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2017 | Book

Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht

Band 2

Editors: Peter Derleder, Kai-Oliver Knops, Heinz Georg Bamberger

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet, erläutert das Werk unter Aufarbeitung der neuesten Rechtsentwicklungen systematisch das gesamte Bankrecht in Deutschland. Die Neuauflage wurde um weitere Beiträge ergänzt. Zudem werden die europäische Rechtsentwicklung und das Bankrecht der Staaten Europas in Länderberichten dargestellt. Auch Einrichtungen und Erscheinungen sowie Gebiete des Rechts, deren Bedeutung im Zuge der Finanzkrise in den letzten Jahren mehr hervorgetreten ist - zum Beispiel Rating oder Scoring oder auch Datenschutz und Bankgeheimnis -, werden verstärkt behandelt. Renommierte Autoren aus der Wissenschaft, häufig als Richter, Schiedsrichter oder Berater tätig und wissenschaftlich ausgewiesene Praktiker aus Justiz und Anwaltschaft gewährleisten eine ausgewogene Rechtsinterpretation und garantieren eine zuverlässige und aktuelle Aufbereitung der jeweiligen Teilgebiete in komprimierter Form, um dem Leser eine praxisnahe und kompetente Einarbeitung in kurzer Zeit zu ermöglichen.
Band 2 umfasst die Kapitalmarkt- und Auslandsgeschäfte, den Rechtsschutz sowie das Europäische Bankrecht inklusive Länderberichte.

Table of Contents

Frontmatter

Kapitalmarkt und Auslandsgeschäfte

Frontmatter
§ 52 Anlageberatung

Die Anlage (die Investition, das Investment) von Kapital zu Zwecken (auch) der Gewinnerzielung macht – neben der Garantie der Eigentums- und Vertragsfreiheit und der Ausnutzung der im weltweiten Wettbewerb zunehmend billiger werdenden Arbeitskraft – das Wesen kapitalistischen Wirtschaftens aus. Die Wirtschaft, ihre Unternehmen brauchen Kapital, um im Wettbewerb auf den Märkten bestehen und wachsen zu können. Dieses Kapital kommt in Deutschland zu einem größeren Anteil als Kredit von den Banken; im Übrigen geben es Kapitalanleger. Beratung bei der Anlage von Kapital soll sicherstellen, dass die Anlage – des Investors, des professionellen Anlegers, des Privatkunden – ihre Ziele nicht verfehlt. Anlageberatung ist ein Geschäft. Sie begleitet das Geschäft der Finanzindustrie; sie unterstützt und fördert es, sie entwickelt es, sie bereitet es vor. Nicht selten erfolgt sie unter Druck, auch unter Zeitdruck. Dafür sorgen Strukturen und Vergütungssysteme.

Heinz Georg Bamberger
§ 53 Vermögensverwaltung

Vor dem Hintergrund ständig wachsender Geldvermögen und der zunehmenden Komplexität der Anlageprodukte ist die Bedeutung der Vermögensverwaltung in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Viele Anleger sind nicht (mehr) in der Lage, den hohen Anforderungen an die laufende Betreuung ihres Vermögens hinreichend Rechnung zu tragen, so dass professionelle Verwalter beauftragt und diesen die Anlageentscheidungen überlassen werden.Durch die vermehrte Einschaltung von Vermögensverwaltern sind auch die rechtlichen Aspekte dieser Dienstleistung verstärkt in den Blickpunkt geraten. Die gestiegene Bedeutung der Vermögensverwaltung hat es zum einen erforderlich gemacht, aus Gründen des Anlegerschutzes die aufsichtsrechtlichen Anforderungen für die Anbieter dieser Dienstleistung zu verschärfen, die auch der Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegen.Neben den aufsichtsrechtlichen Vorgaben sind auch die zivilrechtlichen Haftungsrisiken in die Betrachtung mit einzubeziehen, die mit der wachsenden Bedeutung des Geschäftszweigs Vermögensverwaltung für die Anbieter dieser Dienstleistung einhergehen. Erfüllt der Vermögensverwalter die Ertragserwartungen des Kunden nicht, setzt er sich der Gefahr aus, dass dieser ihn für die erlittenen Vermögensnachteile haftbar zu machen versucht. Die Gerichte haben sich daher in den letzten Jahren zunehmend auch mit Fällen der Haftung für fehlerhafte Vermögensverwaltung befassen müssen und durch zahlreiche Entscheidungen den Pflichtenkreis des Verwalters einer inhaltlichen Konkretisierung zugeführt.

Peter Balzer
§ 54 Wertpapierhandelsgesetz

Das Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) wurde am 30.6.1994 als Art. 1 und Herzstück des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes (BGBl. 1994 I, 1749); Neubekanntmachung v. 9.9.1998 (BGBl. 1998 I, 2708 zu der ab 1.8.1998 geltenden Fassung) verkündet. Es trat im Umfang seiner §§ 1 bis 3, 9 III, IV, 11 bis 14, 20, 38 und 41 am 1.8.1994, mit den sonstigen Neuregelungen am 1.1.1995 in Kraft (Lang, § 4 Rn. 1). Mit ihm brach eine neue Ära in der rechtlichen Ordnung des Kapitalmarkts an (Assmann/Schneider-Assmann, Einl. Rn. 1 ff. (12 ff.)).

Stefan Frisch
§ 55 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

Mit dem WpÜG, das von sechs Rechtsverordnungen ergänzt wird, wurde die Übernahmerichtlinie ins deutsche Recht umgesetzt. Gegenstand des Gesetzes sind öffentliche Angebote eines Bieters für Aktien einer Zielgesellschaft mit Sitz in der EU.Das WpÜG stellt Rahmenbedingungen für deratige Angebote auf. Das Gesetz dient ausschließlich öffentlichen Zielen, weshalb bei Verletzungen seiner Vorschriften keine Schadensersatzansprüche der Zielgesellschaft und deren Aktionäre in Betracht kommen. Solche Verstöße können alleine von der Bafin mittels eines Bußgeldes geahndet werden.Praktisch liegt der Hauptanwendungsbereich des WpÜG bei öffentlichen Angeboten, mit denen der Bieter mindestens 30 % der stimmberechtigten Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben beabsichtigt (sog. Übernahmeangebot) sowie bei Pflichtangeboten, die vorliegen, wenn eine Person die 30 %-Schwelle überschreitet, ohne vorher ein Übernahmeangebot abgegeben zu haben.Die zentralen Regelungsgegenstände des Gesetzes sind die Pflicht, eine Angebotsunterlage, eine Art WpÜG -Prospekt, zu erstellen, des Weiteren detaillierte Regeln über die Art und Höhe des von einem Bieter zu zahlenden Preises sowie der Ablauf des Angebotsverfahrens. Zusätzlich enthält das WpÜG (aktienrechtliche) Verhaltenspflichten für den Vorstand der Zielgesellschaft.

Markus Lenenbach
§ 56 Effektengeschäft

Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 4 KWG a. F. gehörte das Effektengeschäft expressis verbis zum Katalog erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte im Sinne des Kreditaufsichtsrechts und bezeichnete „die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere”. Die 6. KWG-Novelle führte stattdessen den weiter gefassten Begriff des Finanzkommissionsgeschäftes ein, der „die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für fremde Rechnung” meint. Das Finanzkommissionsgeschäft erfüllt damit zugleich die Merkmale einer Wertpapierdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG. Nach der Rspr. des BVerwG liegt ein Finanzkommissionsgeschäft im aufsichtsrechtlichen Sinne aber nur im Fall des Handels mit Finanzinstrumenten vor, bei dem auch die ein Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB) prägenden Merkmale gewahrt sind. Für die Ausgestaltung der Kundenbeziehung zwischen Bank und Auftraggeber sowie die Ausführung des Effektengeschäfts selbst sind hingegen allein die marktbezogenen wertpapierhandelsrechtlichen Vorgaben, insbesondere die Wohlverhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG sowie der WpDVerOV maßgeblich. Diese werden inzwischen vornehmlich durch die immer weiter ausufernde europäische Finanzmarktregulierung, allen voran die MiFID I und künftig die MiFID II Richtlinie und deren Begleitvorschriften geprägt.

Timo Patrick Bernau
§ 57 Emissionsgeschäft

Das Emissionsgeschäft ist in § 1 Abs. 1 Nr. 10 KWG und § 2 Abs. 3 Nr. 5 WpHG wortgleich legaldefiniert und spaltet sich auf in die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung am Markt (sog. underwriting) und in die Übernahme gleichwertiger Garantien. Über dieses enge Begriffsverständnis hinaus wird von einem Emissionsgeschäft im weiteren Sinne bereits immer dann gesprochen, soweit emittierte Finanzinstrumente durch einen Dritten erstmalig am Markt platziert werden. Die Frage, ob die Platzierung auf eigene Rechnung oder in fremdem Namen mit oder ohne vorangehende Übernahme erfolgt und wer letztlich das wirtschaftliche Risiko trägt, ist dagegen vorrangig für die aufsichtsrechtliche Einordnung der unterschiedlichen Ausgestaltung des Emissionsgeschäfts von Bedeutung.

Ulf Martens, Lea Spiegelberg
§ 58 Investmentgeschäft

Das “Investmentgeschäft" – in einem weiten Sinne verstanden als das Verwalten und Investieren eines Fondsvermögens zum Nutzen der Anleger von Geldkapital sowie des Vertriebs der Fondsanteile – wird in Deutschland seit 2013 durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) geregelt, das seinerseits mehrere Richtlinien der Europäischen Union umsetzt. Die rechtliche Befassung mit dem Investmentgeschäft reicht bis ins 19. Jahrhundert. Seit 1949 hatten zunächst der nationale Gesetzgeber und dann die Europäische Gemeinschaft, später die Europäische Union das Investmentrecht in mehreren Schritten reguliert. Zunächst standen der Anleger- und der Marktschutz im Zentrum der Normzwecke. Daneben traten weitere Normzwecke wie der sog. Europäische Pass, Vertriebs- und Produktregelungen oder die Regulierung der Intermediäre. Nachdem früher nur die offenen Investmentfonds (insbesondere die sog. OGAW) Gegenstand der investmentrechtlichen Vorschriften waren, wurden nach dem Ende der Finanzmarktkrise die geschlossenen Fonds in den Anwendungsbereich des Investmentrechts aufgenommen, die vormals als Investmentgestaltungen des sog. grauen Kapitalmarktes noch weitgehend unreguliert waren. Dies hat sich mit dem KAGB geändert, das insoweit über die AIFM-Richtlinie von 2011 hinausgeht, als nicht nur die Verwalter und Verwahrstellen sowie der Vertrieb der “Alternative Investmentfonds" (AIF) geregelt werden, sondern auch die AIF selbst. Mit dem materiellen Investmentvermögensbegriff werden fortan alle Investmentvermögensgestaltungen erfasst und einem Rechtsformzwang unterworfen. Neben die OGAW treten nun die weiteren Kategorien der offenen und geschlossenen Publikums- oder Spezial-AIF. Die Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem oder mit fixem Kapital sowie die geschlossenen oder offenen Investmentkommanditgesellschaften stellen spezialgesetzliche, an die Bedürfnisse des Investmentrechts angepasste überformungen der Rechtsformen der Aktiengesellschaft oder der Kommanditgesellschaft dar und sind keine eigenständigen Rechtsformen. Hauptregelungsgegenstand der Vertriebsregelungen bilden die Regelungen zu den Verkaufsunterlagen, die aufsichtsrechtlichen Anforderungen in der Inbound- und in der Outbound-Konstellation sowie die Prospekthaftung. Außerhalb der Kernregelungen des KAGB werden REIT-Aktiengesellschaft, der Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA), der Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) und der Europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) normiert.

Stefan J. Geibel
§ 59 Finanztermingeschäfte

Termingeschäfte haben seit dem 19. Jahrhundert eine stetig anwachsende wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Sie dienten ursprünglich der Sicherung gegen Risiken durch schwankende Preise und Wechselkurse („Hedging“). Termingeschäfte eignen sich aber auch in besonderer Weise zur Spekulation. Auf die damit verbundenen Gefahren reagiert die Rechtsordnung durch ausdifferenzierte Regelungen.

Hans-Friedrich Müller
§ 60 OTC-Derivate

Der Handel mit Derivaten ist keine Erfindung des modernen Kapitalmarktes, sondern findet seine Wurzeln bereits in den ersten Hochkulturen der Antike. Einen starken Anstieg erlebte die Verwendung von Derivaten im Bereich von Finanzgeschäften vor allem ab den 1970er-Jahren. Die im Jahr 1973 im Zuge der Liberalisierung der Finanzmärkte erfolgte Einführung schwankender Wechselkurse und die Öffnung der Geld- und Kapitalmärkte bereitete den Weg für zahlreiche innovative Finanzinstrumente. Die rechtliche Erfassung von Derivategeschäften gestaltete sich dabei aufgrund der dynamischen Entwicklung der einzelnen Produkte und des breiten Einsatzspektrums von Anfang an als sehr schwierig. Erste Regelungen fanden sich Ende der 1980er-Jahren in dem „Financial Institutions Reform, Recovery and Enforcement Act of 1989“ in den USA, dessen Definition des Derivates bereits weitestgehend dem heute in § 1 Abs. 11 S. 2 KWG bestimmten Begriffsverständnisses entsprach. Nachdem insbesondere außerbörsliche Derivategeschäfte lange Zeit keiner oder nur einer geringen gesetzlichen Regulierung unterlagen, wird aktuell bedingt durch die Finanz- und Wirtschaftskrise die gesetzliche Regulierung der Derivatemärkte stark vorangetrieben. Zu nennen ist dabei vor allem die am 16.08.2012 in Kraft getretene und ab dem 01.01.2013 anwendbare EU-Verordnung über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (VO (EU) Nr. 648/2012 – EMIR). Regelungsschwerpunkte der unmittelbar anwendbaren Verordnung sind (1) die Clearingpflicht von OTC-Derivatekontrakten über sog. „zentrale Gegenparteien“, (2) die Steigerung von Risikoanforderungen für Derivatekontrakte ohne ein zentrales Clearing und (3) die Einführung einer generellen Meldepflicht von Derivatekontrakten an ein Transaktionsregister. Zudem wird auch die Richtlinie zur Neuregulierung der Märkte für Finanzinstrumente (Mifid II) für zahlreiche Neuerungen sorgen und wie die EMIR der Umsetzung der auf dem G-20 Gipfel in Pittsburgh im Jahr 2009 beschlossenen Ziele einer transparenteren, effizienteren und besser beaufsichtigten Gestaltung der Kapitelmärkte und dem Anlagerschutz dienen.

Ulf Martens
§ 61 Offene Fondsbeteiligungen – Ökonomische Grundsätze

Anleger sind durch Investition in das diversifizierte Immobilien-Portfolio einer indirekten Anlage wesentlich besser vor Risiken geschützt sind als bei einer Direktanlage in Immobilien, weil Verluste in einem Anlageobjekts bei der Direktanlage für den Einzelanleger direkt durchschlägt, hingegen in einem Portfolio durch die Stabilität der anderen Objekte abgesichert wird. Der einzelwirtschaftliche Vorteil einer Insolvenzvermeidung beinhaltet gleichzeitig einen gesamtwirtschaftlichen Vorteil, da soziale Auffangmechanismen entlastet werden.

Tobias Just, Steffen Sebastian
§ 62 Offene Fondsbeteiligungen – Rechtliche Grundsätze

Offene Immobilienfonds zeichnen sich dadurch aus, dass eine Vermögensanlage in Immobilien über die schuldrechtliche Beteiligung an einem Sondervermögen erfolgt, gemeinsam mit einer Vielzahl anderer Anleger. Der rechtliche Rahmen hierfür folgt vor allem aus den §§ 230–260 KAGB, die die allgemeinen Regeln des KAGB zum Investmentrecht ergänzen und modifizieren.

Wolfgang Servatius
§ 63 Geschlossene Fondsbeteiligungen – Ökonomische Grundsätze

Geschlossene Fonds produzierten in der Vergangenheit immer wieder diverse Negativschlagzeilen in der einschlägigen Presse. Maßgebliche Gründe dafür sind ökonomische Schieflagen von Emissionshäusern mit finanziellen Einbußen für Fondszeichner, Häufung von Insolvenzen diverser Fondsgesellschaften, negative Marktentwicklungen, Kapitalanlagebetrugsfälle im geschlossenen Fondsbereich sowie Manipulationen bei der Berichterstattung über bestimmte Fonds. Dem Markt der geschlossenen Fondsbeteiligungen kommt jedoch aufgrund des Volumens des investieren Kapitals im Rahmen der betrieblichen Finanz- und Investitionswirtschaft eine erhebliche Bedeutung zu. Das derzeitige Gesamtinvestitionsvolumen in diesem Kapitalanlagesegment wird von einem Expertenteam mit 215 Mrd. EUR angegeben. Ein Vergleich des Gesamtinvestitionsvolumens im Markt der geschlossenen Fonds mit jenem der offenen Immobilienfonds und des Zertifikatemarkts zeigt, dass das Investitionsvolumen im Markt der geschlossenen Fonds etwa so groÔ ist, wie die aktuelle Investitionssumme beider Teilmärkte (Zertifikate plus offene Immobilienfonds) zusammen. Als Finanzierungsinstrument stellt diese Form der Beteiligungsfinanzierung eine wichtige Säule im Rahmen der klassischen Finanzierungsinstrumente dar. Auf der Seite der Kapitalanlage konnten in der Vergangenheit Renditen erzielt werden, die zum Teil weit über dem Kapitalmarktniveau lagen. Das wird auch in Zukunft so der Fall sein. Die neue Marktregulierung durch das Kapitalanlagegesetzbuch kann positiv bewertet werden, da nun geschlossene Fonds auf die gleiche Ebene gestellt werden, wie klassische Investmentfonds. Damit kann prognostiziert werden, dass Marktverwerfungen und Kapitalfehlleitungen aufgrund der neuen Transparenzvorschriften, Genehmigungsverfahren und Regulierungsvorschriften weit seltener vorkommen werden, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Das neu eingeführte Risiko- und Liquiditätsmanagement wird ebenfalls zu weiterer Transparenz und Sicherheit für Kapitalanleger führen. Es bleibt abzuwarten, wie die neuen Produkte nach den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs weiterhin im Kapitalmarkt angenommen werden. Insofern hat die in der Vergangenheit stattgefundene Markterosion den Vorteil eines gesetzlich umfänglich geregelten Neuanfangs.

Franz-Joseph Busse
§ 64 Geschlossene Fondsbeteiligungen – Rechtliche Grundsätze

Geschlossene Fonds haben ihren Ursprung in den Steuersparmodellen der 70er und 80er Jahre. Sie gehörten lange Zeit zum sogenannten grauen Kapitalmarkt, da es keine staatliche Aufsicht und keine gesetzliche Regulierung der geschlossenen Fonds gab. In diesem grauen Kapitalmarkt tummelten sich auch viele unseriöse Anbieter, die das Image der Branche ruinierten und vielen Anlegern zum Teil enorme Vermögensverluste bescherten. Das Hauptmotiv für eine Anlage in geschlossene Fonds bestand bis zum Jahre 2005 in der Steuerersparnis. Das Schwergewicht der Branche lag auf Medien-, Schiffs- und Immobilienfonds. Nachdem der Gesetzgeber die Steuersparmodelle im Jahre 2005 abschaffte, erfand sich die Branche neu. Heute versteht sich die Branche als Anbieter von Sachwertinvestitionsmöglichkeiten. Durch die seit dem Jahre 2013 für geschlossene Fonds eingeführte Regulierung wird die Branche von der BaFin beaufsichtigt. Jeder geschlossene Fonds muss nun von einem von der BaFin lizensierten Manager verwaltet werden. Neue interne Strukturen des Portfolio- und Risikomanagements und der Vermeidung von Interessenskonflikten mussten für jeden Fonds geschaffen werden. Dies alles ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden. In den letzten Jahren hat sich die Branche dadurch konsolidiert - zum einen sind viele der kleineren Anbieter geschlossener Fonds vom Markt verschwunden, zum anderen konzentrieren sich die bestehenden Anbieter auf die Marktsegmente, in denen sie nachweislich Know How besitzen. Ob all diese Maßnahmen letztlich auch dazu führen, dass die Anleger besser geschützt sind und ihre Anlagen die Renditen erwirtschaften, die im Prospekt prognostiziert wurden, lässt sich allerdings erst in ein paar Jahren beurteilen.

Oliver Zander
§ 65 Immobilienfonds

Wie andere Anlagegegenstände unterliegen auch die geschlossenen Immobilienfonds einem sich ständig wandelnden Interesse bei den Investoren: Geschlossene Immobilienfonds traten verstärkt Anfang der 1980er Jahre in ihrer Erscheinungsform als Bauherrenmodelle in den Fokus. Mit einem Investitionsvolumen von über 6 Mrd. EUR Eigenkapital erreichten sie dann als steuerspargetriebene Vehikel zur Finanzierung „blühender Landschaften“ im Jahre 1998 ihren Zenit. Nachdem sie nur Ende des letzten Jahrzehnts kurzfristig ihren Spitzenplatz an investiertem Kapital an die Schiffsfondsbranche abgaben, dominieren sie heute wieder die Branche geschlossener Fonds.Die rechtliche Betrachtung der geschlossenen Immobilienfonds ist eng verbunden mit dem prägenden deskriptiven Merkmal der Anlageklasse Immobilie: der Investitionsgegenstand ist nicht mobil. Diese Erkenntnis ist Ausgangspunkt für die wirtschaftlichen aber auch die rechtlichen Besonderheiten dieser Anlageklasse. Soweit diese Investitionsgegenstand geschlossener Fonds ist, bietet sie dem Investor die Möglichkeit, sich auch bei nur geringer Liquidität an dieser Anlageklasse zu beteiligen, die sich bei rein wirtschaftlicher Betrachtung im Verlauf der letzten Jahrzehnte als besonders stabil erwies und daher auch heute noch groÔe Mengen Kapital anzieht, nachdem die steuerlichen Privilegierungen der 1980er und 1990er Jahre weitestgehend weggefallen sind. Geschlossene Immobilienfonds ermöglichen den Investoren zudem innerhalb dieser Anlageklasse eine anderenfalls vielleicht nicht darstellbare Streuung. Wesentlicher Nachteil eines nur mittelbaren Immobilieninvestments ist hingegen die enorme Komplexität geschlossener Immobilienfonds, die unweigerlich zu höheren Kosten und damit einer notwendigen Schmälerung der Renditeerwartung führt. Hinzu kommt eine faktisch häufig längere Haltedauer.Die Rechtspraxis wird diesen Besonderheiten gerecht. Hohe Anforderungen an die Aufklärung der Investoren stellt die Rechtsprechung insbesondere hinsichtlich der Richtig- und Vollständigkeit der Angaben, die den Investitionsgegenstand selbst betreffen und – damit verbunden – die auf dieser Basis zu erwartenden Erträge. Weniger streng geht die Praxis hingegen mit Aufklärungspflichten über rechtliche Besonderheiten um, die sich in der notwendig komplexen Strukturierung geschlossener Immobilienfonds begründet finden.Solange der Gesetzgeber die noch bestehenden rechtlichen Freiräume für die Strukturierung geschlossener Immobilienfonds nicht vollständig abschafft, wird diese Anlageform voraussichtlich auch weiter nachhaltig Bestand haben. Entgegen häufig kolportierter politischer Äußerungen gegen die Branche beherrscht die Praxis ihre rechtlichen Herausforderungen

Jochen Strohmeyer
§ 66 Lebensversicherungsfonds

Geschlossene Fonds, die in Zweitmarkt-Lebensversicherungen investieren, sind eine relativ junge Anlageklasse. Erst 2002 sind die ersten geschlossenen Fonds aufgelegt worden, die in US-amerikanische Policen investiert haben. Es folgten Lebensversicherungsfonds mit deutschen und britischen Lebensversicherungen. Unterschieden wird daher – je nach Investitionsgegenstand – zwischen Fonds mit US-amerikanischen, britischen und deutschen Zweitmarktpolicen.

Petra Brockmann
§ 67 Ökofonds

Geschlossene Ökofonds erfreuen sich seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit. So können sich nicht nur umweltbewusste Personen an der Energiewende beteiligen und damit auch noch Geld verdienen. Leider waren aber gerade in diesem Segment spektakuläre Pleiten in den vergangenen Jahren an der Tagesordnung. Für die betroffenen Anleger stellt sich in diesen Fällen die Frage, sie mit Aussicht auf Erfolg ihre Verluste erstattet verlangen können. Mit der Beantwortung dieser Frage beschäftigt sich das Kapitel “Ökofonds”.

Wolf von Buttlar
§ 68 Private Equity-Fonds

Unter Private Equity-Fonds versteht man Geldsammelstellen, die das eingesammelte Kapital in Beteiligungen an Unternehmen investieren. Die Unternehmen, in die investiert wird – die sogenannten „Zielunternehmen“ – sind in aller Regel (noch) nicht börsennotiert. Die Beteiligung des Private Equity-Fonds kann unmittelbar erfolgen, also im Wege einer direkten Investition des Fonds in dieses Zielunternehmen. Weit häufiger erfolgt die Beteiligung deutscher Private Equity-Fonds aber nur mittelbar, also in der Weise, dass der deutsche Fonds sein Geld an einen oder mehrere Zielfonds weiterleitet, die ihrerseits die Zielunternehmen auswählen und das eigentliche Zielinvestment vornehmen. Häufig handelt es sich hierbei um US-amerikanische Zielfonds, die ihrerseits weltweit das Private Equity-Geschäft dominieren und sich Investitionsobjekte suchen. Insgesamt kann man sagen, dass die Private Equity-Welle aus den USA zu uns nach Deutschland „herübergeschwappt“ ist. Ein Unterfall des Private Equity-Investments ist das Venture Capital-Investment, bei dem als Zielunternehmen vorzugsweise sehr junge Unternehmen ausgewählt werden, die noch keinen eigenständigen Zugang zum Kapitalmarkt haben.

Wolfgang Schirp
§ 69 Schiffsfonds

Fast 30 Jahre – bis 2007 – waren Schiffsfonds eine Erfolgsgeschichte. Nach den Boomjahren 1996 und 1997 als Steuersparmodelle (Duchardt/Gillitzer, DStR 2001, 1624 (1628)) konnten Schiffsfonds Mitte 2000 als Renditemodell neue Absatzrekorde verbuchen. Gerade Banken vertrieben diese Fonds sehr häufig an ältere Anleger. Ähnlich wie bei offenen Immobilienfonds war dabei der Irrglaube, dass Schiffsfonds eine hohe Sicherheit bei überdurchschnittlich guten Renditen bieten würden, nicht nur bei Anlegern, sondern auch Beratern weit verbreitet. Ab 2008 änderte sich dies schlagartig. Zunächst wurde für die Probleme der Schiffsfonds die Finanzkrise verantwortlich gemacht. Zwischenzeitlich sind die globalen Auswirkungen der Finanzkrise weitgehend verwunden, die Krise bei den Schiffsfonds ist aber längst nicht ausgestanden. Im Gegenteil: Immer mehr Schiffsfonds gehen in die Insolvenz Zunehmend setzt sich auch bei den Anlegern die Erkenntnis durch, dass die Fonds strukturelle Defizite aufweisen. Es verwundert daher nicht, dass der Pleitewelle nunmehr eine Klagewelle folgt. Die Gerichte müssen sich zunehmend mit Schiffsfonds beschäftigen.

Dietmar Kälberer
§ 70 Flugzeugfonds

Flugzeugfonds gewinnen nach Krisenzeiten neuen Auftrieb. Der Assetklasse wird nach übereinstimmenden Annahmen eine positive Zukunft bescheinigt. Die optimistischen Prognosen stützen sich vornehmlich auf die Passagierzahlen des Jahres 2014.

Lutz Tiedemann
§ 71 Hedgefonds und ähnliche Beteiligungen

Der Beitrag behandelt die nach deutschem Investmentrecht zulässigen Formen von Investments in Hedgefonds. Er fasst zunächst die Typologie und die wesentlichen Strategien von Hedgefonds zusammen und zeichnet die rechtliche Entwicklung bis zum KAGB nach. Die strukturellen Anforderungen an die Errichtung von Single- und Dachhedgefonds werden ebenso erörtert, wie die Anlagegrundsätze und die rechtliche Einbindung Funktion von Primebrokern. Schließlich widmet sich der Beitrag den rechtlichen Rahmenbedingungen des Vertriebs von Hedgefondsprodukten, also Hedgefonds nach dem KAGB, Alternative Invesmentfonds nach der AIFM-Richtlinie und vergleichbaren Fonds aus Drittstaaten sowie für Hedgefonds-Zertifikate.

Leif Zänker
§ 72 Kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen

Die Beteiligung des Anlegers an (geschlossenen und offenen) Fonds wird in der Regel überwiegend oder ganz fremdfinanziert. Neben dem Mangel an Eigenkapital sind dafür insbesondere steuerliche Gründe maßgebend. Wenn sich die finanzierte Kapitalanlage nicht wie erhofft und versprochen entwickelt und deshalb die Einnahmen ausbleiben oder jedenfalls nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu bedienen, wird der Anleger Möglichkeiten zum Ausstieg oder zur Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Anlage suchen. Der folgende Überblick behandelt die Rückabwicklung fehlgeschlagener kreditfinanzierter Beteiligungen an geschlossenen Fonds, wobei wegen der großen praktischen Bedeutung die Immobilienfonds im Mittelpunkt stehen.

Bernd Müller-Christmann
§ 73 Verwahrungsgeschäfte, insb. Depotgeschäfte

Unter dem Begriff der Verwahrung wird eine Vielzahl unterschiedlicher Lebenssachverhalte zusammengefasst, denen ganz verschiedene Rechtsverhältnisse zugrunde liegen können. Der Begriff der Verwahrung erfährt keine einheitliche Verwendung. Im Wesentlichen lassen sich – auf schuldrechtlicher Ebene – folgende Arten von Geschäften unterscheiden, die wirtschaftlich der Übernahme von Verwahrfunktionen dienen können: Verwahrverträge, Mietverträge, Treuhandverhältnisse, Geschäftsbesorgungsverträge.

Bernd Geier
§ 74 Fremdwährungs- und Devisengeschäfte

Nach nahezu einhelliger Auffassung des allgemeinen Staats- und Völkerrechts haben Staaten das Recht, ihre Wirtschaftssysteme zu bestimmen und damit auch Umfang und Inhalt von Investitionen privater inländischer und ausländischer Rechtssubjekte. Dies impliziert die Möglichkeit der staatlichen Regulierung und Kontrolle von grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen und von Devisengeschäften. Insofern gilt formal der Grundsatz der nationalen Souveränität. Diese abstrakte Aussage, deren generelle Richtigkeit nicht ernsthaft anzuzweifeln sein dürfte, spiegelt jedoch kaum noch die Realität der Weltwirtschaft wider. Diese ist gekennzeichnet durch Interdependenz, Integration und Globalisierung. Staaten, die sich unter Berufung auf ihr formales Recht dieser Tendenz widersetzen, riskieren jedenfalls wirtschaftliche Isolation, da substanzielle Autarkie in einer Welt interdependenter Märkte selbst von wirtschaftsstarken Staaten kaum noch realisierbar ist, wie die Staatsschuldenkrise (auch „Eurokrise“) der vergangenen Jahre eindringlich vor Augen geführt haben dürfte. Staaten, die sich der Weltwirtschaft öffnen, geben mehr oder weniger prägnante Teile ihrer Souveränität auf, auch wenn sie sich nicht zu Gemeinschaften zusammenschließen. Eine derartige weltwirtschaftliche Verflechtung hat institutionelle und juristische Konsequenzen auch und gerade für den Bereich des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs. Die wirtschaftliche Öffnung von Staaten zum Weltmarkt ist notwendig begleitet von einer wenigstens teilweisen Integration der entsprechenden Regelwerke. Dies wiederum bleibt nicht ohne Rückwirkungen auf nationales Recht.

Marcus Willamowski
§ 75 Einzelne Auslandsgeschäfte

Bankgeschäfte mit grenzüberschreitendem Bezug finden sich in allen Bereichen geschäftlicher Tätigkeit der Kreditinstitute. Sie lassen sich unterteilen in solche Bankgeschäfte, die in gleicher oder ähnlicher Form auch im Geschäft mit inländischen Kunden vorgenommen werden und in „klassische Auslandsgeschäfte“, die ausschließlich im internationalen Verkehr vorkommen und keine echte Entsprechung im Inlandsgeschäft haben. Zum „klassischen Auslandsgeschäft“ zählen insbesondere die Instrumente der Außenhandelsfinanzierung und der Zahlungssicherung, d. h. das Akkreditiv- und das Garantiegeschäft sowie das Dokumenteninkasso, daneben aber auch die Forfaitierung und die Bestellerfinanzierung. Das übrige Auslandsgeschäft entzieht sich weitgehend einer kohärenten Typologisierung, da vom Kredit- über das Kapitalmarktrecht und dem nichtdokumentären Auslandszahlungsverkehr praktisch sämtliche Bankgeschäfte auch im grenzüberschreitenden Verkehr vorkommen. Insgesamt verlieren die klassischen Instrumente der Außenhandelsfinanzierung und Zahlungssicherung mit zunehmender Angleichung der Rechts- und Wirtschaftsbedingungen in der Welt an Bedeutung, während das sonstige Bankgeschäft aufgrund der wachsenden Verflechtung der Volkwirtschaften stark internationalisiert wird und an Volumen zunimmt. Die nachstehende Darstellung beschränkt sich auf die Erläuterung allgemeiner öffentlich-rechtlicher, internationalprivat- und -prozessrechtlicher Grundfragen grenzüberschreitender Bankgeschäfte sowie des klassischen Auslandsgeschäfts der Banken im genannten Sinne, einschließlich einiger Anmerkungen zum Auslandskreditgeschäft im Allgemeinen sowie zu Besteller- und Rembourskrediten.

Robert Freitag

Rechtsschutz und alternative Streitbeilegung

Frontmatter
§ 76 Rechtsschutz durch Gerichte

Die heute für nicht Wenige eher schwierige Wirklichkeit unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, mit ihrer hoffentlich in Zukunft nicht weiter wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheit, ist auch in einem Rechtsstaat wie Deutschland nur zum Teil durch Recht geprägt. Aber Recht und Rechtsschutz, eine gute, qualifizierte Justiz sind und bleiben wichtig. Sie, die Justiz, ist bei der Behandlung von Bank- und Kapitalmarktsachen ein gutes Stück vorangekommen, aber immer noch nicht überall auf der Höhe der Zeit. Die Vorteile des Kapitalanleger- Musterverfahrensgesetzes werden nur zögerlich in Anspruch genommen. Nicht selten fehlt es in den Gerichten und Staatsanwaltschaften für solche und andere vergleichbare Verfahren mit ihren in ökonomischer und fmanzwissenschaftlicher Hinsicht häufig hochkomplexen Sachverhalten am notwendigen Sachverstand. Vielfach dürfte es deshalb für Streitfälle aus Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten vorzuziehen sein, sie vor mit sachkundigen Richtern besetzte Schiedsgerichte zu bringen, oder sie vor- oder auÔergerichtlich durch Schlichtungsverfahren oder durch eine Mediation zu beenden. Am Ende bleibt auch für die Justiz Bildung der Schlüssel. Allein gebildete Richterinnen und Richter und für die Staatsanwaltschaften gebildete Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ergeben für Verbraucher und Anleger und auch für die Wirtschaft eine gute Justiz und für die Menschen einen gerechten, wirksamen und zügigen Rechtsschutz durch die Gerichte und die Schiedsgerichte.

Heinz Georg Bamberger
§ 77 Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz

Massenschäden sind ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft (vgl. v. Bar, Gutachten A für den 62. DJT, A 9; Coester-Waltjen, FS Fikentscher, S. 249; Gabriel/Pirker-Hörmann- Klauser S. 14; Umbach/Dettling-Reuschle, S. 49). Massenproduktion, Massentransport sowie Verfahren der modernen Informationstechnologie führen im Falle von Störungen und Unfällen häufig zu einer Vielzahl von Geschädigten. Verfahrensrechtlich stellt sich oft die Frage, wie die Ansprüche der vielen Geschädigten so abgewickelt werden können, dass allzu zahlreiche, lange und kostenintensive Beweisaufnahmen vermieden werden. Möglichkeiten und Grenzen der Bündelung gleichgerichteter Interessen wurden bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung ökonomischer und rechtsvergleichender Erkenntnisse ausführlich dargestellt und sollen hier nur kurz für das Verständnis der Beteiligung im Musterverfahren vorgestellt werden.

Fabian Reuschle
§ 78 Alternative Streitbeilegung und Mediation

Welche alternativen Konfliktbeilegungsinstrumente stehen im Bank- und Kapitalmarktrecht zur Verfügung? In welchen Fallkonstellationen können diese in welcher Form nutzbar gemacht werden? – Die auch als ADR-Verfahren bezeichneten sog. alternativen Konfliktbeilegungsverfahren sind seit mehreren Jahren Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit von Rechtswissenschaft und -praxis sowie der Gesetzgebung. Der Beitrag befasst sich mit der Abgrenzung verschiedener Formen der Konfliktbeilegung. Außergerichtliche Streitbeilegung in der institutionalisierten Form des Ombudsmannverfahrens oder Güteverfahren bzw. Verfahren vor einer außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle sind in der Praxis des Bank- und Kapitalmarktrechts bekannt. Der Beitrag erläutert Spezifika der Mediation mit und ohne institutionelle Anbindung, Verfahren vor Streitbeilegungsstellen sowie das Güterichterverfahren.

Steffen P. J. Jänicke
§ 79 Institutionelle Schlichtungsverfahren (Ombudsmannverfahren)

Schlichtungsverfahren unter Einbindung eines Ombudsmanns sind ein modernes Mittel zur Lösung von Streitigkeiten zwischen Banken und ihren Kunden. Dies gilt vor allem für Kunden, die Verbraucher sind, kann aber auch für Kaufleute und Unternehmen von Interesse sein. Viele deutsche Banken sind über einen Banken- oder einen Sparkassen- und Giroverband einer Einrichtung zur Durchführung eines Ombudsmannverfahrens angeschlossen. Soweit dies nicht der Fall ist, kann in bestimmten Fällen (die den Überweisungsverkehr, Kartenmissbrauch und den Fernabsatz (Internetbanking) betreffen) gegen jede in Deutschland niedergelassene Bank ein Schlichtungsverfahren bei der deutschen Bundesbank eingeleitet werden (dazu Rn. 18.). Ein solches Verfahren bietet Bankkunden die Möglichkeit, Streitigkeiten mit der Bank verhältnismäßig zügig und kostengünstig zu lösen. Voraussetzung aller deutschen Verfahrensordnungen ist es im Kern, dass (i) die Auseinandersetzung keine offene rechtliche Grundsatzfrage betrifft, (ii) der Anspruch nicht bereits verjährt ist, und (iii) die Streitigkeit nicht bereits Gegenstand eines anhängigen oder abgeschlossenen Gerichtsverfahrens ist (Ausnahme: Auseinandersetzungen über die Modalitäten und das Ausmaß der Durchsetzung von ausgeurteilten Bankenforderungen); s. im Einzelnen unten Rn. 20 ff., 25 ff. Das Kapitel enthält eine vergleichende Darstellung in tabullarischer Form von 25 europäischen und drei deutschen Verfahrensordnungen.

Eckart Brödermann

Öffentliches Bankrecht und Bankarbeitsrecht

Frontmatter
§ 80 Zentralbanksystem

Zentralbanken sind verselbständigte Institutionen, die innerhalb eines Währungsraums Aufgaben staatlicher Geld- und Währungspolitik wahrnehmen. Der Zentralbankbegriff ist allerdings kein einheitlicher, weil allgemeingültige Vorgaben zu seiner näheren Bestimmung fehlen (vgl. Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 88 Rn. 46). Konturen gewinnt der Begriff erst in der Betrachtung seiner staatsrechtlichen Entwicklung. Geprägt wird das Leitbild der Zentralbank dabei vor allem durch den historisch gewachsenen Kern an geld- und währungspolitischen Befugnissen (vgl. Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 88 Rn. 46). Dieser umfasst die Notenausgabe (einschränkend allerdings BK-Häde, Art. 88 Rn. 121), die Regelung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel der Währungssicherung sowie die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs (vgl. BVerfGE 14, 197, 217; Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 88 Rn. 46). Auch die Befugnis zur Steuerung der Bankenliquidität durch Mindestreserveregelungen soll der leitbildprägenden Kompetenzausstattung inzwischen zuzurechnen sein (vgl. Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 88 Rn. 47). Demgegenüber wird die Offenmarktpolitik noch außerhalb des historisch geprägten Kerngeschäfts verortet (Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 88 Rn. 47). Auch die Unabhängigkeit der Zentralbank gegenüber der Exekutive stellt trotz ihrer Bedeutung für die Währungssicherung (vgl. BVerfGE 89, 155, 208) kein begriffsprägendes Merkmal dar (vgl. Sachs-Siekmann, Art. 88 Rn. 12). In der Bundesrepublik Deutschland wird die Funktion der Zentralbank von der Deutschen Bundesbank wahrgenommen, die integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) ist (Art. 14.3. S. 1 ESZB-Satzung; § 3 S. 1 BBankG).

Volker Perne
§ 81 Bankenaufsicht

Das System der Bankenaufsicht zielt darauf, die Stabilität des Finanzsystems sicherzustellen (Reiter/Gerlings, DÖV 2002, 566). Die Bankenaufsicht selbst ist ein bereichsspezifischer Teil der allgemeinen Wirtschaftsaufsicht (Heun, JZ 2012, 235, 236) – genauer: eine besondere Form der Gewerbeaufsicht – und damit ordnungspolitischer Natur (Stober, S. 29; Reiter/Gerlings, DÖV 2002, 563 f.; Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, § 6 Rn. 2; Faber, S. 184). Sie ist damit im Kern Wirtschaftsverwaltungs- und damit Sonderordnungsrecht (Becker, DÖV 2010, 909, 910) und wird definiert als die durch staatliche Stellen ausgeübte spezielle Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten (Schimansky/Bunte/Lwowski-Fischer, § 125 Rn. 1 f.; vgl. zur historischen Entwicklung Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, Einf. Rn. 1 ff.). Sie ist geprägt von der Möglichkeit zu staatlichem Eingriff und Zwang (BGHZ 74, 144, 152 f.) und gehört damit zur klassischen Eingriffsverwaltung (BAG, NVwZ 1999, 917, 918). Umfasst sind dabei alle Arten von Kreditinstituten. Die spezielle Beaufsichtigung erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (s.u. Rn. 5 f.), die sie gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank (s.u. Rn. 7) ausübt. Daneben gibt es weitere, i. d. R. bereichsspezifische Zuständigkeiten etwa für das Börsen- und das Versicherungswesen, die neben der allgemeinen Bankenaufsicht bestehen (vgl. dazu im Überblick Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, Einf. Rn. 168 ff.). Auch andere staatliche Sonderaufsichten wie etwa die Anstaltsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die Landesbanken (Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Lindemann, § 52 Rn. 3 ff.) treten neben die allgemeine Bankenaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 52 KWG).

Lars Brocker
§ 82 Bankgeschäfte und Steuern

Nach einer Einführung skizziert der Beitrag die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen von Bankgeschäften. Im Hauptteil wird beschrieben, in welchen Fällen und in welcher Höhe die Bank bei der Gutschrift von Kapitalerträgen eine Steuer (Abgeltungsteuer) einbehalten und ans Finanzamt abführen muss. Dem Bankkunden wird gezeigt, welche Wahlrechte er hat, wenn er sich mit seinen Kapitalerträgen zur Einkommensteuer veranlagen lässt.

Rüdiger Philipowski
§ 83 Bankarbeitsrecht

Mitarbeiter in Kreditinstituten und Sparkassen unterliegen wie andere Arbeitnehmer den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Einzelne Problembereiche gewinnen allerdings besondere Bedeutung: Bei der Vergütung spielen Zielvereinbarungen und (oft unwirksame) Freiwilligkeitsvorbehalte eine besonders große Rolle, bei der Arbeitszeit geht es häufig um die pauschale Abgeltung von Überstunden. Die Arbeitsverträge enthalten erfahrungsgemäß häufig Klauseln, die einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht standhalten. Dies gilt z. B. dann, wenn eine Versetzung allein aufgrund betrieblicher Interessen möglich sein soll, ohne dass auch die Situation des Arbeitnehmers Berücksichtigung findet. Compliance-Richtlinien unterliegen in erheblichen Teilen der Mitbestimmung; allerdings lässt sich nicht immer verhindern, dass sie zu neuen Arbeitnehmerpflichten führen. Seit der Finanzkrise 2008/2009 wirken die Vorgaben der Bankenaufsicht auch in die Arbeitsverhältnisse hinein: Dies gilt für die Vergütungsstruktur, aber auch für die vom Gesetz geforderte Sicherstellung der Beratungsqualität, die u. a. dadurch gefördert werden soll, dass jede Kundenbeschwerde an die BaFin weitergeleitet werden muss. Die MaRisk verlangen bei bestimmten Funktionen eine Mindestbesetzung, was den Personalabbau erheblich erschweren kann.

Wolfgang Däubler

Haftung und strafrechtliche Sanktionen

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§ 84 Organhaftung

Die Haftung der Organe von Finanzmarktteilnehmern kann sich aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen ergeben. Vor der Einführung von §§ 37b, 37c WpHG standen dabei Ansprüche gem. § 826 BGB oder § 823 II BGB i.V.m. § 400 AktG im Vordergrund. Die Schadensersatzpflicht nach §§ 37b, 37c WpHG trifft nur den Emittenten von Finanzinstrumenten, nicht aber die handelnden Personen. Daher ist die deliktische Haftung auch neben den spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlagen des WpHG relevant. Anspruchsgegner nach § 826 BGB ist der Handelnde. Da der Vorstand in eigener Verantwortung die Gesellschaft leitet, muss er etwa für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen einstehen, die in den Kernbereich der Leitungsfunktion fallen. Problemschwerpunkte bilden die Fragen, ob die Veröffentlichung einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung oder die Unterlassung der Veröffentlichung objektiv als sittenwidrige Schädigung einzuordnen ist, wann dem Beklagten ein Schädigungsvorsatz vorzuwerfen ist und unter welchen Voraussetzungen Kausalität und Schaden bejaht werden können. Im Hinblick auf die Haftung wegen der Verletzung von Schutzgesetzen ist nur in Einzelfällen geklärt, in welchem Umfang die Verletzung einzelner Normen als Verletzung von Schutzgesetzen i.S.d. § 823 II BGB angesehen werden kann. Anerkannt ist die Schutzgesetzqualität von § 400 I Nr. 1 AktG, der die unrichtige oder verschleiernde Wiedergabe von Gesellschaftsverhältnissen unter Strafe stellt. Auch § 264a StGB als Norm zur Ahndung des Kapitalanlagebetrugs und der Betrugstatbestand nach § 263 StGB sind Schutzgesetze i.S.d. § 823 II BGB. Umstritten ist hingegen, ob die Vorschriften zum Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation drittschützenden Charakter haben. Für die deutsche Norm des § 20a WpHG a.F. hat der BGH dies im Ergebnis abgelehnt. Gleiches gilt für die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG a.F. Seit dem 3.7.2016 sind das Verbot der Marktmanipulation und die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen in einer europäischen Verordnung (Marktmissbrauchsverordnung (EU) Nr. 596/2014) geregelt. Ob diese Vorschriften Schutzgesetzcharakter haben, ist noch nicht geklärt. Die inzwischen überwiegende Literaturansicht bejaht dies. Das hätte zur Folge, dass bei einer Kurs- und Marktpreismanipulation und einer Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht Schadensersatzansprüche zu bejahen sind. Das Unternehmen als juristische Person haftet über § 31 BGB grundsätzlich für das Verhalten ihrer Organe. Zudem haftet es als Emittent von Finanzinstrumenten nach §§ 37b, 37c WpHG auf Schadensersatz wegen unterlassener oder fehlerhafter Ad-hoc-Meldungen. Probleme bestehen zudem bei der Rechtsdurchsetzung. Als Reaktion auf die Missstände am Neuen Markt hat der Gesetzgeber das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geschaffen.

Thomas M.J. Möllers
§ 85 Geldwäsche

Das Abwehrdispositiv gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland ist durch zahlreiche, von internationalen Vorgaben und Standards veranlasste Gesetzesänderungen seit dem Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes im Jahr 1993 immer engmaschiger geworden, weil Risiken für Staat und Gesellschaft sowie die operationellen Risiken der Institute, soweit sie aus Geldwäsche und anderen „illicit activities" generiert werden, gewachsen und die Methoden der Geldwäsche immer komplexer geworden sind.Die Banken in Deutschland werden sich auch in den kommenden Jahren im Zusammenhang mit der nationalen Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie auf neue, anspruchsvollere Anforderungen des Gesetzgebers und des Regulators BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) einstellen müssen. Verstöße gegen Compliance-Vorschriften im Bereich der Geldwäscheprävention werden in Zukunft auch strenger geahndet werden. Die zukünftig umzusetzende Maßnahmen stellen keinen Paradigmenwechsel, sondern eine bruchlose Ergänzung und Fortschreibung des aufsichtsrechtlichen Präventionsansatzes dar, in den neu gewonnenes Erfahrungswissen über die aktuellen Methoden der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung einfließt.Bestimmte Methoden, insbesondere bargeldorientierte und kontenbezogene Typologien der Geldwäsche, können heute, u. a. durch die von den Banken geforderten edv-gestützten Sicherungssysteme und durch effiziente Strukturen im internen Risikomanagement und durch eine konsequente Compliance-Politik besser aufgedeckt und verhindert werden. Dadurch konnten Integritätsrisiken und operationelle Risiken der Banken zumindest bei einigen Kunden- und Produktsegmenten im Interesse des einzelnen Instituts minimiert werden. Von Vorteil ist, dass den Instituten mit der seit 2011 durch mehrere Gesetzgebungsverfahren vorangetriebenen Aktualisierung des Geldwäschegesetzes und der geldwäscherechtlichen Normen im Kreditwesengesetz (KWG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) ein Ansatz zur Verfügung steht, der die früheren, sehr formalistisch ausgeprägten Sorgfaltspflichten durch einen risikoorientierten Ansatz ersetzt, der auf der Schaffung und Aktualisierung einer Risikoanalyse des einzelnen Instituts über seine eigene Gefährdungssituation aufbaut und anhand von zusätzlichen Risikofaktoren ständig weiterentwickelt. Dieses Umdenken bei den internationalen Standards hat somit seine Fortsetzung in der nationalen Implementierung geldwäscherechtlicher Vorschriften gefunden. Der neue Ansatz ist effektiver, weil er den Instituten Gelegenheit gibt, ihre internen Sicherungsmaßnahmen weitgehend eigenständig zu kalibrieren. Geldwäsche und die daraus resultierenden Risiken für die einzelne Bank, das einzelne Unternehmen sowie den Finanzplatz Deutschland werden jedoch dadurch nicht verschwinden. Professionell handelnde Geldwäscher haben sich in der Vergangenheit auf die Bekämpfungskonzepte dadurch einstellen können, dass die im Finanzsektor angewandten Methoden der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung perfekter geworden und dadurch schwieriger zu erkennen sind. Die Verhinderung und Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung werden deshalb auch in Zukunft für den Gesetzgeber sowie für die Aufsichtsinstanzen und die pflichtigen Unternehmen Aufgabe und Herausforderung bleiben.

Michael Findeisen
§ 86 Kapitalanlage- und Kreditbetrug

Die Spezialtatbestände des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) und des Kreditbetrugs (§ 265b StGB) sollen Kapitalanleger und Kreditgeber schon im Vorfeld eines Betrugs (§ 263 StGB) schützen. Sie setzen anders als der Betrug lediglich eine vorsðtzliche Täuschung voraus, verzichten also, vor allem um Beweisschwierigkeiten zu überwinden, auf das Erfordernis einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung, den Eintritt eines Vermögensschadens, den Schädigungsvorsatz und die Bereicherungsabsicht des Täters. Die §§ 264a, 265b StGB reichen damit tief in das Vorfeld des § 263 StGB hinein. In der Praxis sind die Tatbestände dennoch schwer zu handhaben, zumal sie zahlreiche dogmatische Fragen aufwerfen.

Martin Paul Waßmer
§ 87 Steuerstrafrecht

Strafrechtliche Risiken im Bankengeschäft sind in der heutigen Zeit allgegenwärtig. In der Tagespresse finden sich in regelmäßigen Abständen Artikel über Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden bei Kreditinstituten. Nicht selten ist die Bank bei diesen Ermittlungsmaßnahmen nicht lediglich „Dritter“ bzw. „andere Person“ (§ 103 StPO), sondern steht vielmehr selbst im Fokus der Ermittlungen. Die Gefahr, beispielsweise durch einen allzu sorglos agierenden Mitarbeiter selbst in schwere Wirtschaftsstraftaten verstrickt zu werden, ist für Banken greifbar. Aus diesem Grund ist auch das Thema Compliance (siehe hierzu Schaefer/Baumann, NJW 2011, 3601) im Bankensektor spätestens seit den Luxemburg-Verfahren der 90er-Jahre zum „Dauerbrenner“ geworden. Durch die MaComp, d. h. die „Mindestanforderungen an Compliance und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG für Wertpapierdienstleister“ erstellt die BaFin in diesem Bereich mittlerweile explizite und regelmäßig aktualisierte Vorgaben (Engelhart, ZIP 2010, 1832).

Alexander Pallas, Christian Gercke

Europäisches Bankrecht

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§ 88 Länderübergreifende Bankgeschäfte

Länderübergreifende Bankgeschäfte lassen sich als die in § 1 I und Ia KWG aufgeführten Geschäfte verstehen, die einen Auslandsbezug aufweisen. Auf sie findet nach der Rom I-VO das Recht desjenigen Staates Anwendung, in dem der Erbringer der Dienstleistung bzw. der sonstigen charakteristischen Leistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Parteien nicht ein anderes Recht gewählt haben. Die Regeln für Bankgeschäfte sind teilweise international harmonisiert, insbesondere durch das Primärrecht (Grundfreiheiten, Wettbewerbsregeln) und zahlreiche Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union, die neben materiellrechtlichen Fragen auch die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (EuGVVO) betreffen.

Peter-Christian Müller-Graff
§ 89 Europäisches Kreditsicherungsrecht

Welchen Einfluss die Verkehrsfreiheiten des AEUV auf die Kreditsicherungsrechte der Mitgliedstaaten ausüben, ist höchstrichterlich wenig geklärt. Entsprechend groß ist die Rechtsunsicherheit. Es sind drei Regelungsbereiche, auf die die Grundfreiheiten, in erster Linie die Freiheit des Kapitalverkehrs, aber auch die Freiheit des Warenverkehrs, einwirken können: die Bestellung von Sicherungsrechten, der Bestand von Sicherungsrechten und die Mobilität von Sicherungsgut.

Peter von Wilmowsky
§ 90 Europäisches Bankenaufsichtsrecht

Die Europäische Union (EU) hat in den vergangenen Jahrzehnten das Bankenaufsichtsrecht in den Mitgliedstaaten umfassend harmonisiert, z. T. in Gestalt von Verordnungen sogar vereinheitlicht. Die Grundlage der materiellen Regelungen bilden nach wie vor die durch den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht geschaffenen Standards. Sie betreffen das Eigenkapital (Solvabilität), die Liquidität, Verschuldungsquoten (leverage ratios) und Regelungen für systemrelevante Banken. Mit der Übernahme dieser Standards verfolgte die EU zunächst das Ziel, den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu verwirklichen, um die Ausübung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit für Kreditinstitute zu ermöglichen. Durch die Finanzkrise hat sich der Schwerpunkt der Gesetzgebung allerdings verlagert. Im Vordergrund steht nunmehr das Ziel, Systemrisiken zu vermeiden, die zu einem Zusammenbruch der Finanzmärkte und letztlich schweren Schäden für die Volkswirtschaft führen können. Dieses Ziel wurde auch mit der Schaffung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) verfolgt, durch den die Mitgliedstaaten des Euroraums weitgehend die Zuständigkeit in der Bankenaufsicht zugunsten der Europäischen Zentralbank (EZB) verlieren.

Christoph Ohler
§ 91 Europarechtlicher Ausblick

Betrachtet man die politischen Maßnahmen der Europäischen Union im Finanzsektor der letzten Jahre, so herrscht auf den ersten Blick ein einziges Thema vor, nämlich Maßnahmen, um „der Krise“ entgegenzuwirken. Sicherlich kam und kommt der Bewältigung der Finanzkrise ein erheblicher Stellenwert in der Politik der Union zu. Jedoch sind Maßnahmen auf diesem Gebiet nicht die einzigen, die tatsächlich getroffen wurden. Auf dem Weg zur angestrebten „echten Wirtschafts- und Währungsunion“ ist politisches Ziel „die Stärkung der wirtschaftlichen Koordinierung und Integration im Euroraum“ (Pressemitteilung IP/13/248 vom 20.03.2013). Hauptziel der Politik ist und bleibt also die Vollendung des Binnenmarktes auf dem Finanzsektor. In den Begründungen nahezu sämtlicher Rechtssetzungsakte sind daher stets dieselben Begrifflichkeiten zu lesen: der Zugang zu den jeweiligen Märkten soll erleichtert, die Wettbewerbsfähigkeit verbessert, Transaktionen sollen beschleunigt werden, und – wichtiger Punkt, quasi „Allheilmittel“ zur Erreichung der vorgenannten Schritte – eine Steigerung der Transparenz erreicht werden.

Hans-Wolfgang Micklitz, Anja Böhnlein

Länderberichte

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§ 92 Belgien

Belgien ist eine konstitutionelle Monarchie (vgl. Belgische Verfassung vom 07.02.1831). Die Gesetzgebungsbefugnis liegt bei dem belgischen Parlament und dem belgischen König (vgl. Limpens/Schrans: in Int. Encycl., Vol. I (Belgium), B 14), teilweise auch bei den Sprachgemeinschaften (Communautés flamande et française). Das Recht der Bankaufsicht ist ausdrücklich dem belgischen Staat vorbehalten (Schiedsgericht, 22.01.2003, 8/2003). Gesetze und Königliche Anordnungen werden im Moniteur Belge veröffentlicht. Gerichtsentscheidungen finden sich zuverlässig in der Pasicrisie. Über den Server der Belgischen Regierung (www.juridat.be oder www.just.fgov.be) besteht online Zugang zu den gesetzlichen Grundlagen und zur belgischen Rechtsprechung, teilweise in deutscher Übersetzung. Soweit nachstehend keine Fundstellen im M.B. angegeben sind, sind die angegebenen Quellen jeweils über das angegebene Datum online wie angegeben auffindbar.

Götz-Sebastian Hök
§ 93 Bulgarien

Gesetz über die Kreditinstitute/GKI vom 13. Juli 2006 (DV Nr. 59/2006, zuletzt geänd. DV Nr. 70/2013);

Konstantin Ruskov
§ 94 Dänemark

Danmarks Nationalbank ist die Zentralbank in Dänemark, die die Verantwortung für das Geldwesen trägt. Die Rechtsgrundlage für die Nationalbank ist das Gesetz Nr. 116 vom 7. April 1936. Es ist die Aufgabe der Nationalbank, ein sicheres Geldwesen zu schaffen und für die Erleichterung des Zahlungsverkehrs und der Kreditgewährung zu arbeiten (Gesetz § 1 I). Die Nationalbank hat das Notenmonopol (Gesetz Nr. 116, vom 7. April 1936, § 8 I). Diese Noten sind Zahlungsmittel in Dänemark (Gesetz Nr. 116, § 8 II).

Søren Friis Hansen
§ 95 Estland

In den 25 Jahren seit der Wiedererlangung der Unabhðngigkeit hat Estland ein modernes, europakonformes Banken- und Finanzsystem entwickelt. Sowohl die Kredite und deren Besicherung als auch der Zahlungsverkehr und der Wertpapiermarkt entsprechen in Theorie und Praxis internationalen Standards. Mit weiteren Entwicklungen im Einklang mit der Praxis und den Vorgaben der Europäischen Zentralbank ist zu rechnen.

Aet Bergmann
§ 96 Finnland

Traditionell haben die einheimischen Banken im finnischen Banksystem eine starke Stellung inne. In Bezug auf den Marktanteil sind die größten Bankkonzerne derzeit Nordea, Danske Bank und die Osuuspankki-Gruppe („Genossenschaftsbank“). Die nächst größten Banken sind die Säästöpankki („Sparkassen“), Aktia, Paikallisosuuspankki („lokalen Genossenschaftsbanken“) und Ålandsbanken. Neben den einheimischen Banken gibt es in Finnland Zweigstellen von rund 15 ausländischen Banken.

Mika Hemmo
§ 97 Frankreich

In diesem Unterteil werden die Eckpunkte und die Besonderheiten des französischen Bankrechts dargestellt. Auch im französischen Rechtssystem betrifft das Bankrecht im engeren Sinne vor allem die Regelung der Kreditinstitute, denen ein grundsätzliches Monopol über Bankgeschäfte gewährt wird, die u. a. an das Bankgeheimnis gebunden sind und besonderen Sorgfalts- und Anzeigepflichten unterliegen. Das französische Bankrecht im etwas breiteren Sinne betrifft aber auch die Bankgeschäfte selbst, und vor allem die Kreditgeschäfte und die Kreditsicherheiten, sowie die Regelung der Bankkonten und der verschiedenen Zahlungsmittel. Im breiteren Sinne umfasst das französische Bankrecht ebenso das Kapitalmarktrecht, und insbesondere die Regelung der Vermögensbetreuung, der Finanztermingeschäfte, der Effekte und Emissions- und Investmentgeschäfte.

Raphaël Schindler
§ 98 Griechenland

Griechenland hatte bis zum Anfang der 90er-Jahre ein dirigistisches, stark reguliertes Bankensystem, das sich durch eine oligopolartige Marktgestaltung und eine enorme staatliche Beteiligung ausgezeichnet hatte. Die Abschaffung der Bedürfnisprüfung für die Erteilung einer Bankzulassung hat den Marktzutritt jedem Interessenten ermöglicht, während die Verabschiedung des Gesetzes 2076/1992, das nunmehr durch das neue Bankgesetz 3601/2007 ersetzt wurde, die Harmonisierung des griechischen öffentlichen Bankrechts nach Maßgabe der inzwischen ergangenen Bankenrichtlinien der EU (77/80/EWG, 89/646/EWG, 2000/12/EG, 2000/46/EG, 2006/48/EG und 2006/49/EG) und Übergang vom Spezial- zum Universalbankensystem signalisiert hat. Übermäßige Staatsverschuldung und wirtschaftspolitische Strukturschwächen haben das einheimische Banksystem in der Periode 2010-2016 stark beeinträchtigt („Bankfeiertag“ im Juni-Juli 2015, bis November 2016 noch anhaltende Zahlungs- und Kapitalverkehrseinschränkungen - „capital controls“, äußerst begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten für Privatunternehmen). Inzwischen machen nur vier systemischen Kreditinstitute 95% des Bankenmarkts aus. Das private Bankrecht wird anhand umfangreicher Rechtsprechung stets fortentwickelt. Die Einführung der Einlagensicherung in Höhe von 100.000 € per Einleger bzw. per Investor (nicht per Bankkonto) und die Möglichkeit einer Neuverhandlung von Kreditkonditionen in bezug auf nicht getilgten Darlehensraten nur mit denjenigen Darlehensnehmern, die unter den Begriff „kooperationswillig“ subsumiert werden können, wären zwei aus einer Fülle von bankrechtlichen Regelungen, die das griechische Bankrecht im Rahmen des Krisenmanagements kennzeichnen.

Nikolaos Lyberis
§ 99 Großbritannien/Nordirland

„Großbritannien“ im Sinne dieses Länderteils meint das Vereinigte Königreich von Großbritannien (England, Wales und Schottland) und Nordirland. Dieser Länderteil befasst sich mit materiellen Rechtsvorschriften und höchstrichterlicher Rechtsprechung, die im gesamten Vereinigten Königreich gelten. Sofern für die Praxis relevante Abweichungen in den Landesteilen Wales, Schottland und Nordirland bestehen, werden diese besonders erwähnt.

Thorsten Schlüter
§ 100 Irland

Dieser Beitrag ist dem Bankensystem in Irland gewidmet. Irland ist seit 1973 Mitglied der Europäischen Union und hat keine Absichten bekundet, diese zu verlassen. Es führte als Mitglied der Eurozone am 1. Januar 1999 den Euro ein. Die Central Bank of Ireland ist zusammen mit der Europäischen Zentralbank die zuständige Aufsichtsbehörde für Kreditinstitute.Es ist die Absicht dieses Beitrags, einen rechtlichen Überblick zu gewähren, der es dem Leser erlaubt, anhand der Quellenverweisungen, Aspekte selbstständig weiterzuverfolgen und tiefer zu durchdringen. Der Beitrag beginnt mit einer Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Kreditinstitute, befasst sich weiter mit den rechtlichen Kernbereichen, Kredit und Kreditsicherheiten sowie Konto und Zahlungsverkehr, und wendet sich dann dem Kapitalmarktrecht, soweit es für Kreditinstitute von Bedeutung ist, zu. Besonders herausgearbeitet werden die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Massnahmen, die zur Bewältigung der Bankenkrise in Irland ergriffen wurden, sowie kasuistische Tendenzen, die sich auf die Wirtschaftskrise, von der Irland besonders hart getroffen wurde, zurückführen lassen. Dabei konnten Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung bis September 2016 berücksichtigt werden.

Eva O’Kelly
§ 101 Italien

Als Bank bezeichnet man Rechtssubjekte, denen die Ausübung von Bankgeschäften vorbehalten ist (10 II dlg 385/1993 – tub; dazu Antonucci, 1; über den tub s. Porzio/Belli/Losappio/Rispoli/Farina/Santoro, Testo unico bancario). Der Bankbetrieb besteht aus dem Sammeln der Ersparnisse des Volkes und der Kreditvergabe (10 I tub), die untrennbar miteinander verbunden sind. Banken können auch andere Tätigkeiten (Dienstleistungen für Kunden, steuer- und währungsrechtliche Aufgaben) sowie alle weiteren finanziellen Aktivitäten übernehmen und sie nach deren Regelung ausüben (10 III tub). Der Bankverkehr ist jedoch ausschließlich den Banken vorbehalten, was zur Anwendbarkeit des tub führt. Der Bankbetrieb ist eine unternehmerische Tätigkeit (10 I tub; 2082, 2195 I Nr. 4 cc), für die die Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Aktiengenossenschaft mit beschränkter Haftung vorgeschrieben ist (14 I a tub). Die Aufnahme des Bankbetriebs bedarf einer auf einer reinen Rechtmäßigkeitsprüfung basierenden Genehmigung, die von der Banca d’Italia – BI – erteilt wird (14 tub). Im Falle wirtschaftlicher Probleme der Firma unterliegt das Betreiben einer Bank einer eigenen Ordnung, die z. B. keinen Konkurseröffnungsantrag vorsieht (70 ff. tub). Ebenso sind beim Erwerb von Bankbeteiligungen Grenzen gesetzt, um eigensüchtiges Managementverhalten von branchenfremden Firmen zu verhindern bzw. einzuschränken (19–27 tub). Die Kategorie der Bankverträge umfasst sämtliche Formen von Spar- und Kreditvergabeverträgen und auch Vertragstypen, die nicht unmittelbar als Bankvertrag im engeren Sinne angesehen werden (z. B. Wertpapierdepot; Bianca, Cesare M., 1; Fauceglia, 7). Ein Bankvertrag liegt vor, wenn ein Bankgeschäft getätigt wird und eine der Vertragsparteien eine Bank ist. Bei Bankverträgen wird unterschieden zwischen Dienstleistungen und Operationen (116 I tub). Zum Operationsvertrag zählen die Sparverträge (Passivoperationen) und die Kreditvergabe (Aktivoperationen). Der Operationsvertrag wird in der Regel nach den Rechtssätzen über den Kontokorrentvertrag erfüllt (1852 ff. cc). Dienstleistungsverträge sind nur indirekt mit dem Bankverkehr verbunden (z. B. Investmentgeschäfte). Der Bereich des Bankvertragsrechts kann in zwei Teile gegliedert werden. Im „Allgemeinen Teil“ (115 ff. tub) finden sich die auf alle Bankverträge anwendbaren Vorschriften, die nur zu Gunsten des Kunden abdingbar sind (127 I tub). Der „Besondere Teil“ besteht aus den verschiedenen Normen, die für die einzelnen Vertragstypen vorgesehen sind. Der „Allgemeine Teil“ ist durch die herausragende Stellung des Transparenzgebots geprägt (s. CICR Beschluss 4.3.2003 über die Regelung der Transparenz der AGB von Operationen und Dienstleistungen). Das soll die Erkennbarkeit der wesentlichen Vertragsbestandteile für den Kunden gewährleisten. Zu diesem Zweck werden der Bank eine Vielzahl von Publizitäts- und Informationspflichten auferlegt (116–118 tub). Zur Erfüllung der Publizitätspflichten müssen die Zinssätze, die Gebühren, die Kosten der Mitteilungen an die Kunden und jede andere wirtschaftliche Vertragsbedingung in jeder für das Publikum zugänglichen Bankfiliale publiziert werden (116 I tub). Die publizierten Vertragsbedingungen stellen kein bindendes Vertragsangebot i. S. v. Art. 1336 cc dar (116 IV tub). Die Verträge bedürfen der Schriftform und ein Vertragsexemplar muss dem Kunden ausgehändigt werden (117 I tub). Ein Verstoß gegen dieses Formerfordernis führt zur Nichtigkeit des Vertrags (117 III tub) und die Nichterfüllung der Pflicht, dem Kunden eine Vertragskopie auszuhändigen, stellt eine aggressive Geschäftspraktik dar (8, 9 Richtlinie 2005/29/EG). Aus technischen Gründen kann aber der Interministerielle Ausschuss für Kredit- und Sparwesen – CICR – eine andere Vertragsform für besondere Verträge genehmigen (117 II tub). Die einzelnen Verträge müssen den Zinssatz, die Gebühren und alle anderen Vertragsbedingungen beinhalten, einschließlich der Verzugskosten im Falle eines Kreditvertrags (117 IV tub). Eine Klausel, die der Bank das Recht einräumt, während der Vertragslaufzeit Zinssätze, Gebühren und Vertragsbedingungen zu Ungunsten des Kunden zu ändern (ius variandi in pejus), muss im Vertrag ausdrücklich vorgesehen und vom Kunden eigens unterschrieben werden (117 V tub). Wenn der Kunde ein Verbraucher ist, ist das Vorkommen eines im Vertrag vorgesehenen rechtfertigenden Grundes nötig, um dieses ius variandi auszuüben (33 II m ccons). Die BI, mit Einverständnis der Nationalen Kommission für die Gesellschaften und die Börse – CONSOB –, kann den Inhalt für bestimmte Verträge vorschreiben; eine Abweichung hiervon führt zur Nichtigkeit (117 VIII tub). Die Klauseln, die zur Bestimmung von Zinssätzen, Gebühren und anderen Bedingungen auf die Bankenbräuche verweisen, sind nichtig und gelten als nicht eingefügt (117 VI tub). Gleiches gilt für Klauseln, die für den Kunden ungünstigere Bedingungen festlegen als die publizierten (117 VI tub). Im Falle der Nichtangabe der Bedingungen gem. Art. 117 IV tub oder der Nichtigkeit der Klauseln gem. Art. 117 VI tub wird der Vertragsinhalt automatisch durch die gesetzlichen Vorschriften ersetzt. Insbesondere kommt der Mindest- und Höchstzinssatz der jährlichen Schatzanweisungen oder anderer vom Schatzminister bestimmter Wertpapiere jeweils für Aktiv- und Passivgeschäfte zur Anwendung (117 VII a tub). Gleiches gilt für die Gebühren und Vertragsbedingungen, die die Bank für Geschäfts- und Leistungsarten der entsprechenden Kategorie publiziert hat; im Falle, dass die Bank solche Gebühren und Bedingungen nicht veröffentlicht hat, muss der Kunde nichts bezahlen (117 VII b tub). Bei den Dauerverträgen kann die Befugnis der Bank vereinbart werden, Zinssätze, Gebühren und weitere Vertragsbedingungen einseitig zu ändern (ius variandi in pejus), sofern ein rechtfertigender Grund vorliegt und eine diesbezügliche Klausel vom Kunden eigens unterschrieben wird (118 I tub; vgl. 33 III b ccons). Fehlt die Unterschrift, ist die Klausel unwirksam (1341 II cc). Jede einseitige Änderung der Vertragsbedingungen muss dem Kunden ausdrücklich und schriftlich mitgeteilt werden, mit einer Vorankündigung von mindestens dreißig Tagen, wobei die Formulierung „Vorschlag für eine einseitige Änderung des Vertrages“ explizit anzuführen ist. Diese Änderung gilt als angenommen, wenn der Kunde nicht innerhalb von sechzig Tagen ohne Kosten vom Vertrag zurücktritt. Im Falle eines Rücktritts hat der Kunde bei Vertragsauflösung das Recht auf die Anwendung der zuvor geltenden Bedingungen (118 II tub). Die Vertragsänderungen, für welche diese Vorschriften nicht beachtet wurden, sind unwirksam, sofern sie nachteilig für den Kunden sind (118 III tub). Interessant ist Art. 118 IV tub, wonach Zinssatzänderungen aufgrund einer währungspolitischen Entscheidung gleichzeitig sowohl die Schuldner- als auch die Gläubigerzinssätze betreffen sollen; diese sind also ohne Nachteil für den Kunden anzuwenden. Um die Konkurrenz unter den Banken zu steigern, bestimmt Art. 10 II dl 223/2006, dass in jedem Fall bei Dauerverträgen der Kunde die Möglichkeit hat, ohne Vertragsstrafe und ohne Kosten vom Vertrag zurückzutreten. Art. 8bis dl 7/2007 sieht andere Bestimmungen zum Schutz der Kunden vor. So wird festgelegt, dass im Bereich der Versicherungs- und Bankverhältnisse es absolut untersagt ist, den Kunden die Kosten der Vorbereitung, Produktion, Übersendung oder weitere Gebühren für die Mitteilungen gem. Artt. 7, 8 und 13 VIIIsexies-VIIIterdecies dl 7/2007 zur Last zu legen. In Bezug auf Anatozismus (1283 cc) hat die Bankenpraxis seit jeher die Zinseszinsen in ihren AGB vorgesehen, sowie die Rechnung der Passivzinsen mit einer dreimonatigen Periodizität, während die der Aktivzinsen nur jährlich stattfand. Die Rechtsprechung hat aber entschieden, dass derartige Klauseln nichtig sind (S.U. 24418/2010, in www.altalex.com; C. 2374/1999, BBTC 1999, II, 389; C. 3845/1999, BBTC 2000, II, 254; für die Darlehen, S.U. 21095/2004, in www.altalex.com; C. 2593/2003, BBTC, II, 505). Auf dieser Grundlage hat der Gesetzgeber den Art. 120 tub modifiziert. Nach der neuen Fassung soll CICR vorschreiben, wie die Zinseszinsen für die Operationen zu regeln sind; dabei muss auf jeden Fall garantiert sein, dass die Passiv- und Aktivzinsen der Kontokorrentoperationen und der Darlehen mit derselben Periodizität gerechnet werden und dass die verbuchten Zinsen keine weitere Zinsen produzieren (120 II a, b tub). Nach einigen Urteilen ist jegliche Form von Kapitlisierung von verbuchten Zinsen in den Verbraucherbankoperationen verboten (so T. Milano 7 und 23.4. 2015, T. Milano 1, 9 und 13.7.2015, T. Milano, 8.8.2015, T. Biella 7.7.2015, T. Cuneo 29.6.2015, T. Roma 20.10.2015, alle in www.altalex.com; dagegen aber T. Cosenza 27.5.2015, T. Torino 16.6.2015 und 30.8.2015, T. Parma 26.6.2015 und 30.7.2015, T. Bologna 9.12.2015, T. Siena 4.8.2015, alle in www.altalex.com) Die Vorschriften von Artt. 115–128bis tub sind nur zugunsten der Kunden abdingbar (127 I tub). Die Banken müssen an ein von CICR geregeltes System zur Beilegung von Rechtstreitigkeiten mit den Kunden teilnehmen; dem Kunden steht aber in jedem Moment das Recht zu, sich an die staatlichen Justizorgane zu wenden (128bis I-III tub). Bei Verbraucherbankverträgen kommen zusätzlich die Normen über missbräuchliche Klauseln und unlautere Geschäftspraktiken zur Anwendung (18 ff, 33 ff ccons; Di Nella, Il controllo, 237; Di Marzio, 307). Auf die in den Artt. 115–128 tub vorgesehenen Nichtigkeitsgründe kann sich ausschließlich der Kunde berufen (127 II tub).

Luca Di Nella
§ 102 Lettland

Seit Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1991 hat Lettland ein modernes, EU-konformes Banken- und Finanzsystem entwickelt. Sowohl die Vergabe von Krediten und deren Besicherung als auch Zahlungsverkehr und Wertpapiermarkt entsprechen in Theorie und Praxis internationalen Standards.

Theis Klauberg
§ 103 Liechtenstein

Gesetz vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankengesetz), LGBl. 1992, 108 i. d. F. LGBl. 2016/035

Norbert Seeger, Lars Heidbrink, Marco Tanner
§ 104 Litauen

Das Hauptziel der Zentral- und Notenbank, der Bank von Litauen (Lietuvos 1 bankas, www.lb.lt), ist die Sicherung der Preisstabilität (§ 7 Abs. 1 Gesetz über die Bank von Litauen, Gesetz Nr. I-678, Valstybės žinios, 1994, Nr. 99–1957, zuletzt geändert 30.06.2016, XII-2562, TAR, 13.07.2016, 2016-20316, nach- folgend LTBankG). Zu weiteren Aufgaben zählen die Unterstützung der allgemeinen ökonomischen Politik der Europäischen Union sowie die Unterstützung der ökonomischen Politik der Regierung der Republik Litauen (§ 7 Abs. 2 LTBankG). Am 1.1.2015 hat Litauen den Euro als Währung eingeführt und ist dem Euroraum beigetreten. Die Bank von Litauen nimmt also mit anderen Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend EZB) an der gemeinsamen Geldpolitik im Euroraum teil. Ferner führt sie die Finanzaufsicht aus und erteilt Lizenzen zur Durchführung der Finanzdienstleistungen.

Frank Heemann
§ 105 Luxemburg

Als unmittelbare Folge des Umsetzungsbedarfs diverser EU-Richtlinien hat der rechtliche Rahmen der Regelung des luxemburgischen Finanzsektors in den letzten Jahren wesentliche Änderungen erfahren. Die meisten Untersuchungen der Gesetze und der Rechtsprechung sind nicht auf Deutsch, sondern auf Französisch und Englisch verfasst. Die Rechtsprechung wird generell nur auf Französisch verfasst. Von großer Bedeutung sind die schnelle Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über Verwalter alternativer Investmentfonds (die AIFM-Richtlinie), durch das Gesetz vom 12. Juli 2013. und die Schaffung neuer Formen von Luxemburger alternativen Investmentfonds, welche sich als AIF qualifizieren.

R. A. André Hoffmann, R. A. Elisabeth Omes, R. A. Pit Reckinger
§ 106 Moldawien

Die Republik Moldau (Moldawien) erlangte im Zusammenhang mit der Desintegration der Sowjetunion im Jahre 1991 die staatliche Unabhängigkeit. Die Etablierung eines marktwirtschaftlichen Finanzsystems erforderte eine grundlegende Änderung des Bankrechts. Viele maßgebliche Gesetze stammen daher aus den neunziger Jahren und wurden seitdem mehrfach reformiert und durch eine Vielzahl von untergesetzlichen Rechtsnormen ergänzt. So ermächtigt das Nationalbankgesetz die 1991 gegründete Nationalbank dazu, zur Erfüllung ihrer in der Finanzwirtschaft des Landes zentralen Aufgabe rechtlich verbindliche Verordnungen zu erlassen. Besonders hervorzuheben sind darunter die Verordnung über die Kreditgewährung der Banken und die Verordnung über die Tätigkeit von Banken in internationalen Geldtransfersystemen. Der Einfluss des 2014 geschlossenen Assoziierungsabkommens zwischen Moldawien und der EU bleibt indes noch abzuwarten.

Wolfgang Tiede
§ 107 Niederlande

Allgemeines. Die Niederlande verfügen über ein modernes Bankwesen. Es gibt in den Niederlanden eine große Anzahl von Banken. Die Banken sind fast alle Mitglieder der privaten Nederlandse Vereniging van Banken. Aufgrund von Artikel 1:107 Wft führt die Nederlandsche Bank (DNB) ein Bankenregister. Zwischen dem zweiten Quartal 2012 und dem vierten Quartal 2014 ist die Zahl der Banken von 81 auf 55 gesunken. Die Nederlandse Vereniging van Banken (NVB) vertritt seit dem Jahr 1989 die gemeinschaftlichen Interessen der Banken. Das Nederlands Instituut voor het Bank-, Verzekerings- en Effectenbedrijf (NIBE-SVV) ist ein aufgrund von Artikel 9 Absatz 3 zusammen mit Artikel 11a BGfo Wft vom niederländischen Minister für Finanzen anerkanntes Ausbildungs- und Prüfungsinstitut für den Finanzsektor. Aufgrund von Artikel 4:9 Absatz 2 Wft ist ein Finanzdienstleister verpflichtet, dafür zu sorgen, dass seine Arbeitnehmer und andere, die unter seiner Verantwortung unmittelbar Finanzdienstleistungen für Konsumenten oder Kunden erbringen, fachkundig sind. In Amsterdam befindet sich das private Nederlands Instituut voor het Bank- en Effectenbedrijf (NIBE). Die großen Banken sind stark international orientiert. Die Niederlande gehören zur Euro-Zone. Die niederländische Zentralbank (DNB) ist Teil des Eurosystems, das aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Nationalen Zentralbanken (NZB) besteht.

Tomas M. C. Arons, Danny Busch, Wilco Oostwouder
§ 108 Norwegen

Norwegen partizipiert in der Europäische Wirtschaftsraum (EWR). Finanzmarktregulierung in EWR entspricht Finanzmarktregulierung in der EU. Nationale Regulierung der Finanzunternehmen und Finanzmärkte in Norwegen entspricht weiter ähnliche Regulierung in anderen EWR-Mitgliedstaaten. Finanzierungstätigkeit, und die verschiedene Unternehmen wie Finanzierung, Versicherung, Zahlungsdienstleistungen und andere Formen von Finanzdienstleistungen bieten, sind vor allem im Gesetz vom 10 April 2015 no 17 geregelt. Die norwegische Finanzaufsicht überwacht Banken, Versicherungsunternehmen und Finanzmärkte.

Erling G. Rikheim
§ 109 Österreich

Das österreichische Bankrecht weist fragmentierte Rechtsgrundlagen auf; die zentrale aufsichtsrechtliche Norm ist das Bankwesengesetz (BWG). Einzelne Geschäftsfelder wie etwa das Bausparkassengeschäft oder das Investmentgeschäft sind in Spezialgesetzen geregelt (BausparkassenG, InvFG). Österreichische Aufsichtsbehörde über Kreditinstitute ist die als Allfinanzbehörde ausgestaltete Finanzmarktaufsicht (FMA). Das Bankprivatrecht ist als solches nicht kodifiziert. Allgemeines Zivil- und Unternehmensrecht wird durch Einzelvorschriften, zB im Verbraucherkreditrecht (VKrG) oder im Depotgeschäft (DepG) ergänzt. Im Kapitalmarktrecht stehen das BörseG und das WertpapieraufsichtsG im Vordergrund; die Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten ist im KapitalmarktG geregelt

Martin Oppitz
§ 110 Polen

Bankgesetz von 1997

Tina de Vries
§ 111 Portugal

Überblick über das portugiesiche Bank- und Kapitalmarktrecht. Banksystem; Kredit und Kreditsicherheiten; Konto und Zahlungsverkehr; Kapitalmarktrecht.

Miguel Pestana de Vasconcelos
§ 112 Russland

Das Banksystem Russlands beruht auf einem kontinentalen Modell des Banksystems, das durch einen hohen Anteil an Staatseigentum und administrativer Regulierung charakterisiert ist. Die Teilnehmer des Bankverkehrs sind die Verwaltungsorgane (Bank Russlands und staatliche Gesellschaft „Agentur für Versicherung der Bankeinlagen“), Kreditinstitute (Banken und andere Kreditorganisationen) sowie auch andere Organisationen der Bankinfrastruktur (Büro der Kreditgeschichten, Bankgruppen und Konzerne, Zusammenschlüsse und Verbindungen der Kreditinstitute, Kreditverbrauchergenossenschaften, Leihhäuser, Mikrofinanzorganisationen, Kreditmäkler, Inkassoagenturen, finanzielle (Bank-)Ombudsmänner, u.s.w.)

Maksim Bashkatov
§ 113 Schweiz

Die finanzmarktbezogenen Regulierungen der Schweiz (Banken, Börsen, Versicherungen), die im Kompetenzbereich des Bundes liegen, sind ähnlich ausgestaltet wie andere Ordnungen in Kontinentaleuropa, weil das EU-Recht einen erheblichen Einfluss auf die Schweiz ausübt. Derzeit sind aber verschiedene wichtige Gesetze in überarbeitung.

Rolf H. Weber
§ 114 Serbien

Das serbische Bankensystem wird vom serbischen Bankgesetz (Gesetz über Banken, Nationales Gesetzesregister Nr. 107/2005, 91/2010 und 14/2015, nachfolgend: BankG) geregelt und besteht aus den Banken mit Sitz in der Republik Serbien, den sog. Brückenbanken (deren Aufgabe es ist, für einen von der Einlagensicherungsagentur festgelegten Zeitraum Forderungen und Verbindlichkeiten einer Bank in Liquidation zu verwalten), den in Serbien tätigen Auslandsbanken und den Zweigniederlassungen sowie Repräsentanzen von Auslandsbanken in Serbien. Die Zentralbank ist die Serbische Nationalbank (Narodna Banka Srbije, nachfolgend: NBS) mit Sitz in Belgrad.

Thomas Podlesak
§ 115 Slowenien

Das slowenische Bankwesen wurde ohne Zweifel stark von der aktuellen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise getroffen. Heutzutage stehen dem Finanzsektor weitere wichtige Herausforderungen bevor. Bevor aber diese näher beleuchtet werden, sollten zumindest die grundlegenden entwicklungsgeschichtlichen Aspekte und Umstände des slowenischen Bankwesens behandelt werden. Die gegenwärtige Lage ist nicht nur die Folge exogener Faktoren, die auch in anderen Ländern gewirkt haben, sondern auch die Folge verschiedener endogener Faktoren, die in der Krise offen zu Tage getreten sind.

Aleš Ferčič, Matjaž Tratnik
§ 116 Spanien

Dieser Kapitel bezweckt einen Überblick über das spanische Bank- und Kapitalmarktrecht zu verschaffen, der über die Rechtslage zum Zeitpunkt Mai 2016 berichtet. Der überblick erlaubt das Eintauchen in die gesetzlichen und rechtsprechungsrechtlichen Kernbestandteile dieses Sonderrechts. Allerdings befindet sich das spanische Finanzmarktrecht in einem ständigen und immer beschleunigterem Wandel (derzeit allerdings aufgrund der politischen Lage teilweise verlangsamt), der sowohl von der Europäisierung und Globalisierung als auch von der Finanz- und Wirtschaftskrise geprägt ist. Die künftige Gestaltung dieses Rechtsgebiets wird von der Entwicklung zweier offener Hauptfragen bestimmt werden: einerseits, von der Fortsetzung der EU Banken- und Finanzunion, die den Selbstgestaltungsraum des nationalen Finanzrechts der Mitgliedstaaten eingrenzen wird; andererseits, und noch wichtiger, von der effektiven Wiederherstellung des Vertrauens der Sparer und Klein- und Großinvestoren in das spanische Finanzsystem, die gewissermaßen eine Wiederkehr zur ursprünglichen sozialen und wirtschaftlichen Funktion eines Finanzsystems mit sich zu bringen vermag.

Pedro-José Bueso-Guillén
§ 117 Türkei

Das türkische Rechtssystem gehört zu den kontinentalen Rechtssystemen (Rumpf, Einführung in toto). Bis zu Beginn der achtziger Jahre war die türkische Wirtschaftsordnung stark durch den Etatismus geprägt, was sich im Bankensystem auch in einem besonders hohen Anteil staatlicher Banken im Bankensystem niederschlug. Seit Beginn der achtziger Jahre – insbesondere in der Zeit der Ministerpräsidentschaft und Präsidentschaft von Turgut Özal – erlebte die türkische Wirtschaftsordnung eine Phase nachdrücklicher Liberalisierung. Auch dies schlug sich im türkischen Bankensystem nieder, in dem der Anteil privater Geschäftsbanken und Finanzinstitute rapide anwuchs. Vor allem unter dem Einfluss der Zollunion EU-Türkei (seit 1.1.1996) – kam es zu weiteren Reformschüben.

Ünal Tekinalp, Christian Rumpf
§ 118 Tschechien

Die Tschechische Republik ist ein demokratischer Binnenstaat in Mitteleuropa und umfasst die drei historischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien. Amtssprache ist Tschechisch. Die Tschechische Republik entstand am 1.1.1993 durch Teilung der Tschechoslowakei in zwei Staaten: die Tschechische Republik und die Slowakische Republik. Hauptstadt ist Prag. Staatsoberhaupt (Präsident) ist seit 8. März 2013 Miloš Zeman. Die Tschechische Republik ist seit 1. Mai 2004 Mitglied der EU; sie ist nicht Mitglied der Europäischen Währungsunion. Das Bankensystem ist zweistufig, bestehend aus der Tschechischen Nationalbank und den Geschäfts- und Spezialbanken.

Silvia Sparfeld, Pavel Široký
§ 119 Ukraine

Hauptglied im Finanzsystem der Ukraine ist das Haushaltssystem, das aus staatlichen und lokalen Haushalten besteht. Die Regulierung der Haushaltsbeziehungen wird mittels des Haushaltsgesetzbuchs der Ukraine in der Fassung vom 8. Juli 2010 durchgeführt. Es definiert Rechtsgrundlagen des Haushaltssystems der Ukraine, seine Prinzipien, Grundlagen des Haushaltsprozesses und der Inter-Haushaltsbeziehungen sowie auch die Haftung für die Verletzung der Haushaltsgesetzgebung. Zu unterscheiden sind der öffentlich-staatliche Finanzsektor, nämlich Staatshaus- halt und Steuern, und der private, das Bankensystem.Die Nationalbank bestimmt die Typen von spezialisierten Banken und Verfahren für die Erlangung des Status der Spezialbank. Die Nationalbank regelt die Tätigkeit der Spezialbanken durch wirtschaftliche Normative und richtsatzgebundene Sicherstellung der Geschäfte, die von diesen Banken gemacht werden. Sie definiert systemrelevante Banken in Übereinstimmung mit den folgenden Kriterien: Bankgröße, Grad der finanziellen Beziehungen, Richtungen der Aktivitäten.Die Nationalbank regelt und führt die Bankenaufsicht in Übereinstimmung mit der Verfassung der Ukraine, mit dem Gesetz „Über die Nationalbank der Ukraine“ (20.05.1999) und anderen Rechtsakten der Ukraine und Rechtsvorschriften der Nationalbank. Der Staat übernimmt keine Haftung für die Verbindlichkeiten der Banken und die Banken übernehmen keine Haftung für die Verbindlichkeiten des Staates, soweit nichts anderes gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist.

Volodymyr Kossak
§ 120 Ungarn

Das Gesetz über die Ungarische Nationalbank (ung.: „Magyar Nemzeti Bank“, kurz: „MNB“) wurde am 20. September 2013 verkündet und trat am gleichen Tag in Kraft. Es brachte wesentliche Änderungen der normativen Grundlage der Ungarischen Nationalbank mit sich. Zugleich wurde die zuvor unter der Bezeichnung „Staatliche Aufsicht der Finanzorganisationen“ (PSZÁF) tätige Aufsichtsbehörde mit der Ungarischen Nationalbank verschmolzen, wodurch diese nunmehr auch die Aufgaben der PSZÁF wahrzunehmen hat. Die MNB ist Mitglied des europäischen Systems der Zentralbanken sowie des europäischen Systems der Finanzaufsichten. Ihr steht ein Gouverneur vor, der dem Parlament sowohl schriftlich als auch mündlich rechenschaftspflichtig ist. Das Primärziel der Ungarischen Nationalbank ist das Erreichen und Erhalten der Preisstabilität. Sekundär hat sie die Stabilität des Finanzvermittlungssystems zu gewährleisten bzw. die Wirtschaftspolitik der ungarischen Regierung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen. Die MNB ist darüber hinaus zur Ausgabe von Banknoten und Münzen berechtigt. Sie bildet zur Wahrung der äußeren Stabilität der ungarischen Wirtschaft offizielle Devisen- und Goldreserven und verwaltet diese. Im Zusammenhang mit der Verwaltung der Devisenreserven und der Umsetzung der Wechselkurspolitik führt sie die entsprechenden Devisenoperationen durch. Darüber hinaus überwacht sie die Zahlungs-, Verrechnungs- sowie Wertpapierverrechnungssysteme. Nach der Übernahme der Aufgaben der früheren Finanzaufsicht PSZÁF beaufsichtigt die MNB zudem die Tätigkeiten des Finanzvermittlungssystems und unterstützt die Erfüllung der Aufgaben der Personen und Organisationen, die im Rahmen des Vermittlungssystems tätig sind. Sie überwacht darüber hinausgehend die Beachtung einer sorgfältigen Rechtanwendung durch die Träger des Finanzvermittlungssystems. Das Schlichtungsgremium in Finanzfragen ist Teil der Ungarischen Nationalbank. Es ermöglicht der MNB die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchen und Mitgliedern des Finanzvermittlungssystems.

Erika Papp
§ 121 Weißrussland

Die allgemeine Struktur des Bankensystems ist gesetzlich durch das Bankrechtsgesetz (Nationales Gesetzesregister, 26.07.2006, N 113, 2/1243, Fassung N 416-З vom 13.07.2012, nachfolgend: BG) geregelt. Gemäß Art. 6 BG besteht das Bankensystem aus der Nationalbank der Republik Belarus (www.nbrb.by) sowie Geschäftsbanken und Nichtbankkredit- und Finanzorganisationen. Als Zentralbank ist die Nationalbank eine staatliche Institution mit der Aufgabe, das Kreditsystem und den Geldumlauf zu steuern sowie den Zahlungsablauf zu regeln. Sie hat das Exklusivrecht der Geldemission (Art. 7 BG) und den Auftrag, die Richtlinien der Finanzpolitik zu bestimmen (Art. 26 BG). Darüber hinaus ist sie Kontrollinstitution für sämtliche Bankgeschäfte (Art. 34 BG).

Alexander A. Ließem
Backmatter
Metadata
Title
Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht
Editors
Peter Derleder
Kai-Oliver Knops
Heinz Georg Bamberger
Copyright Year
2017
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-52805-1
Print ISBN
978-3-662-52804-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-52805-1