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05-04-2024 | Private Equity | Schwerpunkt | Article

Private Equity liefert Mittelstand mehr als Kapital

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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In den vergangenen Jahren ist das Interesse des Mittelstands an Private Equity gestiegen. Die Investoren bringen die Unternehmen nicht nur finanziell, sondern auch strategisch und operativ voran, zeigen Studien und Forschungsdaten. 

Zwar ist die Stimmung von Private-Equity-Investoren noch immer unterkühlt, wie die Förderbank KfW in ihrem German Private Equity (PE) Barometer für das vierte Quartal 2023 feststellt. "Aber sowohl das Lageurteil als auch die Geschäftserwartungen konnten sich verbessern", betonen die Wirtschaftsexperten in ihrem Report von Mitte Februar. Auch laut dem "Global Private Equity Report 2024", den die Beratungsgesellschaft Bain & Company Mitte März veröffentlicht hat, mehren sich die Anzeichen, dass das Segment nach dem Tief im Jahr 2023 wieder aus der Talsohle kommt. 

Mehr Private Equity im Mittelstand

"Dazu trägt die Aussicht auf sinkende Leitzinsen im weiteren Jahresverlauf ebenso bei wie der bestehende Anlagedruck", heißt es in dem Bericht. Allein Buyout-Fonds verfügten derzeit über 1,2 Billionen US-Dollar an nicht-investierten Kapital. "Für die PE-Branche hat das Jahr 2024 vergleichsweise gut begonnen", erklärt Bain-Partner Alexander Schmitz, der die PE-Praxisgruppe in der DACH-Region leitet. "Dieser Aufwärtstrend könnte sich nun verfestigen." 

Insgesamt ist für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in den vergangenen Jahren die Bedeutung von Finanzierungen durch PE-Gesellschaften deutlich gewachsen. "Dies liegt vor allem daran, dass diese für Wachstum, Internationalisierung und technologische Innovationen oft mehr benötigen als traditionelle Bankfinanzierungen bieten können", erläuterte Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Bundesverband Beteiligungskapital, Anfang März in einem Interview auf springerprofessional.de. 

Portfolio-Unternehmen wachsen schneller

Eine Vergleichsanalyse des auf Mittelstandkunden fokussierten Beratungshauses Munich Strategy von Mitte Februar kommt sogar zum Schluss, dass PE-geführte Unternehmen stärker beim Umsatz und Gewinn wachsen als Betriebe in Inhaberhand. Dabei werteten die Studienautoren Daten der Jahre 2018 bis 2021 von mehr als 800 mittelständischen Firmen mit einem Umsatz zwischen jährlich zehn und 500 Millionen Euro sowie Gespräche mit Unternehmensentscheidern aus. 

Während die Firmen mit Private-Equity-Beteiligung im Betrachtungszeitraum ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 7,5 Prozent im Jahr aufwiesen, erzielten inhabergeführte Betriebe lediglich ein Plus von 2,3 Prozent. Die Analyse ermittelte vor allem eine besonders zügige Erholung der PE-Portfolio-Unternehmen nach Ausbruch der Corona-Pandemie. Diese legten 2021 im Schnitt einen Umsatzzuwachs von 15,6 Prozent vor. In der inhabergeführten Vergleichsgruppe waren es lediglich 7,7 Prozent. 

Private Equity ist nicht nur Katalysator für finanzielles Wachstum, sondern bringt Unternehmen auch strategisch und operativ voran", kommentiert Studienautor Sebastian Theopold, Partner bei Munich Strategy, das Ergebnis der Erhebung. 

So sorgen die Beteiligungen auch für mehr Jobs: Die Mitarbeiterzahl in inhabergeführten Unternehmen kletterte in den betrachteten vier Jahren um 1,3 Prozent pro Jahr. Bei den PE-Portfolio-Unternehmen waren es acht Prozent. Allerdings spielen bei letzteren "auch Übernahmen eine Rolle", stellt die Analyse klar.

Mittelstand holt digital auf

Interessant ist, dass die Erhebung im Hinblick auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) inhabergeführte Unternehmen leicht im Vorteil sieht: So hat ein Drittel der Firmen in beiden Vergleichsgruppen bereits große Teile ihrer vormals (teil-)manuellen Prozesse digitalisiert. Weitere 37 Prozent der PE-Portfolio-Unternehmen und sogar 48 Prozent der anderen Betriebe haben Digitalisierungsmaßnahmen zumindest teilweise umgesetzt. Zwei Drittel der PE-geführten Firmen nutzen bislang hingegen keine autonome KI oder Machine Learning. In der Vergleichsgruppe liegt dieser Anteil bei nur einem Drittel. 

Mit diesen Zahlen sehen die Studienautoren "das Klischee des technologisch rückständigen Mittelstands" als widerlegt an. Die Analyse zeige vielmehr "die zunehmende Bedeutung von Automatisierung in Zeiten des Fachkräftemangels", heißt es weiter. 

PE-Investoren verbessern ESG-Strukturen

Das gleiche gilt für Nachhaltigkeitsstandards, die in beiden Unternehmensgruppen gleichermaßen verankert sind. Während Betriebe in Familienhand ökologische, soziale und Governance-Aspekte (ESG) häufiger in ihrer Unternehmensstrategie aufgenommen haben, sind Firmen in PE-Hand weiter beim Aufbau von ESG-Strukturen. "Dies können einzelne Personen im Unternehmen sein, die sich neben ihrer eigentlichen Tätigkeit auch um Nachhaltigkeitsthemen kümmern, oder eigens dafür eingestellte ESG-Manager."

Risikokapitalgeber können in vielen Aspekten des strategischen und operativen Verhaltens ihrer Portfolio-Unternehmen eine aktive Rolle übernehmen, einschließlich der Rekrutierung von Schlüsselpersonal, der Entwicklung von Geschäftsplänen und der Vernetzung mit anderen Unternehmen, Kunden und Investoren", heißt es in einem Beitrag der Zeitschrift "List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik" aus dem Jahr 2021. 

Professionalisierung contra Kontrollverlust

Laut Jürgen und Kerstin Schneider trägt die Mitwirkung von Vertretern der PE-Seite in Aufsichtsräten und Beiräten "zu einer Professionalisierung der Unternehmensführung bei". Die Springer-Autoren berufen sich dabei auf verschiedene Studien wie etwa "Familiy Budiness Governnance als Erfolgsfaktor von Familienunternehmen" (Koeberle-Schmid, A., Witt, H.-J. und Fahrion, P.) aus dem Jahr 2018. 

Im Hinblick auf die Wertsteigerung des Portfolio-Unternehmens schätzten Partner von Private-Equity-Gesellschaften, Unternehmensberater oder Experten aus der Forschung "gezielte Veränderungen in Aufsichtsgremien als zweitwichtigsten Hebel der Unternehmenswertsteigerung ein, dicht gefolgt von dem Einbringen von Know-how", schreiben die Jürgen und Kerstin Schneider. 

Die Gewährung von Managementunterstützung durch den PE-Investor, um die Unternehmensführung des Portfolio-Unternehmens professioneller auszurichten, mache diese Art der Finanzierung besonders interessant - obgleich vor allem Familienbetriebe auch über den Kontrollverlust klagten. Allerdings seien deren interne Berichts-, Kontroll- und Steuerungsprozesse im Vergleich zu großen Publikumsgesellschaften nicht so entwickelt und stehen im Ruf, intransparent zu sein. 

Neue Steuerungssysteme schaffen Mehrwert

Aus diesen Gründen fordern PE-Geldgeber eine Professionalisierung des Berichtswesens durch Steigerungen der Berichtshäufigkeit und -intensität. Auf der einen Seite befriedigen die PE-Investoren so ihr starkes Informationsbedürfnis, auf der anderen Seite bauen die Portfolio-Unternehmen durch den Druck der Investoren Steuerungssysteme auf, die eine bessere Führung ermöglichen und so indirekt den Wert des Unternehmens erhöhen. Insofern stecken in der freiwilligen oder erzwungenen Implementierung von Steuerungs- und Controlling-Systemen hohe Potenziale und damit Chancen im Hinblick auf eine Wertsteigerung des Unternehmens", so Jürgen und Kerstin Schneider.

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