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07-04-2017 | Brennstoffzelle | Schwerpunkt | Article

Mit Wasserstoff zu weniger Emissionen

Author: Christiane Köllner

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Die Brennstoffzelle beschäftigt die Autobranche seit Jahrzehnten. Serienwagen gibt es bisher jedoch nur wenige. Dabei könnten diese dabei helfen, deutlich CO2-Emissionen einzusparen, prognostiziert eine aktuelle Studie.

113 Millionen Brennstoffzellen-Pkw könnten im Jahr 2050 bis zu 68 Millionen Tonnen fossilen Ottokraftstoff sowie fast 200 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Zu dieser Einschätzung kommt die Shell-Wasserstoff-Studie "Energie der Zukunft? Nachhaltige Mobilität durch Brennstoffzelle und H2", die das Mineralöl- und Erdgas-Unternehmen gemeinsam mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie erstellt und kürzlich vorgestellt hat. 

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Wasserstoff als Kraftstoff im Deutschen Verkehrssektor

Wasserstoff ist ein Grundelement der (petro-)chemischen Industrie. Darüber hinaus ist der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge in der Erprobung. Er soll helfen, insbesondere Treibhausgasemissionen zu reduzieren und …

Schlüsseltechnik für die energetische Nutzung von Wasserstoff ist die Brennstoffzelle. Im Transportsektor ist sie über den Pkw hinaus prinzipiell für alle Verkehrsmittel geeignet. Rund 2500 wasserstoffbetriebene Kraftfahrzeuge sollen laut Shell-Studie heute weltweit unterwegs sein. Flurförderzeuge – zum Beispiel Gabelstapler – wiesen derzeit den größten Bestand an Brennstoffzellen-Fahrzeugen auf. Allein in Nordamerika seien inzwischen über 11.000 davon unterwegs. Busse wären – aufgrund einer Vielzahl von öffentlichen Förderprojekten – das am intensivsten mit Wasserstoff und Brennstoffzellen in Fahrzeugflotten erprobte Verkehrsmittel. Großen Entwicklungsbedarf gäbe es dagegen noch bei Schiene, Schiff und Flugzeugen.

Ökostrom macht die Brennstoffzelle konkurrenzfähig

Wasserstoff, das kleinste und leichteste aller Elemente, hat einen hohen spezifischen Energiegehalt. Es weise die mit Abstand höchste Energiedichte (pro Kilogramm) aller heute verwendeten Energieträger auf, so Shell. Da Wasserstoff auf der Erde in der Regel nur in gebundener Form vorkomme, müsse er gezielt hergestellt werden. Der für die Produktion von Wasserstoff wichtigste Primärenergieträger sei heute das Erdgas mit einem Anteil von rund 70 Prozent. Das wichtigste Herstellverfahren ist die Dampfreformierung. "Für die Zukunft gehen wir davon aus, dass per Elektrolyse hergestellter Wasserstoff aus Strom aus erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle einnehmen wird", sagt Professor Dr. Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut. Dies müsse auch so sein, um die potenziellen Umweltvorteile des Wasserstoffs nutzen zu können. Das unterstreichen auch die Springer-Autoren Christina Wulf und Martin Kaltschmitt im Kapitel Wasserstoff als Kraftstoff im Deutschen Verkehrssektor aus dem Buch Interdisziplinäre Aspekte der Energiewirtschaft

Brennstoffzellenfahrzeuge bieten bei Verwendung von Wasserstoff aus der Elektrolyse mit Strom aus regenerativen Energien die Möglichkeit zur signifikanten Senkung der Treibhausgasemissionen", so die Autoren.

Wasserstoff lässt aber auch direkt aus Sonnenlicht erzeugen. Bei der Erforschung neuer regenerativer Energien hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Ilmenauer Professors Thomas Hannappel hierbei vor einiger Zeit einen wichtigen Durchbruch erzielt. Die Wissenschaftler konnten den Wirkungsgrad der sogenannten direkten solaren Wasserspaltung von 12,4 auf 14 Prozent steigern. Ab einer Effizienz von etwa 15 Prozent soll die Methode, die auf künstlicher Photosynthese beruht, wirtschaftlich konkurrenzfähig sein. 

Überhaupt werden Brennstoffzellen für Autos nur dann ökologisch sinnvoll, wenn sie mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden können. Das hatte auch eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (kurz Empa) bereits vor zwei Jahren ermittelt. Demnach habe ein Auto mit Verbrennungsmotor derzeit noch die Nase vorn: Die Herstellung konventioneller Autos sei nämlich weniger umweltbelastend. Auch im Öko-Vergleich zu Elektroautos habe die Brennstoffzelle nach Angaben der Forscher derzeit keine Chance: Zunächst müsse aus Strom Wasserstoff erzeugt werden. Dieser werde ins Auto getankt, im Auto wird aus Wasserstoff wieder Strom erzeugt. Diese doppelte Umwandlung senke die Effizienz deutlich. Wer mit dem gleichen Strom direkt die Batterie seines Elektroautos lade, fahre sparsamer und somit auch umweltfreundlicher.

Shell-Studie: Fast 200 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparbar

Für die Zukunft ist die Internationalen Energieagentur aber optimistisch: In einem ambitionierten Klimaschutzszenario erwartet sie zur Mitte des Jahrhunderts einen Bestand von 113 Millionen Brennstoffzellen-Pkw allein in den drei betrachteten Schwerpunktregionen USA, ausgewählte Pkw-Märkte in Europa sowie Japan, berichten die Shell-Experten. Wenn durch die Brennstoffzellen-Fahrzeuge Benzin-Pkw verdrängt werden, ließen sich nach Schätzung der Autoren der Studie – selbst im Vergleich zu sehr effizienten Fahrzeugen – hierdurch bis zu 68 Millionen Tonnen fossiler Ottokraftstoff sowie fast 200 Millionen Tonnen verkehrsbedingter CO2-Emissionen in 2050 einsparen. 

Obwohl Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik in den vergangenen Jahren signifikante technische Fortschritte gemacht hätten, stünden beide noch am Anfang eines breiten kommerziellen Einsatzes im globalen Energiesystem, so die Shell-Experten. Daher bedürften sie seitens des Staates noch weiterer Unterstützung und Förderung. Auch an der Akzeptanz in der Gesellschaft und bei den Konsumenten müsse noch weiter gearbeitet werden. Ferner bedürfe der Ausbau von Wasserstofftankstellen insbesondere in der auslastungsschwachen Einführungsphase einer finanziellen Lasten- und Risikoteilung. 

Das kostet der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur

Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich haben jetzt ausgerechnet, wie teuer es wäre, eine Infrastruktur für die flächendeckende Versorgung Deutschlands mit Wasserstoff aufzubauen. "Für den Aufbau der kompletten Infrastruktur für den deutschen Pkw-Straßenverkehr wären Investitionen in der Höhe von 61 Milliarden Euro erforderlich", schätzen die Jülicher Forscher. Notwendig wären 10.000 Tankstellen, Pipelines mit einer Gesamtlänge von gut 40.000 Kilometern, Elektrolyseure mit einer Leistung von 28 Millionen Kilowatt und Erdspeicher für Wasserstoff.

Zum Vergleich: Über den relevanten Zeitraum von 40 Jahren verteilt lägen die jährlichen Ausgaben damit unter den derzeitigen jährlichen Investitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro in das deutsche Erdgasnetz. Die Kosten für Wasserstoff als Kraftstoff der Zukunft seien etwa ebenso hoch wie die für Benzin und Diesel, heißt es.

Weltweit sind derzeit insgesamt 274 Wasserstoff-Tankstellen in Betrieb – 106 Tankstellen in Europa, 101 in Asien, 64 in Nordamerika, zwei in Südamerika sowie eine in Australien, wie H2stations.org, eine Website von Ludwig-Bölkow-Systemtechnik und TÜV Süd, angibt. Mit 188 Tankstellen seien davon weltweit über zwei Drittel wie konventionelle Tankstellen für jedermann nutzbar. Die Zahl der öffentlich nutzbaren deutschen Tankstellen liege bei 22. 

Wasserstoff lässt sich auch verbrennen

Im Zuge der Herausforderung CO2-freie Antriebe zu realisieren, ist auch immer wieder über die möglichen Potenziale von Wasserstoff-Verbrennungsmotoren nachgedacht worden – statt eines Antriebssystems mit Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle und Elektromotor. Die Idee: Ein konventioneller Verbrennungsmotor wird mit Wasserstoff als Kraftstoff betrieben., wie Andreas Burkert im Report Wasserstoff lässt sich auch gut verbrennen aus der MTZ 4-2017 schreibt. Einst sei der Wasserstoff-Verbrennungsmotor als Hoffnungsträger einer modernen Mobilität gehandelt worden, erklärt Burkert. Während es motorseitig bemerkenswerte Erfolge gegeben habe, bereiteten die Energieeffizienz und das Speichern des flüssigen Wasserstoffs Probleme. Für Mercedes (Mercedes-Benz 230 TE und 280 TE) und BMW (Hydrogen-7-Projekt) sei dies Grund genug gewesen, das Vorhaben zu beenden. Einzig Mazda forsche weiterhin am Wasserstoff-Kreiskolbenmotor und Aston Martin am Einsatz von Wasserstoff im Motorsport.

Ist also eine Wiederbelebung des Wasserstoff-Verbrennungsmotors zu erwarten? 

Eine Renaissance des Wasserstoff-Verbrennungsmotors im Personenkraftfahrzeug halte ich in naher Zukunft für sehr unwahrscheinlich", zitiert Burkert Professor Dr. Hermann Rottengruber von der Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg in seinem Report. 

Neben der im Vergleich zur Brennstoffzelle niedrigeren Gesamteffizienz fehle es an einer passablen Infrastruktur, so Rottengruber. Einzig im Nutzfahrzeugbereich wäre ein wirtschaftlicher Einsatz vorstellbar.

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