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2005 | Book

Frankreich Jahrbuch 2004

Reformpolitik in Frankreich

Editors: Lothar Albertin, Wolfgang Asholt, Prof. Dr. Frank Baasner, Hans Manfred Bock, Vincent Hoffmann-Martinot, Dietmar Hüser, Peter Kuon, Ingo Kolboom, Robert Picht, Prof. Dr. Henrik Uterwedde, Wolfram Vogel

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Book Series : Frankreich Jahrbuch

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Table of Contents

Frontmatter

Vorwort

Vorwort
Zusammenfassung
Das Frankreich Jahrbuch erscheint zum zweiten Mal im Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. Der Verlagswechsel vom Leske + Budrich Verlag, der das Frankreich Jahrbuch von den Anfängen im Jahre 1988 bis zum Jahr 2002 aktiv begleitet hat, ist Anlass genug, das Profil der Publikation in Erinnerung zu rufen und zu schärfen.
Frank Baasner

Themenschwerpunkt: Reformpolitik in Frankreich

Einleitung
Zusammenfassung
Reformprozesse in Frankreich: Dieses Thema ist von hoher politischer Aktualität und Bedeutung — für die französische Gesellschaft selbst, aber aufgrund unserer engen politischen und wirtschaftlichen Verflechtung auch für Frankreichs EU-Partner, allen voran Deutschland. Denn die Reformpolitik dies- und jenseits des Rheins hat nicht nur eine nationale, sondern darüber hinaus auch eine europäische Dimension: Von der Fähigkeit der beiden stärksten Ökonomien des Euroraumes, ihre strukturellen Probleme zu lösen und ihre tradierten Staats- und Gesellschaftsmodelle zu erneuern, hängt zu einem großen Teil auch die Fähigkeit der Europäischen Union ab, eine dauerhafte wirtschaftliche Dynamik wiederzugewinnen und dabei das europäische Wirtschafts- und Sozialmodell weiter zu entwickeln. Auch die Glaubwürdigkeit der deutsch-französischen Zusammenarbeit und ihres Anspruches einer wegweisenden gestaltenden Motorfunktion steht und fällt mit der Politik der inneren Reformen. Dabei weisen Frankreich und Deutschland bei allen nationalen Besonderheiten — auf die noch zurückzukommen sein wird — durchaus ähnliche Strukturprobleme auf. In beiden Ländern ist die aktuelle Reformpolitik Teil eines umfassenden Strukturanpassungsprozesses, einer Erneuerung des rheinischen bzw. gallischen Kapitalismus, wie sie sich nach 1945 herausgebildet und die Nachkriegsentwicklung entscheidend geprägt haben.
Henrik Uterwedde
Europa unter Reformdruck
Zusammenfassung
Es ist mir eine große Ehre, heute hier bei Ihnen in Berlin sein zu dürfen. Herr Präsident Lauk, Ihnen gilt mein besonderer Dank für die Einladung zum Wirtschaftstag. Der Deutsche Wirtschaftstag ist ein bedeutendes Forum, in dem die Debatte um Europas Zukunft, um unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft, einen angemessenen Platz findet. Ich möchte zu dieser Debatte einen Beitrag leisten.
Jean-Pierre Raffarin
Beharrung und Wandel im heutigen Frankreich
Zusammenfassung
Seit den späten siebziger Jahren ist Frankreich einem immensen Veränderungsdruck unterworfen. Als eine der führenden europäischen Nationen mit spezieller Staatstradition und historischer Erbschaft wurde das traditionelle französische Modell durch inneren und äußeren Druck in mindestens dem gleichen Maße herausgefordert wie andere vergleichbare Länder. Politik und öffentliche Politikgestaltung in Frankreich sind weit weniger selbstbezogen geworden. Aus benachbarten Ländern sind neue Ideen ins Land eingesickert. Belastungen und Druck innerhalb der französischen Politik haben zu einigen bemerkenswerten seismischen Schockwellen geführt. Andererseits gibt es viele Belege für französischen Widerstand gegenüber unwillkommenen Ideen von außerhalb, wie zum Beispiel dem „Neo-Liberalismus“. Ebenso bestehen starke Reform-Hemmnisse auf Grund tief verwurzelter innenpolitischer Interessen, wie sich während der Regierung Jospin an den Schwierigkeiten zeigte, politische Reformen im Ausbildungswesen und der Steuerverwaltung in Gang zu setzen. Der öffentliche Dienst und der Anspruch auf Gleichheit bilden sehr starke Barrieren gegenüber einer Veränderung der Politik.
Alistair Cole
Die Reformfähigkeit Frankreichs im Vergleich Staatsvermächtnis, politische Institutionen und Diskurse
Zusammenfassung
Wie die meisten fortgeschrittenen Industriestaaten hat auch der französische Staat in den letzten dreißig Jahren gewaltige wirtschaftliche Reformen in die Wege geleitet. Die staatliche Politik hat die Privatisierung und die Deregulierung des Wirtschaftslebens gefördert, ebenso die Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Rationalisierung des Wohlfahrtsstaates. Die Verminderung staatlicher Eingriffe, weniger industriepolitischer Aktivismus, die Dezentralisierung von Tarifverhandlungen sowie neues Ausbalancieren der traditionellen Nachkriegskompromisse zwischen abhängig Beschäftigten und Wirtschaft zugunsten letzterer haben zu einem Rückzug des Staates geführt. Staatliche Kommunikation hat den Versuch unternommen, die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit und der Angemessenheit derartiger Veränderungen zu überzeugen, häufig unter Bezugnahme auf Globalisierung und Europäisierung (innerhalb der EU).
Vivien A. Schmidt
Linke Rhetorik und ungelöste Probleme Sozialdemokratische Reformpolitik in Frankreich in vergleichender Perspektive
Zusammenfassung
Nach einer langen Durststrecke in den 80er Jahren hatte die Sozialdemokratie am Ende des 20. Jahrhunderts eine bis dahin nicht gekannte Dominanz in Europa erlangt. 1999 regierten in 13 von 15 EU-Staaten sozialdemokratische Parteien. Außerdem waren nach den Regierungswechseln in Großbritannien und Frankreich im Jahr 1997 und 1998 in Deutschland in den drei größten Ländern Westeuropas zum ersten Mal gleichzeitig sozialdemokratische Parteien an der Macht. Diese sozialdemokratische Dominanz wurde begleitet von einer auch außerhalb der Sozialwissenschaft geführten Debatte um einen neuen „Dritten Weg“der Sozialdemokratie (Giddens 1999, 2000, 2001). Gegenstand dieser Diskussion war die Erkenntnis, dass hergebrachte sozialdemokratische Politikinstrumente aufgrund der fortschreitenden Marktintegration (Globalisierung, Europäisierung) und des sozialen Wandels (insbesondere der Alterung der Gesellschaft) an Wirksamkeit verloren haben bzw. nur noch zu höheren Kosten eingesetzt werden können. Im Zentrum dieses abermaligen „Revisionismusstreits“der Sozialdemokratie (Merkel 2000) stand die Frage, wie es unter diesen Umständen noch gelingen kann, klassische sozialdemokratische Ziele wie Vollbeschäftigung, Umverteilung und kollektiven Sozialschutz zu verfolgen.
Christoph Egle
Die Franzosen und die Reformen Erkenntnisse aus der Werteforschung
Zusammenfassung
Die Idee der Reform zu definieren, ist nicht einfach. In der soziologischen Tradition konzentrierte man seine Überlegungen vor allem auf die Idee des sozialen Wandels, wobei sich die ersten Soziologen mit den Entwicklungen beschäftigten, die mit der Industrialisierung und der Ideenbewegung verbunden waren (Bréchon 2000). Dennoch kann man ganz generell unterscheiden zwischen jenen Theoretikern der Gesellschaft, die eine revolutionäre Idee verherrlichen, die als Prozess der Transformation gesellschaftlicher Strukturen, als totaler Bruch mit dem sozialen System definiert wird, und der anderen Seite, die für Reformen und fortschreitende Veränderungen begrenzter Bereiche plädiert. Aus Sicht der Reformanhänger muss der Wandel kontrolliert und maßvoll vollzogen werden, denn man kann nicht alles auf einmal über den Haufen werfen. Wieder andere Denker, vor allem die strukturalistische Strömung der sechziger Jahre, betonen die Permanenz gesellschaftlicher Strukturen: die einfachen Elemente einer Gesellschaft seien gleichsam unveränderlich, Wandel wäre demnach nur die neue Zusammensetzung einer grundlegenden Matrix. Schließlich wäre eine letzte Form des Wandels zu nennen, nämlich die Rückkehr zu früheren gesellschaftlichen Praktiken oder Formen: Manche Beobachter mögen eine solche „Rückkehr zu den Ursprüngen“idealisieren, während andere den Wandel oder die Reform als einen Rückschritt zu überholten sozialen Formen betrachten.
Pierre Bréchon
Die Identität der Linken in Zeiten der Globalisierung
Zusammenfassung
Die politische Einstellung gilt heute nicht mehr als identitätsbegründend für das Individuum. Die Identität der Linken kann daher nicht mehr jene strukturierende und umfassende Rolle spielen, die sie einst, vor allem in einer Gesellschaft wie der französischen, inne hatte. Man könnte sich natürlich vom Gegenteil überzeugt zeigen oder voluntaristische Bekundungen abgeben. Aber das wird nichts daran ändern. Die Linke ist heute eine politische Identität innerhalb einer liberalen Gesellschaft, in der die politische Identität eine mögliche Identität unter anderen ist. Folglich ist der politische Graben, der einst rechts und links voneinander trennte, künftig nur in relativen und nicht grundsätzlichen Begriffen zu denken.
Zaki Laïdi
Die Professionalisierung der Streitkräfte: eine Erfolgsgeschichte
Zusammenfassung
Ohne Vorwarnung verkündete der Staatspräsident Jacques Chirac in einer Fernsehansprache am Abend des 22. Februar 1996:
„Unser Verteidigungsinstrament… ist völlig ungeeignet und kann nicht wirklich effizient seine Missionen wahrnehmen […] Was ich heute will, ist eine Verteidigung, die wirksamer, moderner und zugleich weniger kostenaufwendig ist. Frankreich muss in der Lage sein, eine bedeutende Zahl an Kräften außerhalb der Landesgrenzen zu entsenden: 50 bis 60.000 Mann, und nicht 10.000 wie heute. […] Dies kann nur im Rahmen einer Berufsarmee erfolgen.“2
Florence Gauzy-Krieger
Französische Forschungspolitik 2004 Zwischen Protest und Neuausrichtung
Zusammenfassung
Das zentrale Thema im Buchings- und Forschungsbereich 2004 war die Innovationsfähigkeit der Hochschulen und der Forschung. Die Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs in Forschung und Entwicklung, und damit nicht zuletzt auch in seiner industriellen Entwicklungsfähigkeit, stand dabei ganz eindeutig im Mittelpunkt.
Stephan Geifes
Reformstrategien in der Alterssicherung Jenseits des mainstream — jenseits internationaler Aufmerksamkeit?
Zusammenfassung
Seit den 1990er Jahren weist Frankreich eine Reihe von Rentenreformen mit einschneidenden Auswirkungen auf die gegenwärtigen und zukünftigen Rentenhöhen und auf die Finanzierung der Alterssicherung auf — zu nennen sind die Reform von 1993 (Balladur-Reform), die nur fragmentarisch umgesetzte Reform von 1995 (Juppé-Reform) und in jüngster Zeit die sog. Raffarin-Reform (2003). In Deutschland sowie in anderen Ländern der EU werden die französischen Rentenreformen allerdings kaum wahrgenommen und gelten nicht als Referenz für best-practice Beispiele. Was sind die Ursachen für diese geringe Ausstrahlungskraft, die in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Reformen selber steht? Ist die Aufmerksamkeit deshalb gering, weil die Reformen als „eine unendliche Geschichte“(Kaufmann 2002) erscheinen, ohne sichtbare Ergebnisse, ohne Übersichtlichkeit der Strukturen und Regelungen? Fehlt den französischen Rentenreformen eine Richtungsänderung, die sie auch für andere Länder interessant erscheinen ließe, z.B. Einführung von staatlich subventionierten Kapitalrenten, Einfrieren der Sozialbeiträge und Durchsetzung des Dogmas der zu hohen Lohnnebenkosten, Abbau der gesetzlichen Rentensysteme zu Gunsten privater Vorsorge, um nur einige Gesichtspunkte zu nennen?
Mechthild Veil

Beiträge

Frontmatter
Europawahlen in Frankreich 2004 — eine „europäische Ausnahme“?
Zusammenfassung
Bei den Europawahlen vom 13. Juni 2004 erlitt die führende Regierungspartei UMP zwei Jahre nach ihrem triumphalen Wahlsieg in den Parlamentswahlen von 2002 eine schwere Niederlage. Sie erhielt lediglich 16,63% der Stimmen, die siegreiche sozialistische Partei (PS) dagegen 28,89%. An den Wahlen beteiligten sich jedoch nur 42,8% der Wahlberechtigten, d.h. weniger als die Hälfte. Es war die niedrigste Wahlbeteiligung an EU-Wahlen seit der Einfuhrung der Direktwahl des Europäischen Parlaments (EP) im Jahre 1979.
Roland Höhne
Französischer Auslandsrundfunk — die „Stimme Frankreichs“ in der Welt?
Zusammenfassung
Seit 2002 wird in Frankreich eine intensive Debatte geführt über die Einrichtung eines internationalen französischen Nachrichtensenders, vorläufig genannt Chaîne (française) d’information internationale (C(F)II). Als Vorbilder für diesen Sender gelten CNN und BBC World. Er soll, so der Wunsch von Staatspräsident Jacques Chirac, Frankreich die Möglichkeit eröffnen, die französische Sicht des Weltgeschehens einem globalen Publikum zu vermitteln. Ganz neu ist diese Diskussion nicht: Schon im Jahr 1997 hatte es ähnliche Pläne gegeben, und auch damals war es Chirac gewesen, der sich für ein solches Projekt stark gemacht hat. Dabei hatten seine Forderungen stets einen konkreten politischen Hintergrund: Die Nachwirkungen des weltweiten Protests gegen eine Wiederaufnahme der französischen Atomversuche im Südpazifik im Jahr 1995 (Ghorbal 1998, 62; Garrigos/Roberts 2004), und die als unangemessen bzw. unzureichend empfundene Darstellung der französischen Haltung zur US-amerikanischen Irakpolitik im Jahr 2002 ließen bei der Staatsspitze den Wunsch nach einem eigenen Fernsehsender zur Darstellung ihrer Sicht der Dinge aufkommen.
Sebastian Nix
Stadtraum und Ethnokultur in Paris und Marseille
Zusammenfassung
Im Zusammenhang mit Migrationsfragen richtet sieh die Aufmerksamkeit meist auf Metropolen, die aufgrund der Zuwanderung von Angehörigen vielfältiger Kulturen traditionell Integrationswerkstätten sind (Bechmann 1995). Als Sehmelztiegel lassen sich gerade Paris und Marseille gut daraufhin befragen, welche Strategien der politisch-kulturellen Integration und der kollektiven Identitätsbildung im Sozialraum zur Anwendung kommen. Das Paradoxon eines einerseits hohen Bedarfs an sozialer Integration und andererseits ausgeprägten Strebens ethnischer Gemeinschaften nach Repräsentation zeigt sich hier in besonderem Maße. Darüber hinaus sagen die angewandten Strategien nicht nur etwas über diese Metropolen aus, sondern auch über die nationale Politik und die politische Kultur des Landes. Paris und Marseille sind sowohl in Frankreich als auch international Symbole für Migrationsräume.
Elfi Bendikat
Backmatter
Metadata
Title
Frankreich Jahrbuch 2004
Editors
Lothar Albertin
Wolfgang Asholt
Prof. Dr. Frank Baasner
Hans Manfred Bock
Vincent Hoffmann-Martinot
Dietmar Hüser
Peter Kuon
Ingo Kolboom
Robert Picht
Prof. Dr. Henrik Uterwedde
Wolfram Vogel
Copyright Year
2005
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80703-8
Print ISBN
978-3-531-14540-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80703-8