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12-07-2022 | Energiegesetz | Schwerpunkt | Article

EEG-Novelle eignet sich nur bedingt zum Beschleunigen

Author: Frank Urbansky

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Ein ganzes Bündel an Gesetzen zum beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien verließ erst kürzlich den Bundestag. Doch sie beruhen auf vielen Kompromissen, die die Wirksamkeit einschränken.

Mehrere Gesetzesvorhaben wurden gerade auf den Weg gebracht – zum einen gebündelt im sogenannten Osterpaket, zum anderen im Rahmen eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der aktuellen Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). 

Gesetz zu Sofortmaßnahmen

Das neue Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau, das erst einmal ein Entschließungsantrag zu EEG und Osterpaket ist, führt in seiner Präambel die Notwendigkeit aller dieser Vorhaben vor Augen: "Der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein zentrales Instrument im Kampf gegen die Klimakrise. Er ist nicht nur von zentraler Bedeutung für das Klima und die Frage der Energieabhängigkeit, sondern auch um den weiteren Anstieg der Energiekosten zu bremsen."

Doch was sind wesentliche Neuerungen? Zum einen soll eine Plattform Klimaneutrales Stromsystem eingerichtet werden, und zwar bis Ende 2022. Sie soll bis Mitte 2023 konkrete Vorschläge für ein neues Strommarktdesign erarbeiten. Weiterhin soll geprüft werden, wie kommunale Beteiligungen an Wind- und Solarparks verbessert werden könnten, was ja auch im Osterpaket schon vorgesehen ist.

Zudem soll ein Vorschlag für eine Erweiterung der Eigenverbrauchsdefinition im EEG vorgelegt werden. Das soll Stromverbrauchern helfen, Strom innerhalb ihres jeweiligen Quartiers durch Eigenverbrauch zu beziehen. Das wiederum könnte Mieterstromprojekte beflügeln. In diesem Zusammenhang sollen auch steuerrechtliche Hemmnisse beim Ausbau von kleinen PV-Balkon- und Aufdach-Anlagen identifiziert und beseitigt werden. Ähnliches gilt für PV-Freiflächenanlagen. Die Leistungsgrenze für ausschreibungsfreie Bürgerenergie-Dachanlagen soll von 1 MW auf 6 MW angehoben werden. Zudem soll das ebenfalls im Osterpaket angerissene Artenhilfsprogramm, ähnlich wie der Ausbau der erneuerbaren Energien, beschleunigt werden.

Hier ist also vieles geplant, vieles soll geprüft werden, auch wenn es schon einige konkrete Vorschläge gibt. Die Abschaffung von steuerlichen Hemmnissen ist sicherlich löblich, könnte jedoch, wie so oft, am Einspruch des Finanzministeriums scheitern.

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Post-EEG: Wirtschaftlichkeit

Der wirtschaftliche Betrieb einer ausgeförderten Anlage hängt stark von einer Kombination einer Vielzahl von Einzelfaktoren ab, welche individuell je nach Anlage zu bewerten sind.

Einen beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen sieht die EEG-Novelle vor. Auch hier sollen bürokratische Prozesse vereinfacht werden. Und: Der Tarif zur Teileinspeisung von Strom aus PV-Anlagen bis zehn kW wird auf 8,6 Cent pro kWh angehoben, bei der Volleinspeisung soll er von 13,8 auf 13,4 Cent abgesenkt werden. Ermöglicht wird auch die Installation von Anlagen zur Teil- und Volleinspeisung.

"Dies kann nur der erste Schritt zur Entfesselung der Solarenergie gewesen sein. Die Fesseln wurden gelockert, aber noch nicht vollständig gelöst", so Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Begrüßt wird hingegen die deutliche Heraufsetzung der Photovoltaik-Ausbauziele. In den kommenden zehn Jahren soll die Zahl bei gleichzeitig steigendem Strombedarf vervierfacht werden. Photovoltaik würde dann 30 Prozent des heimischen Strombedarfs abdecken. Ob dies aufgrund der Materialschwierigkeiten und des Fachkräftemangels realistisch ist, bleibt aber abzuwarten.

Zu gering fällt hingegen nach Einschätzung des BSW die Anhebung der anzulegenden Werte zur Ermittlung der Marktprämien aus. Zudem sei der Prozess zu kompliziert – statt Bürokratie abzubauen, würde sie wieder neu geschaffen. 

Begrüßt wird die geplante PV-Pflicht für Gewerbebauten ab 2023 und die Erweiterung von PV-Freiflächenanlagen an Autobahnen und Schienentrassen von maximal 200 auf 500 Meter. Ertragsarme landwirtschaftliche Flächen hingegen erhalten keine pauschale Freigabe für eine PV-Nutzung. Dies muss individuell genehmigt werden – ein weiteres bürokratisches Manko. 

Ähnliches gelte nach BSW-Sicht für hybride Nutzungsformen wie Agri-PV und Floating-PV, also die Kombination von Landwirtschaft und Gewässernutzung mit der Solarstromerzeugung.

Das Wichtigste aber: Die EEG-Umlage wird endgültig abgeschafft und nicht nur in eine Art Ruhezustand versetzt.

Windkraft im Osterpaket

Auch das Gesetzespaket für die Windkraft wird von der Branche kritisch gesehen. Die umstrittenen Abstandsregelungen in Bayern und NRW oder der Vogelschutz-Standard bleiben ungelöst Bei der Offshore-Windkraft hat sich die eher kritische FDP durchgesetzt. Ab 2027 sollen zur Ausschreibung kommenden Flächen eine zu installierende Leistung von 500 bis 2000 Megawatt Offshore-Wind aufnehmen können. Und: Das Repowering soll deutlich erleichtert werden.

"Sowohl das unambitionierte Zwischenziel als auch das Ziel von zwei Prozent erst Ende 2032 werden es unnötig schwer machen, die festgelegten 80 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen", so Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft.

Die Änderungen im WindSeeGesetz blieben ebenso weit hinter den Erwartungen des BDEW zurück. Anstelle einer zukünftigen Förderung über Differenzverträge bleibe es bei der aktuellen Marktprämienvergütung und der Gefahr mehrerer Null-Cent-Gebote auf eine Fläche.

"Die nun notwendige Geschwindigkeit beim Erneuerbaren-Ausbau wird so noch nicht erreicht. Eine echte Zeitenwende wie bei der Geschwindigkeit und Fokussiertheit beim Bau von LNG-Terminals ist hier noch nicht in Sicht. Im Bereich der Erneuerbaren bleiben viele Beschlüsse noch auf dem Stand vor dem Krieg und bilden lediglich den Koalitionsvertrag ab", so Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft.

Gestrichen wurde erstaunlicherweise die Treibhausgasneutralität des Stromsektors bis 2035. Das sei mindestens überraschend, wenn man bedenke, dass die Bundesregierung sich jüngst auf dem G7-Treffen international dazu verpflichtet hat, bereits bis zum Jahr 2035 eine Dekarbonisierung zu erreichen.

"Für den beschleunigten Ausbau der Windkraft werden die Reformvorschläge zur Flächenausweisung aus dem Wind-an-Land-Gesetz wenig bewirken", so die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien Simone Peter. Der Bundestag habe die Zwischenziele aus dem Kabinettsentwurf zeitlich noch weiter nach hinten geschoben. Das werde die Hängepartie verlängern und den Zubau weiter verzögern.

Fazit


Die Nachteile der Dreierkoalition kommen in solchen äußerst komplexen Gesetzesvorhaben zum Tragen. Widersprüche werden in Kompromissen aufgelöst, die letztlich einem Endziel wenig dienen und – das liegt in der Natur der Sache, da keine der beteiligten Parteien einen Kontrollverlust will – zu mehr Restriktionen und Bürokratie führen.

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