1 Einleitung
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F1: Wie können Unternehmen in eher innovationsfernen Branchen ihre Mitarbeitenden über alle Altersstufen hinweg so unterstützen, dass innovatives Verhalten am Arbeitsplatz optimal gefördert wird?
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F2: Wie kann es gelingen, die eigene Belegschaft über alle Altersstufen hinweg zufriedener zu machen, damit sie im Kampf um Talente im Unternehmen bleibt?
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Das Können von Innovation: Individuelle Kreativität als Ausgangsbasis von Innovativität
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Wissen die Grundlage für Kreativität darstellt, zu viel Fachwissen den Assoziationshintergrund allerdings einengt,
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gemessen am Intelligenzquotienten (IQ) eine Mindestintelligenz notwendig ist, jenseits eines IQ von 120 jedoch keine Steigerung der kreativen Leistungen mehr erkennbar ist,
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divergente Denkprozesse, die darauf ausgerichtet sind, mehrere alternative Lösungen für Problemstellungen zu entwickeln, positiv mit Kreativität korrelieren.
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Werden extrinsische Einflüsse als kontrollierend empfunden (bspw. personen- statt arbeitsbezogenes Feedback des bzw. der Vorgesetzten), haben sie einen negativen Einfluss auf die individuelle Kreativität, auch wenn die individuelle Produktivität dadurch steigen kann (Shalley 1995, S. 491ff.).
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Sind extrinsische Einflüsse dabei hilfreich, die eigene Kompetenz- und Selbstbestimmungswahrnehmung zu unterstützen, indem konstruktive Verbesserungsvorschläge oder Zeit- und Denkfreiräume geboten werden, hat dies einen positiven Effekt auf kreative Leistungen (Collins und Amabile 2006, S. 304f.).
2.2 Das Wollen und Dürfen von Innovation: Innovationsfreundliche Unternehmenskultur, innovationsförderliche Strukturen & New Work
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Entwicklung eines Bezugsrahmens
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H‑F1-a: Je höher das Kreativitätspotenzial von Mitarbeitenden ist, desto stärker zeigen sie innovative Verhaltensweisen.
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H‑F1-b: Trifft ein hohes Kreativitätspotenzial auf eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur, hat dies einen positiven Einfluss auf innovative Verhaltensweisen.
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H‑F1-c: Trifft ein hohes Kreativitätspotenzial auf eine innovationsförderliche Unternehmensstruktur, hat dies einen positiven Einfluss auf innovative Verhaltensweisen.
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H‑F1-d: Wie stark innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur zu einer Ausschöpfung des individuellen Kreativitätspotenzials führen, hängt vom Alter der Mitarbeitenden ab.
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H‑F2-a: Je höher die Zufriedenheit mit der Ausschöpfung der eigenen Innovativität (Ausschöpfungszufriedenheit) eingeschätzt wird, desto stärker zeigen Mitarbeitende innovative Verhaltensweisen.
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H‑F2-b: Je besser innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur das individuelle Kreativitätspotenzial ausschöpfen, desto höher ist auch die empfundene Ausschöpfungszufriedenheit.
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H‑F2-c: Die Ausschöpfungszufriedenheit beeinflusst den Effekt, den innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur bei der Überführung bestehenden Kreativitätspotenzials in innovatives Verhalten haben, positiv.
3.2 Die Energie- und Versicherungsbranche als eher innovationsferne Grundgesamtheit
3.3 Erhebungsinstrument und Stichprobe
Geschlechtszugehörigkeit | Branchenzugehörigkeit | ||
Männlich | 45,1 % | Energiewirtschaft | 43,7 % |
Weiblich | 53,5 % | Assekuranz (Versicherungen) | 23,9 % |
Divers | 1,4 % | Bildung & Forschung | 9,9 % |
Alter | Marketing & Werbung | 8,5 % | |
∅ | 39,7 Jahre | Sonstige Dienstleistungen | 5,6 % |
Unternehmensgröße | Beratung | 4,2 % | |
KMU | 31,4 % | Wirtschaft und Finanzen | 4,2 % |
Große Unternehmen | 27,1 % | Kreativitätspotenzial | |
Sehr große Unternehmen & Konzerne | 41,5 % | ∅ | 3,72 |
Innovatives Verhalten im Arbeitsumfeld | |||
∅ | 4,00 |
4 Empirischer Befund
4.1 Varianz innerhalb der Hauptvariablen
Variable | Skalenspannweite | N | Min | Max | Mittelwert | Standardabweichung |
---|---|---|---|---|---|---|
KI | −12 bis +18 [30] | 71 | −2 | 13 | 8,20 | 2,755 |
Inno | 16 bis 64 [49] | 71 | 40 | 64 | 50,45 | 5,684 |
iUK | 15 bis 60 [46] | 71 | 22 | 60 | 41,25 | 8,220 |
iUS | 0 bis 120 [121] | 71 | 12 | 78 | 40,80 | 15,504 |
4.2 Kreativitätspotenzial, Alter, innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur als Treiber von innovativem Verhalten
4.3 Ausschöpfungszufriedenheit als direkter und indirekter Treiber von innovativem Verhalten
4.4 Clusteranalyse nach Alter und Innovativität
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Gruppe 1 ist 32,97 Jahre alt und erreicht als Summenwert der Innovativität (Skala 16–64) einen Wert von 50,62 Punkten. Wir nennen diese Gruppe „Die jungen Wilden“.
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Gruppe 2 ist 41,46 Jahre alt und ist mit einem Summenwert der Innovativität von 42,42 nur mittelmäßig innovativ. Diese Gruppe nennen wir „Das Mittelmaß“.
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Gruppe 3 ist 50,74 Jahre alt und erreicht mit einer Innovativitätssumme von 54,30 einen sehr hohen Wert. Wir nennen diese Gruppe „Die erfahrenen Pioniere“.
„Die jungen Wilden“ | „Das Mittelmaß“ | „Die erfahrenen Pioniere“ | |
---|---|---|---|
n | 33 | 22 | 12 |
Alters-∅ | 32,97 | 41,46 | 50,74 |
Innovativität (16–64) | 50,62 | 42,42 | 54,30 |
Geschlecht (m | w | d) | 50 % | 50 % | 0 % | 38,5 % | 53,8 % | 7,7 % | 39,1 % | 60,9 % | 0 % |
4.5 Einflussfaktoren auf die Ausschöpfungszufriedenheit bei jüngeren und älteren Innovativen
ItemsiUK → ZufrAus | R2 | F (df) | Sign |
---|---|---|---|
„Die jungen Wilden“ | 0,681 | 2,561 (15,18) | 0,030 |
„Die erfahrenen Pioniere“ | 0,960 | 11,151 (15, 7) | 0,002 |
ItemsiUK → ZufrAus | R2 | F (df) | Sign |
---|---|---|---|
„Die jungen Wilden“ | 0,681 | 2,561 (15,18) | 0,030 |
„Die erfahrenen Pioniere“ | 0,830 | 4,060 (12, 10) | 0,017 |
„Die jungen Wilden“ | „Die erfahrenen Pioniere“ | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Beta | T | Sig | Beta | T | Sig | |
(Konstante) | – | −0,195 | 0,848 | – | −1,638 | 0,132 |
Die Hierarchien sind flach. | −0,008 | −0,039 | 0,969 | −0,081 | −0,330 | 0,748 |
Es gibt für jeden Posten klar geregelte Aufstiegschancen. | −0,063 | −0,345 | 0,734 | −0,060 | −0,283 | 0,783 |
Es gibt regelmäßige Schulungen und Übungen. | 0,457 | 1,936 | 0,069 | 0,451 | 2,660 | 0,024 |
Es finden regelmäßig Brainstormings zur Ideengenerierung statt. | 0,096 | 0,445 | 0,661 | 0,324 | 1,547 | 0,153 |
Die Vorgesetzten geben auf schnellstem Wege Feedback. | 0,434 | 1,867 | 0,078 | Variable ausgeschlossen | ||
Die Vorgesetzten stellen effektive Projektgruppen zusammen. | −0,508 | −1,755 | 0,096 | 0,049 | 0,180 | 0,861 |
Die Vorgesetzten stehen ihren Mitarbeitern mit Rat und Tat zur Seite. | 0,028 | 0,128 | 0,900 | 0,225 | 0,791 | 0,447 |
Jeder hat die Freiheit, eigene Ideen zu entwickeln und anzubringen. | 0,223 | 1,312 | 0,206 | −0,350 | −1,341 | 0,210 |
Jeder wird regelmäßig bewertet und bekommt Feedback zu seiner Arbeit. | 0,076 | 0,406 | 0,689 | −0,009 | −0,026 | 0,979 |
Wer besonders gute Arbeit leistet, wird dafür belohnt. | 0,170 | 0,831 | 0,417 | −0,096 | −0,429 | 0,677 |
Für die Lösung von Problemen arbeiten oft Kollegen unterschiedlicher Abteilungen zusammen. | 0,007 | 0,034 | 0,973 | Variable ausgeschlossen | ||
Der Austausch über alle Führungsebenen hinweg ist unkompliziert. | 0,375 | 1,706 | 0,105 | Variable ausgeschlossen | ||
Bei schwierigen Problemen helfen sich die Kollegen gegenseitig. | −0,277 | −1,645 | 0,117 | 0,724 | 2,478 | 0,033 |
Das persönliche Arbeitsklima innerhalb der Abteilungen ist gut. | 0,180 | 1,025 | 0,319 | −0,201 | −0,900 | 0,398 |
Das persönliche Arbeitsklima zwischen den Abteilungen ist gut. | 0,012 | 0,041 | 0,968 | 0,250 | 1,476 | 0,183 |
„Die jungen Wilden“ | „Die erfahrenen Pioniere“ | |||
---|---|---|---|---|
Korr. (Pearson) | Sign | Korr. (Pearson) | Sign | |
Desk Sharing | −0,032 | 0,884 | 0,220 | 0,431 |
Flächen für gegenseitige Begegnung und Austausch | 0,200 | 0,317 | 0,564 | 0,018 |
Gaming-Ecken | −0,296 | 0,325 | 0,149 | 0,662 |
Mobiles Arbeiten | 0,166 | 0,347 | 0,068 | 0,769 |
Ideenmanagement | 0,413 | 0,032 | 0,334 | 0,175 |
Co-Working-Bereiche | 0,204 | 0,416 | −0,067 | 0,812 |
Flächen für spontanen, informellen Austausch | 0,220 | 0,212 | 0,243 | 0,289 |
Flächen mit Kreativmaterialien für Projektteams | 0,372 | 0,067 | −0,061 | 0,804 |
Flächen für Ruhe und Entspannung | 0,094 | 0,692 | −0,163 | 0,596 |
Flächen für individuelle Bewegung | 0,246 | 0,362 | 0,065 | 0,834 |
Virtuelle Kollaborations-Instrumente | 0,130 | 0,487 | 0,264 | 0,291 |
Kampagnen zur Ideenfindung und -entwicklung über digitale Plattformen | 0,372 | 0,097 | 0,317 | 0,250 |
Abteilungsübergreifende Vernetzungsveranstaltungen | 0,163 | 0,459 | 0,548 | 0,012 |
Abteilungsinterne informelle Austauschformate | 0,381 | 0,029 | 0,499 | 0,030 |
Förderung der Teilnahme an externen Netzwerkveranstaltungen | 0,491 | 0,011 | 0,189 | 0,451 |
Förderung von Selbstorganisation im Unternehmen | 0,531 | 0,006 | 0,254 | 0,293 |
Anteile frei nutzbarer Arbeitszeit für kreative Projekte | 0,601 | 0,014 | −0,257 | 0,445 |
Sport- und Freizeitangebote | −0,198 | 0,322 | 0,188 | 0,456 |
Feelgood-Management | −0,045 | 0,889 | −0,168 | 0,621 |
Weiterbildung | 0,257 | 0,142 | 0,189 | 0,389 |
4.6 Zusammenfassung des empirischen Befundes
H‑F1‑a | Je höher das Kreativitätspotenzial von Mitarbeitenden ist, desto stärker zeigen sie innovative Verhaltensweisen. | ✔ |
H‑F1‑b | Trifft ein hohes Kreativitätspotenzial auf eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur, hat dies einen positiven Einfluss auf innovative Verhaltensweisen. | ✗ |
H‑F1‑c | Trifft ein hohes Kreativitätspotenzial auf eine innovationsförderliche Unternehmensstruktur, hat dies einen positiven Einfluss auf innovative Verhaltensweisen. | ✔ |
H‑F1‑d | Wie stark innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur zu einer Ausschöpfung des individuellen Kreativitätspotenzials führen, hängt vom Alter des Mitarbeitenden ab. | ✗ |
H‑F2‑a | Je höher die Zufriedenheit mit der Ausschöpfung der eigenen Innovativität (Ausschöpfungszufriedenheit) eingeschätzt wird, desto stärker zeigen Mitarbeitende innovative Verhaltensweisen. | ✔ |
H‑F2‑b | Je besser innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur das individuelle Kreativitätspotenzial ausschöpfen, desto höher ist auch die empfundene Ausschöpfungszufriedenheit. | ✔ |
H‑F2‑c | Die Ausschöpfungszufriedenheit beeinflusst den Effekt, den innovationsfreundliche Unternehmenskultur und innovationsförderliche Unternehmensstruktur bei der Überführung bestehenden Kreativitätspotenzials in innovatives Verhalten haben, positiv. | ✗ |
5 Praktische Relevanz
Mittleres Kreativitätspotenzial (N = 21) | Sehr hohes Kreativitätspotenzial (N = 3) | Signifikanz des MW-Vergleichs (t‑Test) | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Semantisches Differenzial | MW | SD | MW | SD | ||
Einflussnahme auf eigene Arbeitsbedingungen (Zeit, Ort) | Fremdbestimmt (1) Selbstbestimmt (5) |
5,05
| 0,865 |
5,33
| 0,577 | 0,503 |
Führungskultur
|
Auf Kontrolle basierend (1)
Auf Vertrauen basierend (5)
|
4,67
|
1,017
|
6,00
|
0,000
|
0,000
|
Anpassungsdruck (Erscheinungsbild, Arbeitsstil)
|
Druck, sich anzupassen (1)
Freiheit, man selbst zu sein (5)
|
4,76
|
0,944
|
5,67
|
0,577
|
0,086
|
Organisationsstruktur
|
Bürokratisch, zentralisiert (1)
Unternehmerisch, flexibel (5)
|
4,24
|
1,411
|
5,33
|
0,577
|
0,050
|
Experimentierkultur
|
Vermeiden von Fehlern (1)
Lernen aus Fehlern (5)
|
4,62
|
0,308
|
5,67
|
0,577
|
0,068
|
Einflussnahme auf Unternehmensentscheidungen | Hierarchisch (1) Demokratisch (5) |
3,57
| 1,568 |
5,00
| 1,000 | 0,108 |