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11-07-2019 | Arbeitsrecht | Fragen + Antworten | Article

Fragen und Antworten zum Thema Urlaubsgewährung

Author: Aribert Panzer

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Bei der Koordination von Urlaubswünschen kann es in Unternehmen zu Konflikten kommen. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Jahresanfang sind Arbeitgeber teilweise noch immer verunsichert. Aribert Panzer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erläutert die Hintergründe.

Welche neuen Pflichten kommen seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Februar auf den Arbeitgeber zu?

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er seine Arbeitnehmer an ihre verbleibenden Urlaubstage und deren möglichen Verfall "formal und rechtzeitig" erinnert hat. Wenn der Arbeitnehmer trotzdem darauf verzichtet, seine restlichen Urlaubstage zu nehmen, dann verfällt sein Urlaub zum Jahresende.

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In welchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub aus dem letzten Jahr?

Wenn die Erinnerung des Arbeitgebers ausbleiben sollte, kann der Arbeitnehmer seine übrig gebliebenen Urlaubstage mit ins nächste Jahr nehmen. Die Nachweisbarkeit der Erinnerung durch den Arbeitgeber ist ein wichtiger Punkt, wenngleich "formal und rechtzeitig" hier Raum für Spekulation lässt. Weitere Ausnahmen stellen längere Projekte oder eine längere Krankheit dar, Umstände also, die einen Urlaubsantritt unmöglich machen. In nachweisbaren Fällen wie diesen ist die Übertragung des Resturlaubs in das nächste Jahr ebenfalls möglich. 

Wie kam es zu der Entscheidung des BAG?

Das BAG musste einen außergewöhnlichen Fall entscheiden. Ein Arbeitnehmer hatte nämlich zum Arbeitsvertragsende noch 51 Urlaubstage eingefordert. Dieser Fall ist sicherlich nicht repräsentativ, doch die finanziellen Auswirkungen für das betroffene Unternehmen können es in sich haben. Denn: Urlaubstage, die mit ins neue Jahr genommen werden, führen zu Rückstellungen in der Bilanz der Unternehmen. Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer mit Resturlaub gekündigt wird, ist ein finanzielles Polster sinnvoll. Diese Rückstellungen können die Firmenbilanz negativ beeinflussen, da sie den zu versteuernden Gewinn senken. Je mehr Urlaubstage sich anhäufen, desto höher der potenzielle Gewinnverlust in der Firmenbilanz. 

Wie kann der Arbeitgeber am wirkungsvollsten auf die übrig gebliebenen Urlaubstage hinweisen?

Ganz einfach: Indem er mit den Arbeitnehmern spricht, Kommunikation und Transparenz sind der Schlüssel. Erinnerungen und gut gemeinte Warnungen sind vor allem ab der zweiten Jahreshälfte und besonders gegen Ende des Jahres sehr effektiv. Wer zu früh im Jahr nur in einem Rundschreiben auf das Thema Urlaubskoordination hinweist, muss sich nicht über die geringe Resonanz wundern. Meines Erachtens ist es für den Arbeitgeber besonders ratsam, das Thema Urlaub regelmäßig anzusprechen. Ein Turnus von drei Monaten etwa hat einen erinnernden, statt mahnenden Charakter und würde allen Beteiligten gelegen kommen.

Wie sollte der Arbeitgeber vorgehen, um einen Extremfall wie im Urteil des BAG zu vermeiden?

Dass sich 51 Urlaubstage ansammeln und dann in Anspruch genommen werden wollen, ist ein Ausnahmefall. Üblicherweise möchte der Arbeitnehmer seinen Urlaub schließlich nehmen. Aus der schwammigen Vorgabe des Bundesarbeitsgerichts, den Arbeitnehmer "formal und rechtzeitig" zu erinnern, lässt sich eine Tugend machen: Indem Arbeitnehmer und Arbeitgeber regelmäßig miteinander reden, kann eine rechtzeitige Planung gewährleistet werden, von der beide Seiten gleichermaßen profitieren. Extremfälle können so verhindert werden. 

Gibt es branchenabhängige Unterschiede, die bei der Urlaubsplanung und -gewährung eine Rolle spielen?

Natürlich können betriebliche oder branchenbedingte Besonderheiten einen Einfluss auf die Urlaubsplanung haben: Der Austausch in kleineren Betrieben mit etwa 30 Personen findet naturgemäß viel einfacher und schneller statt, als in einem großen Konzern. Aber auch fachbezogene Besonderheiten spielen eine Rolle. In handwerklichen Betrieben beispielsweise ist auf saisonale Faktoren wie die Schlechtwetterzeit oder das Sommerhalbjahr zu achten. Der Arbeitgeber sollte dies im Blick haben und den Arbeitnehmer auch auf solche Leistungsphasen oder eher ruhigere Zeiträume aufmerksam machen. In jedem Fall soll das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu einer Vereinfachung der Urlaubsplanung und des Urlaubsrechts führen. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Urlaubsplanung nun gemeinsam angehen, kann dieses Ziel verhältnismäßig stressfrei erreicht werden.

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