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2009 | Book

Sozio-kultureller Code, Rituale und Management

Neue Perspektiven in interkulturellen Feldern

Author: Christian J. Jäggi

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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About this book

Soziale Systeme bestehen bekanntlich aus einer Anzahl von Akteurinnen und Akteuren, aus den Beziehungen dieser Akteurinnen und Akteure unter e- ander sowie aus einer Abgrenzung alle dem, was nicht Teil des betreffenden sozialen Systems ist und zur System-Umwelt gehört.. Aus der Systemtheorie wissen wir, dass sich soziale Systeme homöostatisch und autopoietisch organisieren, also in einem labilen, aber nichtsdestoweniger erstaunlich stabilen Gleichgewichtszustand befinden und sich selbst organis- ren. Gleichzeitig sind soziale Systeme meist sehr anpassungsfähig und reagieren schnell auf Veränderungen in ihrer Umgebung. Die Überlebensfähigkeit eines sozialen Systems, aber auch der Erfolg einer Organisation oder eines Unternehmens hängt unter anderem von der Fähigkeit ab, Komplexität zu reduzieren und sich auf zielgerichtete Handlungen und V- haltensweisen auszurichten. Nicht wenige Theorien individuellen Lernens, aber auch viele Konzepte des organisationalen Lernens kranken daran, dass sie nicht zufrieden stellend erk- ren können, warum Lernen dermassen erfolgreich ist, wenn es um die Wahl optimaler Handlungs- und Verhaltenseisen in konkreten Situationen geht. Nicht das (kognitive) Fakten- oder Theorienwissen, sondern die Auswahl optimaler Verhaltensweisen und Handlungsalternativen ist ausschlaggebend für den Erfolg einer Organisation oder eines sozialen Kontextes. Doch wie wissen die Angehörigen einer Organisation oder die Akteurinnen und Akteure eines sozialen Systems, welche Handlungen und Verhaltensweisen nicht nur den Erfolg und die Stabilität des betreffenden Systems garantieren, sondern auch den erwünschten Output oder das erwartete Outcome generieren? Diese Lücke versucht das Konzept des sozio-kulturellen Codes zu füllen.

Table of Contents

Frontmatter
1. Einführung

Soziale Systeme bestehen bekanntlich aus einer Anzahl von Akteurinnen und Akteuren, aus den Beziehungen dieser Akteurinnen und Akteure unter einander sowie aus einer Abgrenzung alle dem, was nicht Teil des betreffenden sozialen Systems ist und zur System-Umwelt gehört..

1. Zur Tiefenstruktur menschlicher Interaktion

Jeder soziale Raum, jede menschliche Interaktion, ja jede Handlung ist von einer Tiefenstruktur unterlegt, die uns nur in Ausnahmefallen bewusst ist, die aber immer vorhanden ist und die nur indirekt zugänglich gemacht werden kann.

2. Bewusste und unbewusste Aspekte

Im Unterschied zu anderen Handlungskonzepten, etwa der Vorstellung vieler Ökonomen des „homo oeconomicus“, dessen Handlungen als rational und zweckgerichtet verstanden werden, gehen wir davon aus, dass die vernunftorientierte, rationale Handlungsweise bestenfalls die bewussten Handlungs- und Verhaltensweisen abdecken und dass ein wesentlicher — wenn nicht sogar der überwiegende — Teil des alltäglichen Verhaltens durch unbewusste Mechanismen und Gesetzmässigkeiten bestimmt ist.

3. Zum Konzept des sozio-kulturellen Codes

Wie wir zeigen werden, beeinflusst die Tiefenstruktur menschlichen Handelns jede einzelne Handlung mehr oder weniger stark. Dabei ist der Einfluss der Tiefenstruktur auf nicht reflektierte, unbewusste oder automatisierte Handlungen besonders gross.

4. Die doppelte Bedeutung des Code-Begriffs: Kommunikationstheoretischer und mikrosozialer Zugang

Um das Konzept des sozio-kulturellen Codes umfassend zu verstehen, nähern wir uns sozusagen von zwei Seiten: Auf der einen

Seite von der Kommunikationstheorie und der Semiotik her

und auf der anderen Seite

ethnografisch

, also von mikrosozialen sozio-kulturellen Kontexten her.

5. Der Code-Begriff in der Kommunikationstheorie: Code erster Ordnung

Seit Habermas wissen wir, dass jedes Handeln einen kommunikativen Aspekt mit beinhaltet — oder anders gesagt: Handeln ist immer Kommunikation, und Kommunikation ist immer Handeln.

6. Der Code als Interaktions-Struktur und Zuschreibungsmuster mikrosozialer Kontexte: Code zweiter Ordnung

Ein Code erster Ordnung setzt voraus, dass jedem Signal eine eindeutige Bedeutung zugeordnet werden kann. Das ist aber in der Praxis oft nicht der Fall.

7. Die Tiefenstruktur menschlicher Handlungen als sozio-kultureller Code: Code dritter Ordnung

Um menschliche Verhaltensweisen oder Handlungen effektiv zu verstehen, ist es von entscheidender Bedeutung, nicht nur die sichtbare, oberflächliche Seite einer Handlung, also die Interaktionsstruktur und -abläufe zu verstehen, sondern auch ihre Tiefenstruktur.

8. Der Code-Begriff Umberto Ecos und das Konzept des sozio-kulturellen Kontinuums

Nach (

1994:57

) stellt Information „die Auswahlfreiheit dar, die bei der Bildung einer Botschaft vorliegt“, weshalb sie als „statistische Eigenschaft der Quelle von Botschaften“ zu betrachten ist. Wenn jedes Element eines Systems die gleiche Wahrscheinlichkeit hat, vorzukommen, ist das System entrop, wobei „die Entropie eines Systems ... der Gleichwahrscheinlichkeitszu-stand [ist], zu dem seine Elemente tendieren“ (

Eco 1994:55

). Diese Entropie oder Gleichwahrscheinlichkeit eines Systems muss massiv eingeschränkt werden, wenn eine sinnvolle Kommunikation möglich sein soll. Diese Einschränkung geschieht durch so genannte Codes: „Je weniger Alternativen es gibt, desto leichter ist die Kommunikation. Der Code führt mit seinen Ordnungskriterien diese Kommunikationsmöglichkeiten ein;

der Code stellt ein Wahrscheinlichkeitssystem dar, das über die Gleichwahrscheinlichkeit des Ausgangssystems gelegt wird, um dieses kommunikativ zu beherrschen“

(

Eco 1994:57

). Ein Code ist also zuerst einmal nichts anderes, als eine Reduktion und Selektion möglicher Bedeutungszuordnungen.

9. Grenzen des sozio-kulturellen Codes

In Anlehnung an Sahlins verweisen Bukow/Llaryora (1988:70) auf die binären Codierungsmuster unserer Gesellschaft. Dazu gehören: jung — alt, Mann — Frau, Tag — Nacht, lieb — böse, schnell — langsam, klug — dumm, Schule — Leben, Routine — Fest, Wirklichkeit — Traum usf. Im familiären Kontext herrschen die Schemata Eltern — Kind, ordentlich — unordentlich, Frage — Antwort u. dgl. vor. Dabei werde alles, was in eine Situation eingebracht wird, nach diesen Kategorien organisiert. „Wer diese Relationen nicht beachtet, wird Unwillen erregen, schlimmstenfalls Sanktionen auf sich ziehen, möglicherweise sogar aus der Situation ausgeschlossen werden. Alle Situationsteilnehmer/innen stehen auf diesen binären Schemata, dieser binären Ordnung von Beziehungen und Personen und benutzen sie in gleicher Weise. Binäre Schemata scheinen zur sozialen Grundausstattung des Alltagslebens jenseits konkreter situativer Scripts zu gehören“ (Bukow/Llaryora 1988:70). Nach (

1994:119

) ist der Sinn eine binäre Wahl, die der Empfänger unter verschiedenen möglichen Komponentenverzweigungen der Lexeme trifft. Ein Code kann also immer auch als Ja/Nein-Verzweigungskette aufgefasst werden.

10. Codes und Sub-Codes

Im kulturwissenschaftlichen Kontext wird unter Code ein „System von Regeln, Übereinkünften oder Zuordnungsvorschriften“ verstanden, „das die Verortung und Deutung von Zeichen und Zeichenkomplexen erlaubt“ (Horatschek 1998:68f, zitiert nach Wegan 2003:133). Wegan (2003:133) weist daraufhin, dass sich der Gebrauch und die Leseart von Codes mit dem sozialen Rahmen verändern. Dabei kommt es zu Vielfachcodierungen als Folge des kommunikativen Prozesses. Am Beispiel eines Mahnmals an den Zweiten Weltkrieg versucht Wegan zu zeigen, dass „Vielfachcodierungen ... als Produkt eines Kommunikationsprozesses gesehen werden [können], der von unterschiedlichen Variablen abhängig ist“. Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass das, was Wegan als „Vielfachcodierung“ bezeichnet, eher der Ausdruck von unterschiedlichen sozio-kulturellen Sub-Codes und deren unterschiedliche Konnotation von Ereignissen, Gegenständen oder Handlungen ist. Anders gesagt: Es erfolge nicht eine Vielfachcodierung innerhalb eines bestimmten Codes, sondern eine unterschiedliche Codierung im Rahmen unterschiedlicher Subcodes.

11. Stabilität, Labilität und Veränderbarkeit von sozio-kulturellen Codes

Aus dem Verhältnis von übergeordnetem Code und Sub-Code wird auch ersichtlich, wie Veränderungen von sozio-kulturellen Codes stattfinden können:

Ausdehnung eines Sub-Codes:

Ein übergreifender Code kann sich verändern, wenn sich ein bisher als Sub-Code bestehender Verhaltensset verallgemeinert: Während zum Beispiel das Rauchen in Restaurants, Bahnen und öffentlichen Gebäuden jahrelang als alternativer Sub-Code zum Nicht-Rauchen existierte, verbreiterte sich der Geltungsbereich in den letzten Jahren sukzessive und wurde aufgrund der Durchsetzung (Sanktionen!) zu einem übergreifenden Code aufgewertet.

Erlöschen eines Codes:

Es ist auch möglich, dass ein bisher vorhandener Code gleichsam erlischt, weil er von niemandem mehr befolgt wird: So war zum Beispiel bis in die 60-er Jahre in den meisten katholischen Kantonen der Schweiz das Konkubinat verboten. Weil sich aber immer weniger daran hielten, konnte es nicht mehr durchgesetzt werden (Sanktionierungsmacht!) und verschwand schliesslich in der ganzen Schweiz.

Entstehung eines Codes:

Edgar Schein (2004:64ff) vertritt die Meinung, dass Kleingruppen durch eine Art Ursprungs-Ereignis (originating event) entstehen, das entweder ein Ereignis oder eine Veränderung in der (sozialen) Umwelt, eine Entscheidung einer Gründungsperson oder eine gemeinsame Erfahrung mehrer Individuen sein kann. Mit Blick auf betriebliche Workshops oder Gruppenbildungen meint Schein, dass solche entstehende Gruppen sich einerseits die Frage stellen, warum sie hier sind und was ihre Aufgabe ist, anderseits die einzelnen Gruppenmitglieder vor der Frage stehen, wie sie in die Gruppe integriert werden und welche Rolle sie darin spielen und besonders, ob ihre Bedürfnisse dabei befriedigt werden. Nach einer einführenden Kommunikationssituation — etwa einer Vorstellungsrunde, einem Austausch über das Gruppenziel oder einer Unterhaltung über das eigene Befinden — ergeben sich schnell Spielregeln im Verhalten der Teilnehmenden. Diese Spielregeln nehmen bereits Personen wahr, die später — z.B. eine Stunde nach Sitzungsbeginn — dazu kommen. Weil man — wie Watzlawick sagte — nicht nicht kommunizieren kann, lassen bereits die ersten Kommunikationshandlungen so etwas wie ein Wir-Gefühl entstehen. Dabei erfahren alle Gruppenmitgliedern oder Sitzungsteilnehmenden ein gemeinsames Gruppengefühl, oder wie Schein (2004:68) sagt: „a shared emotional reaction“.

12. Zum Geltungsbereich sozio-kultureller Codes

Der Geltungsbereich eines sozio-kulturellen Codes kann sehr unterschiedlich sein. Ein sozio-kultureller Code kann für eine Handvoll Personen gelten — zum Beispiel für eine Familie — oder für Millionen von Menschen. In der Regel dürfte aber der Geltungsbereich eines sozio-kulturellen Codes grosse bis sehr grosse Menschengruppen umfassen. Der Geltungsbereich eines sozio-kulturellen Codes wird durch sein semantisches Potenzial, seine Définitions- und Sanktionsmacht

21

bestimmt.

13. Makrosoziale und mikrosoziale Codes

Wie wir gesehen haben

24

, gibt es zu jedem sozio-kulturellen Code eine Art sozio-kulturelles Kontinuum, also eine Art sozialer Raum, in welchem der betreffende sozio-kulturelle Code Gültigkeit hat und damit das Verhalten der sich darin bewegenden Menschen bestimmt. Dieses sozio-kulturelle Kontinuum kann unterschiedlich gross sein, entsprechend ist die Reichweite des sozio-kulturellen Codes grosser oder kleiner.

14. Sozio-kulturelle Codes über längere historische Perioden

Laut (

1994:390

) gibt es zwei Grundpositionen hinsichtlich Historizität und Ahistorizität von Codes: Die strukturalistische, welche — wie Lévi-Strauss — „zwingende natürliche Strukturen unterhalb jeder geschichtlichen Entwicklung anerkennt“ und die serialistische, die anerkennt, „dass die geschichtliche Entwicklung mit dem Kontext auch die Strukturen der Intelligenz und des Geschmacks verändert“. Es dürfte klar geworden sein, dass ich selber die zweite Position teile

26

.

15. Semantisches Potenzial, semantische Analyse und Kulturanalyse

Lévi-Strauss (1962:182ff) hat — mit Blick auf totemistische Strukturen — vorgeschlagen, bei der Klassifikation von Strukturen zweistufig vorzugehen: „... on purrait entreprendre une classification des ces classifications. On distinguerait alors des systèmes selon le nombre de categories qu’ils utilisent— de deucs à plusieurs dizaines — et selon le nombre et le choix des elements et des dimensions. On les distinguerait ensuite en macro et micro-classifications, le premier type étant caractérisé par l’admission au rng de totems d’un grand nombre d’espèces animales et végétales ..., le second, par des totems tous inscrits, si l’on peut dire, dans les limites d’une même espèce ...“. Und weiter: „L’ensemble constitue donc une sorte d’appareil conceptuel, qui filtre l’unité à travers la multiplicité, la multiplicité à travers l’unité, la diversité à travers l’identité et l’identité à travers la diversité“ (Lévi-Strauss 1962:183).

16. Definitionsmacht sozio-kultureller Codes

Der Erfolg eines sozio-kulturellen Codes steht und fällt mit seiner Fähigkeit, seine Geltung in einem bestimmten Rahmen, einem Bereich oder in einem bestimmten geografischen Gebiet durchzusetzen. Die Stärke eines sozio-kulturellen Codes zeigt sich in der Fähigkeit, die von ihm präferierten Handlungsalternativen und Interaktionsformen durchzusetzen.

17. Vorurteile und sozio-kulturelle Codes

Der eigene

Code bietet immer Erklärungsmuster an

, auch in Situationen, die als bedrohlich erlebt werden: Wenn mir jemand zu nahe kommt, ich mich bedrängt fühle und vielleicht Angst empfinde, erklärt mein

Referenzcode

diese Situation im Rahmen des vorhandenen Musters: Afrikaner sind eben aufdringlich, Männer wollen immer etwas von einer Frau usw. Obwohl das im Einzelfall durchaus zutreffen mag, ist die Verallgemeinerung eine Pseudo-Erklärung oder eben so nicht wahr.

18. Ethnozentrismus, Rassismus und der sozio-kulturelle Code

Jeder ethnische oder sozio-kulturelle Code transportiert immer auch eine Eigen- und ein Fremdbild: Die Angehörigen eines sozio-kulturellen Codes sehen sich als — in der Regel positive — Gruppe, während andere Gruppen in Abgrenzung dazu als negativ bewertet werden. Ethnologische Forschungen haben gezeigt hat, dass in Afrika und anderswo eine ganze Reihe von Stämmen und Ethnien das Prädikat „Mensch“ nur sich selbst zusprachen, während sie Angehörige anderer Ethnien als „nicht-menschlich“ apostrophierten. Jeder Nationalismus und jeder Rassismus hebt die In-Group von der Out-Group ab, bei gleichzeitiger Aufwertung der In-Group und Abwertung der Out-Group. Oder wie es Albert Memmi (1992) formulierte: Rassismus besteht

19. Sanktionsmacht sozio-kultureller Codes

Jeder sozio-kulturelle Code generiert über seine Sanktionsmacht soziale Verfügungsgewalt, die gleichzeitig auch die Folge und der Ausdruck von konkreten gesellschaftlichen (kulturellen) Machtverhältnissen ist.

20. Sprache und sozio-kulturelle Codes

Jede Sprache stellt einen sozio-kulturellen Code dar. Jede Sprache besteht aus Interaktionsaspekten (Code zweiter Ordnung) und einer Tiefenstruktur (Code dritter Ordnung), die sich sowohl semiologisch, also als Zeichensystem, als auch semantisch, also auf der Bedeutungsebene zeigt. De Saussure sprach in diesem Zusammenhang vom „semiologischen Leben der Sprache“: „

A priori

wissen wir nicht, welche Kräfte sich einmischen werden ins Leben des Zeichensystems (semiologisches System = Schiff, nicht in der Werft, sondern auf dem Meer: Man kann seinen Lauf nicht

a priori

bestimmen, durch die Form seines Rumpfs, etc.). Und es genügt, die Sprache [‚langue’] als etwas Soziales, als etwas Kollektives zu betrachten. Nur das Schiff auf hoher See ist ein Gegenstand, den es in der Gattung der Schiffe zu untersuchen gilt, nicht das Schiff an Land. Es ist also nur dieses System der Gemeinschaft, welches den Namen Zeichensystem verdient und das eines ist. Die dem Auftauchen in der Gemeinschaft vorgängigen Merkmale, das heisst die rein individuellen Elemente, sind unwichtig. Das Zeichensystem ist für die Gemeinschaft gemacht und nicht für ein Individuum, wie das Schiff fürs Meer geschaffen ist“ (de Saussure 1997:115). Oder anders gesagt: Der „Inhalt“ eines Wortes ist „nur richtig bestimmt durch die Mitwirkung dessen, was ausserhalb seiner vorhanden ist“ (de Saussure 1997:173). Das Zeichensystem generiert immer Sinn und Bedeutung(en).

21. Sozio-kultureller Code und Verstehen

Wir können sagen, dass der sozio-kulturelle Code

die Wahlmöglichkeiten des situativen Verhaltens reduziert,

den verbleibenden Wahlmöglichkeiten eine (oder mehrere) Bedeutung(en) zuschreibt, und

die nicht akzeptierten Wahlmöglichkeiten negativ sanktioniert. Für das Verstehen von Verhalten oder Handlungen bedeutet das, dass

der sozio-kulturelle Code, vor dessen Hintergrund eine Handlung geschieht, wenigstens in seinen Grundzügen bekannt sein und akzeptiert sein muss, damit eine Handlung überhaupt in ihrer Bedeutung oder von ihrem Sinn her verstanden werden kann;

die zentralen Werte und Normen des geltenden sozio-kulturellen Codes bewusst sein müssen; sowie

im Geltungsbereich des betreffenden sozio-kulturellen Codes Sanktionierungsinstanzen bestehen müssen, um dem sozio-kulturellen Code Nachachtung zu verschaffen.

22. Zur Fähigkeit, Bedeutungen zu erschliessen —impliziter und expliziter Code

Der sozio-kulturelle Code wird in den allermeisten Fällen implizit und nicht explizit erlernt. Das heisst, er beruht auf einem „averbalen, nicht-semantischen Wissenssystem“ (Bednorz/Schuster 2002:123). „Das hat zur Folge, dass

es nicht durch eine nachträgliche, auf der sprachlichen Ebene ablaufende Introspektion zugänglich ist (sondern nur durch eine Rekonstruktion auf der Grundlage intuitiver Erlebnisse);

es anderen nicht durch sprachliche Beschreibungen vermittelt werden kann (teach-back technique), sondern es nur indirekt zugänglich ist (z.B. durch Raten)“ (Bednorz/Schuster 2002:123).

23. Zum Bedeutungskern eines sozio-kulturellen Codes

Ist es möglich, den Bedeutungskern, also die Tiefenstruktur eines sozio-kulturellen Codes herauszuarbeiten?

24. Sozio-kulturelle Codes und Rituale

In den letzten Jahren hat das Ritualkonzept zunehmend in die Management-Literatur Einzug gehalten. Es ist daher nahe liegend, den Zusammenhang zwischen Ritual und sozio-kulturellem Code zu hinterfragen.

25. Rituelle Fragmente, Hybridisierung von Ritualen und Transritualität

Seit Neuestem sprechen Pädagogen und Pädagoginnen von Transritualität

42

. Analog zum Begriff der Transkulturalität wird dabei die Vorstellung suggeriert, dass es möglich sei, aus einem rituellen Kontext in einen anderen rituellen Kontext zu gelangen und Elemente davon mit dem eigenen rituellen Horizont zu verschmelzen. Mit Transritualität ist somit die Integration von rituellen Elementen anderer sozio-kultureller Kontexte in Lernsettings gemeint.

26. Sozio-kulturelle Codes und Ideologie

Weil sozio-kulturelle Codes die Handlungsmöglichkeiten beschränken, stellt sich die Frage nach dem Ideologiegehalt von sozio-kulturellen Codes.

27. Sozio-kulturelle Codes und Gewalt

Clifford Geertz (1966 und 1973) hat eine Theorie über kulturelle codierte Gewalt entwickelt. Geertz vertritt die Meinung, dass von Menschen entwickelte Symbolsysteme Strukturmerkmale aufweisen, die zur Bewältigung des Orientierungsproblems bei starker Unsicherheit oder Unwissenheit dienen. Alle Symbol-systeme — so unterschiedlich sie auch sind — verfügen über die Möglichkeit, direkte — buchstäbliche — und indirekte — metaphorische — Ausdrucksweisen zu entwickeln. Durch diese Differenz zwischen direkten und metaphorischen Ausdrucksweisen werden die unterschiedlichen Erfahrungen sozio—kultureller Kontexte in der sozialen Reproduktion ausgedrückt: „Während die direkten Ausdrucksweisen den Umgang mit vertrauten Handlungsabläufen und bewährten Sichtweisen regulieren, dienen die indirekten oder metaphorischen Potentiale von Symbolsystemen dazu, unerwartete und unbegreifliche soziale Situationen sinnhaft aufzuladen und in Felder für kalkulierbare, anschlussfähige Handlungen zu verwandeln“ (Ellrich 1998:268ff).

28. Sozio-kulturelle Codes und Konfliktanalyse46

Nach Gerd Nollmann (1997:110) sind Konflikte „hochintegrierte Sozialsysteme, die durch ihre besondere Handhabung von Themen und Personen eine hohe Verdichtung des Geschehens innerhalb von Parteigrenzen bewirken“. Anders gesagt: Ein Konflikt trägt dazu bei, Sachverhalte, Probleme oder Fragen unter ganz spezifischen Blickwinkeln wahrzunehmen oder anzugehen. „Hat man sich einmal auf einen Konflikt eingelassen, gibt es kaum noch Schranken für den Integrationssog dieses Systems... Gegnerschaft [ist] also ein Integrationsfaktor ersten Ranges...“ (Luhmann 1985:532).

29. Code-immanente Konflikte

Obwohl jeder Code Konfliktregelungsmöglichkeiten vorgibt, kommt es auch innerhalb des Gültigkeitsbereichs eines Codes immer wieder zu Konfliktsituationen, bei denen die code-spezifischen Regelungsmechanismen versagen.

30. Code-übergreifende Konfliktsituationen

Codes beziehen sich nicht nur auf die Handlungs- und Verhaltensweise, sondern auch auf die Wahrnehmung und die Weltanschauung. Dabei geschieht es nicht selten, dass zwei Personen zwar den gleichen Begriff benutzen, dieser aber in ihrem sozio-kulturellen Code etwas sehr Unterschiedliches bedeutet.

31. Zur Steuerbarkeit von sozio-kulturellen Codes

Zwar mit Blick auf das Diversity Management, aber durchaus verallgemeinerbar für jeden sozio-kulturellen Code stellt Verena Buchhagen (2007:51) fest: Es zeigt sich, „dass der Fähigkeit zur Bindung, zum Einlassen und Abgrenzen, der EntScheidung rsp. Unterscheidung als alltäglichem (und nicht immer bewusstem) Akt der Handlung eine grosse Bedeutung zukommt. Hier werden Aspekte von Wahrnehmung und Wirklichkeitskonstruktion bedeutsam, generieren und reproduzieren sie doch Unterscheidungen sowie deren Verwendung und/oder Veränderung“.

32. Sozio-kulturelle Codes im Management

Wie wir gesehen haben, sind Änderungen ausschliesslich auf der Verhaltens-oder Handlungsebene eines sozio-kulturellen Kontextes selten erfolgreich, wenn sie nicht mit einer entsprechenden Änderung in der Tiefenstruktur einhergehen.

33. Sozio-kultureller Code und Unternehmenskultur

In der neueren Managementliteratur wurde die Frage der Unternehmenskultur immer wieder diskutiert. Eine sehr gute Zusammenfassung des neueren Verständnisses von Unternehmenskultur findet sich — in Anlehnung an Schreyögg (1996:426) — bei Schneider/Minnig/Freiburghaus (2007:138): „Kultur wird oft verstanden als beeinflussende, teilweise eher einschränkende oder zumindest mitprägende Grösse in der Strategiearbeit. Diese Betrachtungsweise geht von der Überlegung aus, dass Kultur kurz- und mittelfristig eher als stabile und nicht wirklich veränderbare Grösse angesehen werden muss. Organisationen werden in diesem Zusammenhang verstanden, als Sinnsysteme, als Systeme mit spezifischen Überlegungen, Werten und Symbolen. Die Handlungen der Organisationsmitglieder sind zu wesentlichen Teilen bestimmt durch die Sinn- und Orientierungsmuster, die eine Organisation im Laufe der Zeit entwickelt. Handlungen werden als Ausfluss emergenter Prozesse begriffen. Demnach ist jede Organisation als eigenständiges kulturelles System zu betrachten, und organisatorische Handlungen sind nur aus der Kultur des Systems zu begreifen “. Daraus leiten Schneider/Minnig/Freiburghaus (2007:138f) fÜnf Elemente fÜr die Diskussion der Unternehmenskultur ab:

„Kulturelemente liegen als selbstverständliche implizite Annahmen dem täglichen Handeln zugrunde“,

Unternehmenskultur prägt als „ein kollektives Phänomen“ das Handeln der einzelnen Personen,

Kulturelemente „bieten Muster fÜr die Selektion und die Interpretation von Informationen“ und „Vorgaben fÜr konkrete Handlungen“,

Kulturelemente wirken im kognitiven und emotionalen Bereich und sind das Ergebnis von Lernprozessen,

kulturelle Inhalte werden Über Sozialisationsprozesse vermittelt und vertieft. Alle diese fÜnf Aspekte decken sich mit unserem Verständnis des soziokulturellen Codes: Diese sind grossenteils implizit und werden durch die Wahl von konkreten Handlungsmöglichkeiten explizit. Sie haben zweifellos kollektiven Charakter, was allerdings fÜr jede Interaktion zutrifft

50

. Sozio-kulturelle Codes reduzieren die Zahl möglicher Verhaltensweisen und schreiben ihnen einen konkreten Sinn zu. Sozio-kulturelle Codes verkörpern die Geschichte und die kollektiven Erfahrungen eines bestimmten sozio-kulturellen Kontextes und sind eine Art kollektives Gedächtnis. Sozio-kulturelle Codes werden erlernt und innerhalb ihres Geltungsbereichs weitergegeben.

34. Sozio-kulturelle Re-Codierung als Managementstrategie

Zweifellos macht es Sinn, sich bei der Leitbilderarbeitung, ja im Rahmen des strategischen Managements generell, die Frage nach dem bestehenden soziokulturellen Codes des Betriebs zu stellen. Wie wir gesehen haben

60

, kommt ein erfolgreiches strategisches Management nicht darum herum, Strategie und soziokulturellen Code gegenseitig kompatibel zu machen, sei es, dass die Unternehmensstrategie auf den sozio-kulturellen Code ausgerichtet wird, sei es, indem das Unternehmen seinen sozio-kulturellen Code verändert.

35. Sozio-kulturelle Re-Codierung: Tools

Um eine sozio-kulturelle Re-Codierung zu erreichen, gibt es verschiedne Methoden und Tools.

36. Grad der Ausdifferenzierung

Wie wir gesehen haben

62

, führen sozio-kulturelle Kontinua mit hoher Ähnlichkeit der Akteure im kognitiven, emotionalen und Handlungsbereich zu wenig ausdifferenzierten Codes, wÄhrend Kontinua mit sehr unterschiedlichen Akteuren zu stark ausdifferenzierten sozio-kulturellen Codes führen. Oder anders gesagt: Hochkomplexe, ausdifferenzierte Unternehmen mit hoher Arbeitsteilung lassen hoch differenzierte sozio-kulturelle Codes mit eher geringer Identifikation der Mitarbeitenden unter einander und mit dem Betrieb erwarten, wÄhrend eher monodimensionale Unternehmen wahrscheinlich über einen kaum ausdifferenzierten sozio-kulturellen Code mit hoher Identifikation der einzelnen Mitarbeitenden mit dem Betrieb verfügen.

37. Zur Bedeutung von Ritualen im Betrieb

Wenn es stimmt, dass Rituale zeitlich und örtlich verdichtete Aspekte des sozio-kulturellen Codes sind

63

, dann eignen sich Rituale dazu, sozio-kulturelle Codes zu entschlüsseln. Plavoet (1998:178) wies zu Recht darauf hin, dass jedes Ritual auf der einen Seite eine ausdrückliche, explizite Botschaft an die Teilnehmenden kommuniziert, auf der anderen Seite aber auch implizite Botschaften enthalten, die sogar noch eine wichtigere Funktion haben können. Diese impliziten Botschaften können sogar eine wesentlich wichtigere Bedeutung haben als die explizite Botschaft: „Die Art und Weise, wie diese [impliziten] Botschaften von den Teilnehmenden rezipiert werden, reicht von Indifferenz, bei der sie kaum beachtet werden, bis hin zum grossen Interesse, bei dem sie intensiv diskutiert werden. In diesem letzten Fall kann eine eher implizite, sozio-kulturelle Botschaft oder die Art, in der sie ausgedrückt wird, in die oberflächliche Ebene der Kommunikation eindringen und dort gegen die empathischen Botschaften über die offenkundige Bedeutung des Rituals um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer kämpfen“.

38. Symbole als Führungsmittel

Ordnungen, seien das politische Systeme oder wirtschaftliche Organisationen, sind immer Symbolsysteme. Im Gegensatz zur Vorstellung vieler Ökonomen, dass der Mensch ein rational handelnder homo oeconomicus sei, unterstreicht Kertzer (1998:367) die Bedeutung von Symbolen im Alltag. Symbole haben ordnende Funktion: „Durch Symbole treten wir dem Chaos, das wir erfahren und das uns umgibt, entgegen und schaffen Ordnung. Indem wir unsere symbolischen Kategorien“ (Kertzer 1998:367). Anstatt Symbole als menschliche SchÖpfungen zu erkennen, erscheinen sie uns sozusagen als naturgegebene, einfach vorhandene Bilder und Bedeutungen. Symbole sind Bilder, die im Laufe der Zeit entstanden sind, wobei es unwesentlich ist, ob die Bilder historisch wahr sind oder nicht. Wichtig ist, dass sich die Menschen damit identifizieren. So war zum Beispiel der Gesslermord von Wilhelm Tell nicht eine historisch belegbare Begebenheit der schweizerischen Geschichte, sondern ein nachträglich konstruierter symbolischer Mythos, mit dem sich das Bürgertum des 19. Jahrhunderts identifizieren konnte. Eine ähnliche Symbolkraft erhielt für die Serben das Amselfeld im heutigen Kosova.

39. Zur Analyse von sozio-kulturellen Codes72

In sozio-kulturellen Kontexten, besonders aber in interkulturellen Settings, in welchen unterschiedliche oder inkompatible Codes aufeinander treffen, ist die Analyse der zur Anwendung kommenden Codes von entscheidender Bedeutung. Dabei müssen verschiedene Aspekte analysiert werden:

Inhalte des zur Anwendung gelangenden Codes

: Hier stellt sich die Frage nach der Bedeutung von bestimmten Verhaltensweisen:

Was bedeutet es, wenn ich in ein Haus eingeladen werde — ist es einfach eine konventionelle Höflichkeitsformel, oder wird erwartet, dass ich der Einladung Folge leiste. Im ersten Fall wäre eine Befolgung der Einladung eine Code-Verletzung, im zweiten Fall deren Nicht-Befolgung.

Was bedeutet es, wenn ich ein Geschenk mitbringe: Deutet ein Geschenk eine weitergehende Verpflichtung in der Beziehung an, oder ist das überreichen von Geschenken ein Standardverhalten?

Besitzt die Art des gewählten Geschenks eine besondere Bedeutung — und wenn ja, welche?

Darf ich meinem Gegenüber die Hand schütteln, wird das erwartet oder ist ein solches Verhalten verpönt?

40. Semantische Analyse des sozio-kulturellen Codes

Wie wir gesehen haben, ist es möglich, einen sozio-kulturellen Code

73

über semantische Kategorien zu entschlüsseln.

41. Narrative Analyse des sozio-kulturellen Codes

Wie wir gesehen haben

80

generiert jeder sozio-kulturelle Code ein eigenes Verständnis von „gut“ und „schlecht“ und von „funktionell effektiv“. Gleichzeitig stellt auch der sozio-kulturelle Code so etwas wie das historische Gedächtnis einer Organisation oder eines Betriebs dar. Das bedeutet, dass jede Organisation ein spezifisches Verständnis und eine spezifische Sichtweise ihrer Entstehung, ihrer Entwicklung und ihrer Aufgaben entwickelt. Dieses Verständnis kann, muss aber nicht explizit und den Mitarbeitenden bewusst sein. In jedem Fall ist es aber Teil des organisationsspezifischen sozio-kulturellen Codes. In Leitbilddiskussionen wird versucht, dieses Selbstverständnis bewusst zu machen und — wenn auch häufig nicht sehr erfolgreich — zu ändern.

42. Sozio-kulturelle Sub-Codes im Betrieb

Wie wir gesehen haben

81

, kann die Ausbildung von sozio-kulturellen Sub-Codes auf eine mangelnde Integration einzelner Abteilungen oder Bereiche eines Betriebs oder einer Organisation hindeuten. Allerdings kann die Ausbildung eines sozio-kulturellen Sub-Codes auch historische Gründe haben, z.B. wenn nach einer Fusion die sozio-kulturellen Codes der beiden Fusionspartner nur teilweise zusammengewachsen sind, oder wenn regionale Unterschiede und Ausprägungen aufgrund kultureller Unterschiede oder abweichender lokaler Märkte sich in unterschiedlichen Abläufen, Prozessen oder Strategien ausdrücken. Dabei ist jedoch zu sagen, dass ein kompetentes Management verhindert oder verhindern sollte, dass unterschiedliche Märkte oder Regionen zur Ausdifferenzierung verschiedener sozio-kultureller Sub-Codes führen. Denn die Kompetenz des Managements zeigt sich ja gerade daran, mittels angepassten strategischen Konzepten und entsprechenden operativen Fähigkeiten auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Märkte zu reagieren.

43. Damals-Heute-Vergleich

Um den sozio-kulturellen Code einer Organisation zu analysieren, kann man auf verschiedene Arten vorgehen. Denkbar ist zum Beispiel eine

Outside-In-Analyse

. Laut Schneider/Minnig/Freiburghaus (2007:70/71) geht die Out-Side-In-Methode von den Kunden oder Klienten und ihren Bedürfnissen aus. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit nicht so sehr darauf, was man bisher gemacht hat, sondern darauf, „wie man es schon gemacht hat“. Ebenfalls im Blickfeld sind dabei mögliche Aktivitäten von Konkurrenten. Schneider/ Minnig/Freiburghaus (2007:71) monieren aber zu Recht, dass die Outside-In-Methode dort an Grenzen stösst, wo es um mehrdimensionale Aspekte eines Geschäftsfeldes geht — und das ist in der Realität fast immer der Fall, besonders bei Non Profit-Organisationen.

44. Heute-Morgen-Vergleich

Eine interessante Methode, um mögliche Veränderungen im gesellschaftlichen, aber auch innerbetrieblichen Kontext in die Zukunft zu projizieren und über ihre möglichen Auswirkungen nachzudenken, ist die

Szenario-Technik

83

.

45. Heterogenitäts-Homogenitäts-Analyse der Geschäftsaktivitäten

In ihrer Einführung in das strategische Management in Non Profit-Organisationen schlagen Schneider/Minnig/Freiburghaus (2007:64) vor, die Analyse der strategischen Ausgangslage mit einer Überprüfung der Geschäftsaktivitäten abzuschliessen. Dabei sei zu überprüfen, „wie homogen bzw. heterogen die bisherigen Geschäftsaktivitäten“ seien, wie gut diese zusammenpassten und welche Synergien sich daraus ergeben. Ergänzend dazu ist unbedingt zu empfehlen, daran eine Analyse des sozio-kulturellen Codes des Betriebs anzuschliessen: Dabei muss einerseits der offizielle sozio-kulturelle Code des Betriebs analysiert werden, anderseits sind auch informelle innerbetriebliche Sub-Codes zu überprüfen. Dabei ist das Hauptaugenmerk auf mögliche Widersprüche und betriebsinterne Sub-Codes zu richten. Die ist besonders auch erforderlich, wenn die betreffende Institution aus dezentralen Untereinheiten besteht, die vielleicht sogar zu unterschiedlichen Zeiten und auf verschiedene Art entstanden sind.

46. Diversity Management und sozio-kultureller Code85

In den letzten 10 Jahren ist das Diversity Management zu einem Modebegriff geworden. Und wie bei (fast) allen Modetrends hat dies weder zu grösserer Klarheit noch zu einem einheitlichen Verständnis geführt, sondern zu einem oft unreflektierten Wiederaufwärmen älterer Vorstellungen. Während die einen unter Diversity Management vor allem Gender Mainstreaming verstehen, meinen damit andere neue Methoden im Human Resources Bereich zur Förderung der Führungskompetenzen in gemischten ethnisch-nationalen Teams.

47. Sozio-kultureller Code und Change Management

Das klassische Modell von Kurt Lewin für Change-Prozesse besteht aus drei Phasen: „Unfreeze“, „change“ und „re-freeze“, also aufbrechen — oder „aufwecken“ (Schneider/Minnig/Freiburghaus 2007:227) — des Systems, verändern und nachhaltige Etablierung der Veränderungen.

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Sozio-kultureller Code, Rituale und Management
Author
Christian J. Jäggi
Copyright Year
2009
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91312-4
Print ISBN
978-3-531-16374-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91312-4