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06-05-2020 | Umweltschutz | Schwerpunkt | Article

Green Deal als Basis für Post-Corona-Konjunkturprogramme

Author: Christoph Berger

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Wissenschaftler des Wuppertal Instituts setzen in einem Diskussionspapier ihren Fokus auf die Nach-Corona-Zeit. Sie untersuchten, wie Post-Corona-Konjunkturprogramme aussehen sollten und ob sich der EU Green Deal als Kompass für sie eignet.

Die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen, forderte Ende April 2020, dass der europäische Green Deal als Kompass aus der Corona-Krise genutzt werden müsse. In einer Videobotschaft sagte sie: "Jetzt, wo wir planen, Milliarden von Euro zu investieren, um unsere Wirtschaft und Arbeit wieder anzukurbeln, sollten wir nicht in alte umweltschädliche Gewohnheiten verfallen." Der europäische Green Deal sei die neue Wachstumsstrategie der EU, um deren Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen und die Lebensqualität zu verbessern.

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Open Access 01-02-2020 | Leitartikel

European Green Deal und deutsche Energiewende zusammen denken!

So werden als Ziele des Green Deals eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft formuliert, in der bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt wird und niemand, weder Mensch noch Region, im Stich gelassen wird. Erreicht werden soll dies mit einem Fahrplan, der unterschiedlichste Maßnahmen vorsieht und sich über die unterschiedlichsten Politikbereiche – es geht unter anderem um eine nachhaltige Industrie und Mobilität, um saubere Energien, einen umweltfreundlicheren Bausektor und den Schutz des Ökosystem – hinwegzieht.

Rechtsverbindliche Verankerung der Klimaneutralität

Doch lassen sich diese beiden Ziele, die nach Überwinden der Corona-Pandemie gebeutelte Wirtschaft einerseits, der Klimaschutz auf der anderen Seite, auch nach dieser Krisensituation gut miteinander vereinen? Beziehungsweise: Sollten sich die Post-Corona-Konjunkturprogramme der EU-Staaten weiterhin am Klimaschutz ausrichten? Und eignet sich der Green Deal überhaupt als Wegweiser aus der Krise? Diesen Fragen gingen Wissenschaftler des Wuppertal Instituts nach. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Diskussionspapier "European Green Deal: Geeignete Grundlage für Konjunkturprogramme im Kontext der Corona-Krise?".

Klar ist zumindest eines: Alle klimabezogenen Politiken sollen bis Mitte 2021 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen. Zudem soll in den nächsten Monaten ein europäisches Klimaschutzgesetz vorgeschlagen werden, das zum Ziel hat, die Klimaneutralität bis 2050 rechtsverbindlich zu verankern, wie Andreas Löschel, Professor für Mikroökonomik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, in seinem Fachbeitrag "European Green Deal und deutsche Energiewende zusammen denken!" der Springer-Fachpublikation "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 2/2020) schreibt.

Vorgaben müssen präzisiert werden

Die Frage ist jedoch: Gilt das auch jetzt, in der Krise, sowie in der darauffolgenden Zeit? In einem ersten von drei Schritten untersuchten die Wissenschaftler des Wuppertal Instituts, welches Temperaturniveau die EU mit ihrem European Green Deal überhaupt anstrebt. Dabei stellten sie fest, dass man sich mit dem Deal explizit zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennt: Angestrebt wird eine Begrenzung des Temperaturanstiegs von unter zwei Grad Celsius, im Idealfall sollen 1,5 Grad erreicht werden. Zudem sollen Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreicht werden.

Im zweiten Schritt gingen die Forscher der Frage nach, ob die angestrebten Ziele, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, ausreichend sind, um das Temperaturziel erreichen zu können. Laut den Untersuchungsergebnissen ist es möglich, den Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, wenn es zu einer zeitnahen und schnellen Reduktion der Emissionen kommt. Wolle man die Reduzierung sogar auf 1,5 Grad Celsius senken, wäre hingegen eine deutliche Ambitionssteigerung der Akteure bis 2030 notwendig. Außerdem müsse das Zwischenziel für 2030, eine Reduzierung der Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990, auf 50 bis 55 Prozent angehoben werden – ebenso seien Anpassungen darüber hinaus notwendig. Die Wissenschaftler regen vor diesem Hintergrund an, auch für die Zeit nach 2030 Zwischenziele zu formulieren und der EU-Kommission Sonderbefugnisse einzuräumen, um Richtlinien für die Zielerreichung zu erarbeiten.

Private Sparer einbeziehen

Im letzten und dritten Schritt ging es schließlich um die politischen Instrumente: Können mit diesen in adäquater Weise und hinreichender Sicherheit die im Pariser Klimaabkommen festgelegten Minderungsziele erreicht werden? Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, sagt, dass es entscheidend sei, dass sich die Post-Corona-Konjunkturprogramme an den Zielen des European Green Deal ausrichten. Fischedick erklärt weiter: "Zudem muss sichergestellt werden, dass mit dem European Green Deal die teilweise noch wenig konkreten Vorgaben in der weiteren Ausgestaltung präzisiert werden, um hinreichend ambitionierte Ziele erreichen zu können." Wichtig ist nach Aussage der Autoren außerdem, dass die europäischen Klimaziele durch europäische Emissionsminderungen und nicht durch Kompensationsmechanismen außerhalb der EU erreicht werden. Dazu brauche es allerdings explizite Vorgaben in den bekannten Veröffentlichungen der EU. Bisher würden die noch fehlen. Daher, so der Wissenschaftler: "Die entsprechenden Spezifikationen für den European Green Deal müssen durch das von der EU-Kommission angekündigte umfangreiche Paket mit über 40 Gesetzen, Initiativen und Strategien in den nächsten Jahren erfolgen."

Dass auf diesem Weg aber nicht nur die Politik, sondern jeder Einzelne gefordert ist, zeigt ein Vorstoß des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.). Der fordert ein zusätzliches 800-Milliarden-Euro-Hilfspaket für Europa und ein 200-Milliarden-Euro-Programm für Deutschland, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise wiederzubeleben - unter Berücksichtigung der Aspekte des Nachhaltigen Wirtschaftens inklusive Klimaschutz, Energiewende, nachhaltiger Mobilität und Biodiversität etc. Genau diese Themen seien die entscheidenden Erfolgsfaktoren für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen, sagt der B.A.U.M.-Vorsitzende Prof. Dr. Maximilian Gege. Das Geld für das Programm soll von Sparern kommen. Laut Gege würden derzeit auf deutschen Spar-/Festgeldkonten unverzinst und nicht nachhaltig eingesetzt 2.500 Milliarden Euro liegen. Bereits mit einem Anteil von zum Beispiel acht Prozent, das entspräche 200 Milliarden Euro in Deutschland, und wenigen Prozent des Sparkapitals in der EU, 800 Milliarden Euro, könnte ein umfassendes und nachhaltiges Konjunkturprogramm gestartet werden. Die freiwilligen Anleger könnten einen Zinsertrag von zwei bis vier Prozent vereinnahmen, der aus den massiven Kostenreduzierungen durch den verstärkten Einsatz von Erneuerbaren Energien sowie Energie-Ressourcen-Effizienz-Maßnahmen sowie über weitere Einsparungen refinanziert werden könnte, ist sich der Arbeitskeis B.A.U.M. sicher.

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