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04-11-2021 | Investitionsfinanzierung | Schwerpunkt | Article

Investitionsgesellschaften bringen Licht und Schatten

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Die künftige Bundesregierung steht vor großen Aufgaben. In der Infrastruktur, bei der Digitialisierung oder im Bildungwesen klaffen zum Teil riesige Lücken. Staatliche Investitionsgesellschaften könnten diese schließen helfen. Doch diese stoßen auch auf Kritik.

Ob Straßenbau, die Digitalisierung der Verwaltung oder der Ausbau digitaler Lehr- und Lernmöglichkeiten an Schulen - für die vielen Herausforderungen, die in Deutschland gelöst werden müssen, sind große Mengen an Investitionskapital erforderlich. Auf rund 450 Milliarden Euro bis 2030 hat eine gemeinsame Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung und des Instituts der Deutschen Wirtschaft Ende 2019 den zusätzlichen Investitionsbedarf beziffert. Wie diese Aufgabe finanziell gestemmt werden kann, darüber wird in den aktuellen Koalitionsverhandlungen diskutiert.

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Open Access 01-03-2021 | Zeitgespräch

Investitionen für nachhaltiges Wachstum in Deutschland: Status quo und Perspektiven

Wachstumsimpulse durch Investitionen entstehen insbesondere dort, wo die gesamtwirtschaftliche Produktivität nachhaltig erhöht wird. Eine wichtige Rolle für die gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung spielen Investitionen in den produktiv einsetzbaren Kapitalstock sowie solche, die technologischen Fortschritt auslösen.

"Mehrere Parteien haben in ihren Wahlprogrammen für die Bundestagswahl angekündigt, die öffentlichen Investitionen in Deutschland erhöhen zu wollen. In vielen der Vorschläge wird dabei auch – zumindest zum Teil und/ oder über die Konstruktion öffentlicher Investitionsgesellschaften – eine Kreditfinanzierung dieser Investitionen in Betracht gezogen. Die Forderung höherer öffentlicher Investitionen ist dabei wissenschaftlich abgedeckt", schreiben Sebastian Dullien, Ekaterina Jürgens, Christoph Paetz und Sebastian Watzka in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 9 | 2021). 

Doch die Ankündigung der an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien, die Einrichtung entsprechender Gesellschaften zu prüfen, um finanzielle Spielräume für öffentliche Investitionen auszuweiten, wirft auch Fragen auf. So macht dieses Vehikel für Stefan Kooths, Konjunkturchef des IfW Kiel, nur unter bestimmten Voraussetzungen Sinn. 

Alle Staatsausgaben müssen auch weiterhin geprüft werden

In einem aktuellen Kommentar schreibt der Professor der BSP Business and Law School in Berlin, dass diese nicht nur dem Zweck dienen dürfen, die Schuldenbremse zu umgehen. "Denn zwischen Investitionstätigkeit und Kreditaufnahme besteht kein zwingender Zusammenhang. Es ließen sich ja auch Mittel für Investitionen gewinnen, indem andere Ausgaben im Bundeshaushalt gekürzt würden. Werden öffentliche Investitionen außerhalb des Bundeshaushalts finanziert, umgeht man diese Diskussion", kritisiert der Volkswirt. Unwichtige Staatsausgaben müssten aber auch weiterhin auf den Prüfstand kommen. 

Etwas anderes gelte, wenn Investitionsgesellschaften helfen, um die Infrastrukturpolitik ordnungspolitisch besser aufzustellen, "indem verstärkt auf die Nutzerfinanzierung, wie zum Beispiel Mautsysteme, gesetzt wird". So entstehen laut Kooths geschlossene Finanzierungskreisläufe, die über marktwirtschaftliche Preissignale gesteuert werden. "In dem Maß braucht es dann auch weniger staatliche Einflussnahme, was eine Ausgliederung aus den öffentlichen Budgets rechtfertigt. Denn: Es ist sinnlos, über Marktpreise im Parlament abzustimmen", erläutert der Ökonom. 

Entscheidend sei dabei, dass die private Beteiligung an Infrastrukturgesellschaften auch das Investitionsrisiko einschließt. "Es darf nicht dazu kommen, dass dort Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Die Finanzierung der Investitionsgesellschaften würden sonst zum Ruhekissen für Vermögende werden", fordert der Konjunkturexperte. 

Modellrechnungen zeigen positive Langfristeffekte

Auch Dullien, Jürgens, Paetz und Watzka wissen um die Kritik an dieser Finanzierungsalternative in Deutschland. Doch ökonomisch spreche für eine Kreditfinanzierung der Investitionen, "dass viele der anstehenden Maßnahmen langfristig hohe gesamtwirtschaftliche und fiskalische Renditen versprechen, die deutlich über den derzeitig niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen liegen". 

Den Wirtschaftsdienst-Autoren zufolge zeigen Simulationen eines möglichen Investitionsprogramms innerhalb des makroökonomischen Modells NiGEM (National Institutes Global Econometric Model), dass sich diese bei konservativen Modellannahmen spätestens nach 30 Jahren selbst finanziert habe. "Das heißt, dass spätestens dann die Schuldenquote auf das Niveau gefallen ist, das sich ohne das Programm ergeben hätte", erläutern die Experten. 

Allerdings sei die Wirtschaftsleistung mit einem Investitionsprogramm zu dem Zeitpunkt höher als ohne, betonen Dullien, Jürgens, Paetz und Watzka. Die Wachstumseffekte des Programms seien dabei erheblich. "Längerfristig liegt das BIP um drei bis vier Prozent über einem Niveau ohne Investitionsoffensive." Ein weiterer Folgeeffekt sei eine deutlich höhere private Investitionstätigkeit durch Unternehmen.

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