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05-01-2023 | Aus- und Weiterbildung | Interview | Article

"Wir haben einen hohen Bedarf an KI-Kompetenzen ermittelt"

Author: Andrea Amerland

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Einsatzmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in Unternehmen zu finden, scheitert häufig noch, weil die dafür nötigen Kompetenzen fehlen. Wie der Know-how-Aufbau gelingt und Firmen erste KI-Anwendungen entwickeln können, sagt IAO-Experte Wilhelm Bauer im Gespräch.

Springer Professional: Oft blockieren Vorbehalte die Entwicklung von KI in Unternehmen. Wie können Führungskräfte entsprechende Ängste und Vorurteile abbauen?

Wilhelm Bauer: KI-Algorithmen werden häufig als Black Box wahrgenommen, bei der die Zusammenhänge von Dateneingabe und -ausgabe schwer oder gar nicht zu interpretieren sind. Diese erlebte Intransparenz begünstigt Vorurteile und Ängste. Hinzu kommen Sorgen vor Leistungsüberwachung oder Arbeitsplatzverlust. Zwei Faktoren sind entscheidend, damit Menschen der KI vertrauen: Verstehbarkeit und Handhabbarkeit. Beides wird durch eine erklärbare Künstliche Intelligenz (XAI) gefördert. Diese beschreibt die Funktionalität eines KI-Modells, seine erwartete Wirkung und systematischen Fehler. Erklärbarkeit trägt somit dazu bei, die Wirksamkeit eines KI-Systems zu optimieren. Sie ermöglicht den Betroffenen das Ergebnis einer KI-Anwendung zu ändern oder gar anzufechten.

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2022 | Book

Künstliche Intelligenz

Wie verändert sich unsere Zukunft?

Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt zunehmend unser gesamtes Leben, angefangen bei den hochwillkommenen kleinen Erleichterungen des Alltags bis hin zu gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen in Arbeitswelt, Forschung und Entwicklung sowie der Privatsphäre. Dieses Buch erörtert philosophische, ethische, politische, ökonomische Aspekte ebenso wie die Problematik der Selbstbestimmtheit, Freiheit und Manipulierbarkeit.

Nur ein Bruchteil der deutschen Unternehmen nutzt bereits Künstliche Intelligenz – auch, weil Know-how dafür fehlt. Wie können Firmen KI-Grundwissen aufbauen, um erste Schritte mit dieser Technologie zu gehen?

In einer Unternehmensstudie, die das Fraunhofer IAO zusammen mit der Plattform Lernende Systeme durchgeführt hat, haben wir einen hohen Bedarf an Fach-, KI- und Digitalkompetenzen ermittelt. Unternehmen verfolgen unterschiedliche Strategien des Kompetenzaufbaus: Die einen entwickeln verfügbare Kompetenzen durch innerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahmen weiter. Andere rekrutieren qualifizierten Nachwuchs und erfahrene Experten auf den Arbeitsmärkten. Beide Wege stoßen gegenwärtig an ihre Grenzen.

Aktuelle Qualifizierungskonzepte betonen die Integration von arbeitsplatznahem Lernen. Dieses fördert die zielgerichtete Umsetzung neuer Erfahrungen in der praktischen Anwendung. KI-Qualifizierungsmaßnahmen werden bevorzugt als aufgabenspezifische On-the-job-trainings oder Inhouse-Seminare durchgeführt. Die Mitarbeiterqualifizierung erweist sich als ein tätigkeitsbegleitender Prozess, um konzeptionelles Wissen mit praktischer Erfahrung zu verbinden. Neben lernförderlichen Arbeitsbedingungen erfordert dieser inspirative Formen der Kommunikation und des Erfahrungsaustauschs.

KI-Systeme müssen entwickelt, mit ihnen muss interagiert, Ergebnisse interpretiert werden. Auch rechtliche und ethische Fragen spielen eine Rolle. Wie können Unternehmen vor diesem Hintergrund ermitteln, welche speziellen KI-Kenntnisse benötigt werden?

Zunächst brauchen Unternehmen eine klare Vorstellung, wie KI-Anwendungen zum Unternehmenserfolg beitragen können. Eine solche Strategie kann etwa anhand eines KI-Canvas erarbeitet werden. Hieraus lassen sich der Ist- und Soll-Zustand ableiten, auch hinsichtlich erforderlicher Kompetenzen und weitergehenden Qualifizierungsbedarfs. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl methodischer Hilfestellungen, um einen solchen Canvas zu entwickeln. Die meisten Unternehmen gehen bei der Identifikation von KI-Anwendungen problemorientiert vor und beziehen dabei Know-how ein, das aus den Fachprozessen kommt. Dies wiederum setzt partizipative Planungsmethoden und enge Kommunikationsprozesse zwischen Management- und operativer Fachebene voraus. Das ist auch der Schlüssel, um Qualifikationsbedarfe zu ermitteln.

Führungskräfte sind besonders gefordert, wenn es darum geht, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Doch ihr IT-Know-how ist oft begrenzt. Wie können sie dennoch entsprechende Innovationen schaffen?

Wir erleben derzeit einen Mentalitätswandel in innovativen Unternehmen, die sich mit KI beschäftigen. Das beginnt mit einem intensiven Erfahrungsaustausch in inner- und überbetrieblichen Netzwerken, der sämtliche Hierarchien einbezieht. Hier wird über Mögliches und Machbares gesprochen. Innovation setzt Offenheit und Vertrauen voraus. Nur so lernt man voneinander. Spätestens, wenn Unternehmen in überbetrieblichen Wertschöpfungsnetzwerken Daten erheben, austauschen und auswerten wollen, erweist sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit als unabdingbar. Der Einstieg in eine neue Technologie setzt ferner eine gewisse Handlungsfreiheit der operativen Fachkräfte voraus, um zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Hohe Renditen lassen sich dabei auf kurze Sicht allerdings nicht erzielen. Diese Durststrecke sollte Führung bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle berücksichtigen.

Um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, müssen sich auch Beschäftigte mit technologischen Trends befassen. Welche Skills benötigen sie, um in einer KI-getriebenen Welt der Zukunft bestehen zu können?

Viele Beschäftigte widmen sich in der Freizeit ihrer Fortbildung. Weltweit verfügbare Online-Bildungsangebote unterstützen ein solches Vorhaben. Auffällig ist die hohe intrinsische Motivation vieler KI-Nutzer, wenn es um den Erwerb neuer Kompetenzen geht. Ausschlaggebend hierfür mögen auch exzellente Karrierechancen sein. Unabdingbare Digitalkompetenzen umfassen die Methoden des Maschinellen Lernens und der Data Science. Digitale Kompetenzen reichen allerdings für den Arbeitserfolg nicht aus – ebenso wichtig ist das sogenannte Branchen- oder Domänenwissen. Wer KI etwa in der industriellen Produktion anwenden will, muss über profundes Produktionswissen verfügen.

KI-Entwickler müssen nicht nur Funktionslogiken anwenden, sondern benötigen vor allem ein hohes Abstraktionsvermögen, um Probleme zu erfassen und Sachverhalte zu modellieren. Zudem ist die Ausgabe solcher intelligenten Systeme auf Plausibilität und Validität zu prüfen. Auch müssen KI-Experten die sozialen Folgen des Technikeinsatzes abschätzen können, um unerwünschte oder gar rechtswidrige Entwicklungen als solche zu erkennen und diesen gegebenenfalls Einhalt zu gebieten. Die KI-getriebene Arbeitsweise setzt ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein voraus. Zudem gewinnt die agile Projektarbeit an Bedeutung. Hier sind soziale und kommunikative Kompetenzen gefragt, die ein eigenständiges, problemidentifizierendes und problemlösendes Verhalten fördern.

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