Zusammenfassung
Die Produktivität von Waldbeständen ist eine Schlüsselinformation u. a. für die finanzielle Bewertung des Walds, die Baumartenwahl, die Festlegung des nachhaltigen Hiebsatzes, die Abschätzung des Holzaufkommens und Kohlenstoffbindung, die Bedarfsplanung von forstwirtschaftlichen Personalstellen und Maschinen und auch für die Walderschließung. Deshalb ist die Schätzung der Produktivität von Waldökosystemen und Beständen von Beginn an ein zentrales Thema der Forstwissenschaft. Die Produktivität von Wäldern ist aufgrund der Größe von Bäumen und langen Lebenszeit von Beständen schwieriger zu bestimmen als die von Agrarkulturen, denn Bäume oder Bestände können nicht so einfach geerntet und dann gewogen werden, wie Gras und Kartoffeln von Wiesen oder Äckern. Bei Wäldern interessiert die Produktivität über die gesamte Umtriebs- oder Lebenszeit. Gegenüber kurzlebigen, krautigen Pflanzen zielt die Produktivitätsbestimmung bei Waldbeständen also auf die Summe oder das langfristige Mittel der Produktivität über 100- oder gar 200-jährige Wachstumsperioden.
In diesem Kapitel werden zunächst die wichtigsten Kennwerte der Produktivität, wie u. a. die Brutto- und Nettoprimärproduktion, der Brutto- und Nettozuwachs an Biomasse sowie der Bestandsvolumenzuwachs und die Gesamtwuchsleistung an Stammholzvolumen eingeführt. Dann werden die wichtigsten Konzepte der Leistungsschätzung behandelt.
Das sind erstens dendrometrische Verfahren, die den Vorrat, die Höhe oder Dichte eines Bestands zur Bonitierung der Standortgüte und Produktivität verwenden.
Zweitens ermöglichen Produktivitätsindizes, die einen Standort meteorologisch oder biogeoökologisch charakterisieren und eng mit der Stoffproduktion korrelieren, die Abschätzung der Produktivität.
Drittens kann die Produktivität durch dynamische Wuchsmodelle abgeschätzt werden, die die Stoffproduktion in Abhängigkeit von den regionalen oder lokalen Umweltbedingungen prognostizieren. Sie gründen auf statistischen oder ökophysiologischen Beziehungen zwischen den standörtlichen Bedingungen und der Stoffproduktion.
Durch Einrichtung von permanenten Probeflächen, die bei jeder Wiederholungsaufnahme aktualisierte Produktivitätsinformationen liefern, werden die Informations- und Entscheidungsgrundlagen für die Waldbewirtschaftung zunehmend verbessert. Dieses Kapitel behandelt deshalb viertens den Übergang von deduktiven (auf Modellen gestützten) zu induktiven (auf Messungen an Einzelbeständen gründenden) Ansätzen der Produktivitätsschätzung.
Darüber hinaus vermittelt das Kapitel auch eine Übersicht über die Produktivität von Ökosystemen und Waldbeständen für verschiedene Klimazonen, Baumarten und Waldaufbauformen; also Faustzahlen für die Produktivität von Wäldern.