Die Versorgung via Wärmenetze nimmt in Deutschland langsam und stetig zu. Wurden 2000 noch sieben Prozent aller neugebauten Wohnungen in Deutschland auf diese Art mit Wärme versorgt, waren es 2015 schon 20 Prozent. In Bestandswohnungen, wo Nah- und Fernwärme deutlich aufwändiger zu installieren ist, nahm der Anteil von zwölf auf nunmehr 13,5 Prozent zu. Verantwortlich dafür sind teils Anschlusszwänge der Kommunen, aber auch die aktuelle Politik der Bundesregierung. Denn die erhofft sich von Wärmenetzen eine höhere Effizienz in Ballungsgebieten. Doch das können die Netze nicht immer leisten. „Ob eine leitungsgebundene Wärmeversorgung sinnvoll und wirtschaftlich ist, hängt von mehreren Faktoren und ihrem Zusammenwirken im Einzelfall ab – sie ist vor dem Hintergrund vielfältiger Rahmenbedingungen zu betrachten“, schreiben Elke Bruns, Matthias Futterlieb, Dörte Ohlhorst und
Bernd Wenzel in ihrem Buchkapitel "Erneuerbare Energien in Wärmenetzen – eine realistische Perspektive?" auf Seite 267.
Dabei gibt es wissenschaftliche Kriterien, mit denen sich eine Wirtschaftlichkeit eines Netzes in Voraus berechnen lässt. So darf der Maximalverlust in einem Neubauvorhaben 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr betragen. Liegen die Verluste darüber, sollten Planer lieber auf dezentrale Lösungen setzen.
Feste Paramter für Wirtschaftlichkeit
Für den Wohnungsbestand gelten höhere Werte. Hier kann man von 25 bis 30 Kilowattstunde je Quadratmeter Wohnfläche ausgehen und bei den Trassenverlustwerten von 500 Kilowattstunde je Meter und Jahr. Eine feste Faustregel gibt es jedoch nicht. Jedes Projekt muss vorher sorgfältig geprüft werden. Im Anschluss bedarf es eines Monitorings und Controllings, das ermittelt, ob die prognostizierten Werte auch eingehalten werden.
Die Wärmebelegungsdichte sollte im Neubau 1.350 bis 2.250 Kilowattstunde je Trassenmeter und Jahr betragen. Sie bezeichnet die Wärmemenge, die von den angeschlossenen Wohneinheiten, bezogen auf einen Trassenmeter, abgenommen werden muss. Dieser Wert lässt sich einfach berechnen, da man hier von jeder angeschlossenen Wohnung ausgehen kann. Im Altbau sind 4.500 Kilowattstunden nötig – ein Wert, der trotz schlechter Dämmung dieser Gebäude nur selten erreicht wird. Ebenfalls muss beachtet werden, dass sich im Bestand eine Neuverlegung eines Wärmenetzes meist nur dann lohnt, wenn auch andere Infrastruktur wie Wasser- oder Stromleitungen ausgewechselt werden müssen.
Doch selbst wenn alle diese Parameter eingehalten werden, bleibt die Fernwärme eine der teuersten Wärmearten in Deutschland. Das Fachmagazin Brennstoffspiegel sieht für den August 2016 die Kosten für Fernwärme bundesdurchschnittlich bei 7,94 Eurocent je Kilowattstunde (3.000 Liter Heizöl-Äquivalent). Zum Vergleich: Erdgas kostete mit 6,33 Cent rund 21 Prozent weniger und Heizöl mit 4,81 Cent sogar 39 Prozent.
Erneuerbare einkoppeln
Auch der Umweltaspekt ist nicht zu unterschätzen. Wenn ein Wärmenetz wirtschaftlich arbeitet, muss es noch lange nicht umweltfreundlich sein. Stammt die Wärme als Abwärme aus einem Kohlekraftwerk und damit aus fossilen Quellen, ist kaum eine positive Umweltbilanz zu erreichen. Deswegen muss so viel wie möglich erneuerbare Energien eingekoppelt werden. Diese könnte aus einer Kraft-Wärme-Kopplung mit Biomasse stammen oder aber aus Solarthermie.
"Heizkraftwerke lassen sich jedoch nur für die Versorgung von Ballungszentren mit kurzen Wegen zu den Verbrauchern wirtschaftlich betreiben, da die Wärmelieferung über große Strecken besonders hohe Investitionen in teure Fernwärmenetze erforderlich macht", fast Springer Autor Wolfgang Schellong das Dilemma der Wärmenetze in seinem Buchkapitel "Energieverbundsysteme" auf Seite 69 zusammen.