Die Schallschutzwand zum Neubaugebiet ist transparent und erzeugt Strom für nahegelegene Gebäude.
R. Kohlhauer GmbH
Die zunehmende Mobilität der Gesellschaft erzeugt eine ansteigende Belastung durch Lärm. Dieser wird unter anderem durch den Bau von Lärmschutzwänden entgegen gewirkt. "Allein in Deutschland dürfte die Länge von Lärmschutzwänden an Straßen und Schienenwegen sicherlich in Tausenden von Kilometern gezählt werden", schreibt Michael Möser im Buchkapitel Schallschutzwände, in dem der Springer Vieweg-Autor deren Wirkung erläutert.
Die vorgesehene Wirkung der Schallschutzwände lässt sich aber auch mit einem ansprechenden Design und einer integrierten Photovoltaik-Anlage erreichen, zeigt der Bau einer Lärmschutzwand in der oberbayerischen Gemeinde Neuötting. Die optische Aufwertung in Kombination mit der Stromproduktion hat nach Aussage der Projektbeteiligten zu einer höheren Akzeptanz in der Bevölkerung und zu einer Senkung der Kosten durch die Einnahmen bei der Stromproduktion geführt.
Mehr als nur Lärmschutz
Für das neu ausgewiesene Baugebiet und die neue Montessori-Schule an der Staatsstraße 2550 mussten Maßnahmen zum Lärmschutz getroffen werden. Wegen der engen Platzverhältnisse konnte kein Lärmschutzwall gebaut werden. Vorgabe war, eine nachhaltige fünf Meter hohe Lärmschutzwand harmonisch mit attraktiver Optik in das Landschaftsbild zu integrieren, die funktional und bezahlbar ist. Auch sollte die Wand in Teilen den Durchblick ermöglichen.
Umgesetzt wurde ein modular aufgebautes System von 234 Meter Länge der Firma Kohlhauer. Zwischen Tragpfosten wurde auf vier Meter Breite ein Lärmschutzelement aus einem Gitterdämmsystem, Acryl-Glas und Photovoltaik verbaut. Die Elemente sind flexibel, so dass pro Element entschieden werden kann, ob im jeweils Photovoltaik sinnvoll eingesetzt werden kann oder stattdessen das Gitterdämmsystem verwendet werden soll. Die Lärmschutzelemente lassen sich unabhängig voneinander austauschen, so dass bei Schäden die Wartungskosten überschaubar sind.
Die wegen der verbesserten Ausrichtung der Sonne unter fünf Grad Neigung eingebauten Tragpfosten begrenzen die in drei Zonen aufgeteilten Felder der Wand.
- Zone 1 besteht aus einem einen Meter hohen akustisch wirksamen Gitterdämmsystem, das kurz über der Geländeoberkante auf einem Betonsockel steht.
- Zone 2 beginnt 1,28 Meter über der Geländeoberkante und besteht aus einem 1,50 Meter hohen, durchsichtigen Acrylglas in Aluminium-Rahmen.
- Zone 3 ist aus zwei Photovoltaik-Elementen mit je zwei Modulen auf der Südseite und akustisch wirksamen Gitterdämmsystem auf der Nordseite aufgebaut. Den oberen Abschluss der Konstruktion bildet der Kabelkanal, in dem alle Leitungen des Photovoltaikgenerators verlaufen.
Die Photovoltaikanlage
Die zusätzlichen Kosten für die Photovoltaikanlage konnte die Gemeinde nicht alleine tragen. Deshalb wurde die von der MaxSolar GmbH geplante Anlage an die Energiegenossenschaft Inn-Salzach vergeben. Die Leistung der Anlage wurde mit 800 bis 850 Kilowattstunde pro Kilowatt peak und einer Rendite von vier bis sechs Prozent kalkuliert. Kosten für die Nutzung der Anlage werden von der Gemeinde der Energiegenossenschaft nicht in Rechnung gestellt. Dafür hat die Genossenschaft die Kosten für Zone 3 der Wand übernommen. Als reine Investorenanlage rechnet sich das Projekt weniger, aber vor allem der Eigenverbrauch in ortsnahen Gebäuden erhöht die Rentabilität und damit die Attraktivität für die Energiegenossenschaft.
Akzeptanz für die Lärmschutzwand ist hoch
Die gewählte Variante gehörte zu den teuersten, dennoch ist die Akzeptanz in der Bevölkerung sehr gut. Auch von den Skeptikern wird nach Aussage des Bauamtsleiters von Neuötting, Alois Schötz, vor allem die Transparenz der Schallschutzwand geschätzt. Die Akzeptanz von Projekten wird wesentlich durch die Öffentlichkeitsarbeit bestimmt. Ziel und Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit und die Fragen was Öffentlichkeitsarbeit leisten kann, ab welchem Zeitpunkt und ab welcher Projektgröße sie eingesetzt werden sollte, thematisiert Frank Kniestedt im Buchkapitel Öffentlichkeitsarbeit bei Infrastrukturprojekten.