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2015 | Book

Dual Studieren im Blick

Entstehungsbedingungen,Interessenlagen und Umsetzungserfahrungen in dualen Studiengängen

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About this book

Duale Studiengänge haben sich in Deutschland etabliert und sind weiterhin auf Expansionskurs. Keine 'Abi-Messe', auf der dieser Weg nicht an pointierter Stelle beworben wird. Die Möglichkeit, zwei Abschlüsse, einen beruflichen und einen akademischen, gleichzeitig zu erlangen, ist für viele studienberechtigte Jugendliche sehr attraktiv. Der hohe Praxisbezug und die guten Karrierechancen sind die vorrangigen Motive für Schulabgänger, sich für diese Studienform, die ein hohes Maß an Disziplin und Selbstorganisation von ihnen verlangt, zu entscheiden. Der steigenden Nachfrage steht zwischenzeitlich ein relativ breit gefächertes Angebot an den Hochschulen gegenüber. Vorrangig Fachhochschulen, aber auch einige Universitäten, haben die Zeichen der Zeit erkannt und öffnen sich der Kooperation mit Betrieben, Kammern und Berufskollegs zur Implementation neuer dualer Studiengänge.

Table of Contents

Frontmatter
1. Das duale Studium
Zusammenfassung
Die Begriffsdefinition zum ‚Dualen Studium‘ ist nicht einheitlich und, sicherlich dem steten Wandel des Subjekts selbst geschuldet, es wird zunächst noch diskutiert, was der Ausbildungsform des dualen Studiums in seiner Spezifik zuzurechnen ist. Die verbreitetste Definition ist die Struktur des Bundesinstituts für berufliche Bildung (BiBB), in der zwischen Studiengängen der beruflichen Erstausbildung, welche ausdifferenziert werden in ausbildungsintegrierende und praxisintegrierende Angebote, und solchen zur Weiterbildung, berufsintegrierend oder berufsbegleitend angelegt, unterschieden wird. Die Anzahl dualer Studienangebote expandiert deutlich in den vergangenen Jahren, im Jahr 2013 weist die Statistik des BIBB knapp 65.000 Studiengänge aus. Die Mehrzahl von diesen wird mit 75% als Blockmodell angeboten, daneben erfolgt die Studiengangsorganisation in integrierten und teilseparierten Modellen. Bei der Fächerverteilung dominieren die Ingenieurs- und die Wirtschaftswissenschaften mit insgesamt gut 80%. Der rechtliche Status dual Studierender ist bezüglich ihrer sozialversicherungspflichtigen Absicherung geklärt, hier sind sie den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Alles Weitere ist abhängig vom Studienmodell und insgesamt in der Praxis häufig einzelfallorientiert und intransparent geregelt. Die Entwicklung der dualen Studienangebote sind eingebettet in bildungspolitische Debatten der letzten Jahre in Deutschland, die mit den Stichworten Europäisierung, Akademisierung und Durchlässigkeit der Bildungssysteme gekennzeichnet sind.
Sirikit Krone
2. Das duale Studium – Stand der Forschung
Zusammenfassung
Die Ausführungen zum Forschungsstand beziehen sich auf das duale Studium im Bereich der beruflichen Erstausbildung unter besonderer Berücksichtigung ausbildungsintegrierender Studiengänge. Im Fokus stehen dual Studierende sowie die beiden dualen Lernorte „Hochschule“ und „Unternehmen“. Inhaltliche Schwerpunkte sind die Charakterisierung der Unternehmen und Studierenden sowie eine Darstellung der jeweiligen Beteiligungsinteressen. Die Einrichtung neuer Studiengänge und die Interessen der Hochschulen an dualen Studienangeboten werden skizziert. Neben den empirischen werden auch eher theoriegeleitete Forschungsarbeiten – etwa zur Genese eines neuen Bildungstyps – berücksichtigt. Inhalte der dualen Lernortkooperation werden aufgezeigt und mögliche Problemfelder an Hand von Daten zur Zufriedenheit der Studierenden beleuchtet.
Katharina Hähn
3. Neue Karrierepfade in den Betrieben: Nachwuchsbindung oder Akademisierung?
Zusammenfassung
Das Bildungsverhalten studienberechtigter Schulabsolventen weist einen starken Trend zum tertiären Sektor zu Lasten der anderen Ausbildungswege auf, in diesem Kontext ist die steigende Nachfrage am dualen Studium zu sehen. Erwartet wird aufgrund der doppelt qualifizierenden Ausbildung ein klarer Karrierevorsprung gegenüber Absolventen klassischer Ausbildungswege, Höhere Einstiegs- und schnellere Aufstiegsmöglichkeiten sind, neben dem Sicherheitsaspekt auch bezüglich der Jobaussichten, starke Motive der Studierenden. Dies deckt sich mit den Interessenlagen der Ausbildungsbetriebe: Sie nutzen das duale Studium zur Deckung ihres Fachkräftebedarfs. Frühe Bindung hoch motivierter Schulabsolventen und gezielte Nachwuchsrekrutierung sind hier die Stichworte. Dabei finden die Studierenden widersprüchliche Ausbildungsbedingungen in den Betrieben vor. Als spezifische Ausbildungsgruppe, an deren Übernahme die Unternehmen i.d.R. ein großes Interesse haben, erfreuen sie sich häufig einer besonderen Fürsorge und Wertschätzung. Ihre vertragliche Situation ist demgegenüber jedoch problematisch und abhängig von ihrem individuellen Verhandlungsgeschick. Über den Bildungsweg des dualen Studiums entwickelt sich ein neuer Bildungstyp, der beruflich-betriebliche. Inwieweit dieser allerdings einen Verdrängungsprozess gegenüber den klassischen Bildungstypen, dem akademischen und dem beruflichen, in der betrieblichen Praxis auslöst, ist nach bisherigen Erkenntnissen branchenspezifisch different.
Sirikit Krone
4. Das duale Studium: eine neue Akteurskonstellation
Zusammenfassung
Die Entstehung und Umsetzung ausbildungsintegrierender dualer Studiengänge beinhaltet die Entwicklung von Akteurskonstellationen, die aus korporativen und kollektiven Akteuren sowohl aus dem Berufsbildungs- als auch Hochschulsystem zusammengesetzt sind. Vor diesem Hintergrund wurde für die Analyse dualer Studiengänge die Governanceperspektive als theoretischen Rahmen gewählt, weil diese die Möglichkeit bietet die Mehrebenenarchitektonik und damit den Einfluss von Strukturen sowie Steuerungs- und Regulierungsmechanismen auf das Handeln von Akteuren auf Makro-, Meso- und Mikro-Ebene der benannten Bildungssysteme in den Blick zu nehmen. Grundlegend sind bei der Betrachtung governance-theoretische Begrifflichkeiten die auf die Interdependenzbewältigung zwischen Akteuren abstellen. In dem Buchbeitrag wird sowohl der regulierende Einfluss des europäischen Bildungsraums (Bologna- und Kopenhagen-Prozess) als auch des deutschen Akkreditierungssystems dargestellt. Dann werden ausführlicher die Strukturen und Mechanismen von Hochschul- und Berufsbildung mit den auf unterschiedlichen Ebenen verorteten Akteuren vorgestellt. Für die Mikroebene wird noch die besondere Bedeutung eines Akteurstyps postuliert, des Boundary Spanner, der über die Grenzen der eigenen Organisation hinaus agiert und in den Erfahrungen unterschiedlicher sozialer Felder wurzelt.
Monique Ratermann, Ulrich Mill
5. Die Entstehung dualer Studiengänge: Auf der Suche nach einer neuen Governance
Zusammenfassung
Schwerpunkt der Untersuchung der Entstehung von ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen ist die Meso-Ebene der Akteurskonstellationen. Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge können durch eine Akteurskonstellation von drei unterschiedlich gesteuerten Meso-Akteuren (Hochschule, Unternehmen, Kammern) entwickelt werden. Eher typisch ist jedoch eine erweiterte Akteurskonstellation, bei denen vor allem berufsbildende Schulen und Unternehmensverbände hinzukommen. Aus der Governanceperspektive handelt es sich bei diesen Akteurskonstellationen um Netzwerke, nicht um Hierarchien. In der Hälfte der Untersuchungsfälle haben Hochschulen die Studiengänge initiiert oder mit initiiert, in über 30 Prozent der Fälle gehören Unternehmen zu den Initiatoren. In vielen Fällen konnten wir fallübergreifende Steuerungseinflüsse beobachten, sei es durch Großunternehmen und Unternehmensverbände oder durch landespolitische Steuerungsimpulse vermittels Geld und Recht. Die Interdependenzbewältigung zwischen den Organisationen, das Aufgreifen von Steuerungsimpulsen aus der Politik usw. benötigt das Handeln von Personen, die eingefahrene Handlungsabläufe (Routinespiele) verändern wollen und können (Boundary Spanner).
Ulrich Mill
6. Verzahnung von akademischen und betrieblich-beruflichen Lerninhalten und -orten
Zusammenfassung
Klare Besonderheit der ausbildungsintegrierenden dualen Studiengänge ist die Verzahnung von akademischen und betrieblich-beruflichen Lerninhalten und –orten sowie die damit verbundene Vergabe zweier Bildungsabschlüsse (Hochschul- und Berufsabschluss). An der Gestaltung und Umsetzung dualer Studiengänge sind verschiedene zentrale Akteure wie Hochschule/Berufsakademie, Unternehmen, Kammern sowie ggfs. Berufsschulen beteiligt. Dabei müssen die Strukturen sowie Regulierungs- und Steuerungsmechanismen von Berufsbildungs- und Hochschulsystem berücksichtigt werden. In Kapitel 6 dieses Buches werden zuerst die Zuständigkeits-, Kompetenz- und Aufgabenbereiche der benannten Akteure bei der Organisation und Gestaltung dualer Studiengänge herausgearbeitet. Darauf folgend werden etablierte Akteurskonstellationen bei der Umsetzung dualer Studiengänge anhand von Beispielen dreier Studienmodelle – dem integrierten Modell, dem Blockmodell und dem teilseparierten Modell - veranschaulicht. Abschließend wird die Zufriedenheit der Studierenden als Rezipienten dualer Studiengänge näher beleuchtet.
Monique Ratermann
7. Kooperationen knüpfen – ohne sich zu verstricken: Akteure, Steuerung und Themen der Kooperationen im dualen Studium
Zusammenfassung
Die Kooperationsstrukturen, die im Rahmen eines dualen Studiengangs beobachtet werden können, zeigen ein sehr heterogenes Bild, da sie abhängig sind von praktizierten Studiengangmodellen, Motiven, die sich aus den Interessen der jeweiligen Organisation speisen, Erwartungen der Beteiligten, Form und Art der Zusammenarbeit, Ressourcen und Rahmenbedingungen, die den Mitgliedern zur Verfügung stehen sowie Einflüsse von außen, die auf einen solchen Zusammenschluss einwirken.
Netzwerkarbeit und kooperationskoordinierende Instanzen nehmen in den untersuchten Studiengängen einen zentralen Stellenwert ein und auch studiengangsbegleitende Beiräte oder Gremien sind häufig anzutreffen.
Die Möglichkeiten in diesem Akteursgeflecht Kooperation auf- und auszubauen bzw. eine gute Kooperationsqualität zu gewährleisten ist dabei stark abhängig von den Kooperationsbemühungen der Akteure, die im Rahmen der dualen Studiengänge zusammenarbeiten. Die Motivations- und Beweggründe, warum sich die verschiedenen Partner an der Kooperationsgemeinschaft beteiligen, lassen deutlich werden, welchen Stellenwert die Zusammenarbeit für jeden einzelnen Akteur einnimmt sowie welche Einflussmöglichkeiten genutzt werden.
Anika Schütz
8. Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung
Das duale Studium repräsentiert eine Entwicklung neuer Ausbildungsformen, die sich an der Schnittstelle zwischen dem Berufsbildungssystem und dem Hochschulsystem bewegen. Diese Studiengänge bieten die Möglichkeit zur Verknüpfung zweier traditionell in Deutschland starr getrennter Bildungssegmente und damit zur gegenseitigen Öffnung und Anerkennung. Wie bei allen Innovationen innerhalb gesellschaftlich gewachsener Strukturen, gestaltet sich der Weg nicht gradlinig und ist verbunden mit Auseinandersetzungen über traditionelle Bildungsmuster und vermeintliche oder reale Gegensätze. Dies betrifft die Unterschiede bezüglich der Kulturen, des Habitus ihrer Akteure sowie die differenten rechtlichen Rahmenbedingungen dieser beiden Bildungssegmente. Die Beiträge in diesem Sammelband beleuchten verschiedene relevante Aspekte des dualen Studiums, zeigen die Interessen, Machtverhältnisse und Kooperationsstrukturen der beteiligten Akteure sowie die Bedingungen auf, unter denen duale Studiengänge entstehen und sich entwickeln.
Sirikit Krone
Backmatter
Metadata
Title
Dual Studieren im Blick
Editor
Sirikit Krone
Copyright Year
2015
Electronic ISBN
978-3-658-03430-6
Print ISBN
978-3-658-03429-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-03430-6