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08-08-2019 | Bankstrategie | Interview | Article

"Bankkunden teilen ihre Daten für echten Mehrwert"

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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Interviewee:
Andreas Staudinger

ist Leiter des Geschäftsbereichs Customer Insight & Growth Services bei Accenture. 

Digitale Angebote, individuelle Ansprache und Beratung bei komplexen Finanzfragen: Wenn Finanzinstitute ihren Kunden den passenden Service bieten, können sie sich auch deren Daten nutzbar machen, meint Branchenexperte Andreas Staudinger.  

springerprofessional.de: Welche digitalen Services wünschen sich Bankkunden heute und was bieten die Institute ihnen tatsächlich an, außer dem Girokonto und dem Kredit?

Andreas Staudinger: Bei den Kundenwünschen geht es nicht unbedingt nur um Produkte, es geht auch um bessere Services, Transparenz und Vertrauen. Bankkunden wünschen heute persönliche Angebote, die in Bankservices integriert sind. Auch die Vernetzung von digitalen und physischen Kanälen ist ihnen wichtig. Viele Banken sind bereits auf dem richtigen Weg und positionieren sich immer häufiger als Orchestrator in einem Anbieter-Ökosystem, um ihre Kunden in entscheidenden Lebenssituationen abzuholen.

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Digitale Finanzdienstleistungen zukunftsorientiert gestalten

Der Markt für Finanzdienstleistungen sieht sich durch die globale Digitalisierung einem fundamentalen Wandel ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kapitel exemplarisch diskutiert, inwiefern im Zuge der digitalen Transformation Finanzdienstleistungen zukunftsorientiert gestaltet werden können.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Etwa bei Entscheidungen zu Haus- oder Autokauf, bei der Familiengründung oder dem bevorstehenden Ruhestand. Bankkunden zeigen auch hohes Interesse an personalisierten Services und Angeboten. Das können beispielsweise Spartipps sein, die an das persönliche Ausgabeverhalten angepasst sind oder individuelle Versicherungsprämien, deren Grundlage beispielsweise das Verhalten des Kunden sein können. Wenn Verbraucher einen echten Mehrwert erkennen, sind sie auch bereit, Daten zu teilen. Für mehr Relevanz und Loyalität in der digitalen Wirtschaft, sollten Finanzinstitute Kundendaten nutzbar machen, um ein hoch relevantes, komfortables und vertrauenswürdiges Kundenerlebnis zu schaffen.

Viele innovative und personalisierte Banking-Angebote basieren vor allem auf Kundendaten und deren Analyse. Das zeigen weltweit Entwicklungen von Fintechs und Tech-Konzernen. Klassische Banken haben eigentlich einen guten Datenpool, doch ziehen daraus offenbar nicht die richtigen Schlüsse für neue Produkte. Woran liegt das?

Die eigentliche Hürde liegt nicht in der Analyse oder der richtigen Schlussfolgerung aus den vorhandenen Daten, sondern in den Grenzen der Verarbeitung. Alte IT-Architekturen sind die wahren Verhinderer guter Datenanalysen. In der Regel liegen die Daten unstrukturiert in verschiedenen Systemen vor und müssen für Analysen mühsam aufbereitet werden. Hier sind die Banken im Zugzwang. Die Kunden sind bereit, Daten zu teilen. Sie erwarten jedoch einen höheren Grad an Innovation als Gegenleistung. Banken fehlt oft noch die richtige Strategie eine datenzentrierte Infrastruktur, analytische Fähigkeiten und Tools aufzusetzen und zu nutzen. Institute, die diese Voraussetzungen erfüllen, überraschen ihre Kunden schon heute mit neuen Produkten, die genau ihren Bedürfnissen entsprechen.

Was sind das für Daten, die den Banken fehlen, um individuell und technologisch gestützt ihre Kunden besser bedienen zu können?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Generell verfügen die Banken bereits über eine Vielzahl wichtiger Kundendaten. Allein schon aus den Transaktionsdaten könnten die Finanzhäuser viel über ihre Kunden lernen. Wollen Banken aber den Wünschen ihrer Kunden bis in Detail entsprechen, sind auch externe Daten wichtig. Noch sind jedoch die Barrieren zur Verknüpfung mit Drittanbietern hoch. Dank PSD2 denken Banken aber darüber nach, welche Datenkombinationen für Kunden Mehrwert schaffen könnten. Damit das Teilen von Daten mit Ecosystem-Allianzen, Lieferanten und Partner funktionieren kann, müssen Banken klare Grundsätze kommunizieren und sich als vertrauensvoller Partner profilieren.

Deutsche Verbraucher sind ohnehin skeptisch, was das Teilen ihrer Daten betrifft. Aber auch die Geldhäuser legen großen Wert auf Sicherheit. Wie sehr hält der Datenschutz und Regularien Banken vom Sammeln weiterer Daten ab?

Neue Regularien wie die DSGVO geben Verbrauchern ihre Datenhoheit zurück. Sie können inzwischen viel besser steuern, was mit ihren Daten passiert. Aber natürlich gibt es immer Skeptiker. Die PSD2 öffnet wiederum die Tür für einen deutlich leichteren Datenaustausch. Es ist also einfacher geworden, Daten zu generieren und auszuwerten. Das heißt aber nicht, dass das Thema Sicherheit unter den Tisch gekehrt werden darf. Banken müssen den Spagat zwischen Datenverwertung und Datensicherheit genau abwägen und beherrschen. Immerhin wechseln 40 Prozent der Kunden ihre Bank im Falle von Datenschutzbedenken.

Sehen Sie große Unterschiede bei den Angeboten von Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken (RV) zu denen der privaten Institute? Warum?

Es gibt deutliche Unterschiede. Das liegt schon in der Natur der Aufstellung der Institute. Sparkassen haben einen öffentlichen Auftrag, RV-Banken sind genossenschaftlich organisiert – allein dadurch ergeben sich schon Unterschiede in den Angeboten. Auch die Filialdichte ist ein Thema. Eines haben sie aber gemeinsam: Alle arbeiten an modernen digitalen Angeboten und beschäftigen sich mit Ökosystemen. Die Kunst wird es sein, diese in die digitale Welt zu übersetzen. Große Universalbanken haben stärker die Herausforderung herauszuarbeiten, wofür sie eigentlich stehen wollen und was das in der Übersetzung in Angebote für die Kunden bedeutet.

Mit der Entwicklung neuer Services verdienen Banken aber noch kein Geld. Worauf müssen die Geldhäuser achten, damit sich der Aufwand für sie auch lohnt?

Die E2E-Digitalisierung spielt hier eine zentrale Rolle. Backend-Systeme dürfen bei der Digitalisierung nicht vernachlässigt werden, sie müssen ebenso konsequent digitalisiert werden. Nur durch Automatisierung und Realtime Communciation in den Backend-Systemen lassen sich auch kundenseitig im Frontend innovative Angebote erstellen. Ein weiteres übergeordnete Ziel ist das sogenannte Living Business. Das heißt, dass Geschäftsmodell muss kontinuierlich weiterentwickelt werden, auch über die traditionellen Grenzen von Banken und Versicherungen hinaus. Geschäftsmodelle müssen agil und innovativ und gleichzeitig hyper-relevant und konvenient für den Endkunden sein.

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