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07-07-2021 | Wirtschaftsprüfung | Schwerpunkt | Article

Die Bilanzkontrolle wird neu aufgestellt

Author: Sylvia Meier

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Verschiedene Fälle von Bilanzmanipulationen haben dazu geführt, dass der Gesetzgeber das bisherige System der Bilanzkontrolle reformiert hat. Mit dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz werden die Regeln nun deutlich verschärft.

Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, auch Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz und abgekürzt FISG genannt, wurde am 28. Mai 2021 im Bundesrat verabschiedet und ist am 1. Juli 2021 mit Ausnahme einiger Regelungen, die erst ab 2022 gelten, in Kraft getreten. Mit dem FISG wird die Bilanzkontrolle grundlegend reformiert, um Bilanzmanipulationen in Zukunft besser zu bekämpfen und die gesetzliche Abschlussprüfung zu stärken. 

Editor's recommendation

2021 | Book

Whistleblowing zur Bekämpfung von Bilanzmanipulationen

Eine spieltheoretische Analyse populärer Fördermaßnahmen

Durch die Förderung von Whistleblowing im Unternehmensumfeld erhofft man sich unter anderem die Aufdeckung von Straftaten und die Abschreckung potenzieller Täter. Die dafür verwendeten Maßnahmen umfassen die Einrichtung unternehmensinterner anonymer Meldemöglichkeiten, Vergeltungsverbote, die Bereitstellung staatlicher externer Kanäle und die Möglichkeit monetärer Belohnungen. In diesem Buch werden unter Verwendung spieltheoretischer Modelle Stärken und Schwächen dieser Maßnahmen dargestellt.

Die wichtigsten Veränderungen durch das FISG im Überblick: 

  • Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erhält mehr Kompetenzen und Durchgriffsrechte gegenüber Unternehmen. Außerdem ist sie künftig für Anlass- und Verdachtsprüfungen unmittelbar zuständig. Der Vertrag mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) wird nicht fortgeführt. 
  • Für Abschlussprüfer gibt es eine verpflichtende Prüfrotation von zehn Jahren. Prüfung und Beratung sollen getrennt werden. Abschlussprüfer können zivilrechtlich in Haftung genommen werden. 
  • Der Vorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft ist nach § 91 Abs. 3 Aktiengesetz verpflichtet, ein angemessenes und wirksames Kontroll- und Risikomanagementsystem einzurichten.
  • Die strafrechtlichen Folgen bei Bilanzmanipulationen werden mit § 331a Handelsgesetzbuch erheblich verschärft.

Wirtschaftsprüfungsbranche kämpft um Reputation

Der Fall Wirecard beschäftigt bereits seit über zwei Jahren Wirtschaft, Politik und Medien und ist einer der größten Bilanzskandale in Deutschland. Die Folge: Das Vertrauen in das bisherige System der Bilanzkontrolle wurde erschüttert. Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) kämpft seit dem Bekanntwerden des Skandals um die eigene Reputation. 

So verweist die "Tagesschau" auf einen Bericht eines Sonderermittlers, der Fehlleistungen der Beratungsfirma aufdecken soll. Noch wurde der Bericht nicht veröffentlicht. Ob eine uneingeschränkte Veröffentlichung erfolgen wird, soll der Bundesgerichtshof entscheiden. Die wirtschaftlichen Folgen des Imageschadens könnten immens werden. Laut Berechnungen der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" könnte EY bis zu 100 Millionen Euro verlieren durch entzogene Mandate.

Der Fall zeigt, wie wichtig eine funktionierende Bilanzkontrolle ist: Sowohl für das Unternehmen selbst, als auch Aktionäre, Banken oder eben auch die Aufsicht. Autorin Dorothea Schäfer bemerkte bereits in ihrem Leitartikel "Wirecard – ein Menetekel für die Wirtschaftsprüfung": 

Bilanzfälschung ist in Deutschland sicherlich nicht einfach. Das zeigt allein schon die überwältigend große Zahl der solide geführten und korrekt testierten Unternehmen. Aber die Täuschung gelingt immer wieder, dann nämlich, wenn trickreiche Vorstände mit krimineller Energie auf nachlässige und selbstgewisse Wirtschaftsprüfer treffen."

Verschärfte Sanktionen drohen

Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen sich sehr um eine ordnungsgemäße Rechnungslegung bemüht, müssen sich alle nun umso mehr aufgrund der verschärften Regeln absichern. Die Sanktionen können erheblich sein: Wer nach § 331a HGB eine unrichtige Versicherung (so genannter Bilanzeid) abgibt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe belangt werden.

Auch die Wirtschaftsprüfungsbranche geriet unter Druck: Kritiker bemängelten immer wieder, dass die enge Verflechtung von Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung nicht sinnvoll sei. Die Wirtschaftsprüfung muss sich nun die Frage stellen, inwiefern sie mit der Bafin enger zusammenarbeiten kann, auch um mögliche Haftungsfälle zu vermeiden. In den Medien wird nun diskutiert, was Prüfer künftig leisten sollen - etwa im Ernstfall die Staatsanwaltschaft zu kontaktieren. 

Und der Gesetzgeber stellte das System der Bilanzkontrolle infrage. Vor allem das zweistufige Enforcement-Verfahren, bei dem die DPR, ein privater Verein, die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen prüft, wurde bemängelt. Hieran wird nun nicht mehr festgehalten. Welche Kompetenzen nun, sowohl in der Wirtschaftsprüfung als auch der Bafin gegebenenfalls weiterentwickelt oder aufgebaut werden müssen, wird die Zukunft zeigen. Der Fall Wirecard hat jedoch viele Diskussionen in Gang gesetzt.

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