Skip to main content
Top

27-03-2024 | Steuerrecht | Schwerpunkt | Article

BFH und BVerfG fällen 2024 zahlreiche Steuerrechtsurteile

Author: Sylvia Meier

4:30 min reading time

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
loading …


In den kommenden Monaten entscheiden Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) und Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zahlreiche steuerrechtliche Fragen. Der Ausgang der Verfahren ist für viele Unternehmen relevant.

Sowohl die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als auch des Bundesverfassungsgerichts sorgen immer wieder für Klarheit bei Praxisfragen, um die Finanzämter und Unternehmen streiten. Auch 2024 werden die Richter eine Reihe von Urteilen fällen, die für viele Unternehmen von zentraler Bedeutung sind. Die wichtigsten gibt es hier auf einen Blick: 

Umsatzsteuer und pandemiebedingte Schließungen

Während der Corona-Pandemie mussten viele Fitnessstudios - bedingt durch Lockdownmaßnahmen - ihre Räumlichkeiten schließen. Viele Mitglieder bezahlten ihre monatlichen Beiträge an das Fitnessstudio weiter. Umstritten sind allerdings die umsatzsteuerlichen Folgen der Beitragszahlungen. 

Der Bundesfinanzhof wird in den kommenden Monaten voraussichtlich eine Entscheidung darüber treffen, ob die Beitragszahlungen an die beliebte Muckibude auch dann als Entgelte für umsatzsteuerpflichtige Leistungen anzusehen sind, wenn der Betreiber die Räumer aufgrund einer Pandemie vorübergehenden nicht zur Nutzung öffnen kann. Da viele Unternehmen in vergleichbaren Fällen von Schließungen betroffen waren, wird mit Spannung erwartet, wie der Bundesfinanzhof hier urteilen wird (Az.: XI R 36 / 22 und XI R 5 / 23).

Rückstellung für Steuernachforderungen in der Bilanz

Betriebsprüfungen führen häufig zu einer Steuernachforderung. Neben der finanziellen Zusatzbelastung stellt sich für Betriebe jedoch auch die Frage nach der bilanzsteuerrechtlichen Behandlung. 

Der Bundesfinanzhof wird in Kürze entscheiden, wann eine Rückstellung für die Nachforderung (nicht hinterzogener) Steuerbeträge und für Steuerberatungskosten aufgrund einer Betriebsprüfung zu bilden ist. Im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder in dem Jahr, in dem der Sachverhalt von der Betriebsprüfung aufgegriffen wird? Das Verfahren ist für alle Unternehmen relevant und sollte daher im Blick gehalten werden (Az.: XI R 19 / 21).

Abspaltungsvorgang und Grunderwerbsteuer

Bei bestimmten Umwandlungsvorgängen wird eine Steuerbefreiung nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz gewährt. Der Bundesfinanzhof prüft, ob die Vorschrift auch dann Anwendung findet, wenn die neugegründete Gesellschaft nicht an der abspaltenden Gesellschaft beteiligt ist, allerdings eine Personenidentität besteht. Das Verfahren ist unter Aktenzeichen II R 56 / 22 anhängig.

In zwei weiteren Verfahren (Az.: II R 2 / 22 und II R 31 / 22) muss der Bundesfinanzhof entscheiden, inwieweit § 6a Grunderwerbsteuergesetz auch auf Fälle Anwendung findet, in denen ein Rechtsträger Teile seines Vermögens auf andere bestehende oder neu gegründete Rechtsträger ausgliedert. Die Urteile werden vor allem für Konzerne von großer Relevanz sein.

Gewerbesteuer und Verlustuntergang

Bei einer Personengesellschaft entstand ein Verlustvortrag, der auch bestandskräftig festgestellt wurde und vor dem Streitjahr durch Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangen ist. 

Der Bundesfinanzhof muss in dem dazu anhängigen Verfahren (Az.: III R 30 / 21) klarstellen, ob der Verlustvortrag untergeht, weil die Kapitalgesellschaft den von der Personengesellschaft übernommenen und zunächst fortgeführten Betrieb im Laufe des Streitjahres veräußert.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Werbeflächen

Viele Unternehmen investieren hohe Beträge in Werbemaßnahmen. Die Aufwendungen sollen wiederum im Idealfall steuerlich gewinnmindernd geltend gemacht werden. Doch gerade bei der Gewerbesteuer wird hier ein interessantes Urteil in Kürze erwartet. 

Der Bundesfinanzhof muss klären, ob im Hinblick auf Werbeaufwendungen eine Hinzurechnung zum Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG erfolgt. In dem anhängigen Verfahren (Az.: III R 36 / 22) wird konkret verhandelt, ob Aufwendungen als Miet- beziehungsweise Pachtzinsen und die genutzten Wirtschaftsgüter als fiktives Anlagevermögen einzuordnen sind.

Verfassungskonformität des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes

Aufgrund des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes erfolgt ein grenzüberschreitender Datenaustausch über Finanzkonten, unter anderem mit der Schweiz. Der Bundesfinanzhof soll Stellung beziehen (Aktenzeichen IX R 36 / 21), ob die gesetzlichen Regelungen die Grundrechte der Kläger verletzen.

Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen

Die lohnsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen steht bei Lohnsteuer-Außenprüfungen regelmäßig im Fokus. Arbeitgeber können den Arbeitslohn, der aus Anlass einer Betriebsveranstaltung zufließt, pauschal mit 25 Prozent versteuern. Nach bisheriger Rechtsprechung lag eine Betriebsveranstaltung nur vor, wenn diese allen Betriebsangehörigen offenstand. 

Allerdings wurde mit Wirkung ab 2015 in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG eine Neuregelung bei der Legaldefinition der Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen geschaffen. Deshalb ist nun umstritten, ob diese Voraussetzung weiterhin vorliegen muss. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Aktenzeichen VI R 5 / 22 wird im Laufe des Jahres erwartet und ist für alle Arbeitgeber von großer Relevanz.

Anscheinsbeweis der privaten Nutzung eines Fahrzeugs

Immer streiten sich Finanzamt und Unternehmen darüber, ob ein Anscheinsbeweis der privaten Nutzung bei einem zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrzeug vorliegt. Wenn eine private Nutzung unterstellt wird und kein Fahrtenbuch geführt wurde, wendet das Finanzamt regelmäßig die Ein-Prozent-Regelung an.

Sehr spannend ist deshalb ein derzeit beim Bundesfinanzhof angängiges Verfahren (Az.: III R 34 / 22): Die Richter befassen sich darin mit den Kriterien, die heranzuziehen sind, um den Anscheinsbeweis der privaten Nutzung eines im Betriebsvermögen befindlichen Fahrzeugs, für den kein Fahrtenbuch geführt wurde, zu erschüttern (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG). Das Verfahren ist für alle Unternehmen, die Pkw im Betriebsvermögen führen, wichtig.

Entscheidungsvorschau des BVerfG 2024

Auch das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich im Laufe des Jahres einige Entscheidungen treffen, die für Unternehmen steuerlich relevant sind. Hierzu gehören: 

  • Mindestbesteuerung bei Verlusten, Aktenzeichen 2 BvL 19/14 (betrifft § 10d Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz, § 10a Gewerbesteuergesetz, § 8 Körperschaftsteuergesetz) 
  • Verpackungssteuer, Aktenzeichen 1 BvR 1726/23 (betrifft die Satzung der Universitätsstadt Tübingen) 
  • Schenkungsteuerliche Begünstigungen beim Übergang betrieblichen Vermögens, Aktenzeichen 1 BvR 804/22, §§ 13a, 13b, 13c, 19, 19a, 28a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes 2016
  • Einführung der Strompreisbremse, Aktenzeichen 1 BvR 460/23

Tipp: Die Kurzzusammenfassung der kompletten Entscheidungsvorschau des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts sind auf den jeweiligen Internetauftritten abrufbar. Unternehmen sollten hier mit der Steuerberatung im Austausch bleiben und eigene Sachverhalte, gegebenenfalls durch Einspruch und Verweis auf die anhängigen Verfahren, offen lassen. 

Related topics

Background information for this content

2023 | OriginalPaper | Chapter

Einkommensteuer und Gewinnermittlung

Source:
Steuerrecht

2023 | OriginalPaper | Chapter

Umsatzsteuerrecht

Source:
Steuerrecht

2023 | OriginalPaper | Chapter

Gewerbesteuerrecht

Source:
Steuerrecht

2023 | OriginalPaper | Chapter

Umwandlungssteuerrecht

Source:
Steuerrecht