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28.03.2024 | Rohstoffe | Studie | Online-Artikel

Mäßiges bis hohes Importrisiko bei Seltenen Erden

verfasst von: Mathias Keiber

4:30 Min. Lesedauer

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Eine Studie von IW Consult und Fraunhofer ISI ermittelt die Risiken der Rohstoffabhängigkeit auf die Wertschöpfung der deutschen Wirtschaft. Bei Seltenen Erden geht ohne China wenig. 

Damit die deutsche Industrie Produkte exportieren kann, ist sie auf den Import von Rohstoffen und Vorprodukten angewiesen. Spätestens seit der Pandemie ist klar, wie stark Unterbrechungen des internationalen Handels die Produktion einschränken können. Nun verändert die duale Transformation der Wirtschaft durch Dekarbonisierung und Digitalisierung die Struktur der Rohstoffnachfrage weg von fossilen Energieträgern hin zu mineralischen Rohstoffen. Globale Nachfragesteigerungen sind die Folge.

In einer Studie für die Bankengruppe KfW haben IW Consult und Fraunhofer ISI die Abhängigkeit der deutschen Wertschöpfung von Rohstoffen anhand von Kupfer, Lithium und Seltenen Erden untersucht. Ergebnis: Während bei Kupfer ein niedriges bis mäßiges Angebotsrisiko bestehe, zeige sich bei Lithium eine hohe Angebotskonzentration bei niedrigen Länderrisiken. Bei Seltenen Erden sei das Importrisiko als mäßig bis hoch einzustufen.

Kupfervorkommen: 60 Prozent in Nord- und Südamerika

Die global identifizierten Kupfervorkommen befinden sich laut der Studie zu rund 60 Prozent in Nord- und Südamerika. Nur sechs Prozent entfallen auf Europa. Die Kupferproduktion finde beim Bergbau zu rund 40 Prozent in Chile und Peru statt. Jeweils rund acht Prozent machen China und die Demokratische Republik Kongo aus. Die Raffination von Kupfer sei mit einem Anteil von 40 Prozent stärker auf China konzentriert, Chile folge mit einem Anteil von neun Prozent. In verschiedenen Studien wurde das Angebotsrisiko bei Kupfer (Deutsche Rohstoffagentur [DERA] 2021; Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft [vbw] 2022; Europäische Kommission 2023) als niedrig bis mäßig eingestuft.

Eine höhere Kritikalität oder strategische Relevanz ergebe sich aus der Bedeutung von Kupfer für elektrische Anwendungen und Zukunftstechnologien sowie den geringen Substitutionsmöglichkeiten in diesen Anwendungen, heißt es in der Studie. Aus diesen Überlegungen heraus wird allgemein auch ein hohes Nachfragewachstum nach Kupfer prognostiziert, dessen wichtigste Treiber die Produktion von Elektroautos und der Ausbau der Stromnetze im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien sind.

Kupfer: niedriges bis mäßiges Angebotsrisiko

Deutschland beziehe Kupfererze und -konzentrate zu rund zwei Dritteln aus Peru, Chile und Brasilien, so die Studie. Dabei stammte raffiniertes Rohkupfer im Zeitraum von 2016 bis 2020 zu 27 Prozent aus Russland und zu insgesamt 46 Prozent aus den EU-Ländern Polen, Finnland, Belgien und Schweden. Sowohl die Länderrisiken als auch die Länderkonzentrationen seien niedrig bis mäßig. Insgesamt ergebe sich daraus unter Einbeziehung der politischen und sozialen Risiken ein niedriges bis mäßiges Angebotsrisiko für Kupfererze und -konzentrate sowie Rohkupfer.

Lithiumvorkommen: vor allem in Lateinamerika

Die größten identifizierten Lithiumressourcen liegen laut der Studie mit knapp 60 Prozent in den drei lateinamerikanischen Ländern Bolivien, Argentinien und Chile. Dagegen war im Jahr 2020 Australien mit einem Anteil von 48 Prozent mit Abstand der größte Bergwerksproduzent, gefolgt von Chile (27 Prozent), China (15 Prozent) und Argentinien (7 Prozent). Dadurch stufte die DERA das gewichtete Länderrisiko der Bergwerksproduktion zwar als niedrig ein, die Länderkonzentration aber als hoch.

In den Einstufungen der vbw sowie der Europäischen Kommission gilt Lithium als kritischer Rohstoff, insbesondere wegen der hohen wirtschaftlichen Bedeutung und für Zukunftstechnologien. Lithium für die Batterieproduktion wird von der Europäischen Union zudem als strategischer Rohstoff angesehen.

Lithium: hohe Angebotskonzentration bei niedrigen Länderrisiken

Deutschland beziehe Lithiumcarbonat zu fast drei Vierteln aus Chile und zu sechs Prozent aus Argentinien, so die Studie. Belgien firmiere zwar mit einem Anteil von zwölf Prozent als zweitgrößter Lieferant, beziehe aber selbst 94 Prozent des Lithiumcarbonats aus Chile. Dies stelle eine hohe Angebotskonzentration bei niedrigen Länderrisiken dar.

Seltene Erden: 35 Prozent in China

Die identifizierten Selten-Erd-Ressourcen sind laut der Studie global relativ breit verteilt mit Anteilen von 35 Prozent in China, elf Prozent in Brasilien, jeweils zehn Prozent in Australien und Russland sowie neun Prozent in Grönland. Dagegen sei der Selten-Erd-Bergbau mit 57 Prozent in China, 16 Prozent in den USA, 13 Prozent in Myanmar sowie acht Prozent in Australien deutlich stärker konzentriert.

Entsprechend schätzt die DERA das Angebotsrisiko als hoch ein. Vbw und Europäische Kommission kategorisieren Seltene Erden als kritische Rohstoffe. Neben den Angebotsrisiken spielen die wirtschaftliche Bedeutung sowie die Bedeutung für Zukunftstechnologien eine wichtige Rolle. Die Europäische Kommission stuft Seltene Erden zudem als strategische Rohstoffe ein.

Seltene Erden: Importrisiko mäßig bis hoch

Die deutschen Importe von Seltenen Erden stammen zu 49 Prozent (frühe Gewinnungs- oder Verarbeitungsstufen) und 84 Prozent (weiterverarbeitete Zwischenprodukte) direkt aus China, so die Studie. Die Länderkonzentration dieser direkten Importe sei somit hoch, wobei das Länderrisiko von China als mäßig eingestuft wird. Insgesamt sei das Risiko dieser Importe damit mäßig bis hoch.

Maßnahmen zur Sicherung der Rohstoffversorgung

Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit weisen laut der Studie teilweise lange Zeiträume auf, bis sie Wirkung zeigen können. Dies gelte für Investitionsvorhaben in neue Minenprojekte, den Aufbau von Weiterverarbeitungsstrukturen, die (technische) Substitution von Rohstoffen in Produkten oder den Aufbau von Kreislaufwirtschaftsstrukturen.

Fazit: Damit stehen sie kurzfristig nicht als Reaktionsoptionen zur Abfederung eines kurzfristigen Angebotsschocks zur Verfügung, so die Studie. Allerdings könnten Teil eines Maßnahmenbündels sein, mit dem sich die Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaft gegenüber Verwerfungen im internationalen Handel stärken lasse.

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