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16-08-2022 | Corporate Governance | Schwerpunkt | Article

Mehr HR-Kompetenz für den Aufsichtsrat, bitte

Author: Andrea Amerland

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Der Fachkräftemangel wird Unternehmen auf lange Sicht begleiten. HR-Know-how zu besitzen, ist für das Top-Management auch deswegen eine Schlüsselkompetenz. Allerdings mangelt es gerade im Aufsichtsrat an Personalerwissen.

Was ein gutes Aufsichtsratsmitglied ausmacht, ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen rund um die Qualität der Corporate-Governance-Funktion. Vielfalt im Gremium macht Unternehmenskontrolle in jedem Fall besser, beweisen Studien. Allerdings sind wohl nicht alle Disziplinen optimal vertreten. So ist die Personalwesen-Kompetenz in deutschen Aufsichtsräten offenbar noch unterrepräsentiert.

Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Stephan Weinert, Professor für Internationales Personalmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (HWG LU), in einer Studie. Die gemeinsam mit dem Bundesverband der Personalmanager (BPM) erstellte Analyse mit dem Titel "HR-Kompetenz im Aufsichtsrat" fußt auf 716 Lebensläufen von Aufsichtsratspersonen der Anteilseignerseite in Dax-, M-Dax- und S-Dax-Unternehmen.

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Human Resources in Aufsichtsräten

Entwicklung eines Kompetenzmodells

Miriam Neidig untersucht das Zusammenspiel zwischen internen und externen Einflussgrößen auf Aufsichtsräte und überprüft, ob Umweltfaktoren zu einem Wandel der Aufsichtsratstätigkeit führen, weg vom Überwachungsorgan hin zu einem stärker beratenden Organ und in der damit in der Folge verbundenen Erfordernis von neuen HR-Kompetenzen.

Wenige Personaler in Aufsichtsfunktion

Diese wurden noch vor der Dax-40-Umstellung auf Tätigkeiten im Bereich Human Resources hin betrachtet. Demnach haben 45 der insgesamt 150 untersuchten Unternehmen mindestens einen Vertreter im Aufsichtsrat, der bereits eine Personal-Funktion inne hat. Von den 716 analysierten Aufsichtsratsmitgliedern können 52 konkrete HR-Erfahrung bieten. Allerdings haben nur vier Prozent der Aufsichtsräte profunde oder langjährige Personalmanagement-Expertise.

"In viel zu vielen Dax-Unternehmen findet Personalarbeit auf Kontrollebene ohne Personaler statt. Zahlreiche Aufsichtsräte haben in Sachen HR eine offene Flanke", kommentiert BPM-Präsidentin Inga Dransfeld-Haase die Studienergebnisse. Und Stephan Weinert ergänzt: "Es ist mittlerweile eine Binsenweisheit, dass angesichts des Fachkräftemangels in vielen Branchen das Personal zum entscheidenden strategischen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen geworden ist. Und wenn bei den Aufsichtsräten der Anteilseignerseite in nicht einmal jedem dritten untersuchten Unternehmen HR-Kompetenz zu finden ist, ist das ernüchternd." 

HR-Kompetenzmodell für den Aufsichtsrat

Externe Umweltveränderungen, die besonders auch den HR-Bereich tangieren, haben "erheblichen Einfluss auf den Aufsichtsrat, seine Tätigkeit und damit auch die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder", urteilt auch Miriam Neidig in ihrer von Springer Nature ausgezeichneten Masterarbeit Seite 52). Und die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat ein Kompetenzmodell entwickelt , "das aufzeigt, wie HR-Verantwortliche in Aufsichtsräten einen Mehrwert bieten können". Ab Seite 53 stellt sie die einzelnen Fähigkeiten vor, mit denen HR-Manager das unternehmerisch Kontrollorgan bereichern:

Wirtschaftliche Kompetenz: Das Verständnis grundlegender Geschäftsvorgänge ist für die Aufsichtsratstätigkeit unabdingbar. Neben Compliance geht es um governancespezifische Fähigkeiten, die auch als beziehungsorientiere Kompetenzaspekte bezeichnet werden können. Diese gehören auch zum Daily Business von Personalabteilungen.

Personalwirtschaftliche Fachkompetenz: HR-Verantwortliche, die über personalstrategische Fähigkeiten sowie Know-how im Personalcontrolling verfügen, können den Vorstand bei strategischen Fragen beraten und zugleich Kosten und Nutzen möglicher Maßnahmen und Instrumente einschätzen sowie überwachen, so Neidig. Zudem ist die Bedeutung von Personalkompetenz "vor dem Hintergrund der wichtigen Personalfunktion des Überwachungsorgans sowie der Teilnahme im Personal- und Normierungsausschuss" nicht zu unterschätzen.

Dimension Veränderungskompetenz: Unternehmen müssen mit vielen Herausforderungen umgehen, die sich besonders im HR-Bereich zeigen. Personalmanager brauchen daher Veränderungskompetenz, um den Wandel meistern zu können. Diese bringen sie in den Aufsichtsrat in zweierlei Hinsicht mit ein: Sie können die Change-Pläne des Vorstands für den Personalbereich "kompetenter überwachen und diesen nutzbringend beraten." Außerdem stehen auch Aufsichtsräte unter Veränderungsdruck. Personaler bringen hier Erfahrungen ins Gremien mit ein, die hilfreich sind, um auf die Change-Herausforderung zu reagieren.

Kompetenz Beziehungsmanagement mit Externen: Interpersonale Kompetenz ist den Aufgaben im Human Resources immanent. Der Umgang mit Stakeholdern gehört zudem zu den zentralen Aufgaben eines Aufsichtsrats. 

Dabei müssen Aufsichtsräte nicht immer von außen geholt werden, betont Manuela Rousseau, Leiterin Corporate Social Responsibility Headquarter, Beiersdorf AG. "Ich muss die besten Spieler aufs Feld stellen. Und die finden sich tatsächlich oft im eigenen Haus. Voraussetzung dafür ist, dass Unternehmen Mitarbeiter konsequent auf Führungsaufgaben bis hin zu Vorstandspositionen vorbereiten", sagt sie im Interview mit Julia Hansch, Professorin an der DHBW Mannheim.

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