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2021 | Book

Konfliktlösung in der Frühen Neuzeit

Editor: Prof. Dr. Wim Decock

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

Book Series : Handbuch zur Geschichte der Konfliktlösung in Europa

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About this book

Das vierbändige „Handbuch zur Geschichte der Konfliktlösung in Europa“ beschäftigt sich mit rechtlichen und außerrechtlichen Wegen der Entscheidung von Konflikten zwischen einzelnen Menschen sowie zwischen Personen und ihren Obrigkeiten. Das von Expertinnen und Experten aus vielen europäischen Ländern geschriebene Handbuch soll als zentrales Referenzmedium für die historische Dimension aller Aspekte der Streitentscheidung dienen.

Der Aufbau des Werks orientiert sich an den vier Epochen Antike, Mittelalter, Frühe Neuzeit und 19./20. Jahrhundert.

Nach einer Einführung in die jeweilige Epoche werden die für den Zeitabschnitt kennzeichnenden Akteure, Verfahren und Institutionen vorgestellt sowie Kernfragen und Zentralprobleme der Streitentscheidung in zeittypischen Konfliktfeldern behandelt. Die europäische Perspektive des Handbuchs schlägt sich in Überblicken zu einzelnen Ländern, Regionen und Rechtskulturen nieder. Ausführliche Hinweise auf die weiterführende Literatur runden die Darstellung ab. Der vorliegende Band 3 umfasst Beiträge zur Frühen Neuzeit.

Table of Contents

Frontmatter
1. Einführung – Geschichte der Konfliktlösung im Europa der „Frühen Neuzeit“

Zeitlich platziert zwischen den Bänden zur Antike (Grotkamp und Seelentag 2021), zum Mittelalter (von Mayenburg 2021) und zur Neuzeit (Collin 2021) bietet dieses Buch Einblicke in die Entwicklung der Konfliktlösung im Europa der Frühen Neuzeit. Damit wird ein Zeitraum von drei Jahrhunderten zwischen ungefähr 1500 und 1800 abgedeckt, der als grundlegend für den Übergang zwischen der mittelalterlichen, von religiösen Wertvorstellungen geprägten Ständegesellschaft und dem modernen, stark von den liberal-säkularen Prinzipien der Französischen Revolution beeinflussten Rechtsstaat angesehen wird. Neben der materiellen und geografischen Vielfalt, die die knapp fünfzig Beiträge des Bandes schildern, werden in dieser Zeitspanne gewisse Grundstrukturen erkennbar, die Ähnlichkeiten sowohl mit der Pluralität mittelalterlicher Konfliktlösungsmechanismen als auch mit der Herausbildung moderner Institutionen rund um das national-staatliche Gewaltmonopol aufweisen. Zwischen 1500 und 1800 setzt sich einerseits die Grundtendenz zur Verrechtlichung und Professionalisierung der Streitentscheidung, die spätestens im 11. Jahrhundert mit der Kirchenreform und dem Ausbau des päpstlichen Jurisdiktionsprimat angefangen hatte, immer stärker durch, bis sie im 19. Jahrhundert in das staatlich-professionelle Justizsystem mündet. Andererseits bleibt die Frühe Neuzeit eine für heutige Vorstellungen fremde Welt. Das hat nicht nur mit dem dauerhaften Einfluss von religiösen Wertvorstellungen auf die frühneuzeitliche Rechtsentwicklung zu tun. Die ständisch und lebensweltlich geprägte Jurisdiktionsvielfalt, die sie kennzeichnet, erinnert viel mehr an die mittelalterliche Konfliktlösungskultur als an die revolutionären Anfänge der Moderne. Die Begegnung mit dieser hybriden Welt mag besonders für den sich auf klare Vorstellungen von durch die Staatsgewalt festgelegten und garantierten Normenhierarchien, Zuständigkeitsabgrenzungen und Normdurchsetzungsmechanismen verlassenden Juristen, eine reizvolle Herausforderung sein.

Wim Decock

Grundlagen und Grundprobleme

Frontmatter
2. Access to Justice

Die eingeschränkte Zugänglichkeit der Gerichtshöfe im frühneuzeitlichen Europa ist sowohl ein sehr wichtiges als auch sehr weites Forschungsgebiet. Es betrifft zahlreiche Themen aus der Historiografie wie Staatenbildung, Professionalisierung, Verrechtlichung, das Entstehen der Hohen Gerichte und die erhöhten Prozessführungskosten. Bis heute hat sich die Wissenschaft jedoch kaum explizit mit der Feststellung dieser eingeschränkten Zugänglichkeit und damit, wie sie sich möglicherweise über die Zeit verändert hat, beschäftigt. Trotzdem ermöglicht es die Historiografie, eine Reihe an Faktoren auszumachen, die sich auf dieses Problem ausgewirkt haben. Die Diskussion betrifft jeweils (1) die juristische Zersplitterung, die das frühneuzeitliche Europa charakterisiere; (2) die Beschaffenheit der institutionellen Errichtung von Gerichtshöfen; und (3) die relative Komplexität der gerichtlichen Verfahren und Konzepte.

Griet Vermeesch
3. Infrajustiz und außergerichtliche Formen der Konfliktregulierung

Die Frühe Neuzeit gilt als die Epoche, in der sich in Europa ein staatlich-professionelles Justizsystem ausformte, das die Bearbeitung von Konflikten übernahm und schließlich im Übergang zur Moderne monopolisierte. Neuere Forschungen insbesondere der historischen Kriminalitätsforschung und der Konfliktgeschichte haben jedoch gezeigt, dass neben und mit der obrigkeitlich-staatlichen Justiz zahlreiche außergerichtliche Formen der Konfliktregulierung weiter existierten, die teils auf mittelalterliche Praktiken wie z. B. Sühne- und Schiedsverfahren zurückgingen oder von nicht-staatlichen, intermediären Gewalten, Institutionen und Akteuren praktiziert wurden. Um diesen Bereich der außergerichtlichen Konfliktregulierung systematischer zu erfassen, hat die französische Forschung seit etwa 1980 das Konzept der Infrajustiz etabliert, das auch in der deutschen, niederländischen, italienischen, spanischen und angloamerikanischen Forschung rezipiert wurde. Hiervon ausgehend stellt der Beitrag Formen und Verfahren infrajustizieller und außergerichtlicher Konfliktregulierung dar, darunter Mediation und Schlichtung.

Karl Härter
4. Staatsbildung und Konfliktregulierung

Gegenstand dieses Beitrages ist der Zusammenhang zwischen dem Prozess der Staatsbildung einerseits und den Mechanismen der Konfliktlösung andererseits: Wie verändern sich die Institutionen und die Modi der Konfliktregulierung mit dem Auftauchen des frühneuzeitlichen Territorialstaates? Drei Aspekte sind damit angesprochen. Zunächst die zentrale Institution der Konfliktregulierung, die Gerichtsbarkeit: Wie verändert sich Struktur und Zusammensetzung der gerichtlichen Institutionen? Zum zweiten geht es um die Verfahren der Konfliktregulierung: Inwieweit wirkt sich der Vorgang der Staatsbildung auf den Prozess der Entscheidungsfindung und die Durchsetzung der Entscheidungen aus? Und schließlich wird es um die normativen Grundlagen des Entscheidens gehen: Inwieweit, so lautet hier die Frage, verändern sich durch das Auftauchen des modernen Staates die normativen Grundlagen des Entscheidens bei der Konfliktlösung?

Thomas Simon
5. Professionalisierung der Akteure

Von „Professionalisierung“ zu sprechen, setzt einen vor-professionellen Zustand voraus, der sich im Laufe der Zeit – vielleicht von Jahrhunderten – durch einen kollektiven Lernprozess in einen handwerklich oder technisch verbesserten Zustand verändert. Dahinter steht die historisch plausible Vorstellung, menschliche Fertigkeiten der Konfliktlösung hätten sich im Laufe der Zeit von oralen Formen gemeinsamer Erörterung und Entscheidung stufenweise zu einem schriftlichen Verfahren mit „gelehrten“, also an Universitäten ausgebildeten Personen zu fachlicher Entscheidung vor geistlichen und weltlichen Gerichten entwickelt. Am Ende könnte man dann Stufen erkennen: Von der archaischen Versammlung „aller“ zur Herausbildung engerer Kreise (alte Menschen, meist Männer), von da zur Entwicklung einer bunten Vielfalt von fallweise oder periodisch zusammentretenden Laien, schließlich von spezialisierten Richtern, die wissenschaftlich angeleitet bzw. kritisiert werden.

Michael Stolleis†
6. Schriftlichkeit und Öffentlichkeit

Die Bewältigung sozialer Konflikte hing in der Frühen Neuzeit keineswegs ausschließlich von der Einhaltung streng geregelter schriftlicher Verfahren ab, sondern basierte ganz wesentlich auf Vermittlungs- und Verhandlungsstrategien, die im unmittelbaren sozialen Umfeld der Betroffenen zum Einsatz kamen. Erfolgreiche Konfliktlösungen waren immer auch das Ergebnis einer im Kern mündlichen Streitkultur. Damit berührt das Thema drei Aspekte, die in der Forschung seit längerem intensiv diskutiert werden. Zunächst stellt sich die Frage, inwiefern für die Frühe Neuzeit überhaupt von „Öffentlichkeit“ gesprochen werden kann. Zudem ist fraglich, was – im Unterschied zu anderen Praktiken der Konfliktlösung – in einem engeren Sinne als „Verfahren“ zu gelten hat. Schließlich ist zu klären, wie sich die frühneuzeitliche Verfahrenspraxis auf das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit auswirkte.

Matthias Bähr
7. Medien und Medialität

In der Frühen Neuzeit haben sich die Formen von Kommunikation, Informationsvermittlung, Meinungsbildung und die damit verbundenen Möglichkeiten der Konfliktlösung erheblich gewandelt. Es kam hierbei nicht nur zu einem Wandel innerhalb der Schriftmedien, welcher gemeinhin als Wende vom skriptografischen zum typografischen Zeitalter bezeichnet und mit Gutenbergs Erfindung der beweglichen Lettern um 1450 datiert wird. Es etablierten sich auch neue Nachrichtenkanäle, wie zum Beispiel die Post, die eine schnelle Verbreitung von Neuigkeiten und Ereignissen ermöglichten. Mittels des Buchdrucks konnten neue Massenmedien, wie Einblattdrucke, Flugschriften und sogenannte Neue Zeitungen (mehrseitige Druckschriften, die zuerst jedoch nicht regelmäßig erschienen) kostengünstig hergestellt werden und somit einem großem Publikum Zugang zu schriftlichen Medien verschaffen. Dadurch konnten Konflikte nun nicht mehr nur auf lokaler, sondern auch auf regionaler und internationaler Ebene ausgetragen werden. Im 17. Jahrhundert entstanden periodisch erscheinende Zeitungen zuerst in Straßburg, dann in anderen großen Handelszentren, wie Amsterdam, Antwerpen, Krakau, Lissabon, London, Paris und Stockholm. Sie vermittelten aktuelle Nachrichten und setzten den Schwerpunkt vor allem auf politische und Kriegsnachrichten. Die epochale Zäsur erfolgte um ca. 1800, als die Nachrichtenübermittlung durch zahlreiche neue Innovationen, wie zum Beispiel Lithografie, Schnellpresse, Telegrafie, Eisenbahn und Telefon enorm beschleunigt wurde (Würgler 2009).

Saskia Limbach
8. Rationalitäten und Urteilsbegründung

Die Konfliktlösung in den kontinentaleuropäischen Staaten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert war durch eine Anzahl gemeinschaftlicher Faktoren gekennzeichnet: „Professionalisierung“, „Entdemokratisierung“ und „Verstaatlichung“. Unter Einfluss der Aufklärung galt auch immer stärker eine Art „Rationalisierung“, die durch den folgenden Spruch charakterisiert wird: ratio vincit, vetustas cessit. Die Vernunft siegt, das Alte ist vergangen! Die Vergangenheit verlor in zunehmendem Maße die Macht über die Gegenwart. Autorität und Tradition gelten nicht mehr. Jeder musste mithilfe seiner Vernunft das Recht kennen. Das Naturrecht, das Recht der Vernunft, bildete die Grundlage der immer schärferen Angriffe auf das geltende römische Recht (Thieme 1977; Jansen 1987). Das grausame Strafrecht des Ancien Régime und das zur Last gewordenen römische Recht des 18. Jahrhunderts, das zur endlosen Haarspalterei und beinahe zu immerwährenden Prozessen und zu sanktioniertem Unrecht geführt hatte, waren harter Kritik ausgesetzt, nicht nur seitens der Wissenschaft, sondern auch seitens der juristischen Praxis. Die Kritik bezog sich sowohl auf das geltende materielle Recht als auch auf das Prozessrecht. Es stand in all den alten Büchern eine Menge Unsinn, sagte Christian Thomasius (1655–1728), einer der bekanntesten deutschen Vertreter des Naturrechts (Thieme 1936). Der aus Preußen stammende Groninger Hochschullehrer F. A. van der Marck (1719–1800) sollte u. a. unter Berufung auf Thomasius, Christian Wolff (1679–1754) und „die natürliche Freiheit der Bürger“ einen nicht nachlassenden Kreuzzug gegen das römische Recht beginnen. An die Stelle eines dunklen, für den Normalbürger nicht begreiflichen Rechts aus den Digesten sollten Regeln kommen, die an sich evident waren oder durch die Erfahrung außer Zweifel standen. Die Rechtswissenschaft sollte dieselbe Sicherheit wie die „mathematische Wissenschaft“ haben. So wie Naturgesetze zu erläutern sind, sollten auch die Rechtsregeln erläutert werden können. Das Recht soll jedem Bürger verständlich sein. Dies bedeutete, dass Gesetze in der Landessprache ausgefertigt werden mussten und die richterlichen Entscheidungen eine Motivierung in verständlicher Sprache erhalten mussten.

Corjo Jansen, Wim Decock
9. Aufklärung und Justizreform

Im Zeitalter der Aufklärung, dem 18. Jahrhundert, setzten sich Autoren und Regenten zum Ziel, die Gedanken der Aufklärung in sämtliche menschliche Wissensbereiche einfließen zu lassen und zur öffentlichen Meinungsbildung gegen Tradition und Aberglauben beizutragen. Zugegebenermaßen kam es innerhalb der Bewegung häufig zu Kontroversen, welche mitunter gewalttätige Ausmaße annahmen, und die Ansichten mögen auch von Land zu Land unterschiedlich gewesen sein. Darüber hinaus haben aufgeklärte Philosophen und Fürsten unterschiedliche Aufgaben: Gemäß der Formulierung von Friedrich II. von Preußen (1712–1786) müssen die Denker „folgerichtig denken“, wohingegen die Fürsten „dementsprechend handeln“ müssen. Gleichwohl zeigt das Zeitalter der Aufklärung einen wahren Zusammenhalt, insbesondere hinsichtlich der Auffassung der Gerechtigkeit, welche es für sich beansprucht. Weil die Missstände frappierend waren, betraf die Gerechtigkeit gemäß der Losung der Epoche „das Leben, das Glück und die Ehre der Bürger“. So kam es zu einem Vorgang, in dessen Zentrum die Anprangerung und Reformierung dieser Missstände stand.

Stéphanie Blot-Maccagnan, Sylvain Soleil
10. Orte und Architektur

In dem behandelten Zeitraum der Frühen Neuzeit sind die markantesten Gerichtsstätten die sogenannten „Tempel“ des Rechts: speziell für diese Funktion entworfene Räume und Gebäude mit dauerhaftem Charakter. Die Konfliktlösung fand jedoch ursprünglich im Freien statt und die Offenheit des freien Himmels sollte für lange Zeit ein wiederkehrendes Element der Rechtsarchitektur bleiben.

Cato van Paddenburgh
11. Ikonografie

Die Standardmöglichkeit der rechtshistorischen Aufarbeitung eines Themas ist die an Schriftquellen orientierte Methode. Daneben gibt es aber ausgehend vom weiten rechtshistorischen Quellenbegriff den rechtsikonografischen Weg, der sich in Frankreich (Vivier 1982; Garnier 1988, Band I, S. 22–29; Jacob 1994) terminologisch schon seit etwa 1980, im deutschen Sprachraum unabhängig davon seit den Neunzigerjahren auch inhaltlich determiniert entwickelte (Kocher 1992, 1993; Bauer 2005, 2006; Friedrich 2015), wobei auch von historischer Seite (Andermann 1996) darauf reagiert wurde. Dieser Weg ist in Kombination mit den übrigen „Nebenquellen“ (Brunner 1906, S. 11) oder „sekundären Quellen“ (Kaufmann 1964, Sp.335–337) auf die Auswertung visueller Belege konzentriert. Die Arbeitsweise ist notwendigerweise transdisziplinär beziehungsweise (von historischer Seite eingebracht) „kulturwissenschaftlich“ oder „integrativ“ (Hülsen-Esch 1998, S. 466 Anm. 2). Die Quellen sind in der Regel Illustrationen, es kann aber auch ein (beschreibender) Text oder Körperliches mit visueller Aussagekraft in Frage kommen, etwa kunsthandwerkliche Objekte (z. B. Justitiafigur, Richterstuhl, Richterstab, Amtskleidung), Tiere (z. B. Löwen am salomonischen Thron) oder Pflanzen (z. B. grüner Ast als Übertragungszeichen) – die typischen Quellen der Rechtsarchäologie (Werkmüller 1990, Sp. 265–268; Carlen 1990, Sp. 268–272). Die rechtsikonografische Methode (Kocher 1992, S. 36) zielt darauf ab, eine einheitliche rechtliche Gesamtaussage über die visuelle Quelle zu erzielen, ohne sich in die unterschiedlichen methodischen und sachlichen Differenzierungen der Rechtssymbolik, der Rechtsarchäologie, der Rechtlichen Volkskunde oder gar der Kunstgeschichte (Friedrich 2015, S. 42–47) zu verlieren.

Gernot Kocher

Diversität und Konfliktlösung

Frontmatter
12. Diversität vor Gericht

Die Konfliktbeilegung in der Frühen Neuzeit war von einer großen Vielfalt an Systemen gekennzeichnet: In Europa bildeten zahlreiche Formen von lokalen, regionalen und nationalen Gerichtshöfen ein dichtes Netzwerk von Konfliktlösungsverfahren, die sich mit Disputen zwischen gewöhnlichen Leuten beschäftigen (Vermeesch 2015, S. 210; van der Heijden 2012). Das Ausmaß, in dem die Menschen Zugang zu den verschiedenen Formen der Konfliktlösung hatten und auf welche Weise sie davon Gebrauch machten, war je nach Zeit und Ort unterschiedlich groß. Dieses Kapitel verschafft einen Überblick über die Mittel und Wege, durch die die Menschen in Nordwesteuropa Zugang zu den Konfliktlösungsverfahren hatten, über die Art der Konflikte, die sie beizulegen hatten, und über das Profil derjenigen, die an Konflikten beteiligt waren. Der Schwerpunkt liegt auf den verschiedenen Gruppen, die vor Gericht gingen: Männer und Frauen, Reiche und Arme, Einheimische und Ortsfremde.

Manon van der Heijden, Jeannette Kamp
13. Gender und Justiz

Die Begegnung zwischen der Justizgeschichte, aber auch der Kriminalitäts- und Strafgeschichte, und der Gendergeschichte ist noch nicht vollständig vollzogen, insbesondere was den französischen Raum in der Neuzeit angeht, der Untersuchungsgegenstand des vorliegenden Beitrags ist. Das betrifft die Wahl erkenntnistheoretischer Ansätze, die Historiker selbst treffen, gleich ob sie Juristen sind oder nicht. Justiz- oder Kriminalitätshistoriker ziehen den Begriff Gender nicht immer zurate, selbst wenn er einer anthropologischen Lesart der Archive der Kriminalität und Unterdrückung oder derer der Schlichtung anhaftet. Wie selten der Genderbegriff im Bereich Kriminalität und Justiz zurate gezogen wird, und zwar ungeachtet der Gründe hierfür, lässt sich fraglos schon dadurch veranschaulichen, dass man online für das Frankreich des Ancien Régime keinerlei institutionell sichtbare Arbeitsprogramme findet wie zum Beispiel die Website mit dem Titel „Crime & Gender“ an der Universität Leiden ( http://crimeandgender.nl/ 2015), die Links zu anderen ähnlichen Seiten in Europa anzeigt.

Martine Charageat
14. Indianer vor Gericht

Noch vor wenigen Jahren hätte es Polemiken erzeugt, von indianischer Gerichtsbarkeit während der Kolonialzeit zu sprechen, so sehr wurde die Geschichtsschreibung in der Amerikanistik von dem Gegensatz Sieger/Besiegte, Kolonisatoren/Kolonisierte beherrscht. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte konnten jedoch aufzeigen, wie komplex die kolonialen Strukturen waren, insbesondere der Umgang mit den Indianern im Rechtssystem des spanischen Reiches. So haben sich seit Kurzem die Konzepte der Beteiligung und Mitbestimmung der Ureinwohner als neue Paradigmen durchgesetzt, mit denen die Beziehung zwischen den Ureinwohnern und der Macht in der spanischen Monarchie näher bestimmt werden kann. Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über die neuesten Entwicklungen in der Geschichtsschreibung bieten, die sich auf den Aufbau und die Funktionsweise der Institutionen des spanischen Reiches zur Lösung von Konflikten mit Beteiligung von Indianern konzentrieren. Soweit es um Europa geht, erscheint es ebenfalls sachdienlich, sich mit den beim Aufbau des kolonialen Rechtssystems übernommenen Mechanismen zu befassen.

Caroline Cunill
15. Moslemische Prozessparteien in Westeuropa

Der Zugang von „Ausländern“ zu den Gerichtshöfen des Ancien Régime war in den letzten Jahren Gegenstand eines lebhaften historiografischen Interesses. Im Bereich der Sozialgeschichte haben mehrere Studien die heikle Frage nach Eigenschaft und Status des „Ausländers“ innerhalb der gesetzlichen Rahmen Europas aufgeworfen – und so eine willkommene Überprüfung der Begriffsbestimmungen des politischen Subjekts, der Integrationsprozesse, der Staatsbürgerschaft und der lokalen Zugehörigkeit zur Moderne auf den Weg gebracht (Herzog 2003; Cerutti 2012). Darüber hinaus hat die Frage der Anwesenheit „ausländischer“ Prozessparteien vor den europäischen Gerichten ebenfalls dazu beigetragen, an der Schnittstelle zwischen Rechtsgeschichte und Geschichte der wirtschaftlichen Institutionen die Regeln und Verfahren einer lex mercatoria – oder genauer gesagt eines ius mercatorum – einer Prüfung zu unterziehen. Deren angenommene spezifische Besonderheit und Autonomie gegenüber den souveränen Justizsystemen haben eine alte Debatte wieder aufleben lassen, in der die Welt des Handels und die Welt des Rechts und der Politik in mehr oder weniger expliziten Begriffen einander gegenübergestellt werden (Goldman 1964; Berman 1983; Piergiovanni 1987; Cordes 2001). Diese Kontroverse über die lex mercatoria hat außerdem jüngst den Weg für einen ganzen Komplex von Überlegungen eröffnet, die zum Teil angestoßen wurden durch die globale Kehrtwendung der Sozialwissenschaften hin zur Erforschung der Bedingungen institutioneller Möglichkeiten für den Fernhandel und den interkulturellen Handel – insbesondere den Handel zwischen Konfessionen und Religionen (Benton 2002; Trivellato et al. 2014). Diesen Forschungen kommt das beträchtliche Verdienst zu, dass sie den Anstoß gaben zu einem systematischeren Studium der reichlich vorhandenen und manchmal schwierigen Archive der Akten der Zivil-, Handels- und Seegerichte, die lange Zeit zugunsten der Strafprozesse vernachlässigt worden waren, die als aussagekräftiger und reicher an wertvollen Details über die sozialen Normen galten. Darüber hinaus ist dank diesen Forschungen ein ganzes Spektrum an institutionellen Kompromissen zutage gefördert worden, die zwischen Partikularrechten, ius commune und Handelsbräuchen bestanden, um gleichzeitig einem guten Funktionieren des Handels und den formalen Anforderungen der lokalen Gesetze und Statuten Rechnung zu tragen. Die Aufteilung der Zuständigkeiten unter diesen Arten von Gerichtsbarkeit war ihrerseits einem ständigen Spiel an Verhandlungen zwischen Regierungen, Verwaltungsfachkräften, professionellen Rechtsbeiständen, örtlichen Rechtssubjekten und ausländischen Prozessparteien unterworfen. Letztere sahen sich in Westeuropa einer sehr großen Vielzahl von Situationen und Handlungsspielräumen der Rechtsprechung gegenüber. Nun wäre es aber verfehlt, rückblickend davon auszugehen, dass eine automatische Wechselbeziehung zwischen dem Prozess der Globalisierung des Handelsverkehrs, wie er in der Neuzeit zu beobachten ist, und wachsenden Zugangsmöglichkeiten zu den Gerichten für ausländische Prozessparteien bestand: Imperiale Rivalitäten, die Behauptung „nationaler“ Rechte, die Beständigkeit der sozialen Schichtungen des Ancien Régime oder auch die fremdenfeindlichen Reaktionen konnten jederzeit zu Vergeltungsmaßnahmen führen, die nicht dauerhaft ansässige Einzelpersonen und Minderheitengemeinschaften schaden konnten.

Guillaume Calafat

Konfliktlösung in Verfahren und Institutionen

Frontmatter
16. Der Eid

Genauso wie im Mittelalter stellte der Eid in der Frühen Neuzeit noch ein vielseitiges Instrument der Konfliktlösung dar. Die religiöse wie rechtliche Bindung, die er herstellte, machte ihn zum bevorzugten Mittel, um die feierlichsten Verpflichtungen zu garantieren, um vergangene Ereignisse auf bejahende Weise zu beschreiben, das eigene Gewissen in der Gegenwart zu verpflichten und Verpflichtungen für die Zukunft zu übernehmen. Dennoch wurden im Laufe der Zeit sowohl sein Einsatz in Strafverfahren als auch seine bestätigende Funktion für Verträge und Geschäfte allmählich verringert. Insbesondere der Verzicht auf den Eid durch den Beschuldigten, der im inquisitorischen Verfahren nach römisch-kanonischem Recht eine zentrale Rolle einnahm, wurde wie ein Sieg der strafrechtlichen Aufklärung aufgenommen und erlangte einen symbolischen Wert vergleichbar mit dem Wegfall der Folter im Rahmen von Gerichtsverfahren.

Antonia Fiori
17. Schiedsgerichte

In der Frühen Neuzeit behielten Formen der Schiedsgerichtsbarkeit im Ensemble inner- und außergerichtlicher Konfliktregelungen ihren Stellenwert und trugen zur Vielfalt rechtlicher Entscheidungsinstanzen bei. In der Regel knüpften sie an die mittelalterlichen Entwicklungen der Schiedsgerichtsbarkeit an, die im 15. Jahrhundert einen Höhepunkt erreicht hatte. Die im Spätmittelalter formulierten Distinktionen zwischen dem arbiter als Schiedsrichter, der die Streitfrage endgültig entschied, und dem arbitrator, der lediglich Lösungen des Streitfalles vorschlagen konnte, bedurften keiner Weiterentwicklung (Kampmann 2010, S. 713 f.; Roelofsen 2012, S. 152). Die Nähe der Schiedsgerichtsbarkeit zu gütlicher Konfliktregelung oder Mediation bei gelegentlich fließenden Grenzen blieb ein Grundzug der Schiedsgerichtsbarkeit. Die analytische Trennung zwischen ad hoc für den jeweiligen Fall eingesetzten Schiedsgerichten und den für zukünftige Streitigkeiten vereinbarten institutionellen Schiedsgerichten gilt auch für die Frühe Neuzeit.

Horst Carl
18. Territorialgerichtsbarkeit

Das Alte Reich fußte auf einer imperial überwölbten, vertikal wie horizontal hochgradig heterogenen und hierarchisch gegliederten Herrschaftsverfassung und bildete eine ebenso vielfältige und differenzierte Rechts- bzw. Gerichtslandschaft. Die Ausformung frühmoderner Gerichtsbarkeit(en) auf Landesebene war eng verbunden mit der Entwicklung der einzelnen Länder zu möglichst geschlossenen Territorien, denn auf dem Gebiet des Alten Reiches fand (im Gegensatz zu allen anderen Ländern Europas) die eigentliche „staatliche“ Verdichtung nicht auf Reichs-, sondern auf territorialer Ebene statt, ohne dass dabei wirklich „souveräne“ Gebilde entstanden wären. Zu den unverzichtbaren Elementen dieser neuen Territorialstaaten gehörte neben landesherrlichen allodialen, grundherrlichen und vogteilichen Rechten auch die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Machtkonzentration und somit letztlich die Entwicklung der Landeshoheit erfolgte ganz wesentlich durch die Akkumulation von Gerichtsrechten.

Andreas Flurschütz da Cruz
19. Reichskammergericht und Reichshofrat

Auf dem Wormser Reichstag von 1495 wurde mit der Errichtung eines Ewigen Landfriedens Fehde und eigenmächtige Pfändung zu Unrecht erklärt. Es wurde ein neuer, auf das alleinige Gewaltmonopol des Reiches zielender Rechtsrahmen mit Verfassungscharakter geschaffen. Um dies durchzusetzen, organisierte man das bereits bestehende königliche Kammergericht um. Es entstand das Reichskammergericht, an dessen personeller Besetzung die Reichsstände teilhatten und das ein vom Hof des Königs getrennten festen Sitz in einer Reichsstadt erhielt. Reichsbewohner hatten so eine neue Möglichkeit, Konflikte über einen institutionalisierten rechtlichen Weg zu lösen. Dabei wurde die Vollstreckung der Urteile wie die Wiederaufrichtung des Landfriedens in der Handhabung (des) Friedens und (des) Rechts geregelt.

Anette Baumann
20. Gemeines Prozessrecht

Den Ausdruck „gemeines Prozessrecht“ kann man auf verschiedene Weise verstehen, ähnlich wie „gemeines Recht“. Im weitesten Sinn setzt letzterer Ausdruck immer ein komplexes Rechtssystem innerhalb eines politischen Systems oder einer Gruppe von politischen Systemen voraus. Von jedem System ist anzunehmen, dass es seine eigenen Partikularrechte hat. Das gemeine Recht ist dabei ein übergeordnetes System, das verschiedene Funktionen erfüllen kann, wie beispielsweise als Auffangrecht an Stellen, an denen das Partikularrecht Lücken aufweist. In Westeuropa hatte historisch das der Rechtslehre an den Universitäten und der von Legisten und Kanonisten praktizierten Rechtspraxis entstammende ius commune jedoch einen vorherrschenden Einfluss, da die Rechtswissenschaft bis zur Neuzeit größtenteils ein Monopol der gelehrten Rechtskultur war. So bauten grundlegende Rechtsbegriffe, -konzepte, -grundsätze, -auslegungsregeln und im Allgemeinen die ganze Rechtstheorie, die zur Artikulierung positiven Rechts notwendig ist, in der abendländischen Tradition auf der Scholastik des römischen und kanonischen Rechts auf. Dieses ius commune ist jedoch nur ein Beispiel für das gemeine Recht in der Rechtstradition des Westens. Mehrere politische Systeme entwickelten über die Jahrhunderte ihr eigenes (vor-)staatliches gemeines Recht: Bekannte Beispiele sind das englische common law und das französische droit coutumier commun. Diese gemeinen Rechtssysteme waren aus Sicht des ius commune (das theoretisch universelle Geltung hatte) Partikularrechte, fungierten in ihrem jeweiligen politischen System jedoch als gemeines Recht in Bezug auf spezifischere örtliche und regionale Partikularrechte. Das Verhältnis zwischen all diesen Rechtsebenen sollte man nicht zu sehr als formalistisch-positivistisch begreifen: Der Sinn gemeiner Rechtssysteme auf verschiedenen Ebenen öffentlicher Ordnung war es schließlich, genau die Wechselwirkung zwischen den diversen Rechten einer mehrstufigen Herrschaftsordnung zu pflegen.

Alain Wijffels
21. Strafen und ihre Alternativen

Die Realität des Strafens in der Frühen Neuzeit wurde durch drei zeitlich versetzte und zum Teil miteinander verschränkte Entwicklungen bestimmt: 1. durch die Herausbildung eines Systems der peinlichen Strafen seit dem Spätmittelalter, das eng an die Entstehung eines öffentlichen Strafrechts und die obrigkeitliche Monopolisierung und Zentralisierung der Gerichtsbarkeit gebunden war; 2. seit dem Ende des 16. Jahrhunderts durch die Ausprägung eines veritablen Strafpluralismus, der seine Quelle vor allem in der flexiblen Erweiterung des traditionellen Strafrechts durch die Policeygesetzgebung hatte; 3. schließlich gegen Ende der Frühen Neuzeit durch das Bewusstsein einer tiefen Krise des existierenden Strafsystems, das in einen Reformprozess mündete, an dessen Ende die Freiheitsstrafe zur vorherrschenden strafrechtlichen Sanktion in Europa werden sollte. Betroffen war von diesen Evolutionen in erster Linie die obrigkeitliche bzw. entstehende staatliche Strafjustiz, der es gelang, zahlreiche intermediäre Gewalten, Institutionen und Akteure (z. B. kirchliche und genossenschaftliche Gerichtsbarkeit, private Streitschlichtung usw.) zurückzudrängen. Dieser Konzentrationsprozess verlief regional sehr unterschiedlich. Nirgends aber war er vollständig, sodass über die gesamte Periode hinweg alternative Strafformen überdauerten, die als soziale Sanktionen bezeichnet werden können. Das frühmoderne Sanktionssystem ist von der Forschung bislang nicht systematisch und international vergleichend aufgearbeitet worden, neben zahlreichen Fallstudien liegen jedoch zu einzelnen Ländern Überblicke bzw. entsprechende Abschnitte in rechts- und justizgeschichtlichen Gesamtdarstellungen vor (für Frankreich etwa Carbasse 2006, S. 267–322; Garnot 2009, S. 420–520; für Deutschland: Schwerhoff 2011, S. 95–105; für England: Sharpe 1990; Devereaux und Griffiths 2004; für Italien: Bellabarba 2008; für Russland: Kollmann 2012, S. 203–415).

Falk Bretschneider

Konfliktfelder

Frontmatter
22. Adel

Der Adel der Frühen Neuzeit zeichnete sich durch besondere Rechte und Privilegien aus, wodurch er sich gegenüber den anderen Ständen abgrenzen, aber auch innerhalb des eigenen Standes ausdifferenzieren konnte. Dies habe ihm letztlich über Jahrhunderte hinweg das „Obenbleiben“ ermöglicht, so der überwiegende Tenor der Forschung.

Siegrid Westphal
23. Handwerker und Zünfte

Das Thema „arbeitsrechtliche Konfliktlösung“ erfordert gerade im Hinblick auf die Frühe Neuzeit einige Differenzierungen. Weniger problematisch ist dabei die vor einiger Zeit diskutierte Frage der Angemessenheit des Begriffs „Arbeitsrecht“ für die Frühe Neuzeit (dazu etwa Schröder 1984). Zwar ist das durch soziale Schutznormen und die Figur des abhängigen Arbeitnehmers gekennzeichnete Arbeitsrecht bekanntlich ein Produkt des 20. Jahrhunderts. Jedoch hatte es auch in der Frühen Neuzeit Verträge gegeben und daraus resultierende Pflichten. Anders als im 20. Jahrhundert waren diese nicht an eine juristische Abstraktion abhängiger Arbeit und universelle Vorstellungen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gebunden, sondern an konkrete Situationen der Berufsausübung, wobei ständisch geprägte Rollenmuster mitbestimmend waren. Somit stellten sich Konflikte zwischen arbeitenden Menschen und den Personen, auf deren Veranlassung sie tätig wurden nicht nur als sozial-informelle Konflikte dar, etwa zwischen Herrn und Knecht, Meister und Lehrling, Fabrikherrn und Arbeiterin, Bergwerkseigner und Bergmann, Master and Servant; allgemein formuliert, zwischen Dienstherrn und Dienstverpflichteten. Sie enthielten auch eine konkrete juristische Dimension und können je nach Zeit und Region an verschiedene Rechtsquellen rückgebunden werden. Typische Arbeitskonflikte entstanden etwa um Ausmaß, Fälligkeit und Qualität von Leistung und Gegenleistung, um persönliche Verhaltenspflichten zwischen den Parteien sowie die Dauer von Dienstverhältnissen. In dieser Vertragsgebundenheit bestimmter Konflikte kann für rechtshistorische Forschung je nach Fragestellung ein Abgrenzungskriterium zu anderen Formen von Auseinandersetzungen mit Bezug zu Arbeitswelten liegen, zu deren Lösung ebenfalls normativ typisierte Muster, vielleicht sogar prozedurale Formen, existierten. Wenn etwa ein Geselle einen Standesgenossen auf der Herberge bestiehlt, liegt darin zwar ein Konflikt, der unter den spezifischen Bedingungen eines arbeitsweltlich geprägten Rahmens zustande kam. Dieser befindet sich jedoch außerhalb der für Arbeitsverhältnisse charakteristischen Spannung zwischen Dienstberechtigtem und Dienstverpflichtetem. Diese Konflikte konnten freilich auch auf einer kollektiven Ebene ausgetragen werden (Sieg`l 1993), worin ein charakteristisches Merkmal für Arbeitskonflikte liegt. Relevant war diese kollektive Ebene auch in der Frühen Neuzeit, wo man erste Formen kollektiver Interessenartikulation bei Streiks von Handwerksgesellen beobachtet (sozialgeschichtlich Reith 1988). Die Forschung sieht darin Vorformen moderner kollektiver Auseinandersetzungen im gewerblichen Bereich (vgl. Kittner 2005; Althaus 1997; Grießinger 1981).

Thorsten Keiser
24. Land

Überall im Europa der Frühen Neuzeit bildete die Landbevölkerung den mit Abstand größten Bevölkerungsanteil. Eine Urbanisierung im Sinne signifikanter Verschiebungen der Bevölkerung vom Land in die Städte setzte erst im Verlauf der Industrialisierung seit dem 19. Jahrhundert ein. Bildeten die Einwohner der Kleinsiedlungen und Dörfer somit die Bevölkerungsmehrheit, so bedeutet dies keineswegs, dass es sich dabei um eine homogene Population handelte. Nicht nur nach Berufen, Geschlecht und Einkommen, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Status unterschieden sich die Landbewohner teilweise erheblich. Wenn also von Konfliktlösung auf dem Lande die Rede sein soll, so müssen diese Varianzen stets mitbedacht werden, denn sie bestimmten mit über die Natur der Konflikte und die Wege und Chancen ihrer rechtlichen und außerrechtlichen Bewältigung. Hinzu treten starke regionale Unterschiede, die sich bereits bei einer Betrachtung des Deutschen Reichs zeigen, erst recht aber bei einer europäischen Perspektive deutlich werden. Bereits die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen des agrarischen Raums, etwa bei der Bodenordnung oder der Leibeigenschaft, zwingen bei einer Überblicksdarstellung notwendig zu Vergröberungen. Auch Abgrenzungsfragen sind zu bewältigen: Wenn dieser Beitrag sich auf die ländliche Bevölkerung bezieht und damit inneradelige Konflikte ausschließt, dann bleibt damit auch die Rolle der Bauern bei Adelsfehden unberücksichtigt. Auch ist die Trennung von Land und Stadt nicht so eindeutig, wie es erscheinen mag. Ackerbürgerstädte beispielsweise waren eher ländlich als städtisch geprägt (Gerteis 1986, S. 29–31).

David von Mayenburg
25. Stadt

Konflikte im urbanen Raum waren in der europäischen Frühen Neuzeit ein häufig anzutreffendes Phänomen. Schon die sozial-demografische Zusammensetzung der städtischen Bevölkerung, ihre Zunahme und Fluktuation, kann als eine der grundlegenden Rahmenbedingungen für Konflikte angesehen werden. Entsprechend der sozialen Komplexität konnten auch Konflikte zahlreiche verschiedene Formen annehmen. Kaufleute gegen Kaufleute, Patrizier gegen Zünfte, Stadtbewohner oder Bürger gegen Mitglieder der einer Stadt untergebenen dörflichen Gemeinden: Die Gerichtslandschaft in den Städten war in der Regel für die rechtliche Behandlung solcher Fälle gut ausgerichtet. Die für heutige Betrachter verwirrend erscheinende Anzahl und das Nebeneinander von Gerichten innerhalb einer spätmittelalterlichen und auch noch frühneuzeitlichen Stadt bot eine gewisse Bandbreite von rechtlichen Optionen, die auf die Interessen und Hintergründe der jeweils Beteiligten zugeschnitten, aber auch mit ihren persönlichen politisch-sozialen „Netzwerken“ verbunden waren. Zudem war dem Rechtsdenken der Epoche die Vorstellung durchaus inhärent, dass Gerechtigkeit nicht nur oder nicht einmal in erster Linie auf dem Prozessweg gesucht werden sollte. Selbst an den städtischen Gerichten war die Möglichkeit gegeben, einen Konflikt gütlich zu beenden – Schöffen und Richter agierten im Vorfeld eines Prozesses und auch begleitend dazu häufig als Mediatoren oder Schlichter mit entsprechender Zielsetzung. Dem standen die Rezeption des römischen Rechts und die zunehmende Formalisierung der juristischen Ausbildung nicht entgegen. Innerhalb jener frühneuzeitlichen Strukturen und Entwicklungen, die von der Geschichtswissenschaft unter dem Forschungsparadigma der „Verrechtlichung“ sozialer Konflikte betrachtet wurden, blieb die „außergerichtliche“ bzw. nicht formal-prozesshafte Austragung von Konflikten eine wichtige Erscheinung. Gerichte waren außerdem nicht die einzigen Foren, vor denen Konflikte verhandelt wurden. Eine wichtige Rolle spielten dabei auch religiöse Institutionen wie Ministerien oder Konsistorien, für Streitigkeiten unter Kaufleuten oder Handwerkern boten Gilden und Zünfte mit ihren internen Regulierungen und den daraus abgeleiteten Befugnissen zur Disziplinierung ihrer Mitglieder eine Anlaufmöglichkeit zur Konfliktlösung.

Mircea Ogrin
26. Fernkaufleute

Dass das Handelsrecht besondere Anforderungen an die Lösung von Konflikten stellt (Cordes 2013), ist ein Gemeinplatz der Forschung. Demzufolge hat die fragmentierte Rechtsordnung der Frühen Neuzeit die raumübergreifend tätigen Kaufleute vor besondere Herausforderungen gestellt, da sie Rechtsansprüche in der Ferne vertreten und durchsetzen mussten. Angesichts der Anfälligkeit des Handels für Störungen und Krisen sei das ein riskantes Geschäft gewesen. Langwierige Gerichtsverfahren, irrationale Beweisregeln und damit rechtliche Unsicherheit seien hinzugekommen. Seit Goldschmidts „Universalgeschichte des Handelsrechts“ (1891) findet sich die Vorstellung, das Handelsrecht sei ein recht autonomer kosmopolitischer Bereich der Rechtspflege gewesen. Einer solchen, von Kritikern in Frage gestellten vormodernen Lex mercatoria, die auf Gewohnheitsrecht und dem Grundsatz der Billigkeit beruhe, wird von ihren Vertretern eine hohe zeitliche Dauer zugemessen (Berman 1995; kritisch Cordes 2014). Spezialisierung erforderte Verfahren der Konfliktlösung nach dieser Sichtweise in zweierlei Hinsicht: Zum einen habe ein kaufmännisches Anforderungsprofil an die Ausgestaltung der Konfliktlösung bestanden. Schon Zeitgenossen hoben dies hervor (dazu Donahue 2004; Scherner 2013, S. 118–121; Cordes 2014): Schnelligkeit, summarische Verfahren, ein informelles „rationales“ Beweisverfahren oder der Verzicht auf Schuldhaft, Kollektivhaftung und Repressalienarrest. Zum anderen setze die effektive Konfliktlösung Spezialwissen über die Gebräuche und Gewohnheiten des Handelsrechts voraus.

Albrecht Cordes, Philipp Höhn
27. Bergbau

Edelmetalle bildeten die Grundlage der Geldwirtschaft (Ludwig 1985, S. 182) und trugen zu den Staatsfinanzen und der Entwicklung des frühneuzeitlichen Finanzstaats bei. Dem Bergbau kam eine wichtige Rolle beim Ausbau von Landesherrschaft, Territorialstaat, Verwaltung und Staatstätigkeit zu (Fessner und Bartels 2012, S. 480). Zum Ende des 18. Jahrhunderts wirkten Kohle und Stahl als Triebfedern der Industrialisierung. Folglich bestand ein allgemeines Interesse an schneller Konfliktbeilegung im Bergbau.

Anne-Marie Heil
28. Militär

Die Notwendigkeit institutioneller Strukturen und Maßnahmen der Konfliktlösung im Militär reicht so lange zurück wie es Armeen bzw. bewaffnete Verbände gibt. Dabei handelt es sich nicht um rein nach innen gerichtete Institutionen. Stets hatten militärgerichtliche Organe und Regelungen sowohl innermilitärische Konflikte als auch Beziehungen zum zivilen Bereich zu berücksichtigen.

Maren Lorenz
29. Universität

Mit dem Privileg der eigenen Gerichtsbarkeit besaßen die frühneuzeitlichen Universitäten im Alten Reich und in Europa einen herausgehobenen Rechtsstatus gegenüber ihrer ständischen Umwelt. Bereits seit dem Mittelalter gehörten Studenten und Professoren sobald sie auf die universitären Statuten einen Eid geschworen und sich in die Matrikel der Universität eingeschrieben hatten zur akademischen Korporation und fielen somit unter deren besondere Gerichtsbarkeit.

Christin Veltjens-Rösch
30. Familie

Konflikte sind ein alltäglicher und unvermeidbarer Bestandteil zwischenmenschlicher Beziehungen, die aufgrund der Intimität und des engen Interaktionsgeflechts in Familien und Paarbeziehungen intensiver und häufiger sind als in anderen sozialen Bereichen (Rüssmann 2015, S. 449). Dies zeigt sich vor allem in der besonderen Bedeutung der affektiven Komponente in den Konfliktstrukturen und -prozessen. Was für die Analyse von und den Umgang mit familiären Konflikten heute zutrifft, lässt sich auch für die Frühe Neuzeit zu Grunde legen, wenngleich die spezifischen Rahmenbedingungen von Familie in einer ständisch organisierten Gesellschaft doch andere Akzente setzen. Im Folgenden soll daher ein kurzer Abriss dieser Rahmenbedingungen dem Überblick über Instrumente und Strategien der Konfliktregulierung vorangestellt werden.

Inken Schmidt-Voges
31. Katholische Kirche

Eine Studie über die Konfliktlösung im Kirchenrecht in der Neuzeit kann nur ausgeführt werden, wenn man dabei das Augenmerk auf die Tendenz der Zentralisierung der Herrschaft und der Regierung richtet, die die Geschichte der kirchlichen Institutionen zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert prägt. Denn genau seit Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die Bedürfnisse einer Reform der Römischen Kurie und einer erneuten Stärkung der päpstlichen Kontrolle über die Ortskirchen nach und nach immer dringlicher. Nach den zaghaften Versuchen der Päpste der ersten Hälfte des Jahrhunderts und dem von Luther herbeigeführten dramatischen Bruch konnte die Reform nicht länger aufgeschoben werden. So versuchte die katholische Kirche durch die Einberufung des Konzils von Trient (1545–1563), welches nur mit erheblichen Schwierigkeiten zum Abschluss gebracht werden konnte, ihre Macht über den gesamten orbis catholicus wieder unerschütterlich zu befestigen. In diesem Prozess hatte das Thema Konfliktlösung eine große Bedeutung. Die erneute Stärkung einer präzisen gerichtlichen Hierarchie, die nach spezifischen Verfahrensvorschriften geregelt war, bildete einen fundamentalen Punkt in der erneuten Bekräftigung des päpstlichen Universalismus im modernen Sinne. Dieser Universalismus unterschied sich von dem während des Mittelalters verfolgten Konzept insoweit, als die Kirche nunmehr, nachdem sie mit den modernen Staaten nicht konkurrieren konnte, ein paralleles Modell ohne territoriale Grenzen anbot, in dem der Papststaat die Garantie der Grundlage für diesen Prozess darstellte (Prodi 2000, S. 271).

Alfonso Alibrandi, Benedetta Albani
32. Evangelische Kirche

Mit der Durchführung der Reformation entfielen in den betroffenen Territorien sowohl die Gerichtsbarkeit der Bischöfe, als auch, wegen Luthers Ablehnung des kanonischen Rechts, deren Rechtsgrundlagen. Der sich konstituierende Territorialstaat des 16. Jahrhunderts war gefordert, etwas Neues an die Stelle des alten Rechts und der alten Gerichtsbarkeit treten zu lassen. Recht unterschiedliche Wege wurden eingeschlagen, um dieses Ziel zu erreichen.

Ralf Frassek
33. Reformierte Kirche

Im Züge der Reformation entwickelte sich in den reformierten Gemeinden eine neue Form der kirchlichen Gerichtsbarkeit: das Ehe- und Sittengericht. Ein verbreitetes Modell solcher Gerichte bildete das im Jahr 1525 gegründete Zürcher Ehegericht, so dass die folgenden Ausführungen sich überwiegend mit dieser Form von kirchlicher Gerichtsbarkeit in der Alten Genossenschaft konzentrieren. Die reformierte Kirche übte die vier Ämter der Predigt, der Lehre, der Fürsorge und der Kirchenzucht aus. Die Kirchenzucht umfasste sowohl die Verfahren, die Behörden als auch die Normen, die auf Sittenzucht abzielten. Unter Sittenzucht wurden alle Bestrebungen verstanden, „zeitgenössische Standards einer moralisch einwandfreien Lebensführung durchzusetzen“ (Pfister 1996, S. 292). Die Sittenzucht umfasste somit sowohl die Normen der Policeyordnungen als jene der Sittenmandate.

Isabelle Deflers
34. Jüdische Gemeinden

Konfliktlösungen von Juden müssen immer auch vor dem Hintergrund der spezifischen kulturellen Sphäre betrachtet werden. Derer gibt es im frühneuzeitlichen Europa mehrere: Innerhalb des aschkenasischen (grob gesagt des nord-europäischen) Judentums ist dies eine westliche sowie eine östliche Tradition, wobei letztere vor allem durch eine eigenständige polnisch-litauische Tradition charakterisiert ist. Hinzu kommen starke Regionalisierungen und ortsspezifische Entwicklungen. Im europäisch-sephardischen Judentum (vereinfacht gesagt im mediterranen Kulturkreis) sind dies zum Teil anders gelagerte, erneut zahlreiche regionale und ortsspezifische Einzeltraditionen, die durch eigenständige Entwicklungen der Gemeinden ergänzt werden, die von den aus Spanien und Portugal Geflüchteten – darunter Rekonvertiten, sogenannte „Marranen“ – im gesamten Mittelmeerraum, aber auch in Hafenstädten Nordeuropas gegründet wurden. Darüber hinaus ist die Rechtsgeschichte der Juden als eine kleine Minderheit stark von regionalen und ortspezifischen Entwicklungen und Regelungen abhängig, wobei die externe Rechtsetzung zudem oftmals heterogen und unklar war.

Andreas Gotzmann

Länderforschungsberichte

Frontmatter
35. Heiliges Römisches Reich

Das Heilige Römische Reich als europäischer Raum für Konfliktlösungen kann zweierlei bedeuten. Zum einen kann es geografisch und eher handfest um rechtliche Auseinandersetzungen und ihre Lösungsmöglichkeiten gehen, wie sie sich im deutschen Sprachraum oder innerhalb des Alten Reiches in den Quellen und der Literatur darstellen. Zum anderen könnte man die einschlägigen Streitereien aber auch nach ihrer politischen Reichweite gewichten und fragen, welche Rolle gerade die Reichsebene bei der Konfliktbewältigung spielte. Sinnvoll für den folgenden Länderbericht kann allein die erste Vorgehensweise sein. Der Beitrag versucht damit einen Überblick zu geben, wie man sich die Beilegung rechtlicher Konflikte im frühneuzeitlichen deutschen Raum vorstellen kann. Damit geht es sowohl um das Reich als auch um die zahlreichen kleinen und größeren Territorien.

Peter Oestmann
36. Schweizerische Eidgenossenschaft

Eine systematische und umfassende Darstellung des Themas schweizweit für die Zeit zwischen 1500 und 1800 fehlt nach wie vor. Eine ausführliche Geschichte der Gerichtsbarkeit allerdings bezogen auf den Zivilprozess enthält die zweibändige, aber veraltete Monografie von Schurter und Fritzsche (1924, S. 4–138). Unter den Stichwörtern „Eidgenössisches Recht“ (Steiner 2004), „Eidgenössische Vermittlung“ (Würgler 2004), „Gerichtsbarkeit“ (Fehr 1926), „Gerichtswesen“ (Dubler 2005) und „Schiedsgericht“ (Senn 2011) wurde die Thematik lexikalisch erfasst, allerdings ohne Beschränkung auf die Zeitperiode zwischen 1500 und 1800.

Theodor Bühler
37. Habsburgermonarchie

Für den Untersuchungsraum der Habsburgermonarchie (das hierzu gehörende Königreich Ungarn und die ungarischen Nebenländer Siebenbürgen und Kroatien bleiben allerdings ausgeklammert) werden die frühneuzeitliche Gerichtsorganisation und die Gerichtszuständigkeiten dargestellt, wobei der Rechtspluralismus in den österreichischen und böhmischen Ländern nur eingeschränkt generalisierende Aussagen zulässt. Dabei wird auch der Forschungsstand präsentiert, wobei regelmäßig der Befund auszumachen ist: Je höher die hierarchische Ebene bzw. die Instanz, desto besser ist der Kenntnisstand der Forschung und desto eher ersetzte eine gesetzliche Regelung das lange Zeit speziell bei den sehr vielfältige Ausprägungen aufweisenden unteren Instanzen noch dominierende Gewohnheitsrecht. Während die wissenschaftliche Beschäftigung mit den strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen der gerichtlichen Konfliktlösung dabei immerhin an eine bis in das 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition anknüpfen kann, bleiben Studien zur frühneuzeitlichen Rechtsprechungspraxis bis heute die Ausnahme und liegen bislang nur punktuell vor. Dies gilt in besonderem Maße für Sonderbereiche wie die Militär- oder die kirchliche Gerichtsbarkeit. Um unsere Kenntnis der Foren, der Mechanismen und der Akteure der außergerichtlichen Konfliktlösung steht es ebenfalls schlecht, wenngleich deren große Bedeutung im Alltag deutlich greifbar wird. Allerdings handelt es sich auch um ein Problem der Quellenüberlieferung, schlug sich eine nicht in einem institutionellen Rahmen erfolgende Streitschlichtung doch nicht notwendigerweise in Schriftzeugnissen nieder.

Martin P. Schennach
38. Polen-Litauen

Der Staat Polen-Litauen gehörte im 16.–18. Jahrhundert zu den größten Staaten Europas. Er umfasste Gebietsteile, die aktuell Polen, Litauen, Lettland, Weißrussland und der Ukraine angehören. Charakteristisch für ihn waren die Ständestruktur, zahlreiche ethnische Gruppen und die damit verbundenen vielen Rechtsordnungen. Sein Gebiet bewohnten Polen und Litauer, auch Ruthenen/Russen, Juden, Deutsche, Tschechen, Schotten, Niederländer, Armenier, Karäer und Tataren. Bei der Erforschung der Arten der Konfliktlösung ist es angebracht, nicht nur nach Modellen zu greifen, die durch die Gruppe herausgearbeitet wurden, die in dem Staat politisch oder quantitativ überwog (polnischer und litauischer Adel, Bürgertum und Bauern). Es gilt auch die autonome Gerichtsbarkeit einiger der oben erwähnten Minderheitsgruppen zu betrachten. Eine wichtige Rolle spielten außergerichtliche Arten der Konfliktlösung, die von sämtlichen Bevölkerungsgruppen angewandt wurden. Die Vielfalt der Arten der Konfliktlösung spiegelte die Verschiedenheit wider, die für den frühneuzeitlichen polnisch-litauischen Staat charakteristisch war.

Aleksandra Oniszczuk, Rafał Wojciechowski
39. Russland

In Russland ist die Geschichte der Konfliktlösung ein Aufgabengebiet für Rechtswissenschaftler und Juristen, die sich hauptsächlich auf aktuelle Themen konzentrieren. Es gibt drei Ansätze, die chronologisch von Wissenschaftlern entwickelt wurden. Die Wissenschaftler aus der Zeit vor der Revolution von 1917 boten eine erste Analyse des Strafjustizsystems und der Konfliktlösung oft im Zusammenhang mit laufenden Reformen, um aufzuzeigen, dass das frühneuzeitliche (insbesondere vorpetrinische) System korrupt und ineffektiv war, was Peter I. (1682–1725) dazu antrieb, dieses zu reformieren, um vom institutionellen Standpunkt aus für mehr „Gerechtigkeit“ und Wirksamkeit zu sorgen (Vladimirskii-Budanov 1900). Die Rechtswissenschaft nach 1917 (insbesondere sowjetische Forscher) bestand unter Fortführung der Kritik des vorpetrinischen Zeitalters sowie des kaiserlichen Justizsystems darauf, dass die Strafjustiz den Interessen des Staates und Führungsklassen gemäß der Natur des Staates zu dieser Zeit diente und somit per definitionem unrechtmäßig war (Romashkin 1947; Man’kov 1998). Postsowjetische Wissenschaftler versuchten zuerst, zu der vorrevolutionären Tradition zurückzukehren, da aber sowohl die vorrevolutionären als auch die postsowjetische Tradition die frühneuzeitlichen Konfliktlösungs- und Strafjustizsysteme kritisierten, betrachteten die postsowjetische Wissenschaftler diese Systeme aufgrund von umfangreicher Bürokratie weiterhin als korrupt, unnötig kompliziert und durcheinander, ineffektiv und sie gingen davon aus, dass diese hauptsächlich dem absoluten Staat anstatt den lokalen Gemeinschaften dienten (Serov 2009). Die aktuelle Wissenschaft verwendet jedoch normalerweise institutionell geschaffene Gesetze als Quellen und greift selten auf Gerichtsverfahren als Ausgangsmaterial für die Alltagspraxis der Konfliktlösung zurück. Deshalb wird ihre Position in Hinblick auf die frühneuzeitliche Konfliktlösung und Strafjustiz vom Staat definiert, weil die Hauptquelle ihrer Materialien von den zentralen Behörden produziert wird.

Marianna Muravyeva
40. Osmanisches Reich

Die Diskussion über die Konfliktlösung im frühneuzeitlichen Osmanischen Reich ist ein facettenreiches Thema, das mit umfassenderen Fragen nach dem Wesen des osmanischen Rechts zusammenhängt. Angesichts der ideologischen Implikationen der vorgeschlagenen Analyserahmen ist vielleicht Ruth Millers (2008, S. 286) Ansatz vernünftig, das osmanische Recht als das zu definieren, was es nicht ist, anstatt als das, was es hätte sein mögen. In Anknüpfung an Ignatius Mouradgea d'Ohsson (d'Ohsson 1788–1824) vergleicht die Forschung die osmanische Rechtslehre und -praxis mit zwei maßgeblichen Rechtstraditionen – dem islamischen Recht und dem europäischen Recht. Das osmanische Recht wurde als Karikatur beider Systeme dargestellt und als unislamisch eingestuft, da ihm die Lebendigkeit der islamischen Rechtslehre der klassischen Zeit fehlte, oder als bloße Praxis, nach dem Grundsatz aus Joseph Schachts Zweiteilung zwischen Theorie und Praxis (Schacht 1964). Die Sicht der Scharia als unverändertes heiliges Recht (die berühmte Theorie der geschlossenen Tore des Idschtihad), das unempfänglich für gesellschaftliche Bedürfnisse oder Veränderungen im leeren Raum steht, machte jedwede osmanische Rechtslehre wirkungslos und der verklärten Vergangenheit geistig unterlegen. Eine Ausnahme bildet Imber mit seiner Arbeit über Ebussuud, den Rechtsgelehrten des 16. Jahrhunderts, obwohl auch er den praktischen Aspekt osmanischen Rechts betont (Imber 1997). Darüber hinaus interpretierte die Forschung die von osmanischen Sultanen verkündeten kodifizierten Verwaltungsverordnungen, die Kanun (Yunus Koç 2005), als Ergebnis osmanischer Unkenntnis des islamischen Rechts und einer Vorliebe für herkömmliches Stammesrecht, das Yasa oder Töre. Uriel Heyd lieferte dieser Auffassung in seinen Studies in Old Ottoman Criminal Law, die die Arbeit von Historikern des Osmanischen Reichs nachhaltig prägten, weiteren Vorschub (Heyd 1973). Zusammen mit der frühen republikanischen türkischen Ideologie, die danach strebte, ihre Bande mit der osmanischen Vergangenheit zu kappen, wurde dieser Ansatz zum vorherrschenden Analyserahmen, da heterodoxe Türken nach dieser Sichtweise nur unkanonisches Gewohnheitsrecht hervorbringen konnten, das allein durch die Allmacht des osmanischen Patrimonialstaats verhängt wurde.

Evgenia Kermeli
41. Italien

Als 1494 das französische Heer von Karl VIII. die Alpen überwindet, erscheint die Regierungssituation auf der italienischen Halbinsel ziemlich zersplittert. Damals war Italien eine Gruppe von untereinander abgetrennten und hinsichtlich ihrer Form und politischen Zusammensetzung zutiefst unterschiedlichen Staatsgebieten. Tatsächlich wechselten sich über die ganze Halbinsel hinweg ausgedehnte Staatseinheiten wie Venedig oder Florenz mit herrschaftlichen Regimen und städtischen Republiken ab, die häufig nicht größer als eine Diözese oder ein Lehnsgut waren. Eine ganz besondere Ausformung, die gleichzeitig italienisch und universell war, stellte dann der Kirchenstaat dar, im Mezzogiorno schließlich erstreckte sich das große Königreich Neapel und Sizilien, das aus dem spanischen Kaiserreich hervorgegangen war. Diese zersplitterte Situation blieb den italienischen Staaten größtenteils bis in die Moderne erhalten, als die Halbinsel ab den sogenannten italienischen Kriegen zwischen den französischen Truppen und den Habsburgern ins Blickfeld der bedeutendsten europäischen Mächte rückte (Lazzareni 2003). Bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in dem die Rivalitäten zwischen den Habsburgern und den Bourbonen enden, schwankt der politische Zustand Italiens zwischen dem Partikularismus der „Kleinstaaten“ und universalistischen Tendenzen, die durch die Miteinbeziehung der Halbinsel an der internationalen Politik getragen wird (Musi 2006, S. 79–94; De Benedictis et al. 2012).

Francesco Di Chiara
42. Spanien

Die frühneuzeitliche spanische Gesellschaft war durch ständige und vielfältige Konflikte gekennzeichnet wie Kagan (1981) deutlich in Bezug auf die weltlichen Prozesse zeigte, die im Bereich der Chancillería (oberstes Gericht) von Valladolid im 16. und 17. Jahrhundert stattfanden. In seiner Monografie fasste er gekonnt die Rollen derer zusammen, die an zivilrechtlichen Streitigkeiten beteiligt waren, wobei er auf die Rollen und die akademische und berufliche Ausbildung von Rechtsanwälten und Juristen achtete. Außerdem wurden die Grundlagen des Zivilverfahrens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von den Juristen Jordán und Manuel kurz und bündig didaktisch analysiert. In ihrer Arbeit mit dem Titel Instituciones del Derecho Civil de Castilla stellten sie eindeutig die Unterscheidung zwischen dem Antragsteller oder dem Kläger und dem Beklagten fest (Jordán und Manuel 1984, S. 277–314). In Bezug darauf haben Alonso und Garriga (2014) die frühneuzeitliche Regulation der Anwaltschaft analysiert.

Belinda Rodríguez Arrocha
43. Portugal

Dogmatisch betrachtet kreist die gerichtliche Konfliktlösung um einen zentralen historischen Begriff – den der Rechtsprechung (iurisdictio). Es ist daher unbedingt zu beachten, dass dieser Begriff seit Ende der 1960er-Jahre die Aufmerksamkeit von Rechtshistorikern auf sich zieht als derjenige Begriff des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, der sich auf die Ausübung von Macht bezieht. Laut Bartolus war die Rechtsprechung „die vom Gemeinwesen eingeführte Macht, um, wo nötig, Recht zu sprechen und Gerechtigkeit zu schaffen“ („Iurisdictio in genere sumpta [est] potestas de publico introducta, cum necessitate iuris dicendi, & equitatem statuendae … Et dicitur iurisdictio a iuris, & dictio, quod est potestas […] sic dicitur iurisdictio quasi iuris potestas“). Seit Pietro Costas grundlegendem Buch zum Begriff der iurisdictio (Costa 1969) heben Rechtshistoriker in Europa und darüber hinaus (siehe Benton und Ross 2013) die zentrale Rolle des Begriffs der Rechtsprechung in der Politik- und Rechtsgeschichte hervor, da iurisdictio den Kern politischer Beziehungen ausdrückt: zu richten und gerichtet zu werden. Der Akt des Richtens bestand nicht nur aus dem entscheidenden Augenblick, der den rechtlichen Status eines jeden festlegte, sondern auch aus der Amtsgewalt des Richters und seiner Macht, die Konfliktparteien zu zwingen, sich an das von ihm verkündete Recht zu halten. Mit Urteilen wurde das Recht verkündet und den Menschen auferlegt. So war die Rechtsprechung die allerhöchste Handlung einer Gemeinschaft, durch die ein Richter mit der Amtsgewalt betraut war, Ordnung zu schaffen, Gesetze zu vollstrecken, Fehlverhalten zu bestrafen und das Gleichgewicht zwischen Gegnern in einem konkreten Konflikt festzusetzen. Mit der geschichtswissenschaftlichen Identifizierung der sozialen Orte der Ausübung dieser Gewalt wurden die Streuung der Macht in der vorneuzeitlichen europäischen Gesellschaft und die Vielteiligkeit des Gemeinwesens erkennbar, ein Merkmal, das man auch nach einer doktrinären Lesart verstehen kann, wie in der vorherrschenden korporatistischen Gesellschaftstheorie (Hespanha 2015, § 59).

António Manuel Hespanha†
44. Frankreich

Der Forschungsstand im Bereich der Rechtsgeschichte in Frankreich ist abhängig von Bildungs- sowie Forschungsstrukturen. Durch ihren juristischen Inhalt und die von ihr für die Rechtswelt dargebotenen Perspektiven stellt die Rechtsgeschichte einen äußerst ergebnisreichen Forschungsgegenstand für die juristischen Fakultäten dar. Aufgrund des breiten Spektrums an Quellen wird ihr auch besondere Aufmerksamkeit von den Historikern der geisteswissenschaftlichen Fakultäten geschenkt. Diese beiden Herangehensweisen stellen eine unermessliche Bereicherung für die Historiografie dar. Obwohl diese beiden Ansätze lange Zeit gegenläufig waren (und es auch heute noch, zumindest manchmal, zu Missverständnissen kommt), sind die Antworten der Rechtshistoriker und Historiker von gegenseitigem Nutzen, was zu einer Verbesserung des Forschungsstandes führte.

Boris Bernabé, Xavier Godin
45. Die Niederlande

In der Historiografie der Konfliktlösung in den – historischen – Niederlanden (ungefähr das Gebiet der heutigen Benelux-Länder, aber auch Teile von Nordfrankreich) ist für die moderne Geschichtsschreibung vor allem die Literatur ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur heutigen Zeit interessant. Bei den Studien, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, geht es in erster Linie um die (staatliche) Rechtspflege, und zwar nicht nur um deren institutionelle Geschichte, sondern beispielsweise auch um die Funktion der unterschiedlichen gerichtlichen Instanzen, ihre Rolle in der Zentralisierungspolitik der Burgunder und Habsburger, das angewandte Recht, einschließlich des Verfahrensrechts, sowie die beteiligten Personen und Beamten, und zwar vor allem auf überregionaler und regionaler Ebene. Dabei wird die Trennung von Nord und Süd infolge des niederländischen Aufstands ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts in besonders hohem Maße spürbar, da sich das Interesse der belgischen (Rechts-)Historiker vor allem auf die Entwicklungen und Einrichtungen bezieht, die für den Süden wichtig sind, während sich niederländische Rechtshistoriker mit Entwicklungen und Einrichtungen beschäftigen, die für das Hoheitsgebiet der heutigen Niederlande von Interesse sind (wobei sich das 16. Jahrhundert sowohl im Norden als auch im Süden der größten Aufmerksamkeit erfreut; bisher sind beispielsweise sehr wenige institutionelle Studien über die regionalen und zentralen Gerichte des 17. und 18. Jahrhunderts erschienen). In Frankreich bezieht sich das Forschungsinteresse auf die Geschichte derjenigen Gebiete (des heutigen Frankreichs), die damals zu den Niederlanden gehörten und im 17. Jahrhundert von Frankreich annektiert wurden.

C. H. van Rhee
46. England und Wales

Aus der Vergangenheit ist man gewohnt, dass sich Juristen die Rechtsgeschichte auf Grundlage des heutigen Rechts vorstellten, geprägt von der Annahme eines einheitlichen Staatsrechts und der Vorherrschaft von Normen über Praktiken sowie von Rechtsformen über Herangehensweisen. Das führte oft zu einer mit der allgemeinen Geschichte unstimmigen Rechtsgeschichte, weil sie zu sehr auf eine triumphalistische Auffassung des Rechts ausgerichtet war. In den letzten Jahrzehnten wurde dies in Frage gestellt. Neuere wissenschaftliche Ansätze zur Rechtsgeschichte brachten eine Vielzahl von Fachleuten – darunter Philosophen, Soziologen, Anthropologen, Kriminologen – dazu, Entwicklungen und Veränderungen des Rechts in ihrer Einbettung in Gesellschaftssysteme neu zu analysieren. Was Konfliktlösung im frühneuzeitlichen England betrifft, ist insbesondere das Strafrecht ein bedeutender Schwerpunkt. Seit den 1970er-Jahren stellt man enge Verbindungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte her.

Shavana Haythornthwaite
47. Irland

Um die neueste Geschichtsschreibung am besten wiederzugeben, konzentriert sich dieses Kapitel notwendigerweise auf Entwicklungen in Irland während der Tudorzeit (1485–1603), einer Zeit zunehmender politischer Konflikte. Leider werden Themen wie zwischenmenschliche Konflikte, teils aufgrund des langsamen Wachstums gesellschafts- und rechtsgeschichtlicher Studien in Irland, noch nicht hinreichend untersucht, und obwohl es beträchtlichen Raum für diese Art von Forschung gibt, wird die umfangreiche Vernichtung irischer Archive seit der Frühen Neuzeit ihre Entwicklung weiter hemmen. Die übrig gebliebenen Archive zeugen vor allem von politischen Konflikten.

David Edwards, David Patrick Heffernan
48. Schottland

Die Historiografie des schottischen Rechts geht über Jahrhunderte zurück. Zahlreiche Juristen haben dazu beigetragen, die nicht nur das Verständnis der schottischen Rechtsgeschichte vorangebracht, sondern gleichzeitig elementare Beiträge zur allgemeinen Historiografie des Landes und seiner weit zurückgehenden Tradition geleistet haben. Die schottische Rechtsphilosophie des 18. Jahrhunderts basierte auf Erfahrung und ihre Vertreter, insbesondere Persönlichkeiten wie Adam Smith und der Richter Lord Kames, betonten die Wichtigkeit der Entwicklung eines historischen Rechtsverständnisses. In den Jahrhunderten, die seitdem vergangen sind, haben sich viele Juristen und juristisch ausgebildete Historiker dem Studium der Geschichte und der historischen Quellen Schottlands zugewandt.

John Finlay
49. Schweden-Finnland

Die Forschungsliteratur betreffend Schweden-Finnland deckt einige wenige Gebiete zwar ziemlich gut ab, dies gilt z. B. für das Svea Hofgericht, das 1614 gegründete Oberappellationsgericht in Stockholm. Viele andere Gebiete sind jedoch weitestgehend unerforscht. Die vorhandene Literatur ist überwiegend in schwedischer Sprache verfasst. Bis in das 20. Jahrhundert gibt es zudem relativ viel Literatur auf Deutsch und erst im 21. Jahrhundert beginnen englischsprachige Beiträge substanziell an Zahl und Umfang zuzunehmen. Die existierende Literatur betrifft zumeist die maßgeblichen Institutionen, Personen und Rechtsquellen sowie das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten.

Martin Sunnqvist
50. Dänemark-Norwegen

The history of conflict resolution in Western Scandinavia in the Early modern times has not been analysed systematically. The paper focuses on both judicial and extra-judicial mechanisms of conflict resolution in Denmark and Norway. Governed by the central administration in Copenhagen, a common legal culture of conflict resolution emerged, showing just few particularities concerning the two countries. In general, the period was characterised by a constantly growing institutionalisation of the criminal justice system, while civil justice was compared to other European legal cultures to a relatively high degree left to extra- or semi-judicial mechanisms. Inefficiency and long durations of judicial trials, but also public policy contributed to this development.

Sören Koch
Backmatter
Metadata
Title
Konfliktlösung in der Frühen Neuzeit
Editor
Prof. Dr. Wim Decock
Copyright Year
2021
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-56102-7
Print ISBN
978-3-662-56101-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56102-7

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