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28-10-2019 | Interne Kommunikation | Interview | Article

"In der internen CSR-Kommunikation wird oft formelhaft argumentiert"

Author: Andrea Amerland

4:30 min reading time

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Interviewee:
Prof. Dr. Riccardo Wagner

ist Professor für digitale Markenführung und Kommunikation an der Macromedia Hochschule und Head of Media Faculty in Stuttgart.

Mit interner CSR-Kommunikation können Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung in ihrer Kultur verankern. Wie eine Studie in der Versicherungsbranche zeigt, binden sie aber ihre Mitarbeiter nicht richtig ein, so Springer-Autor Riccardo Wagner im Gespräch.   

springerprofessional.de: Sie haben in einer Studie untersucht, wie Unternehmen mit interner Kommunikation Mitarbeiter für Nachhaltigkeit begeistern können. Was bedeuten in diesem Zusammenhang die Begriffe Sensemaking und Sensegiving?

Riccardo Wagner: Ausgangspunkt meiner Untersuchung war eine Aussage, die ich in den zurückliegenden Jahren immer wieder gehört habe, wenn ich mit Unternehmen über die Umsetzung ihrer CSR-Strategie gesprochen habe: "Wir haben das Gefühl CSR, wie aus dem Lehrbuch umzusetzen und auf allen Kanälen zu kommunizieren - trotzdem gelingt es uns kaum, unsere Mitarbeiter zu begeistern oder gar einzubinden. Warum das so ist, wissen wir nicht." Ich wollte das aber genauer wissen. Das Problem bei den bisher vorliegenden Untersuchungen war jedoch, dass diese sich auf die Webseite, das Intranet oder die Mitarbeiterbroschüre fokussiert haben, die tatsächliche Meinungsbildung aber oft in der informellen Kommunikation stattfindet. 

Editor's recommendation

2019 | Book

Effektive interne CSR-Kommunikation

Sinn stiften und motivieren für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung

In diesem Werk zeigt Riccardo Wagner praxisnah und auf Basis einer umfassenden kommunikationswissenschaftlichen Studie, wie Unternehmen mit guter interner Kommunikation Mitarbeiter für Nachhaltigkeit begeistern können. 

Wie sind Sie dann vorgegangen?

Ich habe analysiert, wie die Prozesse der Meinungsbildung im Unternehmen funktionieren und Ansätze aus der Organisationspsychologie zu Change- und Krisensituationen integriert. Dabei geht es darum, wie sich Menschen im Wandel orientieren, mit der neuen Situation zurechtkommen und handlungsfähig bleiben. Also neuen Sinn generieren, eben Sensemaking. Sensegiving ist die zweite Seite der Medaille und schaut auf die Prozesse und Strukturen, die für die Beeinflussung von Sinngenerierung relevant sind. Mit beiden Seiten hat man einen ganzheitlichen Blick auf den Umgang mit CSR und Nachhaltigkeit im Unternehmen. Damit kann man die Frage beantworten, wie Mitarbeiter eines Unternehmens gemeinsam bestimmen, was CSR für das eigene Unternehmen genau bedeutet. 

Was waren zentrale Ergebnisse dieser Studie, die für Praktiker in Unternehmen besonders relevant sind?

Nachhaltigkeit und CSR werden keineswegs wie oft angenommen, von Mitarbeitern automatisch als sinnvoll angesehen. Trotz aller gesellschaftlichen Debatten ist es für Mitarbeiter nicht leicht, sich auf das Thema aktiv einzulassen. Arbeitsverdichtung, ökonomischer Druck oder Informationsüberflutung behindern das. Die Kommunikation und das interne Storytelling sind entscheidend. In meiner Analyse zeigte sich, das Top-Management, mittleres Management und andere Mitarbeiter oft vollkommen unterschiedliche Geschichten in den Mittelpunkt stellen. Das behindert die interne Diskussion. Zudem gibt es auf der Sensegiving-Seite sehr viel kommunikativen Druck und nicht selten wird auch ein Informationsüberschuss produziert. Aber Dinge lauter und öfter zu sagen hat für mehr Verständnis und Handlungsänderungen noch nie etwas gebracht. 

Das klingt so, als ob Unternehmen in der internen CSR-Kommunikation einiges falsch machen ...

In der offiziellen internen CSR-Kommunikation wird oft sehr formelhaft, fast schon mit Satzbausteinen argumentiert. Dies unterbindet Auseinandersetzung, Reibung und Diskussionen, die aber für Sensemaking enorm wichtig sind. Interessant zu sehen war auch, dass es durchaus problematisch sein kann, wenn ein Unternehmen anhaltend wirtschaftlich erfolgreich ist und eine starke Unternehmenskultur besitzt. Das führt dazu, dass es im Unternehmen nur wenig Erfahrungen mit erfolgreichem Wandel und Krisen gibt. Das erschwert die Kommunikation über ein Change-Projekt wie CSR. Die starke Identifikation und Kultur erzeugen Harmoniedruck, unterdrücken aber den Diskurs.

Welche weiteren Erkenntnisse konnten Sie gewinnen?

Es ist notwendig, CSR nicht nur als Change-Projekt zu denken. Es braucht eine Atmosphäre des Gelingens, eine Formulierung, die der Hirnforscher Gerald Hüther immer wieder in ähnlichen Zusammenhängen gebraucht hat. Daraus habe ich ein salutogenetischen CSR-Kohärenzmodell entwickelt. Die Salutogenese nach Aaron Antonovsky betrachtet die Bedingungen, unter denen Gesundheit entstehen kann. Das geht über das Ausbleiben negativer Einflüsse hinaus. Auf CSR und Nachhaltigkeit angewendet brauchen wir einen Dreiklang aus Verstehbarkeit (Understandability) der CSR-Strategie, Handhabbarkeit (Managebility) des CSR-Managements und Sinnhaftigkeit (Meaningfulness) der CSR-Maßnahmen. Erst wenn diese Faktoren, unterstützt durch ein ausgewogenes Sensemaking und Sensegiving ineinandergreifen, können Nachhaltigkeit und CSR gelingen. 

Wie sind bei der Studie methodisch vorgegangen?

Es handelt sich bei meiner Studie um eine qualitative Fallstudie, ergänzt um Experteninterviews. Ich habe mich auch für ein Unternehmen als Fallbeispiel entschieden, dass ich bereits seit einigen Jahren kannte und in dessen Branche ich bereits seit mehr als zwanzig Jahren aktiv bin. Mir waren also die Rahmenbedingungen und Entwicklungen, in diesem Fall in der Versicherungsbranche, sehr gut vertraut. Ich habe das Unternehmen mehr als ein Jahr intensiv begleitet.

Welchen Beitrag leistet die interne Kommunikation bei der Implementierung von CSR im Unternehmen?

Management ist Kommunikation. Klingt simpel und scheinbar weiß das auch jeder. Aber wie Forschung und Praxis zeigen, liegt der Hauptfokus der Kommunikation noch immer auf den Instrumenten. Adressaten, Prozesse und Strukturen für Kommunikation werden kaum berücksichtigt. Daher wird das Potenzial von CSR-Kommunikation nicht gehoben. Narration und Storytelling sind für ein Sensemaking aber besonders wichtig. Bei CSR muss im Unternehmen gerungen und diskutiert werden, was CSR für das Unternehmen ist und wie es umgesetzt werden soll. Das ist die eigentliche CSR-Kommunikation. 

Wie weit sind Unternehmen nach Ihren Erfahrungen beim Thema interne CSR-Kommunikation? 

Auf Basis meiner beruflichen Erfahrungen würde ich sagen, dass ein Großteil der Unternehmen nicht mehr zweifelt, dass Interne CSR-Kommunikation wichtig ist und nicht auch die Mitarbeiter einbezogen werden müssen. Entscheidend ist aber die Frage, auf welche Weise kommuniziert und einbezogen wird und, wie oben bereits geschildert, ein kohärentes Umfeld geschaffen wird, in dem CSR gelingen kann.

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2019 | OriginalPaper | Chapter

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Source:
Effektive interne CSR-Kommunikation

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