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05-09-2019 | Rechnungswesen | Schwerpunkt | Article

Wie Digitalisierung im Rechnungswesen gelingt

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Eine aktuelle Studie zeigt, warum in Finanzabteilungen die digitale Transformation stockt: Häufig fehlen Entscheidern praktische Anwendungsfälle. Wie Digitalisierung in diesem Bereich gelingt, zeigen Beispiele von Münchener Rück und Audi.

Unternehmen wollen die Standardisierung und Harmonisierung von Prozessen kontinuierlich vorantreiben – auch und gerade im Finanzbereich. "Heute gerät das Controlling mit der Digitalisierung unter neuen Konkurrenzdruck durch externe Berater und interne Fachabteilungen oder sogenannte Data Scientists, die als Businesspartner des Managements mit Datenanalysen und Entscheidungsvorlagen Kompetenzfelder des Controllers für sich besetzen", schreiben Kay Schlenkrich und Helena Wisbert im Buchkapitel "Effizienz von Controllingsystemen in der digitalen Transformation" (Seite 40).

So sehen auch die für die aktuelle KPMG-Studie "Digitalisierung im Rechnungswesen 2019" befragten Finanzentscheider die Etablierung standardisierter und überprüfbarer Prozesse als übergeordnetes Ziel an. Für die Analyse wurden insgesamt 151 Finanzentscheider im März online befragt sowie 14 persönliche Experteninterviews mit CFOs und Chief Accountants deutscher, österreichischer und Schweizer Unternehmen geführt. An der Erhebung beteiligt waren auch Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Controller als Navigator des Unternehmens

"Nicht mehr also die Verfügbarkeit von relevanten Informationen, sondern die Bedarfsanalyse inbegriffen der eigentlichen Nachfrage und Nutzbarmachung von relevanten Informationen ist durch die Digitalisierung zum erfolgskritischen Faktor geworden", führen die Springer-Autoren Schlenkrich und Wisbert auf Seite 41 aus und sagen:

Versteht man die Rolle des Controllers als Navigator des Unternehmens, der die wesentlichen Informationen für die Erreichung der Unternehmensziele bereitstellt, so führt die digitale Transformation für das Controlling grundsätzlich neue Herausforderungen herbei."

Viele Tools nicht auf dem Schirm der Entscheider

Dabei stecken wirksame digitale Tools und Anwendungen klaut KPMG noch vielfach in den Kinderschuhen. So setzen von den befragten Unternehmen

  • neun Prozent Big-Data-Analysetools und Self-Service Reporting, 
  • 13 Prozent In-Memory-Datenbanken und 
  • erst vier Prozent regelbasierte Systeme wie Robotic Process Automation (RPA) oder Software-Bots

flächendeckend in ihrer Organisation ein. In Finanzabteilungen anderer Unternehmen sind diese Technologien häufig erst in der Pilotphase, noch in Planung oder – was den größten Teil ausmacht – gar nicht auf dem Schirm der Verantwortlichen. So stehen zum Beispiel

  • Big-Data-Analysen bei 35 Prozent, 
  • RPA bei 43 Prozent und 
  • die Blockchain bei 58 Prozent

gar nicht auf der Agenda der digitalen Transformation. Ein möglicher Grund: Diese Themen sind für viele Entscheider oftmals zu abstrakt und die Anwendungsfälle für das Rechnungs­wesen eher unklar.

Vertrauen in die Cloud steigt

Deutlich stärker engagieren sich die Unternehmen mittlerweile bei den Cloud-Diensten. Bereits 16 Prozent nutzen diese Möglichkeit flächendeckend, 26 Prozent haben ein Pilotprojekt aufgesetzt, und bei elf Prozent liegen konkrete Planungen für einen Einsatz vor. Auch transaktionale Prozesse werden künftig nahezu vollständig digitalisiert. Der Vorteil: Durch vernetzte Systeme sowie einheitliche Datengrundlagen sind künftig kaum noch manuelle Eingriffe nötig. Beispielhaft dafür sind Robots, die auch Rechnungen ohne Bestellbezug zuordnen. 

Zudem werden Closing, Reporting und Controlling verstärkt automatisiert. Die Erfassung, Aufbereitung und Konsolidierung von Daten sowie das Reporting laufen dann automatisch ab, was die Berichterstattung flexibler und nutzerfreundlicher mache, erläutern die Studienexperten.

Münchener Rück nutzt virtuelle Datenplattform

Als Beispiel führen die Analysten den Fall der Münchener Rückversicherungsgesellschaft an. Der Konzern benötigt für Vorstandsentscheidungen komplexe Analysen. Die hierfür notwendigen Daten stammen aus unterschiedlichen inter­nen wie externen Quellen. Deren Sammlung, Aufbereitung und Präsentation verlief bislang zeit- und kostenintensiv bei zeitgleich hoher Fehleranfälligkeit. Diese Prozesse will der Versicherer nun weitgehend von manuellen Tätigkeiten befreien und automatisieren. Damit sollen die Datengrundlage für strategische Entscheidungen verbessert, die Effizienz gesteigert sowie die Berichts- und Produktlandschaft vereinfacht werden.

Eine virtuelle Daten­plattform (Digital Finance Platform, DFP) ermöglicht im Unternehmen künftig eine vollautomati­sierte, konsistente Übernahme von Daten in die analytischen Modelle sowie ein interaktives Real-time-Reporting der Ergebnisse. Dafür bringt sie interne ERP-Systeme und externe Datenquellen wie die Deutsche Bundesbank oder auch den Internationalen Währungsfonds und Tools wie Excel, Power BI, R, Python, Matlab oder auch SAS zusammen. 

Nach Qualitätssicherung der Analyseergebnisse durch den Anwender werden diese mit einem Mausklick zur revisionssicheren Dokumentation in die vorgesehene Datenbank über­tragen. Dort können sie abgerufen oder wiederum als Input in Folgeanalysen integriert werden. Spezielles IT-Know-how oder größerer Implementierungsaufwand sei hierfür nicht nötig, heißt es in der Studie. Eine neue Abteilung, die in Kooperation mit der IT aus dem Gruppencontrolling heraus entstand, sorgt für die Umsetzung.

Digitalisierung ändert Rolle der Finanzabteilung bei Audi

Auch beim Autobauer Audi konzentrieren sich die Verantwortlichen auf die Verwaltung und Analyse von Echtzeit-Daten. Im Zuge dessen stellte der Finanzbereich des Konzerns Prozessabläufe, die IT- und Datenlandschaft wie auch die genutzten Steuerungskennzahlen innerhalb des Bereichs auf den Prüfstand. Die Analyse ergab eine relativ große Heterogenität unter anderem aufgrund vieler Altsysteme in der Finanz-IT, die nicht dem gewünschten Standard entsprachen. Auch fehlte ein einheit­liches Datenmodell. 

Mit dem 2015 installierten Projekt "1Finance" will Audi den Finanzbereich bis 2025 vollständig digi­talisieren. Als Basis werden zunächst Prozesse, IT-Sys­teme und Datenlandschaft harmonisiert und standardisie­rt. Mittel- und langfristig sollen transaktionale Prozesse vollständig digitalisiert werden, da der aktuelle Stand digita­ler Technologien, zum Beispiel aus dem Bereich Robotics Process Automation, dies vor allem bei standardisierten und repetitiven Prozessen auf mittlere Sicht erlaubt. Das Controlling wird außerdem künftig durch Künstliche Intelligenz unter­stützt. Insbesondere das Bereitstellen von Daten­analysen in Echtzeit ist ein langfristiges Ziel.

Daneben soll innerhalb des Projektes auch die Rolle des Finanzbereichs im Konzern weiterentwickelt werden, heißt es in der Studie. "Neben klassischen Aufgaben wie der Steuerung finanzieller Daten findet sich eine ganze Reihe innovativer Aspekte, die dieser Bereich bisher nicht abdeckte. So ist vorgesehen, dass der Bereich künftig eine wichtige Rolle in der Strategie­entwicklung, im Performance Management und allgemein bei wichtigen Unternehmensentscheidungen spielt", schreiben die KPMG-Analysten. Möglich machen soll das die Erstellung und Auswertung von Echtzeitanalysen der finanziellen Auswirkungen von Ent­scheidungen, die für die Unternehmenssteuerung "einen erheblichen Mehrwert darstellen".

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