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23-11-2016 | Nutzfahrzeuge | Schwerpunkt | Article

Wie Landwirte Stall und Acker digitalisieren

Author: Christiane Köllner

4:30 min reading time

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Die Digitalisierung soll die Landwirtschaft effizienter und ökologischer machen. Jeder zweite Landwirt betreibt schon Smart Farming. Bald könnten auch Drohnen als fliegende Helfer den Acker überwachen.

Auf dem Acker arbeiten Landmaschinen GPS-gestützt und sensorgesteuert. So kann der Landwirt die Entwicklung und die Nährstoffversorgung von Pflanzen punktgenau beobachten und steuern. Im Stall misst währenddessen die Technik die Gesundheits- und Leistungsdaten jedes einzelnen Tiers und ermöglicht so eine individuelle Betreuung: Die Landwirtschaft entwickelt sich rasant zu einer digitalisierten Branche. Schon heute nutzt mehr als jeder Zweite in der Branche digitale Lösungen. Das zeigt eine Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unterstützt vom Deutschen Bauernverband (DBV) unter 521 Landwirten und Lohnunternehmern, die als Dienstleister für Landwirte arbeiten. 

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Präzisionslandwirtschaft

Das globale Bevölkerungswachstum (genauer das globale Einkommenswachstum) stellt eine Herausforderung für die Fähigkeit der Landwirtschaft dar, in Zukunft ein Höchstmaß an Produktivität zu erreichen, zumal insbesondere der Klimawandel die Ernteerträg


Neue Sensortechniken und miteinander kommunizierende Maschinen geben dem landwirtschaftlichen Unternehmer ganz neue Möglichkeiten an die Hand. Die im Betrieb gewonnenen digitalisierten Daten werden ausgewertet und verknüpft, um Betriebsabläufe zu optimieren, die Tierhaltung zu verbessern, die Umwelt zu schonen und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Landmaschinen, mit denen die Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzenpflege und Ernte digital erfolgt, nutzen bereits vier von zehn Landwirten beziehungsweise Lohnunternehmern, so Bitkom. Sensoren ermitteln zum Beispiel exakt den Pflegebedarf der Pflanzen. So lassen sich Dünge- und Pflanzenbehandlungsmittel punktgenau ausbringen – nur dort, wo sie benötigt werden. Mithilfe der Digitalisierung lässt sich auch präziser und damit wassersparender bewässern.

Autosar in der Landtechnik

Wo sich Landwirte in der Pflanzenproduktion bis vor kurzem noch auf ihre Erfahrung verließen, und nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum gearbeitet haben, regiert nun immer stärker die Präzisionslandwirtschaft. "Firmen wie John Deere und Agco haben angefangen, nicht nur Landwirtschaftsgeräte untereinander zu verbinden, sondern auch Bewässerungssysteme und Nährstoffquellen mit Informationen über Wetter, Marktpreise und künftige Produkte, um die gesamte Produktionsleistung zu optimieren", erklären die Springer-Autoren Gunnar Brink und Fernando Chaves im Kapitel Das Internet der Dinge und neue digitale Geschäftsmodelle in der Lebensmittelindustrie aus dem Buch Digitale Transformation von Geschäftsmodellen. Und warum das Ganze? Hoher Preisdruck, harte internationale Konkurrenz, weltwirtschaftliche Zwänge sowie hohe Qualitätsansprüche an Lebensmittel und Umweltschutz erfordern eine immer effizientere und ressourcenschonendere Bewirtschaftung. "Dabei helfen digitale Technologien", betont Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Smart Farming braucht aber auch smarte Software. Denn die Integration immer leistungsstärkerer Funktionen in die Maschinen erhöht auch den Softwarebedarf der landtechnischen Systeme. Das Dilemma: Da Landmaschinen aber nur in geringen Stückzahlen verkauft werden, ist der Anteil der Kosten für die Softwareentwicklung größer als in der Automobilindustrie. Hier ermöglicht der Autosar-Standard bereits seit Längerem, Entwicklungszeit und -ausgaben zu reduzieren. Bisher war Autosar allerdings für die Landtechnik noch nicht einsetzbar, da der Netzwerkstandard Isobus nicht unterstützt wurde. Um diese Lücke zu schließen, hat ITK Engineering nun eine neue Lösung entwickelt, die Autosar um Isobus erweitert, wie das Unternehmen im Artikel Autosar in der Landtechnik aus der ATZoffhighway 4-2016 erklärt.

Drohnen und fahrerlose Traktoren

Wenn sich heute schon zentimetergenau Chemikalien in einzelne Pflanzen oder kleinräumige Flächen zuleiten lassen, wie sieht dann die Zukunft der technologiegestützten Landwirtschaft aus? Befragt nach Zukunftsszenarien für das Jahr 2030 sehen 43 Prozent der Bitkom-Befragten den Einsatz autonomer Feldroboter als sehr weit verbreitet oder eher verbreitet an. Auf noch höhere Werte kommt der Einsatz von Drohnen. Diese könnten zum Beispiel bei der Unkrautbekämpfung unterstützen, wie das Forschungsprojekt Remweed der Hochschule für Technik Stuttgart verdeutlich, oder den Zustand von Pflanzen und Böden sowie Rinder und Schafherden überwachen.

Auch für fahrerlose Traktoren sehen die Landwirte positive Zukunftsaussichten. Beispielsweise setzen in Großbritannien bereits 13 Prozent der Landwirte auf automatische Lenksysteme ihrer landwirtschaftlichen Maschinen, wie Richard Watson im Kapitel Präzisionslandwirtschaft aus dem Buch 50 Schlüsselideen der Zukunft beschreibt. Seiner Ansicht nach wird auch die Entwicklung von automatisierten, fahrerlosen Fahrzeugen, die die Arbeit auf den Feldern vollkommen selbsttätig verrichten, nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zu semi-intelligenten Ernte-Robotern oder Robotern, die eigenständig Unkraut oder kranke Tieren ausfindig machen", so Watson.

Im Gegensatz zu automatisierten Pkw auf öffentlichen Straßen haben gerade fahrerlose landwirtschaftliche Maschinen einen Vorteil: Viele der juristischen und sicherheitstechnischen Anforderungen im öffentlichen Straßenverkehr gelten für in Privatbesitz befindliche Ackerfelder weniger.

Der "gläserne" Bauernhof

So sinnvoll die Landwirtschaft 4.0 erscheint, so groß sind die diesbezüglichen Befürchtungen der Branche: Sorge um die Datensicherheit beziffern vier von zehn Befragten als Nachteil von Landwirtschaft 4.0 und als Hemmnis der digitalen Transformation der Branche, so Bitkom. Mehr als die Hälfte befürchtet mehr staatliche Kontrollmöglichkeiten durch die Digitalisierung. Knapp ein Drittel meint, dass die Sorge um den Verlust der Datenhoheit die Digitalisierung der Branche bremst. Gleichwohl ist die große Mehrheit unter bestimmten Voraussetzungen dazu bereit, digital erhobene Betriebsdaten zur Verfügung zu stellen, etwa wenn sich dafür der bürokratische Aufwand reduzieren würde. Bedenken gibt es auch hinsichtlich der Investitionskosten für die Landwirtschaft 4.0 als auch der mangelnden Internetversorgung.

"Big Data eröffnet der Landwirtschaft ein riesiges Potenzial. So könnte etwa der Aufwand für die immense Nachweis- und Dokumentationspflicht erheblich reduziert werden. Kehrseite sind berechtigte Datenschutzsorgen. Digital erhobene Daten dürfen nicht von Dritten missbraucht werden, sondern müssen optimal geschützt sein", resümiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder.

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