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11-01-2024 | Verkaufstechniken | Schwerpunkt | Article

So tickt die neue Einkäufergeneration

Author: Eva-Susanne Krah

5:30 min reading time

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Das neue Jahr treibt Vertriebe an, ihre wichtigen Kunden zu kontaktieren und mit B2B-Einkäufern zu verhandeln. Dabei findet auch in Einkaufsteams ein Generations- und Methodenwechsel statt, wie eine Studie zeigt. Was Verkäufer beachten sollten.

Im Jahr 2024 werden die Einkaufsteams in den Unternehmen zu 75 Prozent aus Einkäufern im Alter von 25 bis 44 Jahren bestehen. Das besagen Daten aus den aktuellen Forrester-Prognosen 2024. Diese Einkäufergeneration wird der persönlichen Interaktion mit Produktexperten den Vorzug vor allen anderen Aktivitäten geben, die einen persönlichen Austausch beinhalten, wie die Marktforscher erwarten. Immer mehr Millennial-Einkäufer werden aus ihrer Sicht in die Positionen der Entscheidungsträger in den Einkaufsabteilungen vorrücken. 

Die Experten prognostizieren außerdem, dass 40 Prozent dieser jüngeren Einkäufer "persönliche Treffen mit Produktexperten als ihre konstruktiven persönlichen Interaktionen einstufen" werden. Zwei von fünf Einkäufern werden etwa den frühzeitigen Zugang zu B2B-Produktexperten verlangen.

Verkauf muss früher reagieren

Für Verkäufer bedeutet diese Entwicklung vor allem, dass sie vor ihren Verkaufsverhandlungen oder Jahresgesprächen künftig bereits zu einem früheren Zeitpunkt des Verkaufsprozesses ihre Angebote auf die Bedürfnisse der Einkäufer ausrichten müssen. Um Reibungspunkte mit Einkäufern zu vermeiden und einen nahtlosen, intelligenten Einkaufsprozess zu unterstützen, sollten Verkaufsteams "effektive Partnerschaften mit diesen Experten eingehen und alle persönlichen Interaktionen effektiv orchestrieren", raten die Forrester-Experten. 

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2023 | OriginalPaper | Chapter

Einkauf 2030: Delphi-Studie zur Zukunft des Einkaufs

Aufgrund des kontinuierlichen Bedeutungsanstieges des Einkaufs, weiter verstärkt durch aktuelle Managementherausforderungen und Krisen, bekommt die Frage der zukünftigen Schwerpunkte und Entwicklungslinien ein immer größeres Gewicht. 

Für Verkäufer, die so arbeiten, werde die Zeit, die sie für den direkten Kundenkontakt aufwenden, auf 25 Prozent oder mehr ihrer gesamten Wochenarbeitszeit ansteigen und damit mehr Netto-Verkaufszeit einnehmen. 

Die Springer-Autoren Ramona Niederschweiberer und Florian C. Kleemann verweisen in einem Buchkapitel anhand einer Delphi-Studie zur Zukunft des Einkaufs darauf, dass dessen Bedeutung weiter steigt. Aus einer branchenübergreifenden Befragung von rund 40 Führungskräften aus dem Einkaufsumfeld, etwa aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Chemie- und Pharmaindustrie sowie der Automobil- und Automobilzuliefererindustrie, haben sich als Top-Themen Agilität, Nachhaltigkeit, Innovation und Digitalisierung ergeben. Die Ergebnisse belegen auch, dass Nachhaltigkeitsstrategien neben Digitalisierungsstrategien 2030 von zentraler Bedeutung sind. Sie werden auch für den Wertbeitrag am höchsten eingeschätzt, während die Kostenthematik nach Einschätzung von Niederschweiberer und Kleemann etwas in den Hintergrund rücken könnte. Demgegenüber gilt die Einkaufsfunktion in den meisten Organisationen 2030 als "Value Creator" für den Unternehmenserfolg. Für den Vertrieb bedeutet dies, für Einkaufsabteilungen möglichst viel Mehrwert zu kreieren, deren teils veränderte Bedürfniswelt aufgrund der Krisen- und weiteren wirtschaftlichen Herausforderungen zu verstehen und in Angebotsprozessen zu berücksichtigen. Das Lieferantenmanagement übernimmt bei Einkäufern in den kommenden Jahren eine noch zentralere Rolle als heute. Wie sich der Einkauf bis 2030 entwickelt, zeigt die nachfolgende Grafik im Überblick:

KI wird Einflussfaktor für Kundenprozesse

Die Digitalisierung hält darüber hinaus immer mehr in Einkaufsprozessen Einzug. Laura Ramos, VP, Principal Analyst bei Forrester, beschreibt in einem Blogbeitrag, dass angesichts 

  • der steigenden Erwartungen von Einkäufern, 
  • der zunehmenden Disruption der Vermarktungswege durch den digitalen Einkauf und 
  • der ständigen Veränderung von Partner-Ökosystemen

die Kosten für die Erzielung (und Bewahrung) von Umsätzen nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens weiter ansteigen werden. Wenn sie den Wettbewerb um Wachstum gewinnen wollen, benötigten B2B-Organisationen einen "Customer-Obsessed-Wachstumsmotor". Dieser sorge dafür, dass ihre wichtigsten kundenorientierten Teams – Marketing, Vertrieb und Produkte – den Fokus auf neue Wege ausrichten müssen, um Mehrwert für B2B-Einkäufer zu erzielen, so Ramos.

Dabei geht es auch um neue Technologien zwischen Einkauf und Vertrieb, aber nicht nur, wie Niederschweiberer und Kleemann im Buch "Supply Management Research" (Seite 253) zu Ergebnissen aus der Delphi-Studie verdichten: Während die Mehrzahl der Befragten für die Zukunft vollständig autonom ablaufende operative Beschaffungsprozesse (zum Beispiel Bestellprozesse) als (teilweise) wahrscheinlich vorhersagt, seien komplett autonome taktische und strategische Prozesse, wie die Lieferantenauswahl und die Strategieentwicklung, weniger oder kaum wahrscheinlich. Das gilt auch für moderne Technologien wie zum Beispiel Datenbrillen, die Einzug in Verhandlungen halten oder den Einsatz von Verhandlungsrobotern. Beides ist noch eher Zukunftsmusik. Dennoch wollen einer Amazon-Business-Studie vom November 2023 zufolge 98 Prozent der Befragten in den nächsten Jahren in Analyse-Tools, Automatisierung und Künstliche Intelligenz investieren. Für den "2024 State of Procurement Report" von Amazon Business wurden 3.000 Einkaufsleiter aus sieben Ländern, unter anderem aus Deutschland, befragt.

Ansprüche der Kunden wachsen

Nichtsdestotrotz sehen sich Verkäufer bei ihren Einkaufs-Counterparts neuen Technologien und immer höheren Ansprüchen der Kunden gegenüber. Ganz oben auf der Liste der spannenden Herausforderungen steht generative KI (Gen AI). Sie wird Erkenntnisse hervorbringen, die für eine von fünf B2B-Produkteinführungen entscheidend sein werden. Forrester geht davon aus, dass Produktteams zum Beispiel generative Künstliche Intelligenz einsetzen werden, um eine noch größere Vielfalt an Gewinn-/Verlustdaten, Wettbewerbsinformationen und Kundenfeedback zu erhalten, das sie zudem schneller prüfen zu können, wie Ramos erklärt. Weil mithilfe von KI strukturierte und unstrukturierte Daten schnell durchsucht werden können, lassen sich neuartige oder nicht offensichtliche Funktionen identifizieren, die in 20 Prozent der neu eingeführten Produkte integriert werden, heißt es. 

Verhandlungsstrategien clever wählen

Auf welche Strategien kommt es angesichts dieser Entwicklung für Verkäufer an, die in Verhandlungen mit Einkäufern punkten wollen? Springer-Autor Christian Kober listet im Kapitel "Verhandlungsmethoden gewiefter Einkäufer" seines Buchs "Die Verhandlungsmethoden der Einkäufer" typische Taktiken auf, für die Verkäufer gewappnet sein sollten. Sie sind auch für den Umgang mit jüngeren Einkäufergenerationen hilfreich. Verhandlungstricks cleverer Einkäufer wie die "Low-cost-country-Keule über die Grüne-Wiese-Kalkulation bis zum Einsatz von Suggestivfragen" (Kober) sollten bekannt sein und entsprechende Reaktionen darauf zum Repertoire der Verkäufer gehören. Drei beispielhafte Hebel, die Einkäufer gerne einsetzen, sind laut dem Vertriebstrainer:

1. Hypothesen: Mit hypothetischen Fragen wie: "Mal angenommen, ich würde Ihr Angebot akzeptieren..." wollen Einkäufer Verkaufskollegen unter Druck setzen und die Preiskarte spielen. Verkäufer sollten auf gleicher Augenhöhe mit einer Gegenhypothese antworten und den direkten Kaufabschluss einleiten.

2. Versprechungen: "Einkäufer drohen nicht nur, sie versprechen auch viel", weiß Kober. Verkäufer sollten auf vage Versprechen des Einkäufers daher mit konkreten Angeboten und Preisstellungen eingehen, um zu sehen, wie ernst es der Einkäufer wirklich mit einem eventuellen Auftrag meint.

3. Provokative oder manipulative Sie- und Suggestivfragen: Einkäufer-Fragen wie "Sie sind doch nicht wirklich der Meinung, dass …?" oder "Sie glauben doch selbst nicht, dass …?" sollen die Position des Verkäufers erschüttern oder zumindest verunsichern. Verkäufer sollten mit konkreten Gegenfragen antworten und laut Kober nachfragen, auf welche Fakten sich die Aussagen etwa über zu hohe Preise gründen, um dann gemeinsam mit dem Einkäufer das eigene Angebot Punkt für Punkt durchzugehen. So können sie den Hebel der Provokation entkräften.

Moderne Einkäufer sind aus Sicht Kobers heute "Strategen, Digitalexperten, Controlling-Spezialisten und mehrsprachige Verhandlungskünstler zugleich". Moderne Beschaffer seien nicht nur Einkäufer, sondern auch versierte Kommunikatoren und IT-Profis, stellt er fest. Sie müssten durch die zunehmende Globalisierung und Digitalisierung auch weitere Anforderungen durch das weltweite, elektronischen Procurement meistern. Verkäufer müssen dieser Anforderungswelt entsprechend agil und innovativ begegnen, um für neue Einkäufergenerationen gut gerüstet zu sein.   

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