Springer-Autor und Unternehmensberater Gustav Greve hat als Erster das Phänomen Organizational Burnout entdeckt: "Irgendwann hat es in meinem Kopf Klick gemacht".
Gustav Greve | Gustav Greve
Bisher konnte die Deutsche Bahn von ihrer Monopolsituation profitieren. Doch immer häufiger zeigen sich Krisensymptome. Springer-Autor Gustav Greve erklärt in einem Gastbeitrag wie ein Organizational Burnout einem Unternehmen zusetzen kann.
Niemand kann daran zweifeln: Das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof ist deutliches Symptom einer tiefen Krise der Organisationskultur der Deutschen Bahn. Das Unternehmen steckt in einem Organizational Burnout.
Am 11. Juli 2011 hat sich Dr. Rüdiger Grube in einem Brief bei mir für mein Buch „Organizational Burnout“ bedankt. Er wollte es im Urlaub genauer lesen. Reaktionen kamen keine.
Oft versteckt sich das Organizational Burnout (OBO) lange hinter der selbstbewussten Fassade der bisherigen Erfolge. Es ist ein stilles Phänomen. Oft werden die Symptome verdunkelt oder gar verleugnet. Dabei ist es kein softes Thema für Personaler oder gar Burnout-Experten, sondern gehört ganz oben auf die Agenda des Managements, denn das OBO richtet auf Dauer das Unternehmen betriebswirtschaftlich zu Grunde.
Wenn alle Managementmethoden versagen und sich auch nach immer weiteren Reorganisationen die erhofften Erfolge nicht einstellen wollen, dabei aber die wahren Gründe des Versagens verdunkelt oder gar geleugnet werden, dann ist ein Unternehmen in ein Organizational Burnout geraten.
Die Führungskräfte schotten sich ab
Ein Organizational Burnout liegt dann vor, wenn sich ein aktives Organisationssystem, unabhängig davon, ob der Organisationszweck marktnah oder marktfern ist, in einem erschöpften und paralysierten Zustand befindet und mit eigenen Ressourcen diesen, als unerwünscht erkannten, Zustand nicht mehr positiv verändern kann.
Die Deutsche Bahn konnte bisher die Folgen des Organizational Burnout verdrängen, weil die Monopolsituation gestattet hat trotz und nicht wegen des Managements erfolgreich zu sein. Wenn man aber die Umsatzrenditen der Bahn mit den Resultaten der DAX-Konzerne vergleicht, dann zeigt sich das Organisationsversagen in Euro und Cent. Hätte sich die Umsatzrendite der Deutschen Bahn AG von 2007 bis 2012 im gleichen Maß entwickelt wie der Dax, wäre die Rendite der DB AG um 6,1 Mrd. höher ausgefallen.
Das Organizational Burnout wird in zahlreichen Symptomen sichtbar und jeder, der die Deutsche Bahn AG intern auch nur ein bisschen kennt, wird den Alltag in diesen Symptomen gespiegelt sehen:
Zunehmend funktioniert der Betrieb trotz und nicht wegen des Managements
Unsicherheiten machen sich breit, Dynamik geht verloren
Fluktuation nimmt zu, zynische Grundstimmung macht sich breit
Innovationen finden nicht mehr statt
Die Führungskräfte schotten sich immer weiter vom Tagesgeschäft ab
Niemand will in seiner Organisation ein OBO haben, denn jeder befürchtet, dass Fragen gestellt würden. Die gemeinsame Diagnose ist allerdings eine Chance für das Management und die operative Ebene, denn das OBO kommt wie eine Art Krankheit über die Organisation und niemand muss sich dafür rechtfertigen. Deshalb kann man das OBO auch gemeinsam bekämpfen.
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