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12-06-2023 | Spanen + Trennen | Schwerpunkt | Article

Mit Algorithmen zum optimal geschliffenen Werkzeug

Author: Thomas Siebel

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Schleifen ist eines wichtigsten Fertigungsverfahren – aber auch eines der komplexesten. Neue Tools und Vorgehensmodelle sollen Formabweichungen vermeiden. Inspiration liefert auch die Biologie.

Schleifen ist eines der wichtigsten Verfahren für die Fertigung besonders maß- und formgenauer Bauteile mit hoher Oberflächenqualität. Solche Bauteile sind beispielsweise Zerspanwerkzeuge wie Fräser, Bohrer oder Wendeschneidplatten oder auch Zahnräder für Elektroautogetriebe. Schleifen ist allerdings auch eines der komplexesten Fertigungsverfahren, da das Schleifergebnis nicht nur von zahlreichen Eingangsparametern und Kenngrößen abhängt, sondern auch von der Auswahl der Schleif- und der Abrichtscheiben, wie Bahman Azarhoushang und Heike Kitzig-Frank im Beitrag Abrichten und Schleifen mit virtueller Expertenunterstützung in der Schweizer Ausgabe der Zeitschrift maschinenbau schreiben.

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Planungsarchitektur für das autonome Werkzeugschleifen

Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) erforscht eine intelligente Planungsarchitektur, um Formfehler mithilfe einer technologischen Materialabtragssimulation auf Basis des NC-Codes zu kompensieren. Lernende Prozessmodelle sowie ein Konzept zur Wissensübertragung werden eingesetzt, um eine selbstoptimierende Methode zu realisieren.

Optimal wird ein Schleifergebnis erst, wenn das Schleifwerkzeug und Schleifbedingungen auf das Werkstück abgestimmt sind. Fehler, die beispielsweise aus falsch gewählten Körnungen oder Umfangsgeschwindigkeiten, Vorschüben und Zustellungen resultieren können, fassen Jochen Dietrich und Arndt Richter im Kapitel Schleifen (S. 312) des Buchs Praxis der Zerspantechnik zusammen.

Expertensystem schlägt Werkzeug und Parameter vor

In der Praxis gleicht die Suche nach den besten Schleifparametern oftmals einem Glücksspiel. Laut Azarhoushang und Kitzig-Frank werden sie häufig im Trail-and-Error-Verfahren oder von Maschinenbedienern ohne die notwendige Kompetenz eingestellt – oder das Bedienpersonal hält an "Schleifscheiben, Schleifparametern, Abrichtwerkzeugen und Abrichtmethoden fest, die ‚schon immer‘ zur Herstellung ähnlicher Werkstücke verwendet oder von den Werkzeugherstellern angeboten" werden. Problematisch ist dabei, dass eine fehlerhafte Bearbeitung mit hohen finanziellen Verlusten einhergehen kann.

Azarhoushang und Kitzig-Frank haben an der Hochschule Furtwangen deswegen ein Expertensystem entwickelt, das Maschinenbediener bei der Auswahl optimaler Werkzeuge und Parameter unterstützt. Ein webbasiertes System nimmt dabei Anfragen zur Auswahl von Schleifscheiben, zum Abrichten oder zum Schleifprozess an. Im Hintergrund werden die Anfragen mit den einschlägigen Regelwerken abgeglichen und optimale Parameter ermittelt und ausgegeben.

Eine Anfrage für die Auswahl einer Schleifscheibe kann dabei etwa den gewünschten Schleifprozess sowie Abtragsrate, Material, Härte, gewünschte Rauheit und den verwendeten Kühlschmierstoff umfassen. Das Expertensystem gibt dann einen oder mehrere Vorschläge für Korn, Körnung, Härte, Gefüge und Porosität aus.

Mit lernendem Modell zum optimalen Werkzeug

Auch Forschende des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) an der Universität Hannover haben ein Vorgehen entwickelt, mit dem sich Werkzeuge auch ohne großes Erfahrungswissen und manuellen Aufwand optimal in Form bringen lassen sollen. Dabei haben sie beispielsweise die hohen mechanischen Lasten beim Schleifen von Vollhartmetallwerkzeugen im Blick, die zu statischen Durchbiegungen und Formfehlern führen können. Ausführlich beschreiben Berend Denkena, Marcel Wichmann und Sven Friebe die Planungsarchitektur für das autonome Werkzeugschleifen in der maschinenbau 2/23.

Die Forschenden verknüpfen Daten aus dem CAD/CAM-Modell – beziehungsweise den daraus abgeleiteten NC-Code – mit Ergebnissen einer Materialabtragsimulation sowie mit Fertigungsmess- und Qualitätsdaten. Die Daten werden mithilfe eines Machine-Learning-Algorithmus ausgewertet, mit dessen Hilfe NC-Codes und Simulationsmodelle für spätere Fertigungsaufgaben aktualisiert werden. Mit diesem lernenden System sollen Sollformabweichungen bei der künftigen Fertigung von Werkzeugen immer geringer werden.

Von natürlicher DNA inspiriert

Eine besondere Leistung des Modells besteht darin, dass auch Werkzeuggeometrien von dem entstehenden Erfahrungsschatz profitieren sollen, die bislang noch gar nicht gefertigt wurden. Die Inspiration für die Umsetzung holen sich die Forschenden aus der Biologie, namentlich aus der Genetik. DNA speichert und kodiert hier Informationen, die wiederum Grundlage für die Erzeugung und Entwicklung von Lebewesen ist.

Analog dazu arbeiten die IFW-Forschenden mit einer sogenannte Prozess-DNA. In ihr werden zeitabhängige und formunabhängige Attribute gespeichert, zum Beispiel Prozessinformationen oder Qualitätsdaten. Dabei nutzt sie lokale Eingriffsbedingungen als Identifikation (ID) und verknüpft diese mit verschiedenen Datentypen. Ähnlich der biologischen DNA enthalten die IDs Merkmalsmengen, die auf neue Werkstückgeometrien übertragen werden können.

Auch neue Geometrien auf Anhieb präziser fertigen

Dazu schreiben die Autoren: "Jeder Prozess erzeugt Daten, weshalb sich die Prozess-DNA ständig verändert und ergänzt wird. Ähnliche Bauteile führen zu ähnlichen Genen, während der Wissensstand durch Daten von anderen Bauteilen oder Prozessen erheblich gesteigert wird." Fehler und Unsicherheiten könnten in den Prozessmodellen dabei analog zu Mutationen verstanden werden, die sich unter Umständen positiv auf die Gültigkeit des Modells auswirkten.

Anhand eines Beispiels erläutern die Autoren das Vorgehen: Für ein Bohrwerkzeug wurde ein Prognosemodell für die Zerspankraft entwickelt, bei dem auch formunabhängige Attribute in der Prozess-DNA gespeichert wurden. Das erzeugte Wissen ließ sich in der Folge auf die Fertigung einer speziellen, bislang unbekannte Nutform übertragen. Laut den Autoren ließ sich damit das Spindellastmoment und somit die Zerspankraft bis auf Ausnahmen in guter Näherung prognostizieren. 

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Source:
Praxis der Zerspantechnik

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