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03-11-2022 | Fahrzeugtechnik | Kommentar | Article

Das Auto scheitert an der Größe

Author: Andreas Burkert

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Trotz Energiekrise und Rohstoffknappheit werden fast alle Automobile immer größer konstruiert. Das geht auch auf Kosten des öffentlichen Raums, der nach Plänen der Politik neu geordnet werden soll. Wer also weiter auf Größe setzt, scheitert.

Der Snow Cruiser war seiner Zeit die Hoffnung einer fortschrittlichen Zeit. Mit ihm wollte der Westen die Antarktis erkunden. Das knapp 15 m lange Fahrzeug wurde ausgestattet mit mannshohen profillosen Reifen, um selbst meterbreite Gletscherspalten überwinden zu können. Im Fahrzeug selbst wurde es wohnlich eingerichtet, um die Mannschaft mehrere Tage versorgen zu können. Als Schmankerl konstruierte man sogar ein Flugzeug auf das Dach des Fahrzeugs, welches in der Not herabgelassen werden konnte.

Dieser Fall trat gleich während der ersten Versuchsfahrt im Jahr 1940 ein. Im praktischen Einsatz konnte es nämlich selbst kleinste Erhebungen nicht überwinden, und wurde alsdann ausgemustert. Ursächlich war, dass man schlicht nicht in der Lage gewesen war, die Witterungsverhältnisse der Antarktis in den USA zu simulieren. Knapp 80 Jahre später scheint man noch immer den Grundsatz einer bedarfsorientierten Entwicklung zu ignorieren. So werden die Automobile mit jeder Fahrzeuggeneration größer. Ein Umstand, der im urbanen Raum immer häufiger zu Problemen führt.

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01-12-2021 | Im Fokus

Das Raum-Zeit-Dilemma der urbanen Mobilität

Es wird eng in den Ballungsräumen. Die Elektromobilität kann dieses Problem auch nicht lösen, solange Fahrzeuge noch immer im XXL-Format produziert werden. Dabei bietet der elektrische Antriebsstrang viele Freiheiten für Design und Funktion.

Fettleibigkeit moderner Fahrzeuge

"Denn es wird eng in den Ballungsräumen", wie es im Beitrag "Das Raum-Zeit-Dilemma der urbanen Mobilität" beschrieben wird. Der Umstieg die Elektromobilität kann dieses Problem dabei auch nicht lösen, "solange Fahrzeuge noch immer im XXL-Format produziert werden". So gestaltet sich mittlerweile die Parkplatzsuche mancherorts derart kompliziert, dass viele verzweifelt nach alternativen Mobilitätsformen fragen. Denn die Mindestgröße der öffentlichen Stellplätze entspricht derzeit nicht mehr der gängigen Pkw-Größe.

Zu dieser Schlussfolgerung kommt man, wenn man die Abmessungen, wie sie in der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) niedergeschrieben sind, mit denen aktueller Fahrzeuge vergleicht. Eine Analyse des ADACs hinsichtlich der Fahrzeugabmessungen zeigt, dass von über 1300 Fahrzeugmodellen gerade einmal 70 in Länge und Breite geschrumpft sind. Dieses Größenwachstum zeigt sich bei manchen Modellen in Form einer Fettleibigkeit, die in engen Straßen hohen fahrerisches Können erfordert.

Ein geradezu dummes Produkt

Mal davon abgesehen, dass der Energieaufwand für die Produktion und den Betrieb eines solchen Automobils nicht in die heute Zeit passt. Und dennoch! Kaum einer will auf das Automobil verzichten, und kaum einer entsagt dem SUV. Dabei ist Automobil "angesichts der Ressourcenknappheit ein geradezu dummes Produkt". Davon zumindest ist der Mobilitätsforscher Stephan Rammler überzeugt, der schon vor fünf Jahren in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung "diese groteske Autofixierung, die kriminellen Machenschaften" thematisiert hat. Rammlers ideal einer urbanem Mobilität ist ein Zusammenspiel aus öffentlichem Nahverkehr und Fahrrad. Doch das scheint zu scheitern.

Selbst das Neun-Euro-Ticket konnte ersten wissenschaftlichen Auswertungen zufolge kaum jemanden dazu veranlassen, sein Automobil stehen zu lassen. Dabei kann der Verzicht aufs Autofahren glücklich machen. Eine Art positiv empfundene Genügsamkeit konnte eigenen Angaben nach eine Forschungsgruppe für Nachhaltigkeit der Universität Basel nachweisen. In dem Beitrag "The relationship between car shedding and subjective well-being" schreiben die Forscher, dass "wer sein Auto freiwillig weggibt, demnach noch Jahre nach der Entscheidung glücklicher ist". Natürlich wird niemand ernsthaft glauben, dass das Glück des kleinen Mannes die Automobilbranche ins Wanken bringen wird. Gefährlich für diesen Industriezweig werden anderen Maßnahmen.

Vermeiden, verlagern und verändern

Etwa strikte politische Vorgaben, die den urbanen Raum neu aufteilen werden. Für viele Kommunen ist dies unumgänglich. Denn Fakt ist, dass trotz aller für die Automobilität widriger Umstände, der Anteil wächst. Daten aus dem Verkehrsministerium offenbaren nämlich, dass zu Beginn des Jahres 2022 bundesweit 48,5 Mio. Pkw zugelassen auf deutschen Straßen unterwegs waren. Im Rückblick auf das Jahr 2012 ist das ein Anstieg von 13 % – und das gibt dieser Tage verstärkt Anlass zum Handeln. Das Verkehrsministerium musste nämlich eingestehen, dass deren langjährige Taktik, die Menschen zum Umstieg auf nachhaltige Verkehrsmittel zu bewegen, fehlgeschlagen ist.

Der Aktionismus tritt deshalb dieser Tage umso folgenschwerer für die deutsche Automobilindustrie in Erscheinung. Nach dem Motto "vermeiden, verlagern und verändern", lässt der Deutsche Städtetag wissen, dass der Autobesitz und die Zahl der Pendlerfahrzeuge in den Städten drastisch sinken müssen. Auf der Agenda findet sich die Vorgabe, die das Umweltbundesamt schon 2018 für seine "Stadt von Morgen" genannt hat: maximal 150 zugelassene Pkw pro 1000 Einwohner. Schwere Zeiten für die Branche. Denn derzeit sind 575 Wagen pro 1000 Einwohner zugelassen.

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