Gleichgewichtszustände erreicht, ermöglicht deren Studium einen alternativen Zugang zur thermodynamischen Beschreibung der Reaktionen:

Erstens liefert der Zusammenhang zwischen der

Gleichgewichtszellspannung

ΔV und der zugehörigen

Gleichgewichtskonstante

K

eq

(s. 11.5.1) eine Aussage darüber, ob und inwieweit die jeweilige Reaktion für quantitative Analysen geeignet ist (s. 11.3, 11.4).

Zweitens erlaubt die

Gleichgewichtszellspannung

ΔV für die betreffende Reaktion die Berechnung der zugehörigen

freien Reaktionsenthalpie

Δ

r

G (s. 11.5.2). Diese experimentelle Verbindung zwischen Δ

r

G und K

eq

erspart oft gesonderte thermochemische Untersuchungen. Das ist besonders dort wertvoll, wo kalorische Daten experimentell nur schwer zugänglich sind, z. B. bei allzu energischem Verlauf der unmittelbaren, also nicht elektrochemisch kontrollierten Umsetzung.

All diese Zusammenhänge können in dieser Einführung nur knapp erwähnt bzw. stark vereinfacht dargestellt werden. Zum Beispiel ist es oft eine ziemlich grobe Näherung, statt der Ionen-Aktivitäten (s. 4.2) die betreffenden -

Konzentrationen

zu verwenden. Auch bleiben mannigfache Einflußgrößen (z. B. Diffusions- und andere Störpotentiale) unberücksichtigt. — Für weitere Einzelheiten muß folglich auf Einführungen in die Grundlagen der physikalischen Chemie verwiesen werden, oder gleich auf entsprechende ausführlichere Darstellungen (s. Tab. 42.1, Physikalische Chemie).

12. Säure-Base-Reaktionen (Gleichgewichte in wäßrigen Lösungen I)

Für chemische Synthesen und für andere Anwendungen werden zwar neben Wasser auch andere polare und unpolare Lösungsmittel eingesetzt, dennoch bleiben wäßrige Lösungen die wichtigsten, zumal sie auch die Grundlage der Lebensvorgänge bilden. — Wasser ist das verbreitetste Lösungsmittel. Es hat eine geringe Eigendissoziation (s. 12.1, 12.2), die formal zu den Ionen H

+

und OH

führt. Es ist aufgrund seiner hohen Dielektrizitätskonstante von ε ≈ 80 und seiner ausgeprägten Solvatationstendenz

1

vor allem geeignet zum Lösen echter Elektrolyte

2

(Salze), aber auch von potentiellen Elektrolyten (Säuren und Basen), die in polaren Lösungsmitteln gleichfalls mehr oder weniger dissoziieren (s. 12.3).

13. Fällung und Komplexbildung (Gleichgewichte II)

Hat man im Praktikum die vielfältigen, in Farbe und Kristallform unterschiedlichen Niederschläge vor Augen (s. 13.1), außerdem die oft intensiv gefärbten Komplexe von Ionen mit unterschiedlichen Liganden (s. 13.2), so wird man kaum vermuten, wie sehr die quantitative Behandlung beider Reaktionstypen der von Säure-Base-Reaktionen ähnelt (s. 12.3). — Oft hat man auch Überlagerungen der genannten Gleichgewichte zu berücksichtigen (s. 13.1.3, 13.2.4).

14. Redoxreaktionen (Gleichgewichte III)

Wir kommen auf Reaktionen zurück, bei denen sich — im Unterschied zu den Gleichgewichten in 12 und 13 — bei den beteiligten Partnern die Oxidationszahlen ändern: Ein Partner, das Oxidationsmittel, nimmt Elektronen auf und wird dadurch selbst reduziert; ein anderer, das Reduktionsmittel, gibt Elektronen ab und wird dadurch oxidiert. Die allgemeine Behandlung solcher Redoxvorgänge erfolgte in 11.1, wobei in 11 der Schwerpunkt generell auf elektrochemischer, möglichst weitgehend reversibler Versuchsführung lag.

15. Chemische Kinetik (Reaktionskinetik)

Die chemische Kinetik kann kurz als die Lehre von der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen bezeichnet werden. Sie ist für das Verständnis chemischer Reaktionen und für deren Optimierung genauso unverzichtbar wie die Thermodynamik. Sie sagt uns nämlich erst, ob eine thermodynamisch mögliche Reaktion tatsächlich abläuft und wie das geschieht. Sie ist ein umfangreiches Teilgebiet der physikalischen Chemie. Hier können deshalb nur einführende Grundlagen geboten werden. Für weiterführende Darstellungen siehe z. B. Tab. 42.1, Lit.

Anorganische Chemie

Frontmatter
16. Einführung

Von den bekannten 116 chemischen Elementen wurden 94, nämlich Wasserstoff bis Plutonium, auf der Erde gefunden. Die Einteilung in Anorganische und Organische Chemie ist historisch entstanden. Sie entstammt dem relativ geringen Erfahrungsschatz des 19. Jahrhunderts und wird der Vielfalt der heute bekannten chemischen Verbindungen nicht mehr gerecht. In der heutigen Komplexchemie, der elementorganischen und bioanorganischen Chemie sind neben Kohlenstoff auch typisch anorganische Elemente, wie Metalle, von bestimmender Bedeutung. Die Kenntnisse über die Funktionen der Elemente im Naturgeschehen wachsen schnell, und es gibt wahrscheinlich kaum ein natürliches Element, das nicht irgendwie mit der Biosphäre verknüpft ist. Der Lebensprozeß kann demnach nicht länger als eine Domäne der Kohlenstoff-Chemie aufgefaßt werden! Entsprechend dieser breiteren Sichtweise wird in folgendem auch auf Themen der Umwelt- und der bioanorganischen Chemie eingegangen. Dabei sollte deutlich werden, daß bei aller relativen Spezifik der einzelnen Verbindungsklassen die Chemie eine einheitliche Wissenschaft ist.

17. 18. Gruppe (VIII. Hauptgruppe) Edelgase Helium He, Neon Ne, Argon Ar, Krypton Kr, Xenon Xe, Radon Rn

Die Edelgase, als einzige Elemente in allen Aggregatzuständen ausschließlich einatomig, weisen die höchste Ionisierungsenergie in jeder Periode auf und sind dadurch die reaktionsträgsten Elemente überhaupt. Jahrzehntelang nahm man an, daß „echte“ Edelgasverbindungen nicht existieren könnten, obwohl die Ionisierungsenergie des Argons kleiner ist als die des Fluors und die des Xenons kleiner als die von Sauerstoff und Wasserstoff!

18. Wasserstoff H

Wasserstoff hat eine weitere Besonderheit unter den Elementen: Wird das H-Atom oxidiert, resultiert ein Elementarteilchen — das Proton, H

+

. Dessen Durchmesser beträgt nur 1,5·10

−3

pm gegenüber 50 – 220 pm normaler Kationen!

19. 1. Gruppe (I. Hauptgruppe) Alkalimetalle Lithium Li, Natrium Na, Kalium K, Rubidium Rb, Cäsium Cs, Francium Fr

Die Alkalimetallatome haben in jeder Periode die größten (vom Lithium zum Francium zunehmenden) Atomradien, so daß ihr Valenzelektron besonders leicht ablösbar ist und sie damit die kleinsten Ionisierungsenergien in jeder Periode aufweisen. Das Valenzelektron wird schon durch die Gasflamme angeregt, wobei diese charakteristisch gefärbt wird. Bereits die Quanten des sichtbaren Lichts schlagen aus Rb- und Cs-Oberflächen Elektronen heraus (

äußerer Photoeffekt

).

20. 2. Gruppe (II. Hauptgruppe) Erdalkalimetalle Beryllium Be, Magnesium Mg, Calcium Ca, Strontium Sr, Barium Ba, Radium Ra

Die Erdalkalimetalle haben kleinere Atom- und Ionenradien sowie höhere Ionisierungsenergien und Elektronegativitäten als die Alkalimetalle und sind damit etwas weniger reaktionsfähig als diese. Ihre Ionenpotentiale

1

$$ \varphi = \frac{{n \cdot e}} {r} $$

steigen im Vergleich zur 1. Gruppe an und damit auch die Gitterenergien der Salze, so daß z. B. die Carbonate, Oxalate, Phosphate, Sulfate und Fluoride in Wasser schwerlöslich sind. Die Oxide sind Anhydride starker Basen, deren Basizität vom Beryllium- zum Radiumhydroxid anwächst.

21. 13. Gruppe (III. Hauptgruppe) Bor B, Aluminium Al, Gallium Ga, Indium In, Thallium Tl

In den Atomen der III. Hauptgruppe sind im Vergleich zu denen der im Periodensystem vorangehenden II. Gruppe die Kernladungs- und Elektronenzahlen und damit die elektrostatischen Anziehungskräfte zwischen Atomkern und Elektronenhülle weiter angestiegen. Infolgedessen sind die Atome und Ionen der Bor-Gruppe kleiner, ihre Ionisierungsenergien und Elektronegativitäten größer als die der entsprechenden Werte der Erdalkalimetalle.

22. 14. Gruppe (IV. Hauptgruppe) Kohlenstoff C, Silicium Si, Germanium Ge, Zinn Sn, Blei Pb

Die Atome der IV. Hauptgruppe besitzen vier Valenzelektronen in der Konfiguration s

2

p

2

. Das Kohlenstoffatom ist also maximal vierbindig. Das Siliciumatom ist in seinen Verbindungen fast ausschließlich tetraedrisch koordiniert, kann aber, im Unterschied zum Kohlenstoffatom, schon d-Orbitale einbringen und tritt folglich in einigen Verbindungen sogar oktaedrisch koordiniert auf.

23. 15. Gruppe (V. Hauptgruppe) Stickstoff N, Phosphor P, Arsen As, Antimon Sb, Bismut Bi

Die Valenzelektronen-Konfiguration in dieser Gruppe ist — gemäß der Hundschen Regel — mit s

2

p

x

p

y

p

z

zu beschreiben. Stickstoff kann 2-bindig sein wie im NO, 3-bindig, wie im NH

3

, und, der

Oktettregel

entsprechend, maximal 4-bindig, wie im NH

4

+

-Ion und im HNO

3

-Molekül, niemals aber 5-bindig. Phosphor ist 3-, 4-, 5- und 6-bindig. Arsen, Antimon und Bismut bevorzugen die 3-Bindigkeit, wobei der kovalente Charakter der Bindungen in dieser Richtung abnimmt.

24. 16. Gruppe (VI. Hauptgruppe) Chalkogene Sauerstoff O, Schwefel S, Selen Se, Tellur Te, Polonium Po

Um die Edelgaskonfiguration zu erreichen, muß ein Atom dieser Gruppe zwei Elektronen aufnehmen, wodurch es in die Oxidationszahl −2 übergeht. Das kann, je nach der Natur des Bindungspartners, folgendermaßen verwirklicht werden:

Von elektropositiven Elementen kann ein Chalkogen-Atom zwei Elektronen unter Bildung zweiwertiger Anionen aufnehmen. Hierdurch entstehen z. B. die ionisch gebauten Alkali- oder Erdalkalimetalloxide und -sulfide. Während die Anlagerung des 1. Elektrons an das O-Atom noch Energie liefert (−590,3 kJ/mol), muß zur Anlagerung des zweiten Elektrons so viel Energie

aufgewendet

(!) werden, daß der Gesamtprozeß endotherm wird:

$$ O + 2e^\_ \to O^{2 - {\mathbf{ }}} {\mathbf{ }}\Delta H298 = + 657,3kJ/mol $$

Oxid-Ionen können darum nur dann stabile ionische Verbindungen bilden, wenn die aufzuwendende Energie, nämlich die Summe aus Elektronenaffinität und Ionisierungsenergie, durch die bei der Bildung der festen Oxide freiwerdende Gitterenergie überkompensiert wird.

Bildung von bis zu drei kovalenten Einfachbindungen, wie z. B. in den tetraedrisch gebauten Spezies:

Bildung von Doppelbindungen wie im O=C=O-Molekül.

25. 17. Gruppe (VII. Hauptgruppe) Halogene Fluor F, Chlor Cl, Brom Br, Iod I, Astat At

Entsprechend ihrer Stellung in der VII. Hauptgruppe des Periodensystems besitzen die Halogenatome sieben Valenzelektronen in der Konfiguration s

2

p

x

2

p

y

2

p

z

1

. Wird das eine, zur Edelgaskonfiguration noch fehlende Elektron angelagert, entsteht das Halogenid-Ion, X

, wobei ein beträchtlicher Energiebetrag, die

Elektronenaffinität

(EA), frei wird. Die Halogenatome haben die höchste Elektronenaffinität der jeweiligen Periode. Wie schon in den Hauptgruppen III bis VI, ist auch hier die Elektronenaffinität des ersten Elements kleiner als die des zweiten: EA

F

= −328 kJ/mol und EA

Cl

= −349 kJ/mol. Chlor hat von allen Elementen die höchste Elektronenaffinität!

26. 3. Gruppe (III. Nebengruppe) Scandium Sc, Yttrium Y, Lanthan La, Actinium Ac

Nachdem in den Hauptgruppen das Valenzelektron in der „normalen“ Reihenfolge eingebaut wurde, also ns

1

, ns

2

und np

1

bis npsr6, ist in der 4. Periode beim Scandium, dem rechten Nachbarn des Calciums, eine neue Erscheinung zu beobachten: Das hinzukommende Elektron tritt nicht in ein 4p-, sondern in ein 3

d-Orbital

ein, die Elektronenkonfiguration des Scandium-Atoms ist also [Ar] 3d 4s

2

. Damit ist Scandium der erste Vertreter der Übergangselemente.

27. Lanthanoide Cer Ce, Praseodym Pr, Neodym Nd, Promethium Pm, Samarium Sm, Europium Eu, Gadolinium Gd, Terbium Tb, Dysprosium Dy, Holmium Ho, Erbium Er, Thulium Tm, Ytterbium Yb, Lutetium Lu

Die Valenzbetätigung erfolgt meist nur durch die äußeren drei Elektronen der Konfiguration 4f 6s

2

, bei Gadolinium und Lutetium aber durch die 5d 6s

2

-Elektronen. Als energetisch besonders stabil erweisen sich die vollbesetzten f-Orbitale f

14

bei Ytterbium und Lutetium und die halbbesetzten f

7

bei Europium und Gadolinium.

28. Die 1. Reihe der Übergangselemente Titan Ti, Vanadium V, Chrom Cr, Mangan Mn, Eisen Fe, Cobalt Co, Nickel Ni

Die Übergangselemente Titan bis Nickel

1

werden hier gemeinsam behandelt, weil sie einander chemisch ähnlicher sind als ihren Gruppenhomologen: So liegen ihre Elektronegativitätswerte dicht beieinander, von 1,3 bis 1,75; und die Radien gleichartig geladener Ionen unterscheiden sich nur wenig: 67 pm für Ti

3+

und 54,5 pm für Co

3+

.

29. Die 2. und 3. Reihe der Übergangselemente Zirconium Zr, Hafnium Hf, Niobium Nb, Tantal Ta, Molybdän Mo, Wolfram W, Technetium Tc, Rhenium Re

Die beiden Elemente jeder dieser Nebengruppen sind chemisch einander sehr ähnlich. Das ist eine Folge der Lanthanoidenkontraktion (s. 27.1.1), infolge deren die Atom- und Ionenradien der Elemente Hafnium bis Rhenium, entgegen der Erwartung, praktisch nicht ansteigen, so daß sowohl die Atome als auch gleichartig geladene Ionen beider Elemente einer Gruppe fast gleich groß sind.

30. Die Platinmetalle Ruthenium Ru, Osmium Os, Rhodium Rh, Iridium Ir, Palladium Pd, Platin Pt

Der Einfluß der Lanthanoidenkontraktion (s. 27.1.1) auf die Radien setzt sich bei den Platinmetallen fort, und auch hier werden mit steigender Ordnungszahl die höheren Oxidationsstufen einer Gruppe stabiler und die niederen weniger stabil.

31. 11. Gruppe (I. Nebengruppe) Kupfer Cu, Silber Ag, Gold Au

Die Valenzelektronenkonfiguration in dieser Gruppe ist (n−1)d

10

ns, und dementsprechend treten die Elemente mit der Oxidationszahl +1 auf. Die stabile Oxidationszahl ist aber beim Kupfer +2 und beim Gold +3. Gegenüber den vorangegangenen Elementen Nickel, Palladium und Platin sind die Kernladungen weiter angestiegen und damit die Valenzelektronen sehr fest gebunden, wodurch die Atomradien weiter schrumpfen und die Polarisationswirkung der gebundenen Atome wächst. Damit sind die Verbindungen überwiegend kovalent gebaut, meist farbig und häufig schwerlöslich. In wäßriger Lösung liegen kaum einfach hydratisierte Kationen vor, sondern fast durchweg beständige Komplexe.

32. 12. Gruppe (II. Nebengruppe) Zink Zn, Cadmium Cd, Quecksilber Hg

Die Außenelektronen sind in der Konfiguration (n−1)d

10

ns

2

angeordnet, so daß bei allen drei Elementen die Oxidationszahl +2 vorherrscht, lediglich Quecksilber kommt auf Grund der Bildung von Hg-Hg-Bindungen außerdem die Oxidationszahl +1 zu. Zink, Cadmium und Quecksilber sind die einzigen Nebengruppenelemente, die nicht zu den Übergangselementen gehören, weil ihre d-Orbitale vollständig gefüllt sind,

analog

zu den Elementen der I. Nebengruppe, und weil d-Orbitale für die Kationenbildung nicht mehr herangezogen werden, im

Unterschied

zu den Elementen der I. Nebengruppe!

33. Kernreaktionen

Unter der 1896 von

Becquerel

1

entdeckten Radioaktivität versteht man den spontanen Zerfall von Atomkernen, wobei unter Energieabgabe Atome anderer Elemente gebildet und gleichzeitig ionisierende Strahlungen emittiert werden. Es existieren mehrere Arten des natürlichen radioaktiven Zerfalls und der dabei ausgesendeten Strahlung.

34. Actinoide Thorium Th, Protactinium Pa, Uran U, Neptunium Np, Plutonium Pu, Americium Am, Curium Cm, Berkelium Bk, Californium Cf, Einsteinium Es, Fermium Fm, Mendelevium Md, Nobelium No, Lawrencium Lr

Bei den Actinoiden werden, in Analogie zu den Lanthanoiden, die (n−2)f-Orbitale, hier also die 5f-Orbitale, aufgefüllt. Dementsprechend tritt hier die „Actinoidenkontraktion“ ein, die auf analogen Ursachen wie die Lanthanoidenkontraktion (s. 27.1.1) beruht. Andererseits gibt es zwischen beiden Elementreihen auch erhebliche Unterschiede. Sie gehen im wesentlichen darauf zurück, daß die 5f-Elektronen weiter vom Kern entfernt sind als die 4f-Elektronen der Lanthanoiden und dadurch weniger stark von den Atomkernen angezogen werden. Infolgedessen betätigen die leichteren Actinoiden bis Curium deutlich mehr Oxidationsstufen als die Lanthanoiden, was zu einer reichhaltigeren Chemie führt.

Organische Chemie

Frontmatter
35. Einführung

Im Laufe des 18. Jh. gelang es, aus Pflanzen und Tieren einfache Stoffe, z. B. Weinsäure oder Harnstoff, zu isolieren und zu untersuchen. Hierbei ergab sich, daß diese Substanzen im Gegensatz zu den schon bekannten mineralischen Stoffen niedrige Schmelz- und Siedepunkte haben und sich auch beim zu starken Erhitzen zersetzen. Die aus Organismen stammenden Stoffe verhielten sich also anders als die aus der unbelebten Natur. Man nannte sie deshalb organische Stoffe, den Wissenschaftszweig, der sich mit diesen Substanzen beschäftigte organische Chemie (Berzelius 1807).

36. Wichtige Stoffklassen in der Organischen Chemie

Kohlenwasserstoffe stellen die einfachsten organischen Verbindungen dar, da sie nur die beiden Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten. Sie sind daher besonders geeignet, wichtige, für die organische Chemie typische Herangehensweisen zu erlernen. Eine zentrale Bedeutung haben hier die Strukturformeln. Sie sind das charakteristische Merkmal der chemischen Fachsprache. Jeder reine Stoff kann durch seine Strukturformel beschrieben werden. Es ist daher wichtig, Strukturformeln zu erstellen, zu vergleichen und Stoffe mit ähnlicher Struktur zu Stoffklassen zusammenzufassen. Es gilt, die in diesem Zusammenhang wichtigen Fachbegriffe beherrschen. Zentral ist dabei die Fähigkeit, Stoffen anhand ihrer Strukturformel einen systematischen Namen entsprechend den Regeln der chemischen Nomenklatur geben zu können

1

. Es ist daher für das weitere Verständnis sehr wichtig, den in den nächsten Kapiteln behandelten Stoff zu erlernen — auch wenn er etwas trocken erscheint.

37. Struktur-Eigenschafts-Beziehungen Ein allgemeiner Überblick

Bei der Vielzahl organischer Verbindungen ist es unmöglich, sich die Eigenschaften jedes einzelnen Stoffes einzuprägen. Es ist daher wichtig, allgemeine Kriterien anzuwenden, die eine Abschätzung von physikalischen und chemischen Eigenschaften ermöglichen. In diesem Kapitel sollen derartige, allgemein anwendbare Herangehensweisen vermittelt werden. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Strukturformel.

38. Heterocyclen und Naturstoffe

Heterocyclen tragen im Unterschied zu Carbocyclen neben Kohlenstoff noch andere Atome im Ring. Ca. ein Drittel aller organischen Verbindungen sind Heterocyclen. Sie sind Bausteine wichtiger Naturstoffe. u. a. der Nucleinsäuren (vgl. 38.6). Auch Aminosäuren können Heterocylen enthalten (vgl. 38.3.1). Viele organische Stoffe unseres Alltags sind Heterocyclen — Coffein, Nicotin, eine Reihe von Arzneimitteln. Eine ausführliche Beschreibung dieser Stoffklasse würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Nur einige allgemeine Gesichtspunkte sollen dargestellt werden. Auch auf eine Erläuterung der (nicht immer einfachen) Nomenklatur heterocyclischer Verbindungen soll verzichtet werden.

39. Wirtschaftlich bedeutende und umweltrelevante organische Verbindungen

Chemische Prozesse bilden, neben den Energie-Umwandlungen, die Grundlage für unsere Wirtschaft und somit für unseren Lebensstandard, unsere Alltagskultur u.s.w. Dabei werden nicht nur anorganische Stoffe in großen Mengen erzeugt, sondern auch organische. Industrieländer erzeugen organische Verbindungen in unvorstellbar großen Mengen. So wurden in der Bundesrepublik Deutschland in den 80iger Jahren jährlich ca. 25 Mio t an organischen Stoffen erzeugt. Das entspricht 400 kg je Einwohner bzw. 100 g m

−2

. 1985 waren ca. 73.000 Industriechemikalien auf dem Markt. Davon wurden etwa 4600 in Mengen >10 t und 1080 in Mengen >1000 t pro Jahr hergestellt

1

.

40. Einführung in die Chromatographie

Verteilungs-, Absorptions- und Adsorptionsphänomene spielen immer dann eine Rolle, wenn ein Stoff sich in einem Mehrphasensystem befindet. Als

Verteilung

bezeichnet man dabei die Einstellung bestimmmter Konzentrationen eines Stoffes in zwei aneinander grenzenden, in der Regel flüssigen Phasen

1

. Verteilungsprozesse sind z. B. bei Extraktionen wesentlich. Unter

Absorption

versteht man das Eindringen von Gasen od. Gasgemischen in Flüssigkeiten od. Festkörpern (kondensierte Phasen). So absorbiert Wasser z. B. Sauerstoff aus der Luft — die Grundlage für tierisches Leben in Gewässern. Als

Adsorption

wird die Anreicherung von Stoffen an Phasengrenzflächen, insbesondere an Oberflächen von Festkörpern, bezeichnet. Adsorptionsprozesse werden z. B. zur Entgiftung des Magen-Darm-Trakts durch Aktivkohle oder Kieselgel genutzt. Auf der Oberfläche dieser Adsorbenzien werden die Giftstoffe gebunden.

41. Grundlegende Probleme der Analytischen Chemie

Analysenergebnisse haben oft einen großen Einfluß auf wichtige Entscheidungen. Die Spannbreite reicht dabei von der Diagnose und Therapie von Erkrankungen über das Verbot von Lebensmitteln bis zur Schließung von Betrieben. Sie spielen eine Rolle in der Politik und nicht zuletzt in Presse, Funk und Fernsehen.

42. Literatur

Besonders behandelt werden — entsprechend den Buch-Schwerpunkten — die Allgemeine, Anorganische und Organische Chemie, daneben auch kleinere Nachschlagewerke (Lexika), die Physikalische, Umwelt- und Technische Chemie sowie die instrumentelle Analytik. Einige Titel verweisen auf „chemische“ Belletristik und Chemiegeschichte (42.1). — 42.2 behandelt große Nachschlagewerke („Handbücher“) und Referateorgane, Hinweise zur Chemie im Internet gibt es in 42.3.

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Title
Chemie
Authors
Dr. rer. nat. habil. Gert Blumenthal
Prof. Dr. rer. nat. habil. Dietmar Linke
Dr. rer. nat. habil. Siegfried Vieth
Copyright Year
2006
Publisher
Teubner
Electronic ISBN
978-3-8351-9047-4
Print ISBN
978-3-519-03551-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8351-9047-4

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