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12-12-2016 | Vertriebsstrategie | Kolumne | Article

Fehler einer besonderen Art

Author: Prof. Dr. Martin Klarmann

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Bei Innovationen verlässt man sich in vielen Unternehmen vor allem auf die Intuition. Martin Klarmann plädiert dagegen in seiner Kolumne für ein systematisches Management von Vertriebsinnovationen. 

Wir alle kennen sie: Vertriebspropheten. Ständig verkünden sie, dass sich durch Digitalisierung/Big Data/Social Media/Internet of Things etc. alles (aber auch wirklich alles!) ändert. Frei nach dem Motto: „Sie verkaufen Spezialchemikalien? Warum sind Sie noch nicht bei Instagram?”

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Mindestens genauso groß ist eine zweite Gruppe von Managern und Beratern. Ich nenne sie die „Verneinenden”. Sie betonen ihre Erfahrung und dass Vertrieb heute im Grunde noch genauso läuft wie 1990. Das Internet ist nur eine „Phase”, Big Data ein „Buzzword” und soziale Medien sind (vielleicht!) etwas für Teenager.

Verflogene Chancen als Folge der "Fehler zweiter Art"

Es wäre etwas einfach, wenn ich jetzt nur auf das Offensichtliche hinweisen würde, dass die Wahrheit dazwischen liege. Hinaus möchte ich auf etwas Anderes. Propheten und Verneinende machen beide Fehler. Was sich unterscheidet, ist die Art der Fehler. Wer wie die Propheten jedem Trend hinterherläuft, macht Fehler, die von Akademikern gerne als Fehler erster Art bezeichnet werden. Es werden immer wieder Projekte initiiert, die am Ende scheitern. Die Floprate ist viel zu hoch. Dem kann man entgegenwirken, indem man klare Abbruchkriterien für Innovationsprojekte entwickelt.

Wer aber wie die Verneinenden immerzu skeptisch ist und in jeder Entwicklung nur eine Mode sieht, der macht Fehler zweiter Art. Erfolgreiche Projekte werden gar nicht erst gestartet, große Chancen erst erkannt, wenn sie längst verflogen sind. Erst kürzlich habe ich auf dem Amazon Marketplace ein Buch gekauft. Wer verkaufte? Thalia! Viel zu spät hat der deutsche Buchhandel erkannt, worum es im Internet geht. Das war ein Fehler zweiter Art.

Es ist wesentlich schwieriger, Fehler zweiter Art zu vermeiden als Fehler erster Art. Zum einen, weil wir als Menschen intuitiv den Status quo präferieren. Zum anderen, weil sich der entstandene wirtschaftliche Nachteil viel schwieriger quantifizieren lässt. Bei Fehlern erster Art können wir reale Ausgaben summieren. Das schmerzt richtig. Bei Fehlern zweiter Art geht es vor allem um entgangene Erlöse. Die stimmen eher melancholisch. 

Anhand gescheiterter Projekte die echten Innovationen erkennen

Am Ende geht es darum, eine Balance aus Fehlern erster und zweiter Art zu finden. Damit die echten Innovationen erkannt werden können, muss man sich auf eine gewisse Zahl gescheiterter Projekte einlassen. Für die Produktentwicklung existieren inzwischen ausgefeilte Managementtechniken, um genau das sicherzustellen. Im Vertrieb gehen wir Innovationen viel weniger systematisch an. Nur wenige Unternehmen leisten sich hierfür Spezialisten. Stattdessen verlässt man sich oft vor allem auf die Intuition. Entsprechend leicht haben es Propheten und Verneinende.

Die Vernachlässigung eines systematischen Managements von Vertriebsinnovationen ist aus meiner Sicht ein dringendes Versäumnis. In seiner Promotionsschrift hat Manuel Hütter bei uns am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht, wie Kapitalmärkte auf Ankündigungen von Innovationen reagieren. Dabei hat er ausdrücklich auch Vertriebsinnovationen berücksichtigt. Sie werden etwa doppelt so positiv bewertet wie Produktinnovationen! Das Potenzial ist also riesig. Um es zu heben, müssen wir die Anzahl von Fehlern erster und zweiter Art weiter reduzieren. 

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