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2011 | Book

Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Editors: Prof. Dr. Rudolf Tippelt, Dr. Aiga von Hippel

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Table of Contents

Frontmatter

Einleitung

Einleitung

Dieses Handbuch will in einer systematischen Darstellung die Ge schichte, die theo re ti schen Ansätze, die Forschungsstrategien und -methoden, die wichtigsten Bereiche, Institu tionen und rechtlichen Grundlagen, Adressaten- und Teilnehmerforschung sowie Er kenntnisse zum Lehren und Lernen in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung be handeln.

Rudolf Tippelt, Aiga von Hippel

Geschichte der Erwachsenenbildung

Frontmatter
Geschichte der Erwachsenenbildung

Wer immer eine Geschichte der Erwachsenenbildung darzustellen unternimmt, steht vor der Frage ihrer Abgrenzung. Indes wird die Vergangenheit je nach Sichtweise immer un terschiedlich gewichtet werden. Dass bewusst oder unbewusst Selektives dabei heraus kommt, lässt sich nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es, die gewählte Perspektive, von der das vermittelte Geschichtsbild bestimmt ist, deutlich zu benennen.

Hans Tietgens
Erwachsenenbildung im Nationalsozialismus

Die Frage, ob es im Nationalsozialismus überhaupt Erwachsenenbildung noch gegeben hat und geben konnte oder ob ein entscheidender Bruch eingetreten ist, lässt sich nicht pau schal beantworten, sondern bedarf einer differenzierten Untersuchung. Zunächst wurde einerseits (vgl. Keim/Urbach 1976) davon ausgegangen, dass sich zwischen 1933 und 1945 ein grundlegender und weitreichender ‚Kontinuitätsbruch‘ ereignete, von Erwachsenenbil dung im eigentlichen Sinne in Theorie und Praxis unter nationalsoziali stischer Herrschaft kaum noch die Rede sein kann und lediglich einige ihrer Ansätze punktuell in ‚Nischen‘ überlebten; zum anderen ist die These vertreten worden, dass im Faschismus Erwachse nenbildung als nachschulische Sozialisationsinstanz zunehmende Bedeutung bei der Stabilisierung von Herrschaft erlangt und somit ein ernstzunehmen des Zwischenglied im historischen Prozess der Entwicklung zur heutigen Weiterbildung darstellt (vgl. Fischer 1981). Inzwischen wird – auf dem Hintergrund erst seit den 1990er Jahren zunehmend erschienener Untersuchungen zum Verhältnis von Pädagogik und Nationalsozialismus allgemein − auch speziell die Erwachsenenbildung „zwischen Anpassung und Widerstand“ neu verortet und durch „Ambivalenzen“ charakterisiert (Olbrich 2001, S. 221ff.).

Hildegard Feidel-Mertz
Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik Deutschland – Alte Bundesländer und neue Bundesländer

Eine umfassende Historiographie der deutschen Erwachsenenbildung seit 1945 steht noch aus. Diese Lücke ist kein Zufall. Je mehr sich der Betrachter der Gegenwart nähert, desto unübersichtlicher und heterogener erscheint der Forschungsgegenstand.

Horst Siebert

Theoretische Ansätze der Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Frontmatter
Sozialisationstheorie und Erwachsenenbildung

„Zweifellos ist die Sozialisationsforschung in den letzten Jahren zum interdisziplinären Treffpunkt der Sozial- und Humanwissenschaften geworden und hat entscheidend zu der stärker sozial- und erfahrungs wissen schaftlichen Orientierung der Erziehungswissenschaft beigetra gen“ – so lautete vor ca 30 Jahren mein Beginn einer „exemplarischen Diskussion“ von Einführungstexten in die Sozialisationstheorie (Griese 1978, S. 471). Diese neue For schungsrichtung hatte innerhalb weniger Jahre, etwa von Mitte der 1960er Jahre an (vgl. exem plarisch die wegweisenden Publikationen von Wurzbacher 1963, 1968; und dann vor allem Habermas 1968 – als Raub druck mit ungeheurer Wirkung) bis Mitte der 1970er Jahre (vgl. als Beispiele aus der Flut der Publikatio nen Griese 1976b; Bilden 1977; Geulen 1977), zu dem geführt, was später „Paradigmenwechsel“ („sozial wis sen schaftliche Wende“) oder sogar „Sozialisations wis sen schaft“ in der Päda go gik genannt wurde. Die Etablie rung der Sozialisationstheorie im Schnittfeld von Soziologie, Psychologie und Päd agogik/Erziehungswissen schaft in den 1970er Jahren lässt sich auch an den zunehmenden Sam mel bänden und Studien führern dazu ablesen (vgl. exemplarisch Hurrelmann 1976; 1986).

Hartmut M. Griese
Biographietheoretische Ansätze in der Erwachsenenbildung

Während in der Soziologie seit circa 30 Jahren eine klare Arbeitsteilung zwischen der quantitativ ausgerichteten, verteilungstheoretischen Lebenslaufforschung (vgl. Blossfeld/Huinink 2001) und der qualitativ orientierten, rekonstruktiven Biographieforschung (vgl. Sackmann 2007) existiert, hat sich in der erziehungswissenschaftlichen Subdisziplin der Erwachsenenbildung bislang ausschließlich die Biographieforschung als ausdifferenzierter Forschungszusammenhang mit einem theoriegenerierenden Potential herausbilden können (vgl. Nittel/Seitter 2005). Die Lebenslaufforschung operiert primär mit Panel- sowie Ereignisdaten- und Kohortenanalysen. Dem gegenüber stützt sich die Biographieforschung primär auf narrative Daten und/oder andere persönliche Quellen (Tagebücher, Briefserien). Unter biographietheoretischen Ansätzen in der Erwachsenenbildung werden Aktivitäten zur Datenerhebung und Datenauswertung aus dem Umkreis der qualitativen erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Forschung verstanden, die langfristige Prozesse des Handelns und des Erleidens rekonstruieren, hierbei insbesondere Phänomene der Bildung, der Erziehung, der Sozialisation und des Lernens im Kontext der Lebensspanne in den Blick nehmen und i.d.R. gegenstandsbezogene Theorien mittlerer Reichweite generieren.

Dieter Nittel
Lebenswelt, Lebenslage, Lebensstil und Erwachsenenbildung

In der Erwachsenenbildung hat das Paradigma der Lebenswelt orientierung seit Beginn der 1980er Jahre verstärkt Beachtung gefunden. Es gilt als Korrektiv sowohl verhal tenstheo retisch orientierter als auch subjektivistisch verkürzter Theoriemo delle, indem es die kollektiv vorgeprägten, der individuellen Veränderung jedoch prinzi piell zu gänglichen Deu tungsmuster der sozialen Wirklichkeit ins Zentrum des Interesses rückt. In fast synonymer Be griffsverwendung wird unter Verweis auf die phänomenologi sche Tradi tion von „Teilnehmerorientierung“, „Deutungsmusteransatz“ (vgl. Arnold 1996), „Lebensweltbezug“ oder „Lebensweltorientierung“ gesprochen. Müller (1986) versucht eine Abgrenzung der Begrifflichkeit und will Teilnehmerorientierung als die „bescheide nere“ Alter native verstanden wissen, nämlich als bloßes Mitbeteiligungsange bot an die Teilnehmer hinsicht lich der Themenauswahl und der didaktischen Entscheidun gen. Davon abge hoben unterscheidet er den Lebensweltbe zug, zunächst in einer „instrumentellen Sicht weise“ als Berücksich tigung der Lernvorausset zungen, Lernfähigkeiten, Lernbarrie ren und Erwartungshorizonte der Teilnehmer. Als eine zweite „instrumentelle Sichtweise“ beschreibt er den Lebensweltbezug als Auswahlprinzip für die Kursinhalte. Lebenswelt bezug wäre dem nach ein Konkurrenzprinzip zu systemati schem Wissenserwerb, der sich an den Vorgaben gesellschaftlicher Qualifikationen für die Arbeitswelt oder an der Syste matik des wissen schaft lichen Wissens orientiert. Von all dem abgesetzt will Müller jedoch von echter Le bens welt orientierung nur dann sprechen, wenn Erwachsenenbil dung zu einem „neuen Verständnis erwachsenenpädagogischen Handelns“ (ebd. 1986, S. 233) fin det und sich als Hilfe bei der deutungsmustergeleiteten Realitätsbewältigung versteht, die bis herige Muster in Frage stellt oder sogar sprengt und auch für Krisenerfahrungen sorgt, in denen Identitäten aus den ehemals festgefügten Fugen geraten können.

Heiner Barz, Rudolf Tippelt
Der sozialökologische Ansatz in der Erwachsenenbildung

Mit dem Begriff „sozialökologisch“ (griech.: Oikos = Haus) werden im vorliegenden Zusammenhang theoretische Konzepte und empirische Studien charakterisiert, die das Ver hältnis von Individuum sowie sozialer und dinglicher Umwelt zu erfassen suchen.

Ursula Bade-Becker, Thomas Eckert
Systemtheoretische Analysen der Weiterbildung

Die gemeinsame Problemstellung vieler Abhandlungen über die Weiterbildung unter den Aspekten von System und/oder Organisation ist die Positionsbestimmung der Weiterbildung innerhalb der Gesellschaft. Es erscheint daher angemessen, die folgenden Ausführungen weitläufig an gesellschaftstheoretische Überlegungen anzulehnen. Unterhalb dieser Gemeinsamkeit dominieren allerdings die Unterschiede. An die Begriffe System und Organisation werden sehr disparate Erwägungen über Weiterbildung geknüpft. Das ist keineswegs auf die Vielfalt der Theoriekonzeptionen zurückzuführen, in denen die Begriffe bestimmt und systematisiert worden sind. Der Variantenreichtum von System- (vgl. Baecker 2005) und Organisationstheorien (vgl. Bonazzi 2008) ist in der Diskussion über Weiterbildung kaum zur Geltung gekommen. Vielmehr erklärt sich die Differenz der Erwägungen aus der Wahl der Standpunkte, von denen aus sie vorgenommen werden.

Harm Kuper, Katrin Kaufmann
Konstruktivistische Ansätze in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung

Die mit der Effektivität von Maßnahmen in der Erwachsenenbildung, und da vor allem in der betrieblichen Weiterbildung, verbundenen Hoffnungen sind vielfältig: sie reichen von der Kompetenzverbesserung bis hin zu der Erwartung, Chancengleichheit zu verbessern. Der folgende Beitrag bezieht sich in erster Linie auf die Analyse von Prozessen der be trieblichen Weiterbildung, die hier unter einer konstruktivistischen Perspektive be schrie ben wird. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen die Untersuchung der Merkmale des Lernens von Erwachsenen und die Anwendung konstruktivistischer Lernprinzipien in der betrieblichen Weiterbildung. Im Anschluss daran soll am Beispiel von Beratungsan sätzen in der betrieblichen und beruflichen Weiterbildung gezeigt werden, dass die kon struktivistische Perspektive darüber hinaus auch andere Ebenen umfasst. Damit erfüllt die konstruktivistische Perspektive zumindest ein wichtiges Kriterium: sie ist auf mehreren analytischen Ebenen einsetzbar, auf der Ebene der Lernprozesse ebenso wie auf der Ebene der Organisation und deren Wechselwirkungen mit der individuellen Ebene.

Jochen Gerstenmaier, Heinz Mandl
Der bildungstheoretische Ansatz in der Erwachsenenbildung

In der Geschichte aller Gesellschaften finden wir eine Vielfalt von praktischen Erzie hungs vorstellungen, die keiner Theorie bedurften, weil sie sich einem konkreten Bedürf nis der Adressaten verdankten. So verstanden sich etwa die kriegerische Erziehung der jun gen Spar taner, die christliche Erziehung im Mittelalter und die berufliche Ausbildung mo der ner Arbeiter und Angestellten durch ihre Zweckgerichtetheit von selbst. Aber aus den zeitlich primären und gesellschaftlich vorrangig zweckbestimmten Formen des Erzie hens und Aufwachsens entstanden in Europa eigenartige pädagogische Gebilde, die sich nur das Ziel setzten, den Menschen zu helfen, wirkliche Menschen zu sein, ein Bild auszu füllen, das man sich von Menschlichkeit und Humanität in langem Nachdenken erarbeitet hatte. Platons Idee der Paideia, wie er sie in dem berühmten Höhlengleichnis entworfen hat, ist ein Muster von Bildungstheorie geworden, insofern hier das Verhältnis des Men schen zur Wahrheit bestimmend für Bildung wird. Aber auch die viel populärere Form griechischer Bildung, die „Enkyklios paideia“, beruht auf einer philosophischen Auffas sung vom Menschen, insofern dieser ein Teil des Kosmos ist und in einer umfassenden, kreisrunden Paideia die dem Kosmos angemessene Bildung erfährt. Der Gedanke einer solchen allgemeinen Bildung war stark genug, über die Zeit der späten römischen Kaiser und schließlich das hohe Mittelalter hinaus in den „Septem artes liberales“ fortzuleben.

Paul Röhrig
Wissen(stheorie) und Erwachsenenbildung/Weiterbildun

Die moderne Erwachsenenbildung/Weiterbildung, die ihren Ursprung in der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts hat, verweist auf Wissen

und

Bildung. Zunächst orientiert sie sich vor allem am Wissen, dem Leitbegriff der (frühen) Aufklärung. Ihre weitere Entwicklung ist aber für längere Zeit nicht durch die Orientierung an deren Ideen geprägt, sondern von dem – bereits 10 bis 15 Jahre später (vgl. auch Bollenbeck 1994) _ veränderten neuen Verständnis von Aufklärung. Sie wird danach nicht mehr unter primärer Bezugnahme auf Wissen begründet, sondern Aufklärung wird nunmehr als ein Grundprinzip des Denkens verstanden. Entsprechend lässt sich in der Romantik und im Deutschen Idealismus eine „entschiedene Kritik des Wissens als Wissen“ (Stichweh 2004, S. 148) beobachten. Die Leitbegriffe heißen nun „Bildung und Selbstdenken“ (ebd.). Und es ist gerade der Begriff der Bildung, der sich in der Folge als Leitbegriff der Erwachsenenbildung/Weiterbildung stabilisiert, auch wenn durchgängig ein – wie auch immer ausgeprägter – Bezug auf den Wissensbegriff erhalten bleibt.

Jochen Kade, Wolfgang Seitter, Jörg Dinkelaker
Zeitfragen und Temporalität in der Erwachsenenbildung

Zeit ist nicht nur bedingender Faktor für Bildungsprozesse, sondern wir verhalten uns im und durch Lernen zu ihr in verschiedenster Art und Weise. Wann soll ich lernen, welche Zeit steht mir für meine Weiterbildung zur Verfügung, möchte ich meine Zeit überhaupt mit Lernen verbringen, erlebe ich die lernende Beschäftigung mit Dingen, Aspekten eher als Belastung oder als Muße und so fort? Erstaunlicherweise lassen sich in den Bildungswissenschaften jedoch im Gegensatz zu anderen Disziplinen wie z.B. der Philosophie, Soziologie, Biologie oder Ökonomie keine expliziten zeittheoretischen Forschungslinien oder zumindest eine kontinuierliche theoretische und empirische Beschäftigung mit temporalen Aspekten von Bildung ausmachen. Eine „grundbegrifflich-dimensionale Klärung“ (Tenorth 2006) von Zeit über innerdisziplinäre Teilgrenzen der Pädagogik hinweg hat noch nicht stattgefunden. Aufgrund unserer soziokulturellen Sensibilität gegenüber Zeit ist jedoch davon auszugehen, dass sich dies sowohl durch eine zunehmend öffentliche Wahrnehmung der Bedeutung temporaler Aspekte für das Lebenslange Lernen, bildungspolitische Unterstützungsszenarien (vgl. Faulstich 2002) als auch aus der Disziplin heraus z.B. durch grundlagentheoretische Auseinandersetzungen verändert (vgl. Schmidt-Lauff 2008)

Sabine Schmidt-Lauff

Forschungsstrategien und Methoden

Frontmatter
Geschichte der Erwachsenenbildungsforschung

Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde die empirische Forschung in der Erwachsenenbil dung nur als eine Randerscheinung betrachtet. Eine grundlegende Änderung ihrer Ein schätzung erfolgte erst mit der „realistischen Wende“ Mitte der 1960er Jahre. Im Laufe der letzten 30 Jahre hat sich die empirische Forschung als ein unverzichtbarer Bestandteil einer sich als relativ eigenständig verstehenden Wissenschaft von der Erwachsenenbil dung etabliert. Strittig geblieben ist, sieht man von wenigen Ausnahmen ab, die Bewer tung des Umfangs und der Qualität der vorliegenden Forschungsprojekte. Einhellig ge fordert werden dagegen verstärkte Forschungsbemühungen.

Armin Born
Neuere Entwicklungen in der qualitativen Erwachsenenbildungsforschung

Wenn es vielleicht auch anachronistisch ist, einen Artikel über qualitative Erwachsenenbildungsforschung zu schreiben, da diese Einteilung von verschiedener Seite als überholt abgetan und weitaus stärker die Unterteilung in hypothesenprüfende versus rekonstruktive Forschung (vgl. Bohnsack 2007) bzw. in „Typen empirischer Untersuchungen“ (Schrader 2006, S. 36) favorisiert wird, zeigt die Forschungspraxis in der Disziplin Erwachsenenbildung (vgl. auch Eckert in diesem Band), dass sich entlang der Unterscheidung qualitativ-quantitativ das Feld nach wie vor sinnvoll strukturieren lässt.

Olaf Dörner, Burkhard Schäffer
Methoden und Ergebnisse der quantitativ orientierten Erwachsenenbildungsforschung

Blickt man im Bildungsbereich auf die international vergleichenden Studien der letzten Jahrzehnte, entsteht der Eindruck, als habe die zum Teil sehr scharf geführte Auseinandersetzung um die wissenschaftstheoretischen Grundlagen sozialwissenschaftlicher Forschung (vgl. Adorno u.a. 1980; Blumer 1980) einer pragmatisch-vermittelnden Position Platz gemacht, wie sie z.B. von Wilson (1982) oder auch Saldern (1995) vorgeschlagen wird. Einer Position, die sich in der empirisch orientierten Erwachsen- bzw. Weiterbildungsforschung bereits seit langem durchgesetzt zu haben scheint. Zumindest legen dies historisch orientierte Übersichten (vgl. Born 1991; Born in diesem Band) nahe, denn in den sog. ,Leitstudien zur Erwachsenenbildung’ (vgl. Schlutz 1991) werden jeweils sowohl qualitativ als auch quantitativ orientierte Erhebungs- und Auswertungsmethoden angewandt und wechselseitig aufeinander bezogen. In jüngeren, repräsentativ angelegten Studien ist dies ebenso der Fall (vgl. Barz/Tippelt 2004). Was zeichnet nun eine quantitativ orientierte (Sozial-)Forschung aus?

Thomas Eckert
Berichts- und Informationssysteme zur Weiterbildung und zum Lernen Erwachsener

Die nationale und internationale bildungspolitische Diskussion wird seit einigen Jahren in hohem Maße durch die Befunde empirischer Untersuchungen und statistischer Erhebungen geprägt. Eine solche Faktenorientierung hat es zuletzt in den siebziger und frühen achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegeben, als Bildungsplanung ein wichtiges Element der Bildungspolitik war und aktuelle Weichenstellungen sich an den erwarteten Entwicklungen bzw. an den Planvorgaben ausrichteten (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970; BLK 1974; Hamacher 1976; Jüchter 1977; KMK 1979; Otto 1981).

Dieter Gnahs
Programmanalyse – Methoden und Forschungen

Programme

der Erwachsenenbildung/Weiterbildung sind die veröffentlichten Ankündigungen von Lehr-/Lernangeboten und anderen Leistungen (z.B. Mitarbeiterfortbildung oder Beratung). Sie dienen primär der Information über die jeweils aktuellen Angebote bzw. der Kundenwerbung, sekundär der Selbstdarstellung der Anbieter und der Legitimation ihrer Arbeit. Die Pluralität und relative Selbstständigkeit von Anbietern der Erwachsenenbildung spiegelt sich in der Unterschiedlichkeit der Programm e: dem unterschiedlichen Umfang, den unterschiedlichen Inhalten, den unterschiedlichen Präsentationsformen und der unterschiedlichen Zugänglichkeit. In den Programmen sind die Vorstellungen der Anbietenden über die Bildungsbedürfnisse

Sigrid Nolda
Messung und Zertifizierung von Kompetenzen in der Weiterbildung aus (inter-)nationaler Perspektive

Die Wichtigkeit der Messung und Zertifizierung von Kompetenzen in der Weiterbildung hat in den vergangenen Jahren in nationalen und internationalen Bildungsdebatten an großer Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Strukturwandel, der sich auf sämtliche Lebensbereiche auswirkt und zu wesentlichen Veränderungen in der Arbeitswelt führt. Als zentrale Faktoren sind beispielsweise die „Globalisierung der Wirtschaftsaktivitäten, eine beschleunigte Innovationsdynamik, eine zunehmende Konzentration von Wertschöpfungsprozessen und Beschäftigung auf den Dienstleistungssektor, forcierter Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien und die Vernetzung von Arbeitprozessen“ (Schiersmann 2007, S. 9) zu nennen. Sie sind Kennzeichen der heutigen Wissensgesellschaft, in der die Mehrheit aller Funktionsbereiche auf Expertise basiert und eine kontinuierliche Erneuerung von Wissen sowie die Generierung von Innovationen zum ‚kategorischen Imperativ‘ geworden sind (vgl. Willke 1998; Tippelt/Mandl/Straka 2003).

Doris Edelmann

Institutionelle, finanzielle, rechtliche und personelle Grundlagen

Frontmatter
Ordnungsgrundsätze der Erwachsenenbildung in Deutschland

Die Erwachsenenbildung/Weiterbildung ist in Deutschland – wie in den meisten anderen industrialisierten Ländern auch – in einem historischen Stadium, in dem sie zwar einerseits quantitativ und qualitativ als eigenständiger Bildungsbereich erkennbar, anderer seits aber noch nicht systematisch gestaltet oder geordnet ist. Unter Erwachsenenbil dung/Wei ter bildung wird heute gemäß der Definition des Deutschen Bildungsrates (1970) die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“ (ebd, S. 197) ver standen. Weiterbildung umfasst danach ganz unterschiedliche Bereiche wie etwa berufliche und betriebliche Weiterbildung, Fortbildung und Umschulung, politische Bildung, ge werk schaft li che Bildung, Allgemeinbildung und kulturelle Bildung. Erwachsenenbildung umfasst danach Angebote, die von einer einzelnen Abendveranstal tung bis zu mehrjährigen Ausbildungs gängen gehen, Einrichtungen völlig unterschiedlicher Zielrichtung, Rechtsform, Arbeits weise sowie soziale und personelle Zusammenhänge ganz unterschiedlicher Provenienz. Erwachsenenbildung ist ein ge wach sener Bereich, der historisch aus unterschiedlichen Zusammenhängen heraus entstanden, aktuell dis parat organisiert und kaum überschaubar ist. Ordnungsgrundsätze für die Erwachsenenbildung gelten jeweils nur für Teilbereiche von ihnen.

Ekkehard Nuissl
Rechtliche Grundlagen der Weiterbildung

Es gibt kein einheitliches, in sich geschlossenes Weiterbildungsrecht, das die Weiterbildung in Deutschland bzw. alle weiterbildungsrelevanten Aspekte wie Organisation, Institutionen, Finanzierung, Angebot und Teilnahme, Curriculum, Personal, Qualität und Zertifizierung durch ein einzelnes Gesetz oder wenige Gesetze umfassend und zusammenhängend regelt (vgl. Richter 1993; Füssel 2002). Vielmehr sind die zahlreichen Gesetze, Verordnungen und Satzungen, die Weiterbildungsaktivitäten regeln, stark zersplittert (die Gesetze werden je aktuell im Wortlaut auf CD ROM im Handbuch Weiterbildungsrecht von Krug/Nuissl vorgelegt). Dies liegt sowohl im Trägerpluralismus als auch darin begründet, dass Weiterbildung nicht nur Sache des Bildungsrechts ist, sondern auch in den Zusammenhängen des Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialrechts mitgeregelt wird. Außerdem ist das Weiterbildungsrecht aufgrund der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland (Föderalismus) und der im Grundgesetz geregelten Kompetenzverteilung bei der Gesetzgebung und Verwaltung zwischen Bund und Ländern sowohl auf Landes- als auch auf Bundesrecht verteilt. Schließlich wird internationales und vor allem europäisches Recht für die Gestaltung der Weiterbildung in Deutschland immer bedeutsamer, wodurch der Gegenstand noch komplexer und unübersichtlicher wird.

Anke Grotlüschen, Erik Haberzeth, Peter Krug
Bildungsökonomie und Weiterbildung

Die Bildungsökonomie bildet einen Zweig der Wirtschaftswissenschaften, der sich anhand ökonomischer Begriffe und Theorien, Instrumente und Methoden mit dem Verhalten, mit Prozessen, Ergebnissen, Strukturen, Institutionen und Rahmenbedingungen des Bildungswesens beschäftigt. Dabei stehen Fragen der Finanzierung und des Ressourceneinsatzes, der wirtschaftlichen Steuerung sowie der Bewertung des Outputs und der Erträge von Bildung im Vordergrund. Normatives Grundkonzept der Bildungsökonomie ist die Rationalitätsforderung, mit knappen Ressourcen zu wirtschaften und die Mittelverwendung zu optimieren. Die Formulierung von Bildungszielen wird hingegen weitgehend als exogene, erziehungswissenschaftlich oder bildungspolitisch begründete Vorgabe behandelt (vgl. Edding 1980, S. 2).

Reinhold Weiß
Professionalisierung in der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung

Professionalität und Professionalisierung stehen für Kompetenzen im individuellen Handeln und für Prozesse, welche die Ausdifferenzierung wissenschaftlich fundierter Berufe betreffen. Professionalisierung meint, beginnend seit den 1960er Jahren, die programmatische Unterstützung einer hauptberuflichen pädagogischen Tätigkeit in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Professionalität, eingeführt von Tietgens in den 1980er Jahren, beschreibt kompetentes pädagogisches Handeln in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung unabhängig vom Einstellungsverhältnis (siehe auch Nittel 2000). Nach Mieg schaffen Professionen Standards der Leistungsbewertung und kontrollieren diese (vgl. Mieg 2006, S. 343). Als Rahmenbedingung für Professionalisierung benennt er: Es gibt 1. einen gesellschaftlich relevanten Problembereich und ein dazu gehöriges Handlungs- und Erklärungswissen, 2. Bezug zu einem gesellschaftlichen Zentralwert, 3. eine akademisierte Ausbildung und 4. einen Berufsverband (vgl. Mieg 2006, S. 343ff.). Dieses formuliert er für die berufliche Bildung. Er unterscheidet den angloamerikanischen Diskurs vom deutschen Diskurs, wobei er beim angloamerikanischen Diskurs die prozesshafte Entwicklung zur entwickelten Profession beschreibt. Selbstbewusstsein und Professionalisierungsgrad sind hier aufeinander bezogen, die Verwissenschaftlichung sagt also etwas über den Professionsgrad aus. Am zutreffendsten ist aus dem angloamerikanischen Bereich die Definition von Rueschmeyer (1986), wonach Professionalisierung eine Form gesellschaftlicher Institutionalisierung von Wissensnutzung in komplexen Situationen ist. Wissenschaftliches Wissen in nutzbarer Form für Handeln ist dann die Vorstufe von Professionalität. Für den medizinischen Bereich ist es – nicht nur nach Stichweh – in idealer Weise gelungen, Forschung und ihre Nutzung für praktisches Handeln in berufliche Sozialisation und Ausbildung zu transferieren (vgl. Stichweh 1994).

Wiltrud Gieseke
Berufsfeld Weiterbildung

In Deutschland und in vielen anderen Ländern ist der Weiterbildungsbereich kein klar strukturierter und abgrenzbarer Bereich. Insbesondere die institutionellen Strukturen sind stark ausdifferenziert. Dies betrifft zum einen die Zahl der Institutionen, die Weiterbildung anbieten: Nuissl und Pehl benennen über 2.000 staatlich anerkannte und öffentlich geförderte Einrichtungen, davon ca. 1.000 Volkshochschulen. Hinzu kommen weitere geschätzte 2000 Weiterbildungseinrichtungen von Unternehmen, Betrieben, Industrie- und Handels- und Handwerkskammern, sowie eine unbekannte Anzahl privater und kommerziell betriebener Weiterbildungseinrichtungen (vgl. Nuissl/Pehl 2004, S. 21). Eine vom BMBF in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2006 kam auf insgesamt ca. 18.000 Einrichtungen, die im weiteren Sinne Weiterbildung anbieten (vgl. BMBF 2006, S. 48). Im Projekt Weiterbildungskataster/Monitor (wbmonitor) des Bundesinstituts für berufl iche Bildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) werden derzeit strukturierende Kriterien erarbeitet, um Weiterbildungseinrichtungen zu klassifizieren (vgl.

www.die-bonn.de/projekte

).

Susanne Kraft
Weiterbildungsmanagement

Greift man auf die alltagssprachlichen Bedeutungen des Managementbegriffs mit „leiten“, „zustande bringen“, „geschickt bewerkstelligen“, „organisieren“ zurück, dann kann man auch das Bildungsmanagement als Selbstverständlichkeit ansehen. Gleichwohl löste der Begriff „Weiterbildungsmanagement “ sowohl in der Praxis der öffentlich mitverantworteten Erwachsenenbildung als auch im Diskurs der erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin Weiterbildung lange Zeit Irritationen aus. Denn der Begriff war im deutschsprachigen Kulturraum bis vor kurzem vor allem im Bereich der privatwirtschaftlichen Unternehmensführung gebräuchlich, und die Profession der Erwachsenenbildung legte lange Zeit gerade erheblichen Wert darauf, sich von der profitorientierten Erwerbswirtschaft zu unterscheiden (vgl. Nuissl 1998, S. 52). Arnold kennzeichnet das Verhältnis von Pädagogik und Management als eine doppelte Verwerfung (vgl. Arnold 2003). Erstens sind die Theorie und die universitäre Ausbildungspraxis eher durch einen mikrodidaktischen Fokus geprägt, während die spätere Berufspraxis ihrer Absolventinnen eher ein makrodidaktisches Managementhandeln darstellt. Und zweitens ist das Spannungsverhältnis zwischen Theorie und Praxis zumeist eines zwischen pädagogischem und Managementblick.

Klaus Meisel
Marketing

Die Erwachsenenbildung hat Schnittmengen mit anderen Wissenschaftszweigen. Der Blick in Nachbardisziplinen kann inhaltliche wie methodische Anregungen zur Bewältigung neuer oder in anderer Verknüpfung strukturierter Fragestellungen geben. Die modernen Organisationserfordernisse der Weiterbildung bedürfen des interdisziplinären Diskurses mit anderen Wissenschaftsfeldern (vgl. Schöll 2002). Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung benötigen nach Jahren heftigen Diskutierens eine neue gemeinsame Selbstvergewisserung in zentralen Management- und Organisationsfeldern und damit auch im Marketing.

Ingrid Schöll
Institutionenforschung in der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung

Die systematische Erforschung der Institutionen der Erwachsenenbildung/Weiterbildung, ihrer internen Strukturen, ihrer Beziehungen zu den jeweiligen (Rechts- und Unter halts-)Trägern oder ihrer Einbindung in die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Ge ge benheiten einer Region hat sich seit der zutreffenden Defizitdiagnose von Strunk aus dem Jahr 1994 eher günstig entwickelt, so dass heute keinesfalls eine nur auf die binneninstitutionelle Problematik verengte Institutionenforschung vorliegt (vgl. Rogge/Schäffter 1991). Der Reduktionismus der auf die binneninstitutionellen Interaktions- und Kommunikationsformen ausge rich teten Forschungsansätze bestimmt das Problembewusstsein in diesem Forschungsfeld heute nicht mehr. Strunk (1999) hatte diesen Reduktionismus scharf kritisiert und gefordert, die außerinstitutionellen Wirkfaktoren auf die binneninstitutionellen Strukturen und die wie derum durch diese beeinflussten Interaktions- und Kommunikationsformen systematisch zu erforschen. Es ist richtig, dass es bei der Institutionenforschung um die „gleichzeitige Er fassung berufsbiographischer und institutioneller Phänomene sowie der Erkundung he te ro nomer, vom einzelnen nicht beeinflußbarer Systembedingungen“ (Nittel 1991, S. 91) geht. Prinzipiell kann Institutionenforschung ihren Einfluss als Ba sis für die Praxisberatung und auch für die wissenschaftliche Politikberatung (z.B. Faulstich et al. 1992; Nuissl u.a. 2006) ausdehnen und vertiefen, wenn es gelingt die angesprochenen Problemstellungen aufzugreifen und die internationalen institutionen- und organisationstheoretischen Forschungerfahrungen weiter zu erschließen. Dies bedeutet auch die gleichberechtigte Bedeutung von qualitativer und quantitativer Forschungsmethodologie in diesem Forschungsfeld anzuerkennen (vgl. Strunk 1999; Kade 1989; Merkens 2006; Rothwell/Sullivan 2005). Nur so kann es gelingen „die ,harten’ Bedingungen von Arbeit, Qualifikation, Institution, Profession, Ex per ten wissen, Po litik“ (Schlutz/Voigt 1990, S. 185) im Blick zu behalten.

Rudolf Tippelt
Volkshochschule

Volkshochschulen sind Einrichtungen der Erwachsenenbildung und zugleich Begegnungszentren in der Kommune, oftmals auch auf Kreisebene. Ihre Gründungen sind Teil der Reformpädagogischen Bewegung und stehen zugleich für die Demokratie- und Arbeiterbewegung mit ihrem Anspruch auf Bildung, sei es lebens- und berufsbegleitend oder nachholend. Volkshochschularbeit ist seit ihren Anfängen kommunal und grenzüberschreitend, europäisch und international ausgerichtet. Es ging und geht um weltweiten Austausch und Zusammenarbeit (vgl. Schlutz 2003, S. 7f., S. 118f.). Das zeigen die Dokumente historischer Aufarbeitung wie die aktuellen Positionierungen auf europäischer Ebene (vgl. EAEA – European Association for Education of Adults 2006, S. 3-12, S. 52ff.). Entscheidend waren weitsichtige Führungspersönlichkeiten, die sich wissenschaftlich und bildungspolitisch engagierten.

Rita Süssmuth, Rolf Sprink
Kirchliche Erwachsenenbildung

Mit rund 300.000 Veranstaltungen und 7.000.000 Teilnehmenden pro Jahr gehört die evangelische und katholische Kirche zu den großen Anbietern offener, staatlich geförderter Erwachsenenbildung in Deutschland, die sich an alle Menschen richtet und nicht nur an praktizierende Kirchenmitglieder. Ergänzend zu einer Vielzahl von unterschiedlich strukturierten Bildungseinrichtungen (Akademien, Familienbildungsstätten, Heim- und Landvolkshochschulen, Kreisbildungswerken usw.) mit eigenen Schwerpunkten, gibt es auch auf der Ebene kirchlicher Gemeinden Erwachsenenbildungsangebote. Damit wird eine hohe Flächendeckung erreicht.

Hermann Josef Heinz
Gewerkschaft liche Bildungsarbeit

Untrennbar mit der Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland verbunden ist die Geschichte der Arbeiter bildung . Innerhalb der bzw. parallel zur sich organisierenden Arbeiterbewegung entstanden seit den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts Handwerker- und Ar beiterbildungsvereine. Diese hatten sich die „geistige und sittliche Hebung der Bildung“ ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt. Der „Allgemeine Deutsche Arbeiterver ein“ nannte in seinem Chemnitzer Programm 1866 als eines seiner Ziele die „Hebung der leib li chen, gei sti gen und sittlichen Volksbildung“. Wilhelm Liebknecht prägte 1872 das Motto „Wissen ist Macht – Macht ist Wissen“ für die sozialistische Volksbil dungsarbeit (vgl. Krug 1980). Ne ben dem Kampf für die Verbesserung der Bildung für die Angehörigen der arbeiten den Klasse war immer auch die intensive Schulung der Funktionärinnen und Funktio näre Aufgabe der Arbei terbewe gung. Ziel dieser Bildungsbemühungen war es, die abhängig Beschäftigten zur kollektiven Interes senvertretung zu befähigen.

Karin Derichs-Kunstmann
Bibliotheken als Supportstrukturen für Lebenslanges Lernen

Wissen und Information sind zu den zentralen Ressourcen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung geworden. Mit dem Bedeutungszuwachs der Ressource „Wis sen“ gehen Prozesse voranschreitender gesellschaftlicher Ausdifferen zierung einher (vgl. Stehr 1994). Die zunehmende Komplexität individueller und milieuspezifischer Aus drucks- und Kommunikationsformen ist ein konstitutives Moment einer Gesellschaft, die von einer be schleunigten Dynamik technischer Ent wicklung geprägt ist.

André Schüller-Zwierlein, Richard Stang
Museum und Erwachsenenbildung

Der Zusammenhang von Bildung und Museum ist in der Gründungsgeschichte von Museen immanent, ein Zusammenhang, der sich auch in der Geschichte der Erwachsenenbildung zeigt: Insbesondere in der Phase der Reformpädagogik und der sie begleitenden Volksbildungsbewegung fand parallel eine Gründungswelle von Museen mit explizitem Bildungsanspruch statt. Dieser ist beispielhaft ausformuliert bei Georg Kerschensteiner in der „Bildungsaufgabe des Deutschen Museums“ (1925) oder bei Alfred Lichtwark, der die Förderung des künstlerischen Sehens in den „Museen als Bildungsstätten“ (1917) konzipiert (vgl. Hochreiter 1994; Kaldewei 1990). Neben Sammeln, Bewahren, Forschen zählt Bildung zur klassischen Quadriga einer international anerkannten Museumsdefinition, wie jüngst in den ‚Standards für Museen‘ formuliert: So wird ein Museum definiert als „eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt“ (ICOM, International Council of Museum).

Doris Lewalter, Annette Noschka-Roos
Weiterbildung an Hochschulen

Weiterbildung durch Hochschulen umfasst berufliche, politische und allgemeine Bildung. Ihre Relevanz ergibt sich aus ih rem Bezug zu ökonomisch, sozial und politisch zu thematisierenden Fragen. In der wissenschaftlichen Weiterbildung geht es „um Perspektiven und Inhalte, die sich im wissenschaftlichen Diskurs zu bewähren haben“ (vgl. Wittpoth 2005, S. 17). Pra xis relevanz, Pro blemorientierung und Methodenstrenge bezeichnen drei ihrer wesentli chen Voraussetzungen (vgl. Dikau 1993). Die Weiterbildung an Hochschulen hat somit ein breites Gestaltungsfeld, unter liegt andererseits aber auch in starkem Maß dem Wandel po li tischer und gesellschaftlicher Be wertungen dessen, was als aktuell wichtig, regelungs be dürf tig, marktgängig oder förderungswürdig definiert wird.

Gernot Graeßner, Ursula Bade-Becker, Bianca Gorys
Vom kritisch motivierten „Lernen in Selbsthilfe “ zum ökonomisch gerahmten „selbstgesteuerten Lernen“: Eine symptomatische Karriere?

Wir neigen dazu, Selbsthilfekonzepte im Kontext von Bildungsprozessen als reizvolle Randphänomene zu betrachten. Sie scheinen zu jenem diffusen Erfahrungsbereich zu gehören, der im Allgemeinen mit den Etiketten „alternativ“ oder „außerinstitutionell“ versehen wird (vgl. stellvertretend bereits Killait/Burr 1980; von Werder 1981). Die positive Konnotation des Begriffs „Selbsthilfe“ schließt eine Ausgrenzung des von ihm bezeichneten Realitätsfeldes nicht aus, sondern macht sie offensichtlich erst möglich. Diese Spal tung der Bildungswirklichkeit in gleichsam „realitätshaltige“ und „marginale“ Dimensionen ist jedoch problematisch. Sie verdeckt, dass „Bildung“ im Zuge der Modernisierung kapitalistischer Gesellschaften selbst einem Strukturwandel unterliegt und durchaus Marginalisierungsprozessen ausgesetzt ist (vgl. ausführlich Weymann 1987a). Sie ignoriert zudem, dass im Rahmen solcher Veränderungen Selbsthilfekonzepte einen heimlichen Bedeutungszuwachs erfahren und ihrerseits eine Art „Karriere“ durchlaufen.

Peter Alheit
Vernetzung in der Weiterbildung: Lernende Regionen

Neue Herausforderungen der Institutionalisierung (z.B. Qualitäts- und Professionalisierungsansätze) führen dazu, dass Umgestaltungen der Organisation von (Weiter-) Bildungseinrichtungen notwendig werden. Die Einrichtungen reagieren darauf mit der Herausbildung neuer institutioneller Ordnungen und optimieren die organisationsinternen Prozesse und Abläufe.

Andrea Reupold, Claudia Strobel, Rudolf Tippelt
Internationale Perspektiven der Erwachsenenbildung

Während in den letzten Jahren die internationale Bildungsforschung vor allem über die Diskussion der Ergebnisse internationaler Schulvergleichsforschungen in Wissenschaft und Öffentlichkeit hohe Aufmerksamkeit erzielte, werden die vielfältigen internationalen Perspektiven der Erwachsenenbildung vor allem von einem Fachpublikum zur Kenntnis genommen, obwohl Traditionen der international-vergleichenden Erwachsenenbildungsforschung bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück zu verfolgen sind und sich in der Praxis der Erwachsenenbildung ebenfalls seit langem eine ausgeprägte Kultur des Austauschs und der Rezeption internationaler Bildungsansätze etabliert hat (vgl. Titmus 1996).

Christine Zeuner
Erwachsenenbildung und Alphabetisierung in Entwicklungsländern

Alphabetisierung ist keine klassische Aufgabe der Erwachsenenbildung . Diese setzt Alphabetisiertsein üblicherweise voraus. Damit werden aber historische Erfahrungen euro pä ischer Gesellschaften seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verallgemeinert. Dass die Schul pflicht bis ins kleinste Dorf und die letzte Gasse großstädtischer Proleta rier viertel re a li siert, dass die Bevölkerung durchgängig schreib-lesefähig sei, war im plizite Voraus setzung reformpädagogischer Erwachsenenbildung, in Deutschland z.B. der „neuen Rich tung“ in den zwanziger Jahren.

Volker Lenhart

Bereiche der Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Frontmatter
Weiterbildung und Kultur

Bildung und Kultur stehen offensichtlich in einem besonderen und engen Wechselverhältnis zueinander. Aus Sicht der Weiterbildung erscheint Kultur zunächst als Angebotsfeld und Zielbereich, wie etwa Beruf und Wirtschaft, Politik und Gesundheit auch, für die Weiterbildung Kompetenzen zu vermitteln sucht. Was kann Weiterbildung leisten für die Kultur oder für die kulturelle Bildung ihrer Adressaten? fragen Weiterbildungsanbieter. Dass Weiterbildung selbst – mit allen Bildungsaktivitäten der Menschen und all ihren Institutionalformen – aber zu einer besonderen kulturellen Praxis, zum Bestandteil heutiger Kultur geworden ist, gerät seltener in den Blick. Zusätzlich und zugleich kann man Weiterbildung aber auch als Reflex auf eine sie umgebende Kultur betrachten.

Instrument, Praxisform, Spiegel

: All das stellt Weiterbildung für Kultur oder innerhalb der Kultur dar. Was aber damit in ein Verhältnis gesetzt wird, Bildung und Kultur, diese Begriffe selbst scheinen im Laufe der Zeit an Kontur zu verlieren.

Erhard Schlutz
Weiterbildung und Politik

Die politische Bildung ist in Deutschland ein eigenständiger Bildungsbereich mit Bezug auf die Politik-, Sozial- und Erziehungswissenschaften. Sie wird institutionell getragen und praktisch umgesetzt von einer breiten, pluralen Landschaft von freien und öffentlichen Trägern, die weitgehend – wenn auch immer wieder durch Kürzungen bedroht – strukturell abgesichert sind durch eine etablierte öffentliche Förderung. Politische Bildung in Deutschland bezeichnet damit vor allem im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen hoch entwickelten und identifizierbaren Bereich der nicht-formalen Jugend- und Erwachsenenbildung.

Helle Becker, Thomas Krüger
Weiterbildung und Beruf

Berufliche Weiterbildung ist offenkundig – sonst würde sie anders heißen – auf die Kategorie des Berufs bezogen. Gleichwohl gibt es hier keine klare Vorordnung der Art etwa, dass erst der Beruf da sein müsse, bevor berufliche Weiterbildung gedacht werden kann. Die Verhältnisse sind komplexer: nicht nur die Weiterbildung reagiert auf Veränderungen in der Beruflichkeit, sondern auch Berufsstrukturen reagieren darauf, ob sie beispielsweise durch Weiterbildung stabilisiert und entwickelt werden können oder nicht. Diesen Verhältnissen geht der folgende Artikel nach. Im ersten Teil wird die Situation der Weiterbildung beschrieben. Bereits hier lässt sich festhalten, dass diese zwar eine stabile Position in der Bildungslandschaft herausgebildet hat, im internationalen Vergleich aber durchaus ausbaufähig erscheint. Überdies verändern sich die Beteiligungsmuster, insbesondere die Verbindung zwischen Weiterbildung und Ausbildung, gegenwärtig substanziell.

Rolf Arnold, Henning Pätzold
Weiterbildung und Technik

Es scheint Konsens darüber zu bestehen, dass Technik sowohl für die weitere Entwicklung der Gesellschaft als auch für die Chancen individueller Emanzipation zentrale Relevanz besitzt. Unterhalb die ser scheinbaren Übereinstimmung verbergen sich allerdings kontro verse Positionen. Weder ist ausgemacht, welche Entwicklungsrichtungen resultieren, noch sind die Konsequenzen für Emanzipationschancen eindeutig angebbar. Vielmehr sind die Standpunkte, von denen aus die Diskussion geführt wird, diametral entgegenge setzt, und die Reichweite der Argumente ist höchst unterschiedlich. Nichtsdestoweni ger drängt sich das Thema in den Vordergrund. Einerseits hat sich ein Bewusstsein von Krise verbreitet, welches nach neuen Perspektiven suchen lässt. Andererseits werden – verglichen mit den technologisch induzierten Umbrü chen – das ökonomische System, die politischen Appa rate und die kulturellen Institutionen als eher unbeweglich und erstarrt erfahren. Die Be schwö rung immer neuer „technologischer Revolutio nen“ er zeugt die Erwartung eines bevorste henden gehemmten, aber ungelenkten und unbe griffenen Umbruchs (vgl. Postman 1992).

Peter Faulstich
Erwachsenenbildung und Medien

Die Erwachsenenbildung setzt sich auf mehreren Ebenen mit Medien auseinander. Es können daher mehrere Bezüge zwischen Medien und Erwachsenenbildung ausgemacht werden: auf

Organisations-, Lehr-/Lern- und Gegenstandsebene

. Auf der

Organisationsebene

verändern Medien – insbesondere die so genannten Neuen Medien wie Computer und Internet – Verwaltung, Angebotsplanung und Marketing (vgl. Stang 2003). Nach einer Untersuchung an Volkshochschulen hängt eine medienorientierte Entwicklung von Weiterbildungsorganisationen nur zum Teil von den strukturellen Rahmenbedingungen (wie Organisationsgröße und Personalausstattung), sondern vielmehr vom Engagement der Akteure und von der Organisationskultur ab (vgl. ebd., S. 229ff.). Dass die Neuen Medien für die Entwicklung der Volkshochschulen von besonderer Bedeutung sind, liegt an der großen Nachfrage der Teilnehmenden (vgl. Stang 2003, S. 86; vgl. zur Organisationsebene auch Schöll und Meisel in diesem Band).

Aiga von Hippel
Weiterbildung und Umwelt: Bildung für nachhaltige Entwicklung

Umweltbildung gewinnt im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und damit als Bildung für die zukunftsorientierte Entwicklung unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung. Mit dem Begriff der nachhaltigen Entwicklung kann in Deutschland jedoch nur etwa jeder zehnte Erwachsenen konkret etwas anfangen (vgl. Kuckartz/Rheingans-Heintze 2006). Daraus bereits kann großer Weiterbildungsbedarf abgeleitet werden. Ohne Bildung besteht keine Chance für Partizipation, d.h. einer aktiven Mitwirkung an der Gestaltung einer ökologisch verträglichen, ökonomisch leistungsfähigen und sozial gerechten Gesellschaft (auf lokaler und globaler Ebene). Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich umweltbezogene Bildungsziele von der reinen Wissensvermittlung und der Erziehung zu umweltbewusstem Verhalten weiterentwickelt zum Leitziel der Gestal tungskompetenz. Bildung für nachhaltige Entwicklung betrifft alle Bereiche des Bildungssystems, in diesem Beitrag werden die Erwachsenen- und Weiterbildung sowie die berufliche Bildung im Vordergrund stehen.

Maya Kandler, Rudolf Tippelt
Weiterbildung und Gesundheit

Der Begriff „Gesundheitsbildung “ steht für das „Lernen von Erwachsenen am Thema Gesundheit in Einrichtungen der Erwachsenenbildung“ (Blättner 1998, S. 17). Er wurde Mitte der achtziger Jahre von Praktikerinnen und Praktikern an Volkshochschulen geprägt und hat sich zwischenzeitlich in der Erwachsenenbildung allgemein durchgesetzt. Ge meinhin gilt Gesundheitsbildung als ein vergleichsweise neuer Bereich der Erwachsenen bildung mit stark expansiver Tendenz. Wenn auch unter anderen Oberbegriffen, so lässt sich das Anliegen der Gesundheitsbildung der Sache nach allerdings weit zurückverfolgen – an Volkshochschulen stellte es bereits im Zuge der Lebensreformbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts ein beachtetes Phänomen dar. Gymnastik und Tanz etwa bildeten schon in den 1920er und 1930er Jahren wichtige Elemente der Volksbildung – meist in Verbindung mit politischen und erzieherischen Absichten, deren Ursprung in den sozialen Bewe gungen (Arbeiter-, Jugend-, Frauenbewegung) lag.

Ruth Hoh, Heiner Barz
Beratung im Kontext lebenslangen Lernens

Vor dem Hintergrund der Individualisierung von Bildungs- und Berufsbiographien und der Programmatik des lebenslangen Lernens hat Beratung für das Feld Bildung, Beruf und Beschäftigung enorm an Bedeutung gewonnen. Angesichts der vielfältigen Bildungs- und Berufsentscheidungen im Lebenslauf ist es sinnvoll und erforderlich, von einem Beratungsverständnis auszugehen, das für die unterschiedlichen Beratungsanlässe des Lernens im Lebenslauf gleichermaßen geeignet ist. Angesichts des Schwerpunktes dieses Handbuchs wird gleichwohl an verschiedenen Stellen des Beitrags die Situation in der Weiterbildung vertiefend betrachtet. Zunächst werden die aktuellen Beratungsanlässe auf einer allgemeinen Ebene skizziert (Abschnitt 2). Im Mittelpunkt steht die Charakteristik des Beratungsprozesses im engeren Sinne sowie seiner institutionellen und gesellschaftlichen Kontexte. Diese Darstellung erfolgt unter Rekurs auf ein systemisches Modell von Beratung (Abschnitt 3). Im Abschnitt 4 werden aus den vorausgegangenen Überlegungen für die Kompetenzen bzw. die Professionalität der Berater gezogen.

Christiane Schiersmann

Adressaten, Teilnehmer und Zielgruppen

Frontmatter
Beteiligungsregulation in der Weiterbildung

Die Argumentation des folgenden Beitrags verläuft in drei Schritten: Zunächst werden soziodemographische und milieuspezifische

Personenmerkmale,

die seit geraumer Zeit im Zentrum des Interesses stehen, skizziert und auf ihren Erklärungswert für Weiterbildungsbeteiligung hin befragt. Im zweiten Teil werden verschiedene Lebensumstände in den Blick genommen, die darüber hinaus als

Kontextfaktoren

regulierend wirksam werden. Abschließend wird der Frage nachgegangen, warum auch eine derart erweiterte Betrachtungsweise rasch an Grenzen stößt.

Jürgen Wittpoth
Weiterbildung in regionaler Differenzierung

Der Weiterbildungsbereich ist inzwischen, gemessen an den Teilnehmerzahlen, der größte Bildungssektor in Deutschland (vgl. BMBF 2000). Die Entwicklung der Teilnahme an Maßnahmen der Weiterbildung zwischen 1979 und 2007 bestätigt eindrucksvoll die wachsende Bedeutung dieses Bildungsbereichs. Von der 19- bis 64-jährigen deutschen Bevölkerung hatten im Jahr vor der Befragung 2007 insgesamt 44 Prozent an Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen (vgl. Kuwan u.a. 2006; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008). Damit hatte sich gegenüber 1979 (23 Prozent) die Teilnahmequote nahezu verdoppelt. Die langfristige Zunahme der Weiterbildungsbeteiligung zeigt sich auch, wenn nur die allgemeine Weiterbildung betrachtet wird (von 16% im Jahr 1979 auf 27% im Jahr 2007). Stärker ist noch der Anstieg der Teilnahme an beruflicher Weiterbildung, die sich fast verdreifachte und von 10 Prozent (im Jahr 1979) auf 26 Prozent (im Jahr 2007) zunahm.

Horst Weishaupt, Oliver Böhm-Kasper
Adressaten-, Teilnehmer- und Zielgruppenforschung

Erwachsenen- und Weiterbildungsforschung lässt sich in die Bereiche Lehr-/Lernforschung und Kursforschung, die Institutionen- und Organisationsforschung, die Professionsforschung und schließlich die Adressaten- und Teilnehmerforschung gliedern (vgl. Egloff/Kade 2004, S. 138; Nuissl/Pehl 2000). Adressaten-, Teilnehmer- und Zielgruppenforschung sind damit ein wichtiger Bereich der Weiterbildungsforschung. Der Erwachsene steht im Mittelpunkt dieser Forschungsrichtung, es geht um Interessen und Motive von Erwachsenen Weiterbildungsangebote zu nutzen (siehe dazu auch Born in diesem Band), um ihre Erwartungen an organisierte Lernkontexte und um mögliche Barrieren. Die Adressatenforschung analysiert in einer subjektorientierten Sichtweise subjektive und gruppenbezogene Perspektiven gegenüber dem lebenslangen Lernen, den typischen Weiterbildungsinteressen und -barrieren, den Formen des Bildungsverständnisses, den Forderungen an die Persönlichkeitsbildung und an das persönliche informelle Lernen. Sie differenziert damit Adressaten. In einer institutionenorientierten Perspektive generiert dieser Bereich der Forschung Wissen darüber, wie Weiterbildungsinstitutionen die Nachfrage in ihrer Region einschätzen können, um dann mit ihren jeweiligen Profilen und Weiterbildungsangeboten erfahrungsnah und interessenbezogen auf diese zu reagieren (vgl. Tippelt 2006). Diese institutionenorientierte Perspektive der Adressatenforschung mündet in Fragen und Problemstellungen des Marketings von Einrichtungen (siehe auch Schöll in diesem Band).

Aiga von Hippel, Rudolf Tippelt
Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Die Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft weist inzwischen deutlich über die Lebensphasen Kindheit und Jugend hinaus. Kindertageseinrichtungen und Schulen schaffen zwar wichtige Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen eines selbstbestimmten Lebens. Doch auch Erwachsene mit Behinderung sind auf Unterstützung angewiesen. Gerade bei der Betrachtung von Bildungsaufgaben über die Lebensspanne (vgl. Tippelt 2007) fällt auf, dass Menschen mit Behinderung in zunehmendem Maße den Anspruch auf Einbeziehung artikulieren. Das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderung 2003 hat zudem gezeigt, wie weit der Grundsatz der Integration von Menschen mit Behinderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen europaweit konsensfähig geworden ist. Zugleich ist allerdings die Erfahrung unübersehbar, wie wenig die Gesellschaft bislang auf die Integrationsaufgabe vorbereitet ist. Nach wie vor dominiert die Vorstellung, dass Menschen mit Behinderung in spezifisch für sie zugeschnittenen Angeboten in separierten Einrichtungen am besten aufgehoben sind. Gerade in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung haben sich diese Tendenzen zur Exklusion sogar eher verstärkt. Letztlich ergibt sich damit eine grundlegende Herausforderung an Konzepte der allgemeinen Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Unter der Perspektive der Inklusion von Menschen mit Behinderung als gesellschaftliche Aufgabe wird sie sich fragen lassen müssen, inwieweit sie in ihren regulären Bildungsinhalten, in den Methoden und den Organisationsformen in der Lage ist, Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen anzusprechen und deren Teilhabe zu gewährleisten (vgl. Faulstich-Wieland/Faulstich 2006). Inklusion ist damit weniger als eine besondere Methode oder Organisationsform zu verstehen, sondern vielmehr als eine veränderte Philosophie, die insbesondere eine neue normativethische Orientierung beinhaltet.

Ulrich Heimlich, Isabel Behr
Bildung im Alter

Es gibt keine einheitliche Definition von Alter. Vielmehr unterscheiden sich die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen in ihrem Verständnis von Alter. Dies hat damit zu tun, dass Alter ein komplexes Phänomen bildet, das – je nachdem, welche Dimension menschlichen Lebens angesprochen ist – auf unterschiedlichen Entwicklungsgeset zen gründet (vgl. Baltes 1987; Thomae 2002).

Andreas Kruse
Frauenbildung/Gender Mainstreaming

„Frauenbildung “ ist dem Bereich der „Adressaten, Teilnehmer und Zielgruppen“ zugeordnet. Insofern wird die Behandlung des Themas die Besonderheiten von Frauen als Teilnehmerinnen oder auch Nicht-Teilnehmerinnen von Erwachsenenbildung klären.

Hannelore Faulstich-Wieland
Männerbildung

Frauenbildung ist ein Begriff des 19. Jahrhunderts, ein Kampfbegriff, mit dem Frauen dafür stritten, ihre gesellschaftlichen Interessen und politischen Rechte gleichberechtigt wahrnehmen zu können. Frauenbildung ist eingebunden in Frauenbewegung und Frauenforschung, sie wird getragen von Frauen, welche die Interessen, Wünsche und Ansprüche des Geschlechtes sichtbar machen und patriarchale Strukturen verändern wollen. Frauenbildung ist per definitionem emanzipatorisch. Frauenbildung gibt es in vielfältigen Ansätzen, an vielen Institutionen und Initiativen, theoretisch und praktisch sehr entwickelt und differenziert.

Ekkehard Nuissl von Rein
Eltern-und Familienbildung

Unter Elternbildung wird allgemein die Optimierung elterlichen Erziehungsverhaltens verstanden. Optimierung (enrichment, enhancement) zielt auf die Verbesserung von be reits positiv Vorhandenem, sie kann zusätzlich auch präventive Wirkung haben (vgl. Perrez 1993). Es werden drei Formen der Elternbildung unterschieden, nämlich die institutionel le, die informelle und die funktionelle Elternbildung (vgl. Minsel 1986a). Institutionelle El ternbildung ist Elterninformation bzw. -training durch einen Dozenten innerhalb einer In stitution (z.B. Wohlfahrtsverband, konfessionelle Ein richtung). Informelle Elternbildung wird durch Druckmedien und Massenmedien verbreitet. Funktionelle Elternbildung hat eine politische Zielsetzung: die Eltern werden zur Mitarbeit und Mitbestimmung in der Be treuungseinrichtung ihrer Kinder herangezogen und gestalten so die Veränderungen im in nerfamiliären und außer familiären Bereich selbst. Familienbildung wird im politischen Kon text synonym mit Elternbildung verwendet (vgl. Achter Jugendbericht 1990). Im anglo-amerikanischen Schrifttum bedeutet Familienbildung, dass die Kinder in die Bil dungs maß nahme einbezogen werden; z.B. können Jugendliche an Trainings teilnehmen, in denen partner schaftliche Interaktion innerhalb der Familie geübt wird (vgl. L'Abate 1978).

Beate Minsel
Weiterbildung von Strafgefangenen

Im Strafvollzug nimmt die Aus- und Weiterbildung Strafgefangene r aus mehreren Gründen zunehmende Bedeutung ein. Auf Grund der Strafrechtsentwicklung und Verurteilungspraxis konzentriert sich die Insassenstruktur vielfach auf Vorbestrafte und Rückfalltäter, deren gesellschaftliche Integration durch erhebliche berufliche und soziale Defizite beeinträchtigt ist, sowie auf Gefangene mit langen Strafen. Empirische Erhebungen und praktische Erfahrungen weisen auf überproportionale Anteile an Sonderschülern, Schulabbrechern und Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung hin (vgl. Matt 2007). Das erschwert es Straffälligen angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung, namentlich gestiegener Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt häufig, einen Arbeitsplatz zu finden, der den Lebensunterhalt zu sichern vermag. Die Folge sind meist gewichtige finanzielle Schwierigkeiten, nicht zuletzt Abhängigkeit von der Sozialhilfe (vgl. Wirth 2006). Oft treffen solche Probleme, begünstigt durch Störungen in der Sozialisation und im familiären Umfeld (z.B. in Form von Alkohol- oder Drogensucht), mit geringer Belastbarkeit und Frustrationstoleranz, also mangelnder sozialer Handlungskompetenz, zusammen. Sozialisationsdefizite dieser Art fallen umso mehr in einer gesellschaftlichen Entwicklung ins Gewicht, als soziale Teilhabe in wachsendem Maße von der Fähigkeit und Bereitschaft lebenslangen Lernens abhängt (vgl. Benz 2007). Eine besondere Problemgruppe bilden nichtdeutsche Gefangene anderer soziokultureller Herkunft, die einen Anteil von über 22% ausmachen (vgl. Feest 2006). Nach alledem laufen viele Gefangene schon von ihrer Vorgeschichte und Persönlichkeitsentwicklung Gefahr, in den verhängnisvollen Kreislauf von Strafverbüßung, mangelnder sozialer Integration und erneuter Straffälligkeit zu geraten. Freilich lässt sich (wiederholte) Kriminalität nicht einfach auf (Aus-)Bildungsdefizite und Arbeitslosigkeit zurückführen; sie ist vielmehr in komplexeren Zusammenhängen zu sehen (vgl. Mey 1986). Insofern darf auch Erwachsenenbildung (EB) im Strafvollzug nicht auf die Funktion bloßer Rückfallprophylaxe verkürzt werden. Sie muss vielmehr zunächst einmal von ihrer Aufgabe der Identitätsfindung und Persönlichkeitsstabilisierung her begriffen werden, die ihren eigenständigen (verfassungsrechtlichen) Wert in der Anerkennung und Respektierung der Menschenwürde hat (vgl. Rehn 1998; Kobbé 2004).

Heinz Müller-Dietz
Weiterbildung von Migranten

Migration wird als dauerhafter – nach den Empfehlungen der Vereinten Nationen mindestens für die Dauer eines Jahres geltender – Wohnortwechsel verstanden (vgl. Han 2005). Da die Nationalstaaten die Grenzziehungen errichtet haben, die die Lebensbedingungen der Menschen besonders stark regulieren, ist die Unterscheidung

internal migration

und

international migration

bedeutsam. Das öffentliche Interesse richtet sich vornehmlich auf die Migration, die Staatsgrenzen überschreitet, und definiert solche Migranten als fremd. Deshalb sind in Deutschland besonders Ausländer und (Spät-)Aussiedler Gegenstand der Aufmerksamkeit.

Franz Hamburger
Alphabetisierung/Grundbildung als Aufgabengebiet der Erwachsenenbildung

Weiterbildung für die üblicherweise als Analphabeten bezeichnete Zielgruppe – um es gleich vorweg zu sagen: Gemeint sind nicht jene ca. 774 Millionen Menschen weltweit (vgl. UIS), die nie oder nur kurz zur Schule gegangen sind. Gemeint sind jene 4 Millionen in Deutschland lebenden Menschen, die nicht ausreichend lesen und schreiben können,

obwohl

sie das deutsche Schulsystem durchlaufen haben.

Ellen Abraham, Andrea Linde
Weiterbildung von Arbeitslosen

Die „Weiterbildung mit Arbeitslosen“ zählt seit Mitte der 1970er Jahre zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Es handelt sich um einen pädagogischen Aufgabenbereich, für den allerdings keine feste Bezeichnung und auch keine einheitliche Institutionalisierung besteht. So kommt die Weiterbildung mit Arbeitslosen sowohl als eine Teilaufgabe in öffentlich geförderten Weiterbildungseinrichtungen als auch als alleinige Hauptaufgabe in kommerzialisierten Firmen der arbeitsmarktnahen Weiterbildung vor. Auch Wirtschaftsbetriebe gelten als wichtige Lernorte für die berufliche Qualifizierung Arbeitsloser.

Rainer Brödel
Personalentwicklung und Arbeitnehmer

Betriebe und Unternehmen unterliegen in Zeiten dynamischer Entwicklungen an nationalen und internationalen Märkten einem erheblichen Veränderungsdruck. Die Sicherstellung von Innovations- und Anpassungsfähigkeit im Konkurrenzwettbewerb zählt daher zu den zentralen Aufgaben einer strategischen Unternehmensplanung, in der die

Personalpolitik

eine wichtige Funktion übernimmt. Unter dem Begriff des

Human Ressource Management

(HRM ) hat sich die betriebliche Personalpolitik in ihren Inhalten, Methoden, Instrumenten wie auch in der strategischen Ausrichtung seit den 1990er Jahren des letzten Jahrhunderts deutlich verändert (vgl. Barthel 2004; Pawlowsky/Bäumer 1996). Zentrales Anliegen des HRM-Konzeptes ist es, durch Investitionen in das Humankapital , definiert als die Kombination von Wissen, Fähigkeiten, Erfahrungen, Fertigkeiten, Motivationen, Verhaltensdispositionen u.a. (vgl. Anwander 2002) der Belegschaftsmitglieder, dem Betrieb langfristige Wettbewerbsvorteile am Markt zu verschaffen, was durch das Alleinstellungsmerkmal eines spezifischen Humankapitalbestands durchaus realisierbar erscheint. Wichtige Aufgabe des HRM-Ansatzes ist es, die erfolgten Humankapitalinvestitionen in langfristig wirkendes strukturelles Kapital zu überführen, d.h., dafür Sorge zu tragen, dass die investierten Kosten in den Humankapitalbestand nicht durch einen Betriebswechsel des Mitarbeiters abwandern. Beim HRM geht es darum, die sogenannten weichen Faktoren wie z.B. die Dynamik der Organisation, die Qualität der Betriebsführung und letztlich die Kompetenzpotenziale der Belegschaft zu stärken, um damit das gesamte betriebliche Leistungsvermögen zu optimieren. Insbesondere die individuellen Entfaltungskorridore durch Qualifizierung und Weiterbildung der betrieblichen Mitarbeiter werden dabei nicht primär unter dem Blickwinkel eines Kostenfaktors gesehen, sondern unter der Perspektive einer Investition zwecks Erhöhung des betrieblichen Leistungspotenzials betrachtet.

Karl Düsseldorff, Rolf Dobischat
Innovative Personalpolitik – der Beitrag der betrieblichen Weiterbildung

Betriebliche Personalpolitik umfasst einen administrativen und einen innovierenden Teilaspekt: zum einen beschäftigen sich Personalverwaltung und -arbeit mit Personalangelegenheiten, wie Anstellung, Entlohnung, Ausfällen, usw.; zum anderen aber konzentriert sich die Personalentwicklung auf Kompetenzaufbau und -entwicklung der Führungskräfte und Beschäftigten.

Knut Diekmann
Weiterbildung von Führungskräften

Der sich beschleunigende Wandel auf nahezu allen Gebieten menschlichen Lebens trifft die Organisationen der Wirtschaft und Verwaltung − und hier wiederum die dort handelnden Führungskräfte − in besonderem Maße. Eine Antwort der Unternehmen auf diese Herausforderungen besteht darin, die Führungskräfte beständig im Sinne eines lebenslangen Lernens zu qualifizieren. In diesem Beitrag wird gezeigt, warum man was auf welche Weise durch Weiterbildungsmaßnahmen zu erreichen sucht, was getan werden könnte, um den gelegentlich fraglichen Transfer des Gelernten in die Praxis zu sichern, und wie man evaluieren könnte, ob die Ziele erreicht wurden. Dabei soll deutlich werden, dass Weiterbildung nur eine Facette der Personalentwicklung von Führungskräften ist.

Lutz von Rosenstiel

Lehren und Lernen in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Frontmatter
Didaktik der Erwachsenenbildung – Weiterbildung als offenes Projekt

Es gibt bislang keine allseits bekannte und bewährte Didaktik als Lehre vom Lehren und Lernen in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung (EB/WB). Das verwundert nicht, ist doch der Begriff der Didaktik vor allem schulpädagogisch signiert und getauft. Didaktisches Denken und Handeln (Didaktik: von griech. didáskein, aktiv: lehren; passiv: lernen; substantivisch: Lehre, Unterricht, Schule; adjektivisch: lehrbar) hat in der praktischen Ausbildung angehender Lehrer

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an öffentlichen Schulen seine feste Verankerung. Bei staatlicher Lehrplanhoheit wird von Lehrern erwartet, dass sie die in Lehrplänen und Richtlinien politisch vorgegebenen Erziehungsziele und -inhalte des öffentlichen Schulwesens als prinzipiell sinnvoll anerkennen, sich um die Auswahl, die Auslegung und Entfaltung ihres Bildungssinns bemühen und sich für ihr optimales Gelerntwerden verantwortlich wissen. Didaktiker sollen dies intensiv unterstützen, indem sie zum einen für die alters- und situationsgemäße Auswahl und Reduktion der Lerninhalte wissenschaftlich-sachliche wie pädagogisch legitimierte Hinweise geben. Zum anderen sollen sie die unübersehbare Vielfalt der für erfolgreiches Lernen wichtigen methodischen, sozialen, emotionalen und gruppendynamischen Bedingungen auf einige wenige unterrichtswirksame Faktoren reduzieren und diese in einen in der Schulpraxis realisierbaren Bezug zueinander setzen. Vor weitaus mehr als 40 Jahren entwickelten vor allem Wolfgang Klafki (bildungstheoretische Didaktik) und Paul Heimann und Wolfgang Schulz (lerntheoretische Didaktik) Prototypen komprimierter Didaktik-Modelle im Rahmen der Lehrerausbildung an den Pädagogischen Hochschulen Hannover und Berlin (vgl. Blankertz 1969). Sie erarbeiteten für die Unterrichtsbeobachtung inklusive Analyse von Unterricht didaktische Fragen und Gesichtspunkte, die vor allem auch für die Unterrichtsvorbereitung (Unterricht als Realisierung didaktischer Planung) normatives Gewicht gewannen. Aus ihren Konzepten entwickelten sich in Zellteilung und konkurrierender Neuproduktion eine Fülle heute nebeneinander in Geltung stehender ,Didaktischer Modelle’ (vgl. Gudjons et al. 1991). Sie erweisen sich für die zweite Ausbildungsphase angehender Lehrer, das Referendariat in staatlichen Studienseminaren, als in doppelter Hinsicht funktional: Die Referendare werden strikt aufgefordert, sich in ihren schriftlichen Unterrichtsentwürfen an die für sie verbindlich erklärten ,Didaktischen Modellen’ als Konstruktionsleitfaden für antizipierte Unterrichtsverläufe zu halten. Zugleich dienen dieselben ‚Modelle‘ den kontrollierenden Mentoren und Fachleitern des Studienseminars als griffiger Maßstab, um das Verhältnis von geplantem und tatsächlich zustande gekommenem Unterrichtsgeschehen zu bewerten.

Erhard Meueler
Programmplanung und -organisation

Programmplanung und -organisation wird im Folgenden aus der Mesoperspektive des Bildungsmanagements betrachtet, also weder aus der Mikrosicht von Lehrenden und Lernenden, noch aus der Makrosicht politischer Akteure. Im Mittelpunkt stehen die Bedingungs- und Entscheidungsfelder planend-disponierender Aktivitäten. Wichtige Dimensionen von Programmen wie beispielsweise unterschiedliche curriculare Grundlagen, spezifische Themenfelder oder Teilnehmergruppen bleiben daher systematisch ausgeblendet oder werden allenfalls mit Blick auf Grundfragen des Planungs- und Organisationsprozesses gestreift. Gleiches gilt für die politischen, rechtlichen und finanziellen Bedingungen wie auch für die historischen Wurzeln der Weiterbildung. Im Rahmen eines Handbuchs, in dem zwar alles gesagt werden soll, aber nicht unbedingt von allen, fällt diese Beschränkung nicht weiter schwer.

Markus Höffer-Mehlmer
Angebotsplanung und -gestaltung

Der vorliegende Beitrag beleuchtet Grundlagen, Voraussetzungen und Vorgehensweise der Angebotsplanung und -gestaltung in der Erwachsenenbildung, wobei die Angebotsplanung als Bestandteil professionellen pädagogischen Handelns in der Erwachsenenbildung verortet wird. Nach der Klärung von Grundbegriffen und Haupttermini der Programm- und Angebotsplanung soll die Begrifflichkeit des „Weiterbildungsangebots“ an sich konkretisiert und charakterisiert werden. Kapitel drei widmet sich den einzelnen Aspekten der Angebotsplanung und -entwicklung – von den Dozenten bis hin zu den gewählten Methoden. Die Schnittstelle zwischen Angebotsentwicklung und Marketing ist Gegenstand der beiden folgenden Kapitel, die auch die mögliche Innovationsfunktion eines Weiterbildungsangebots in den Blick nehmen. Der Beitrag schließt mit einem Einblick in ein praxisrelevantes und innovatives Instrument der zielgruppenspezifischen Angebotsplanung und -entwicklung: die Methode der so genannten Produktkliniken.

Jutta Reich-Claassen, Aiga von Hippel
Mediengestützte Lehr-, Lern- und Trainingsansätze für die Weiterbildung

Als ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Weiterbildungsmaßnahmen gilt die inhaltliche und didaktische Kompetenz der Lehrpersonen, die neben Expertise im jeweiligen Inhaltsbereich zahlreiche Kompetenzen im Umgang mit erwachsenen Lernenden und der Wahl geeigneter Methoden aufweisen müssen. Zur Didaktik in der Weiterbildung oder allgemeiner der Erwachsenenbildung existieren inzwischen einige Lehrbücher (vgl. z.B. Döring/Ziep 1989; Siebert 2003), aber vor allen Dingen auch eine schier unüberblickbare Zahl an Praxisratgebern, die Lehrenden Tipps zur Durchführung entsprechender Veranstaltungen geben. Die Effektivität dieser Ratgeber bezüglich eines verbesserten Wissens- und Kompetenzerwerbs auf Seiten der Lernenden ist allerdings kaum wissenschaftlich untersucht und somit oft zumindest fragwürdig. Hinzu kommt, dass in entsprechenden Ratgebern häufig den neuen Technologien ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung von Bildungsprozessen in der Weiterbildung zugeschrieben wird.

Ingo Kollar, Frank Fischer
Evaluation und Evaluationsforschung

Evaluation ist viel mehr als Erfolgskontrolle. Evaluieren bedeutet entdecken, den verborgenen Wert eines Programms, einer Methode oder eines Lernergebnisses wahrnehmen.

Matthias Wesseler
Wissensmanagement und Weiterbildung

Zwischen Wissensmanagement und Weiterbildung lassen sich viele verschiedene Verbindungen herstellen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Beziehung zwischen Wissensmanagement und Weiterbildung unter vier Gesichtspunkten:

Wissensmanagement als Gegenstand von Weiterbildung

ist die erste und einfachste Beziehung; sie eignet sich dazu, die Bedeutung des Wissensmanagements und dessen Entwicklungslinien zu verdeutlichen.

Gabi Reinmann, Heinz Mandl
Backmatter
Metadata
Title
Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung
Editors
Prof. Dr. Rudolf Tippelt
Dr. Aiga von Hippel
Copyright Year
2011
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-94165-3
Print ISBN
978-3-531-18428-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-94165-3