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27-07-2020 | Wirtschaftsrecht | Schwerpunkt | Article

Interne Untersuchungsprozesse rechtssicher durchführen

Author: Barbara Scheben

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Zügig treibt der Gesetzgeber die Regelungen zur Stärkung der Integrität voran. Sein Ziel ist es, Unternehmenskriminalität zeitnah zu sanktionieren und die interne Sachverhaltsaufklärung zu honorieren. Juristin Barbara Scheben erläutert die rechtlichen Besonderheiten.

Der Gesetzesentwurf beruht auf dem im April 2020 bekanntgewordenen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). Allerdings knüpft der Gesetzgeber die dort genannten signifikanten Sanktionsmilderungen an eine Reihe von Anforderungen, die bei der Durchführung einer verbandsinternen Untersuchung zu beachten sind. Unternehmen sollten die zwei Jahre bis Inkrafttreten nutzen, um entsprechende Maßnahmen zu identifizieren und zu implementieren.

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2020 | OriginalPaper | Chapter

Teil: Grundlegende Konstruktionsprobleme einer Verbandsgeldstrafe

Die Problematik, ob gegen Verbände eine Kriminalstrafe verhängt werden kann, ist vor dem Hintergrund des geltenden Rechts zu beantworten. Dies wirft die Frage auf, was eine Darstellung der rechtshistorischen Entwicklung in diesem Zusammenhang überhaupt zu leisten vermag.

Milde bei internen Ermittlungen

Im Zentrum des "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft" steht das Verbandssanktionengesetz. Die dort enthaltenen Regelungen zur Verbandsgeldsanktion verdeutlichen die intendierte Verschärfung der Sanktionierung: Bei vorliegender Unternehmenskriminalität kann eine Verbandsgeldsanktion bis zu einer Höhe von zehn Prozent des durchschnittlichen weltweiten Jahresumsatzes gegen ein Unternehmen verhängt werden. 

Dabei ist für Unternehmen von besonderem Interesse, dass die Sanktionierung unter bestimmten Umständen gemildert werden kann. Dies gilt insbesondere im Falle der Durchführung einer verbandsinternen Untersuchung. Diese dienen der unternehmensinternen Sachverhaltsaufklärung im Falle eines bekanntgewordenen Straftatverdachts. Sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Untersuchung erfüllt, soll das Höchstmaß der Verbandsgeldsanktion um die Hälfte reduziert werden.

Leitlinien einer verbandsinternen Untersuchung

Um im Sanktionsfall in den Genuss der Reduktion zu kommen, sind folgende Voraussetzungen einzuhalten, die Unternehmen schon jetzt als Leitlinien im Rahmen der Durchführung einer verbandsinternen Untersuchung dienen können:

  • Die Untersuchung des Unternehmens, beziehungsweise des hierfür beauftragten Dritten, muss wesentlich dazu beigetragen haben, dass Verbandstat und Verbandsverantwortlichkeit aufgeklärt werden konnten. Die Aufklärung der Verbandsverantwortlichkeit erfordert auch die Aufdeckung unterlassener Organisation, Auswahl, Anleitung oder Aufsicht durch das Unternehmen beziehungsweise dessen Leitungsperson.
  • Der beauftragte Dritte oder die für diesen handelnden Personen dürfen nicht Verteidiger des Unternehmens beziehungsweise eines der Verbandstat Beschuldigten sein.
  • Das Unternehmen oder der beauftragte Dritte muss ununterbrochen und uneingeschränkt mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Dies kann insbesondere Zwischenberichte und umfassende Beantwortung von Fragen bedeuten.
  • Der zuständigen Verfolgungsbehörde muss nach Abschluss der Untersuchung sowohl der Abschlussbericht als auch alle hierfür wesentlichen Dokumente zur Verfügung gestellt werden. Wesentlich sind hier insbesondere diejenigen Dokumente, die zum schlüssigen und glaubhaften Untersuchungsergebnis führen. Von Relevanz sind auch die den Tatvorwurf begründenden oder diesen entlastenden Tatsachen.
  • Im Übrigen muss die Untersuchung unter Beachtung der Grundsätze eines fairen Verfahrens durchgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere, dass Befragte belehrt werden, einen Rechtsanwalt oder ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen dürfen und ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht bei möglicher Selbstbelastung eingeräumt wird.

Art und den Umfang des Beitrags zur Aufklärung ist entscheidend

Ferner betont die Begründung des Gesetzesentwurfes, dass die verbandsinterne Untersuchung in Übereinstimmung mit geltendem Recht durchzuführen ist. Daraus folgt, dass insbesondere datenschutz- und arbeitsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind.

Zusätzlich knüpft der Gesetzgeber die Sanktionsmilderung an die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung und das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörde durch den Verband. Praxisrelevant wird für Unternehmen die Fragestellung, wann die Offenbarung stattfindet. Eine verzögerte Offenbarung kann den Anschein mangelnder Transparenz und Kooperationsbereitschaft erwecken und die Sanktionsmilderung gefährden.

Unternehmen sollten sich deshalb darauf vorbereiten, dass Wirtschafskriminalität zukünftig deutlich häufiger verfolgt und vor allem noch empfindlicher sanktioniert wird. Die transparente und gesetzeskonforme verbandsinterne Untersuchung wird ein entscheidender Baustein sein, um in den Genuss eventueller Sanktionsmilderungen zu kommen.

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