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2016 | Book

Organische Chemie

Chemie-Basiswissen II

Authors: Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier, Helmut Klein

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

Book Series : Springer-Lehrbuch

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About this book

Die Reihe Chemie Basiswissen stellt den gesamten Wissensstoff für das Bachelorstudium Chemie dar. Studenten mit Chemie im Nebenfach und Studierende des höheren Lehramtes dient sie zur Examensvorbereitung. Der Band II, Organische Chemie, präsentiert den Stoff dieses Gebietes in kurzer und übersichtlicher Form. Das didaktische Konzept und die am Curriculum orientierte Stoffauswahl haben das Buch bei Haupt- und Nebenfachstudenten der Chemie sowie Studierenden des höheren Lehramtes beliebt gemacht. Die 7. Auflage wurde vollständig durchgesehen und aktualisiert und um ein Kapitel über wichtige Medikamente erweitert.

Table of Contents

Frontmatter

Grundwissen der organischen Chemie

Frontmatter
1. Chemische Bindung in organischen Verbindungen

Die Chemie befasst sich mit der Zusammensetzung, Charakterisierung und Umwandlung von Materie. Die Organische Chemie ist der Teilbereich, der sich mit der Chemie der Kohlenstoff-Verbindungen beschäftigt. Der Begriff „organisch“ hatte im Lauf der Zeit unterschiedliche Bedeutung. Im 16. und 17. Jhdt. unterschied man mineralische, pflanzliche und tierische Stoffe. In der zweiten Hälfte des 18. Jhdt. wurde es üblich, die mineralischen Stoffe als „unorganisierte Körper“ von den „organisierten Körpern“ pflanzlichen und tierischen Ursprungs abzugrenzen. Im 19. Jhdt. wurde dann der Begriff „Körper“ auf chemische Substanzen beschränkt. Jetzt benutzte man auch den Ausdruck „organische Chemie“.Untersucht man Substanzen auf die Kräfte, die ihre Bestandteile zusammenhalten, so stellt sich zwangsläufig die Frage nach der „chemischen Bindung“.

Hans Peter Latscha, Helmut Alfons Klein, Uli Kazmaier
2. Allgemeine Grundbegriffe

Organische Substanzen bestehen in der Regel aus den Elementen C, H, O, N und S. Im Bereich der Biochemie kommt P hinzu. Die Vielfalt der organischen Verbindungen war schon früh Anlass zu einer systematischen Gruppeneinteilung. Eine generelle Übersicht ist in Abb. 2.1 dargestellt. Weitere Unterteilungen in Untergruppen sind natürlich möglich. Grundlage der Systematisierung ist stets das Kohlenstoffgerüst. Die daran hängenden „funktionellen Gruppen“ werden erst im zweiten Schritt beachtet. Dies gilt im Prinzip auch für die Nomenklatur organischer Verbindungen.Es ist das Ziel der Nomenklatur, einer Verbindung, die durch eine Strukturformel gekennzeichnet ist, einen Namen eindeutig zuzuordnen und umgekehrt. Bei der Suche nach einem Namen für eine Substanz hat man bestimmte Regeln zu beachten.Einteilungsprinzip der allgemein verbindlichen IUPAC- oder Genfer Nomenklatur:Jede Verbindung ist (in Gedanken) aus einem Stamm-Molekül (Stamm-System) aufgebaut, dessen Wasserstoffatome durch ein oder mehrere Substituenten ersetzt sind. Das Stammmolekül liefert den Hauptbestandteil des systematischen Namens und ist vom Namen des zugrunde liegenden einfachen Kohlenwasserstoffes abgeleitet. Die Namen der Substituenten werden unter Berücksichtigung einer vorgegebenen Rangfolge (Priorität) als Vor-, Nach- oder Zwischensilben zu dem Namen des Stammsystems hinzugefügt. Sind mehrere gleiche Substituenten im Molekül enthalten, so wird dies durch die Vorsilben di-, tri- tetra, penta, usw. ausgedrückt.

Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier, Helmut Alfons Klein

Kohlenwasserstoffe

Frontmatter
3. Gesättigte Kohlenwasserstoffe (Alkane)

Das einfachste offenkettige Alkan ist das Methan, CH$${}_{\mathbf{4}}$$ (Abb. Abb. 1.8). Durch sukzessives Hinzufügen einer CH$${}_{2}$$-Gruppe lässt sich daraus die homologe Verbindungsreihe der Alkane mit der Summenformel C$${}_{\boldsymbol{n}}$$H$${}_{\boldsymbol{2n+2}}$$ ableiten.Eine homologe Reihe ist eine Gruppe von Verbindungen, die sich um einen bestimmten, gleich bleibenden Baustein unterscheiden.Während die chemischen Eigenschaften des jeweils nächsten Gliedes der Reihe durch die zusätzliche CH$${}_{2}$$-Gruppe nur wenig beeinflusst werden, ändern sich die physikalischen Eigenschaften im Allgemeinen regelmäßig mit der Zahl der Kohlenstoff-Atome (Tab. 3.1).Die ersten vier Glieder der Tabelle haben Trivialnamen. Die Bezeichnungen der höheren Homologen leiten sich von griechischen oder lateinischen Zahlwörtern ab, die man mit der Endung -an versieht. Durch Abspaltung eines H-Atoms von einem Alkan entsteht ein Alkyl-Rest R (Radikal, Gruppe), der die Endung -yl erhält (s. Tab. 3.1):Verschiedene Reste an einem Zentralatom erhalten einen Index, z. B. R$${}^{\prime}$$, R$${}^{\prime\prime}$$ oder R$${}^{1}$$, R$${}^{2}$$ usw.Zur formelmäßigen Darstellung der Alkane ist die in Tab. 3.1 verwendete Schreibweise zweckmäßig. Die dort aufgeführten Alkane sind unverzweigte oder normale Kohlenwasserstoffe (n-Alkane). Die ebenfalls übliche Bezeichnung „geradkettig“ ist etwas irreführend, da Kohlenstoffketten wegen der Bindungswinkel von etwa 109$${}^{\circ}$$ am Kohlenstoffatom keineswegs „gerade“ sind (vgl. Abschn. 3.1.1).

Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier, Helmut Alfons Klein
4. Die radikalische Substitutions-Reaktion (SR)

Obwohl Alkane weniger reaktionsfreudig sind als andere Verbindungen, erlauben sie dennoch Reaktionen, die über Radikale als Zwischenstufen verlaufen. Typische Reaktionen gesättigter Kohlenwasserstoffe sind daher radikalische Substitutionen.

Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier, Helmut Alfons Klein
5. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe (Alkene, Alkine)

Die Alkene, häufig auch noch als Olefine bezeichnet, bilden eine homologe Reihe von Kohlenwasserstoffen mit einer oder mehreren C$$=$$C-Doppelbindungen. Die Namen werden gebildet, indem man bei dem entsprechenden Alkan die Endung -an durch -en ersetzt und die Lage der Doppelbindung im Molekül durch Ziffern, manchmal auch durch das Symbol $$\Updelta$$, angibt. Ihre Summenformel ist C$${}_{\boldsymbol{n}}$$H$${}_{\boldsymbol{2n}}$$. Wir kennen normale, verzweigte und cyclische Alkene. Bei den Alkenen treten erheblich mehr Isomere (s. a. Abschn. 2.2) auf als bei den Alkanen. Zu der Verzweigung kommen die verschiedenen möglichen Lagen der Doppelbindung (Konstitutionsisomerie) und die cis-trans-Isomerie hinzu.

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6. Additionen an Alkene und Alkine

Additionen sind die bei weitem wichtigsten Reaktionen ungesättigter Verbindungen, wobei man zwischen vier verschiedenen Mechanismen unterscheiden kann. Drei davon verlaufen stufenweise. Im ersten Schritt addiert ein Elektrophil, ein Nucleophil oder ein Radikal an ein Ende der Mehrfachbindung. Das hierbei gebildete Intermediat reagiert in einem zweiten Schritt zum Reaktionsprodukt abreagiert. Prinzipiell können nach diesen Mechanismen auch cyclische Verbindungen aufgebaut werden. Im Gegensatz hierzu werden bei konzertiertenCycloadditionen beide Bindungen gleichzeitig gebildet. Solche Reaktionen nennt man pericyclische Reaktionen.Prinzipiell besitzen Alkene (und Alkine) zwei reaktive Zentren. Zum einen die Doppelbindung, und zum anderen die benachbarte allylische Position. Diese ist vor allem für (radikalische) Substitutionsreaktionen aktiviert, so dass Reaktionen an dieser Position in Abschn. 4.5.2 besprochen werden.

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7. Aromatische Kohlenwasserstoffe (Arene)

Während im Ethen die Mehrfachbindung zwischen zwei Kohlenstoff-Atomen lokalisiert ist, gibt es in anderen Molekülen „delokalisierte“ oder Mehrzentrenbindungen, so im Benzen (Benzol), C$${}_{6}$$H$${}_{6}$$. Hier bilden die Kohlenstoff-Atome einen ebenen Sechsring und tragen je ein H-Atom. Das entspricht einer sp$${}^{2}$$-Hybridisierung am Kohlenstoff. Die Bindungswinkel sind 120$${}^{\circ}$$.Nach den Vorstellungen der Bindungs-Theorie beteiligen sich die übrig gebliebenen Elektronen nicht an der $$\upsigma$$-Bindung, sondern durch Überlappung der p$${}_{z}$$-Orbitale kommt es zu einer vollständigen Delokalisation dieser Elektronen. Es bilden sich zwei Bereiche hoher Ladungsdichte ober- und unterhalb der Ringebene ($$\boldsymbol{\uppi}$$-System, Abb. 7.1).Die Elektronen des $$\uppi$$-Systems sind gleichmäßig über das Benzol-Molekül verteilt (cyclische Konjugation). Alle C–C-Bindungen sind daher gleich lang (139,7 pm) und gleichwertig.Will man die elektronische Struktur des Benzols nach dem VB-Modell durch Valenzstriche darstellen, so muss man hierfür Grenzformeln (Grenzstrukturen) angeben. Sie sind für sich nicht existent, sondern sind lediglich Hilfsmittel zur Beschreibung des tatsächlichen Bindungszustandes, wofür man oft Formel VI verwendet. Die wirkliche Struktur kann jedoch durch Kombination dieser (fiktiven) Grenzstrukturen nach den Regeln der Quantenmechanik beschrieben werden; den energieärmeren „Kekulé-Strukturen“I und II kommt dabei das größte Gewicht zu.

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8. Die aromatische Substitution S Ar

Aromatische Kohlenwasserstoffe (Arene), obwohl formal ungesättigte Verbindungen, neigen kaum zu Additions-, sondern hauptsächlich zu Substitutions-Reaktionen ($$\mathrm{S}_{\text{E}}$$). Bedenkt man die große Stabilität des aromatischen $$\uppi$$-Elektronensystems und berücksichtigt man die Konzentration der Elektronen ober- und unterhalb der C-Ringebene, so sind elektrophile Substitutionen zu erwarten. Sie galten daher auch lange als Kriterium für den aromatischen Charakter einer Verbindung.Die $$\mathrm{S}_{\text{E}}$$-Reaktion verläuft zunächst analog der elektrophilen Addition an Alkene (s. Kap. 6). Der Aromat bildet mit dem Elektrophil einen Elektronenpaardonor-Elektronenpaaracceptor-Komplex ($$\boldsymbol{\uppi}$$-Komplex1), wobei das $$\uppi$$-Elektronensystem erhalten bleibt. Daraus entsteht dann als Zwischenstufe ein $$\boldsymbol{\upsigma}$$-Komplex, in dem vier $$\uppi$$-Elektronen über fünf C-Atome delokalisiert sind. Dies ist i. a. auch der geschwindigkeitsbestimmende Schritt. Solche Areniumionen konnten in fester Form isoliert und damit als echte Zwischenprodukte nachgewiesen werden.Der $$\upsigma$$-Komplex stabilisiert sich nun aber nicht durch die Addition eines Nucleophils (vgl. Alkene, Abschn. 6.1), sondern eliminiert ein Proton (über einen zweiten $$\uppi$$-Komplex) und bildet das 6$$\uppi$$-Elektronensystem zurück. Dieser Schritt ist energetisch stark begünstigt und somit relativ schnell. Abbildung 8.1 gibt das Reaktionsprofil der Reaktion am Beispiel der Bromierung wieder. Die Bildung eines Additionsprodukts ist um 110 kJ/mol ungünstiger.

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Verbindungen mit einfachen funktionellen Gruppen

Frontmatter
9. Halogen-Verbindungen

Ersetzt man in den Kohlenwasserstoffen ein oder mehrere H-Atome durch Halogenatome (X), erhält man organische Halogenverbindungen mit einer C–Hal-Bindung. Die Bindung ist entsprechend der unterschiedlichen Elektronegativität polarisiert nach $${}^{\updelta+}$$C–X$${}^{\updelta-}$$. Dadurch ist das C-Atom einem Angriff nucleophiler Reagenzien zugänglich. Die Polarität der C–X-Bindung ist abhängig vom Halogenatom und von der Hybridisierung am C-Atom; sie nimmt in der Reihe sp$${}^{3}> $$ sp$${}^{2}> $$ sp ab. Stabilisierende Mesomerieeffekte sind zusätzlich zu berücksichtigen.

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10. Die nucleophile Substitution (SN) am gesättigten C-Atom

Die nucleophile aliphatische Substitutions-Reaktion (S$${}_{\mathrm{N}}$$) ist eine der am besten untersuchten Reaktionen der organischen Chemie. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein nucleophiler Reaktionspartner Nu| einen Substituenten X| (Abgangsgruppe, nucleofuge Gruppe) verdrängt und dabei das für die $${\text{C}}{-}{\text{Nu}}$$-Bindung erforderliche Elektronenpaar liefert:Eine gewisse Polarisierung der $${\text{CH}}{-}{\text{X}}$$-Bindung begünstigt die Reaktion. Das C-Atom, an dem die Reaktion stattfinden soll, erhält dadurch eine positive Teilladung. Im Hinblick auf den Reaktionsmechanismus können unterschieden werden:1.die monomolekulare nucleophile Substitution, die im Idealfall nach 1. Ordnung verläuft (S$${}_{\mathbf{N}}$$1);2.die bimolekulare nucleophile Substitution, die im Idealfall eine Reaktion 2. Ordnung ist (S$${}_{\mathbf{N}}$$2).

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11. Die Eliminierungs-Reaktionen (E1, E2)

Eine Abspaltung zweier Atome oder Gruppen aus einem Molekül, ohne dass andere Gruppen an ihre Stelle treten, heißt Eliminierungs-Reaktion.Bei einer 1,1- oder $$\upalpha$$-Eliminierung stammen beide Gruppen vom gleichen Atom, bei der häufigeren 1,2- oder $$\upbeta$$-Eliminierung von benachbarten Atomen.Eliminierungen können stattfinden:ohne Teilnahme anderer Reaktionspartner, in der Regel thermisch (Beispiel: Esterpyrolyse)unter dem Einfluss von Basen (B) oder Lösemittel-Molekülenmit Reduktionsmitteln aus vicinal (= benachbart) disubstituierten Verbindungen (Beispiel: 1,2-Dihalogen-Verbindungen, M = Metall)

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12. Sauerstoff-Verbindungen

Alkohole (Alkanole) enthalten eine oder mehrere OH-Gruppen im Molekül. Dabei kann i. Allg. maximal nur eine OH-Gruppe an ein und dasselbe C-Atom gebunden sein (Erlenmeyer-Regel, Ausnahme s. Abschn. 17.1.2). Man unterscheidet nach dem Substitutionsgrad des Kohlenstoffatoms, das die OH-Gruppe trägt, primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole und nach der Anzahl der OH-Gruppen ein-, zwei-, drei- und mehrwertige Alkohole.Die Namen werden gebildet, indem man an den Namen des betreffenden Alkans die Endung -ol anhängt. Auch hier ist die Bildung homologer Reihen möglich. Sind verschiedene Isomere möglich, so wird die Stellung der OH-Gruppe durch eine Ziffer dem systematischen Namen vorangestellt.

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13. Schwefel-Verbindungen

Die einfachste Schwefel-Kohlenstoff-Verbindung ist der Schwefelkohlenstoff CS$${}_{2}$$. Vom Schwefelwasserstoff H$${}_{2}$$S leiten sich den Alkoholen und Ethern analoge Verbindungen ab, die Thiole (Mercaptane) und die Sulfide (Thioether). Durch Oxidation von Thiolen erhält man Disulfide, aus Thioethern Sulfoxide und Sulfone. Bei den Sulfonsäuren ist der organische Rest direkt an den Schwefel gebunden, im Gegensatz zu den Schwefelsäureestern.

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14. Stickstoff-Verbindungen

Amine können als Substitutionsprodukte des Ammoniaks aufgefasst werden. Nach der Anzahl der im NH$${}_{3}$$-Molekül durch andere Gruppen ersetzten H-Atome unterscheidet man primäre, sekundäre und tertiäre Amine. Die Substitutionsbezeichnungen beziehen sich auf das N-Atom; demzufolge ist das tertiär-Butylamin ein primäres Amin. Falls der Stickstoff vier Substituenten trägt, spricht man von (quartären) Ammonium-Verbindungen.Cyclische Amine gehören zu der umfangreichen Substanzklasse der heterocyclischen Verbindungen (s. Kap. 22). Es sind ringförmige Kohlenwasserstoffe (zumeist 5- und 6-Ringe), in denen eine oder mehrere CH- bzw. CH$${}_{2}$$-Gruppen durch $$> $$NH bzw. $$> $$N– ersetzt sind. Es gibt gesättigte, partiell ungesättigte und aromatische Systeme. Cyclische Amine und Imine sind Bestandteile vieler biochemisch wichtiger Verbindungen (Aminosäuren, Enzyme, Nucleinsäure, Farbstoffe, Alkaloide, Vitamine u. a.) und zahlreicher Arzneimittel. Auch viele kondensierte heterocyclische Systeme gehören in diese Stoffklasse: Indol, Acridin, Chinolin, Isochinolin, Purin, Pteridin, Alloxazin u. a.

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15. Element-organische Verbindungen

In der präparativen organischen Chemie finden zunehmend Verbindungen Verwendung, die elektropositive Heteroatome enthalten (B, Si, Li, Cd u. a.). Die Bindungen zwischen Kohlenstoff und den Heteroatomen ähneln in ihren Eigenschaften mehr organischen als anorganischen Bindungen, nicht zuletzt wegen des organischen Restes R. Verbindungen mit den stark elektropositiven Elementen (Metallen) bezeichnet man oft als metallorganische Verbindungen$${\text{R}}\boldsymbol{{-}}{\text{M}}$$. In diesem Kapitel soll ein kurzer Überblick über element-organische Verbindungen allgemein gegeben werden, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für Synthesen. Nicht besprochen werden u. a. die $$\uppi$$-Komplexe der Übergangsmetalle und ähnliche Verbindungen. Solche Komplexe spielen z. B. als Katalysatoren eine wichtige Rolle (s. Basiswissen I).

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Verbindungen mit ungesättigten funktionellen Gruppen

Frontmatter
16. Aldehyde, Ketone und Chinone

Aldehyde und Ketone sind primäre Oxidationsprodukte der Alkohole. Sie haben die Carbonylgruppe gemeinsam. Bei einem Aldehyd trägt das C-Atom dieser Gruppe ein H-Atom und ist mit einem zweiten C-Atom verbunden (Aldehyd $$=$$Alcohol dehydrogenatus). Beim Keton ist das Carbonyl-C-Atom mit zwei weiteren C-Atomen verknüpft. (Beachte: Ein Lacton ist kein Keton!)Aldehyde tragen die Endsilbe -al, angefügt an den systematischen Namen, Ketone die Endung -on. Für Aldehyde werden jedoch meist noch Trivialnamen verwendet, die von der entsprechenden Carbonsäure abgeleitet sind. Ketone werden oft benannt indem man an die beiden Reste (in alphabetischer Reihenfolge) die Endung „-keton“ anhängt.Die Oxidation primärer Alkohole gibt Aldehyde. Die Oxidation sekundärer Alkohole gibt Ketone (s. Abschn. 12.1.3.6). Gebräuchliche Oxidationsmittel für sekundäre Alkohole sind KMnO$${}_{4}$$, K$${}_{2}$$Cr$${}_{2}$$O$${}_{7}$$ oder CrO$${}_{3}$$.

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17. Reaktionen von Aldehyden und Ketonen

Typische Reaktionen aller Carbonylverbindungen sind Additionen von Nucleophilen an die Carbonylgruppe. Für Aldehyde und Ketone lässt sich folgender allgemeiner Mechanismus formulieren:Das nucleophile Reagenz lagert sich an das positivierte C-Atom der $$> $$C$${=}$$O-Gruppe an. Unter Protonenwanderung bildet sich daraus eine Additionsverbindung, die je nach den Reaktionsbedingungen weiterreagieren kann. Die Reaktion wird durch Säuren beschleunigt, da Protonen als elektrophile Teilchen mit dem nucleophilen Carbonyl-Sauerstoff reagieren können und dadurch die Polarität der C=O-Gruppe erhöhen (Säurekatalyse).Manchmal ist es zweckmäßig, in alkalischer Lösung zu arbeiten, wenn durch Deprotonierung von HNu ein reaktiveres Nucleophil Nu$${}^{-}$$ gebildet wird.Die verschiedenen Umsetzungen der Carbonylverbindungen unterscheiden sich in der Art der Nucleophile (Heteroatom- oder C-Nucleophile) und in der Art der Folgereaktionen.Carbonylverbindungen mit Wasserstoffatomen in $$\boldsymbol{\upalpha}$$-Position stehen über die Keto-Enol-Tautomerie (Abschn. 16.3) mit der entsprechenden Enolform im Gleichgewicht. Sie sind relativ acide und lassen sich mit starken Basen unter Bildung eines Enolats deprotonieren. Enolate sind sehr gute C-Nucleophile und können als solche z. B. mit anderen Carbonylverbindungen reagieren.Carbonylverbindungen mit Wasserstoffatomen in $$\upalpha$$-Position können also sowohl als Elektrophil als auch als Nucleophil umgesetzt werden.

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18. Carbonsäuren

Carbonsäuren sind die Oxidationsprodukte der Aldehyde. Sie enthalten die Carboxyl-Gruppe $$\boldsymbol{{-}}{\text{COOH}}$$. Die Hybridisierung am Kohlenstoff der COOH-Gruppe ist wie bei der Carbonyl-Gruppe sp$${}^{\mathbf{2}}$$. Viele schon lange bekannte Carbonsäuren tragen Trivialnamen. Nomenklaturgerecht ist es, an den Stammnamen die Endung -säure anzuhängen oder das Wort -carbonsäure an den Namen des um ein C-Atom verkürzten Kohlenwasserstoff-Restes anzufügen. Diese Bezeichnung verwendet man vor allem für komplizierte Verbindungen. Die Stammsubstanz kann aliphatisch, ungesättigt oder aromatisch sein. Ebenso können auch mehrere Carboxylgruppen im gleichen Molekül vorhanden sein. Entsprechend unterscheidet man Mono-, Di-, Tri- und Polycarbonsäuren.

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19. Derivate der Carbonsäuren

Zu den wichtigsten Reaktionen der Carbonsäuren zählen die verschiedenen Möglichkeiten, die Carboxylgruppe in charakteristischer Weise abzuwandeln. Dabei wird die OH-Gruppe durch eine andere funktionelle Gruppe Y ersetzt. Die entstehenden Produkte werden als Carbonsäurederivate bezeichnet und können allgemein formuliert werden als:Die Derivate lassen sich meist leicht ineinander überführen und haben daher präparativ große Bedeutung. Es gibt folgende Verbindungstypen, die in der Reihenfolge zunehmender Reaktivität gegenüber Nucleophilen geordnet sind:

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20. Reaktionen von Carbonsäurederivaten

Für Reaktionen an Carbonsäurederivaten stehen zwei Positionen zur Verfügung: Zum einen die Carbonylgruppe, die von Nucleophilen aller Art angegriffen werden kann, und zum anderen die $$\boldsymbol{\upalpha}$$-Position. In Gegenwart starker Basen lassen sich bei den meisten Derivaten an dieser Position Enolate erzeugen, die dann mit einer Vielzahl von Elektrophilen umgesetzt werden können. Besonders interessant sind Reaktionen, bei denen andere Carbonylverbindungen als Elektrophile eingesetzt werden.

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21. Kohlensäure und ihre Derivate

Die Chemie der Kohlensäure und ihrer Derivate ist von großer Bedeutung. Viele Verbindungen lassen sich strukturell auf die Kohlensäure zurückführen.Die Kohlensäure kann sowohl als einfachste Hydroxysäure wie auch als Hydrat des Kohlendioxids aufgefasst werden. Sie ist instabil und zerfällt leicht in CO$${}_{2}$$ und H$${}_{2}$$O. In wässriger Lösung existiert sie auch bei hohem CO$${}_{2}$$-Druck nur in relativ geringer Konzentration im Gleichgewicht neben physikalisch gelöstem CO$${}_{2}$$:

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22. Heterocyclen

Heterocyclische Verbindungen enthalten außer C-Atomen ein oder mehrere Heteroatome als Ringglieder, z. B. Stickstoff, Sauerstoff oder Schwefel. Man unterscheidet heteroaliphatische und heteroaromatische Verbindungen. Ringe aus fünf und sechs Atomen sind am beständigsten.

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23. Wichtige Reaktionsmechanismen im Überblick

Dieses und das folgende Kap. 24 enthalten eine zusammenfassende Darstellung aller bisher besprochenen Reaktionsmechanismen. Begonnen wird mit einer Beschreibung der wichtigsten Zwischenstufen, es folgen Einzeldarstellungen von Reaktionsmechanismen; zum Schluss wird auf die Woodward-Hoffmann-Regeln eingegangen, die eine einfache Interpretation elektrocyclischer Reaktionen erlauben.

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24. Orbital-Symmetrie und Mehrzentrenreaktionen

Bei den bisher besprochenen Reaktionsmechanismen wurde stets von der heterolytischen oder homolytischen Auflösung und Bildung kovalenter Bindungen ausgegangen, d. h. es wurden polare oder radikalisch ablaufende Reaktionen betrachtet. Wir kennen jedoch auch eine Gruppe von Reaktionen, bei denen kovalente Bindungen in einem Cyclus gebildet und/oder gelöst werden. Erfolgt dieser cyclische Prozess konzertiert, d. h. werden die Bindungen gleichzeitig gelöst und gebildet, dann spricht man auch von pericyclischen Reaktionen. Derartige Reaktionen zeigen oft hohe Stereoselektivität: Es entsteht bevorzugt eines von mehreren möglichen Stereoisomeren. Die Reaktionen werden in ihrem Ablauf durch Wärme oder Licht spezifisch beeinflusst, nicht aber z. B. durch Katalysatoren, Radikalstarter, Lösemittelpolarität etc. (vgl. Photochemie, Kap. 26).

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25. Stereochemie

Bereits bei den Alkanen wurde deutlich, dass die Summenformel zur Charakterisierung einer Verbindung nicht ausreicht. Es muss auch die Strukturformel hinzugenommen werden. Als Strukturisomere oder Konstitutionsisomere werden Moleküle bezeichnet, die sich durch eine unterschiedliche Verknüpfung der Atome unterscheiden (s. Kap. 23). Eine zweite große Gruppe von Isomeren sind die Stereoisomere.

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26. Photochemie

Photochemische Reaktionen gewinnen immer mehr an Bedeutung, da sie häufig zu Produkten führen, die durch thermische Aktivierung nur schwer zugänglich sind. Durch Einstrahlung von Licht bestimmter Wellenlänge (meist durch Hg-Lampen erzeugt) können geeignete Moleküle angeregt werden. Dabei gehen Elektronen aus dem elektronischen Grundzustand durch Absorption eines Photons in einen angeregten Zustand über. Hierdurch wird die Reaktivität der Moleküle oft stark erhöht. Das eingestrahlte Licht muss eine ausreichende Energie (Wellenlänge) besitzen, um in dem Substrat Elektronen so anzuregen, dass sie von bindendenund/oder nichtbindenden Energieniveaus in antibindende angehoben werden. Die bei der Anregung aufgenommene Energie lässt sich berechnen nach $$\displaystyle E=h\> \upnu=h\> c/\uplambda.$$ Für 1 mol Quanten gilt $$E=N_{\mathrm{A}}\> h\> \upnu=N_{\mathrm{A}}\> h\> c/\uplambda$$. Für jede Wellenlänge $$\uplambda$$ hat E einen bestimmten Wert, für $$\uplambda=$$ 1 m zum Beispiel $$E=$$ 0,11963 $$\mathrm{J}/{\text{mol}}$$.Da die Energiedifferenz des $$\upsigma\to\upsigma$$*-Übergangs sehr groß ist, findet dieser i. A. nicht statt. Für den $$\boldsymbol{\uppi}\to\boldsymbol{\uppi}$$*-Übergang benötigt man UV-Licht mit $$\boldsymbol{\uplambda}\boldsymbol{\approx}$$ 160 nm und für den n $$\to\boldsymbol{\uppi}$$*-Übergang UV-Licht mit $$\boldsymbol{\uplambda}\boldsymbol{\approx}$$ 280 nm (s. Abschn. 38.1). Wichtig für die Diskussion photochemischer Reaktionen ist die sog. Multiplizität M der Elektronenzustände.

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Chemie von Naturstoffen und Biochemie

Frontmatter
27. Chemie und Biochemie

Hauptbestandteil aller Lebewesen ist Wasser, H$${}_{2}$$O, das etwa 60–90 % der Masse von Pflanzen und Tieren ausmacht. Andere anorganische Substanzen sind hauptsächlich in den Knochen enthalten (z. B. Hydroxylapatit) und haben einen Massenanteil von etwa 4 %. Der Rest besteht aus einer großen Zahl organischer Substanzen mit z. T. sehr kompliziertem chemischem Aufbau, von denen viele nur in geringen Mengen im Organismus vorkommen. Von den Elementen her gesehen besteht lebende Materie zu ca. 90 % aus C, O, H und N. Weitere Elemente, die z. T. nur als Spurenelemente vorhanden sind, sind jedoch für den Ablauf der lebensnotwendigen biochemischen Reaktionen im Organismus unerlässlich. Dazu gehören z. B. in größeren Mengen Na, K, Mg, Ca, P, S und in kleineren Mengen Se, I, Cr, Mo, Mn, Fe, Co, Ni, Cu und Zn.

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28. Kohlenhydrate

Zu diesen Naturstoffen zählen Verbindungen (z. B. Zucker, Stärke und Cellulose) die oft der Summenformel C$${}_{\boldsymbol{n}}$$(H$${}_{\mathbf{2}}$$O)$${}_{\boldsymbol{n}}$$ entsprechen, also formal aus Kohlenstoff und Wasser aufgebaut sind. Sie werden deshalb als Kohlenhydrate bezeichnet. Diese Verbindungen enthalten jedoch kein freies Wasser, sondern es sind Polyalkohole, die außer den Hydroxyl-Gruppen, die das lipophobe (hydrophile) Verhalten verursachen, meist weitere funktionelle Gruppen besitzen.Zucker, die eine Aldehyd-Gruppe im Molekül enthalten, nennt man Aldosen, diejenigen mit einer Ketogruppe Ketosen. Als Desoxyhexosen bzw. -pentosen werden Zucker bezeichnet, bei denen an einem oder mehreren C-Atomen die OH-Gruppe durch H-Atome ersetzt wurde.Man unterteilt die Kohlenhydrate in:Monosaccharide (einfache Zucker wie Glucose),Oligosaccharide (hier sind 2–6 Monosaccharide miteinander verknüpft, z. B. Rohrzucker) undPolysaccharide (z. B. Cellulose, s. Abschn. 28.3).Die (unverzweigten) Monosaccharide werden weiter eingeteilt nach der Anzahl der enthaltenen C-Atome in Triosen (3 C), Tetrosen (4 C), Pentosen (5 C), Hexosen (6 C) usw.

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29. Aminosäuren, Peptide und Proteine

Die Eiweiße oder Proteine (Polypeptide) sind hochmolekulare Naturstoffe (Molekülmasse $$> $$ 10.000), aufgebaut aus einer größeren Anzahl (20) verschiedener Aminosäuren (Aminocarbonsäuren).

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30. Lipide

Die Ester langkettiger, meist unverzweigter Carbonsäuren wie Fette, Wachse u. a. werden unter dem Begriff Lipide zusammengefasst. Manchmal rechnet man auch die in den nachfolgenden Kapiteln besprochenen Isoprenoide wie Terpene und Steroide hinzu.Biochemisch von Bedeutung ist, dass Lipide im Stoffwechsel viele Gemeinsamkeiten aufweisen: Sie werden aus aktivierter Essigsäure aufgebaut, enthalten vielfach langkettige Fettsäuren als wesentliche Komponente, werden im Stoffwechsel oft durch einfache Reaktionen ineinander übergeführt und sind häufig wichtige Bestandteile biologischer Membranen, deren Eigenschaften sie bestimmen. Tabelle 30.1 gibt einen Überblick über wichtige Lipide.Fette sind Mischungen aus Glycerolestern („Glyceride“) verschiedener Carbonsäuren mit 12 bis 20 C-Atomen (Tab. 30.2). Sie dienen im Organismus zur Energieerzeugung, als Depotsubstanzen, zur Wärmeisolation und zur Umhüllung von Organen.Wie alle Ester können auch Fette mit nucleophilen Reagenzien, z. B. einer NaOH-Lösung, umgesetzt werden (Verseifung). Dabei entstehen Glycerol und die Natriumsalze der entsprechenden Säuren (Fettsäuren), die auch als Seifen bezeichnet werden. Durch Zugabe von NaCl (Kochsalz) zu den wasserlöslichen Seifen werden diese ausgefällt („aussalzen“, Überschreitung des Löslichkeitsprodukts). Sie werden auf diesem Wege großtechnisch hergestellt und als Reinigungsmittel verwendet.Die saure Verseifung höherer Carbonsäureester (Fette) ist wegen der Nichtbenetzbarkeit von Fetten durch Wasser sehr erschwert, ein Zusatz von Emulgatoren daher erforderlich.

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31. Nucleotide und Nucleinsäuren

Nucleotide wurden erstmals als Bausteine der Nucleinsäuren gefunden. Sie sind in charakteristischer Weise aufgebaut und haben inzwischen einer ganzen Substanzklasse gleichermaßen aufgebauter Verbindungen ihren Namen gegeben.Als organische Basen fungieren meist N-haltige Heterocyclen mit einem aromatischen Ringsystem. Als Zucker findet man in der Regel d-Ribose oder d-Desoxyribose. Zur Unterscheidung der Ringziffern in der Base beziffert man die C-Atome dieser Zucker mit $$1^{\prime}$$ bis $$5^{\prime}$$. Die Moleküleinheit aus Base und Zucker bezeichnet man als Nucleosid. Durch Esterbildung einer OH-Gruppe des Zuckers mit Phosphorsäure entsteht aus dem Nucleosid ein Nucleotid. Nucleotide sind demzufolge Nucleosidphosphate.

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32. Terpene und Carotinoide

Terpene kommen vor allem in Harzen und ätherischen Ölen vor. Sie werden in der Riechstoffindustrie zur Herstellung von Parfümen und zur Parfümierung von Waschmitteln und Kosmetika verwendet.Ätherische Öle sind teilweise wasserlösliche, ölige Produkte, die im Gegensatz zu den fetten Ölen ($$=$$ flüssige Fette, s. Abschn. 30.2) ohne Fettfleck vollständig verdunsten. Ihre Gewinnung erfolgt durch Wasserdampfdestillation, Extraktion (mit Petrolether) oder Auspressen von Pflanzenteilen. Chemisch handelt es sich meist um Verbindungen, die aus Isopren-Einheiten (C$${}_{5}$$H$${}_{8}$$) aufgebaut sind.

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33. Steroide

Zu den biologisch wichtigen Steroiden gehören die Sterine (Sterole), die Gallensäuren, Sexualhormone, sowie die Corticoide. Zu den herzaktiven Steroiden gehören die Cardenolide und Bufadienolide. In Nachtschattengewächsen findet man Steroid-Alkaloide, und auch Vitamine (D$${}_{2})$$ leiten sich von den Steroiden ab.Steroide sind Verbindungen mit dem Grundgerüst des Sterans:Prinzipiell können alle Ringe miteinander cis- oder trans-verknüpft sein (s. a. Abschn. 3.2.19), man findet jedoch nur bestimmte Konfigurationen. Ring A und B können sowohl cis- als auch trans-verknüpft sein. Der Substituent an C-10 steht dabei definitionsgemäß nach oben ($$\upbeta$$). Demzufolge gibt es eine 5$$\upalpha$$- (Subst. nach unten) und eine 5$$\upbeta$$-Form (nach oben). Ring B und C sind immer trans-verknüpft, Ring C und D in der Regel auch: Ausnahme: die Cardenolide und Bufadienolide.

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34. Alkaloide

Alkaloide sind eine Gruppe von N-haltigen organischen Verbindungen, die von der Biosynthese her als Produkte des Aminosäure-Stoffwechsels angesehen werden können. Die meisten Alkaloide enthalten Stickstoff-Heterocyclen als Grundkörper und werden anhand dieser Ringsysteme eingeteilt (Abb. 34.1). Besonders verbreitet sind 5- (Pyrrol- und Pyrrolidin-Alkaloide) und 6-gliedrige Ringe (Pyridin- und Piperidin-Alkaloide), wobei häufig auch Kombination aus mehreren Ringen auftreten. Neben dem bicyclischen Tropan-Grundgerüst findet man vor allem auch die kondensierten Ringsysteme der Pyrrolizidin-, Indolizidin- und Chinolizidin-Alkaloide. Zu den Alkaloiden mit heteroaromatischem Grundkörper gehört die wichtige Gruppe der Indol-Alkaloide, die sich von der Aminosäure Tryptophan ableiten, sowie die Chinolin und Isochinolin-Alkaloide. Daneben gibt es noch eine Reihe nicht heterocyclischer Alkaloide, sowie eine Gruppe von Cyclopeptiden. Die Familie der Steroid-Alkaloide wurde bereits in Abschn. 33.2.6 besprochen.Bei der Extraktion aus pflanzlichem Material nutzt man die basischen Eigenschaften vieler Alkaloide zur Trennung aus. Alkaloide finden als Arzneimittel Verwendung; einige sind bekannte Rauschmittel und Halluzinogene.

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35. Natürliche Farbstoffe

In den vorangegangenen Kapiteln wurden bereits mehrere natürlich vorkommende Farbstoffe erwähnt, so z. B. $$\boldsymbol{\upbeta}$$-Carotin (Butter) und die Xanthophylle (Gelbfärbung von Laub). Viele Farbstoffe enthalten heterocyclische Grundgerüste. Dazu gehören u. a.:1. Die Flügelpigmente einiger Insekten mit Pteridin als Heterocyclus (es ist jeweils nur eine tautomere Form angegeben):2. Porphinfarbstoffe:Zu dieser wichtigen Verbindungsklasse gehören die Farbkomponenten des Blutes (Häm), des Blattgrüns (Chlorophyll) und des Vitamin B$${}_{\mathbf{12}}$$. Häm und Chlorophyll leiten sich ab vom Porphin (Porphyrin), bei dem 4 Pyrrolringe jeweils über Methinbrücken ($$-$$CH$${=}$$) verknüpft sind. Dadurch entsteht ein 16-gliedriges mesomeriestabilisiertes Ringsystem. Die Pyrrolringe tragen weiterhin Methyl- und Ethenylgruppen, sowie Propionsäuregruppierungen:Häm ist die farbgebende Komponente des Hämoglobins, des Farbstoffs der roten Blutkörperchen (Erythrocyten). Der Hämanteil des Hämoglobins beträgt ca. 4 %, der Rest (96 %) besteht aus dem Protein Globin. Im Zentrum des Porphin-Ringsystems, dem Protoporphyrin, befindet sich beim Häm ein Fe$${}^{\mathbf{2+}}$$-Ion, das mit den Stickstoffatomen der Pyrrolringe vier Bindungen eingeht, von denen zwei „koordinative“ Bindungen sind. Im Hämoglobin wird eine fünfte Koordinationsstelle am Eisen durch das Histidin des Globins beansprucht. Dadurch wird das Häm koordinativ an das Eiweiß gebunden. Hämoglobin besteht aus vier Untereinheiten, enthält also 4 Häm-Moleküle.

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Angewandte Chemie

Frontmatter
36. Organische Grundstoffchemie

Der Rohstoffbedarf der industriellen organischen Chemie wird weitgehend durch Kohle, Erdgas und Erdöl gedeckt, wobei diese Stoffe auch gleichzeitig die wichtigsten Energieträger sind. Heute basieren etwa 95 % der petrochemischen Primärprodukte auf Erdöl/Erdgas und nur 5 % auf Kohle als Chemierohstoff (mit Ruß und Graphit 13 %).

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37. Kunststoffe

Kunststoffe sind voll- oder halbsynthetisch hergestellte Makromoleküle. In den organischen Kunststoffen sind die C-Atome untereinander und mit anderen Atomen wie H, O, N und Cl verknüpft. Besteht das Rückgrat der Kette aus gleichen Atomen, spricht man von einer Isokette (z. B. $${-}{\text{C}}{-}{\text{C}}{-}{\text{C}}{-}{\text{C}}{-}{\text{C}}{-}$$), sind auch andere Atome vorhanden, von einer Heterokette (z. B. $${-}{\text{C}}{-}{\text{O}}{-}{\text{C}}{-}{\text{O}}{-}{\text{C}}{-}$$).

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38. Farbstoffe

Farbgebende Stoffe natürlicher oder synthetischer Herkunft nennt man Farbmittel. Die in Löse- oder Bindemitteln unlöslichen Farbmittel heißen Pigmente. Lösliche organische Farbmittel bezeichnet man als Farbstoffe.

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39. Chemie im Alltag

Medikamente (Arzneimittel) sind definiert als „Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten verabreicht werden können, um die menschlichen (oder tierischen Funktionen) wiederherzustellen“.Neue Medikamente werden von der Pharmaindustrie entwickelt. Dabei werden zuerst neue Wirkstoffe identifiziert und charakterisiert. Diese können entweder als Naturstoffe natürlich vorkommen, oder auch vollsynthetisch hergestellt sein. Diese werden auf ihre biologische Aktivität hin untersucht, und in der Regel durch aufwendige Synthesen optimiert. Dann werden sie experimentell-pharmakologischen Testsystemen unterzogen, bevor ihre Toxizität auch in Tierversuchen untersucht wird. Die pharmazeutische Technologie (Galenik) entwickelt dann die optimale Arzneiform (Salbe, Tablette, Zäpfchen, …). Vor der Zulassung muss ein Medikament mehrere klinische Phasen durchlaufen, bevor es auf den Markt gelangen darf.Ein Placebo ist eine Tablette oder Kapsel ohne Wirkstoff, die also auch keine Wirkung entfalten darf. Tritt dennoch beim Patienten eine physische oder körperliche Reaktion auf, dann nennt man dies „Placeboeffekt“. In der Regel ist dies auf psychische Effekte zurückzuführen.

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Backmatter
Metadata
Title
Organische Chemie
Authors
Hans Peter Latscha
Uli Kazmaier
Helmut Klein
Copyright Year
2016
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-46180-8
Print ISBN
978-3-662-46179-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-46180-8

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