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09-09-2020 | Aktiengesetz | Schwerpunkt | Article

Investoren blicken kritischer auf Vorstandsbezüge

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Mit der Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie muss das Salär von Vorständen auf die langfristige Unternehmensstrategie zugeschnitten sein. Doch nicht nur der Gesetzgeber achtet künftig auf die CEO-Gehälter. Auch für institutionelle Investoren spielen sie eine wachsende Rolle.

"Mit dem Bewusstsein, dass der Tone from the Top für das ethische Verhalten im gesamten Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewinnt, werden die Auswahl der Vorstandsmitglieder und die Prüfung ihrer Integrität zu einem wesentlichen Kriterium für deren Bestellung. Gleichzeitig wurde bei der Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie ARUG II für die Vergütung des Vorstands explizit die Vorgabe aufgenommen, diese nicht nur auf eine langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten, sondern genauso nachhaltige, sprich Umwelt- und soziale Aspekte, bei der Vergütungsgestaltung zu berücksichtigen", schreibt Katja Mayer im Buchkapitel "Nachhaltige Unternehmensführung in den Managementprozessen" auf Seite 71 f.

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Die Rolle institutioneller Investoren in der deutschen Corporate Governance unter besonderer Berücksichtigung der Aktionärsrechterichtlinie der Europäischen Union

„Institutionelle Anleger sind für die Unternehmen von besonderer Bedeutung. Von ihnen wird erwartet, dass sie ihre Eigentumsrechte aktiv und verantwortungsvoll auf der Grundlage von transparenten und die Nachhaltigkeit berücksichtigenden Grundsätzen ausüben.“ (Präambel Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)). Die Neuaufnahme dieser direkten Ansprache institutioneller Investoren in die aktuelle Fassung des DCGK im Jahr 2017 zeigt die Aktualität der Diskussion um die Rolle institutioneller Investoren und ihrer Bedeutung für die deutsche Corporate Governance.

Proxy Voting Guidelines der Top-40-Investoren unter der Lupe

Das schafft ein Umfeld, "in dem auch Investoren kritischer denn je auf die Vorstandsvergütung blicken und über ihre Anforderungen versuchen, Governance-Strukturen und Unternehmensstrategien zu beeinflussen", heißt es in der Studie "Vorstandsvergütung als Herausforderung für Investoren". Für die im August 2020 erschienene Analyse untersuchten der Personaldienstleister Hkp Gruppe, der Deutsche Investor Relations Verband sowie die Georg-August-Univesität Göttingen gemeinsam die Abstimmungsrichtlinien, die sogenannten Proxy Voting Guidelines, der 40 Top-Investoren deutscher Dax-Konzerne.

"Mit der Umsetzung der zweiten Europäischen Aktionärsrechterichtlinie in deutsches Recht (ARUG II) haben sich die Anforderungen an die Vorstandsvergütung maßgeblich verändert. Spätestens 2021 müssen alle börsengelisteten Unternehmen im Rahmen der Hauptversammlung eine Abstimmung zum Vorstandsvergütungssystem gemäß §120a Aktiengesetz vornehmen. Investoren werden so stärker denn je in die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung einbezogen", so die Studienautoren.

Was das konkret bedeutet, erläutert Sebastian Hakelmacher im Buchkapitel "Neue Bürden für Aufsichtsräte" auf Seite 119 f.:

Zur Inspektion der tatsächlichen Vergütungen müssen Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten Gesellschaften jährlich einen Vergütungsbericht erstellen […]. Der Abschlussprüfer hat den Vergütungsbericht nicht inhaltlich, sondern lediglich daraufhin zu prüfen, ob die gesetzlich geforderten Angaben gemacht wurden. Sein Prüfungsbericht ist dem Vergütungsbericht beizufügen. Der Aufsichtsratsvorsitzende muss den Vergütungsbericht soweit zur Kenntnis nehmen, dass er auf der Hauptversammlung und gegenüber privilegierten Investoren Rede und Antwort stehen kann."

Und dass die Investoren künftig mit Argusaugen auf diese Zahlen schauen werden, zeigen laut der Studienautoren deren Anforderungen an die Gestaltung und Kommunikation von Vorstandsvergütungen. Allerdings sei es ein großes Manko, dass diese "im Unterschied zu den Vorgaben des Gesetzgebers in manchen Fällen gar nicht bekannt, häufig zumindest wenig klar und zielführend formuliert" sind. Emittenten seien aber auf konkrete Informationen angewiesen, um die Erwartungen von Investoren insgesamt zu kennen und darauf – je nach Aktionärsstruktur – individuell mit Anpassungen reagieren zu können.

Fast alle Investoren verfügen über Abstimmungsrichtlinien

Allerdings haben sich die untersuchten Proxy Voting Guidelines der Top-Investoren im Vergleich zur Vorstudie aus dem Jahr 2018 verbessert, "wenngleich in der Breite noch starke Unterschiede zu verzeichnen sind", heißt es in der Analyse. Mit Ausnahme der Barclays Bank verfüge inzwischen jeder der 40 Investoren über eigene Abstimmungsrichtlinien mit allgemeinen Anforderungen an die Vorstandsvergütung. 2018 hatte noch jeder zehnte Investor überhaupt keine Guidelines veröffentlicht. Insgesamt konstatieren die Studienautoren allerdings, dass auch "namhafte internationale Investoren nicht zu den Leuchttürmen in der Kommunikation zur Vorstandsvergütung" gehören.

Als Lichtblicke aus deutscher Sicht gibt die Studie die Abstimmungsrichtlinien von Deka Investment und Union Investment an. Diese waren 2018 noch unterdurchschnittlichem bewertet worden und erhielten in der aktuellen Ausgabe nun Bestnoten. "Zusammen mit Black Rock als weltweit größtem Vermögensverwalter schneiden sie in der Gesamtschau am besten ab", heißt es. Auch DWS und AGI seien unter den Top Ten.

Einfluss von Stimmrechtsberatern wächst

Ebenso problematisch wie die zum Teil noch immer schwer durchschaubaren Richtlinien der Investoren ist die Rolle der sogenannten Stimmrechtsberater als Informationsintermediäre. Springer-Autorin Vanda Heinen schreibt hierzu im Buch "Die Rolle institutioneller Investoren und Stimmrechtsberater in der deutschen Corporate Governance" auf Seite 98: "In ihrem Kerngeschäft bieten Stimmrechtsberater auf Basis eigens entwickelter Richtlinien eine Abstimmungsempfehlung für alle Tagesordnungspunkte der Hauptversammlungen der von ihnen abgedeckten Gesellschaften an."

Ihnen wird laut der Autorin eine höhere praktische Relevanz als den nationalen Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), der nicht-bindende Empfehlungen zur Verbesserung der Corporate Governance deutscher Unternehmen beinhaltet, zugesprochen. "Zur Vermeidung einer negativen Empfehlung werden Unternehmen daher versuchen, die Richtlinien der Stimmrechtsberater zu erfüllen, wodurch die Stimmrechtsberater seit geraumer Zeit als faktische Standardsetzer der deutschen Corporate Governance in der Diskussion stehen", so Heinen. 

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